Das Stock-to-Flow-Modell: Mark Valek im exklusiven Gespräch mit „Plan B“

Das Stock-to-Flow-Modell Mark Valek im exklusiven Gespräch mit Plan B

„Ich las das Whitepaper von Bitcoin, wurde süchtig und tauchte tief in die Kryptowelt ein.“

Plan B

Key Takeaways

  • Auf die Frage, ob das nächste Bitcoin-Halving bereits eingepreist ist, antwortete Plan B: „Nein“.
  • Die Halvings der Vergangenheit hatten einen 10-fachen Preisanstieg zur Folge und das Modell von Plan B sagt voraus, dass dieser Trend anhalten wird.
  • Der größte Kritikpunkt am Modell von Plan B ist, dass die Nachfrageseite nicht in das Modell eingebaut wurde. Plan B antwortete darauf, indem er klar stellte, dass viele bekannte finanzielle Bewertungsmodelle, wie z.B. das Capital Asset Pricing Model (CAPM) oder das  Black and Scholes Modell die Nachfrage nicht in die Berechnung miteinbeziehen.

„Plan B, wann zeigst du dich?“

Wir haben uns mit dem Vater des im vorherigen Kapitel von uns beschriebenen „Stock-to-Flow-Modells“ zu einem Interview verabredet. Plan B meint, dass Bitcoin gekommen ist, um zu bleiben. Ebenso erwartet er, dass die von seinem Modell vorhergesagte Explosion des Bitcoin-Preises eintreten wird. Wieso er sich dessen so sicher ist, wie er mit Kritikern umgeht und ob er jemals die Mütze abnehmen und sein Gesicht zeigen wird, erfahren Sie im nachfolgenden Interview.

Plan B
Plan B bloggt unter einem Pseudonym. Wer sich genau hinter dieser Baseballmütze steckt, bleibt unbekannt. Wir haben ihm in diesem Interview auch einige persönliche Fragen gestellt. Seine Twitter Name ist @100trillionUSD.

Mark: Plan B, vor fast einem Jahr hat die Veröffentlichung Ihres Modells die gesamte Krypto-Gemeinde durchgerüttelt. Wie gehen Sie mit all der Aufmerksamkeit um, die Ihnen und Ihrem Modell entgegengebracht wird? Wie haben Sie das letzte Jahr erlebt?

  • Plan B: Es war ein sehr interessantes Jahr seit der Veröffentlichung des Artikels am 22. März 2019. Der Artikel wurde gut aufgenommen und ich habe wertvolles Feedback von Ökonometrikern, Mathematikern und Statistikern aus der ganzen Welt erhalten. Ich liebe die Interaktion mit der Gemeinschaft und die Open-Source-Vision des Wissensaustauschs. Die Gespräche in Podcasts haben mir wirklich Spaß gemacht. Doch mit 60.000 Followern und einem Vollzeitjob muss ich manchmal auch einfach Prioritäten setzen. Es ist fast unmöglich, alle Kommentare, Direct Messages, Telegram- und WhatsApp-Nachrichten sowie E-Mails zu lesen und ich hoffe, dass dies auf Verständnis stößt. Ich möchte mich zukünftig auf Analysen, Investitionen und das Schreiben weiterer Artikel konzentrieren.

Mark: Können Sie uns sagen, womit Sie Ihren Lebensunterhalt verdienen und warum Sie ein Pseudonym verwenden?

  • Plan B: Ich bin sowohl Analyst als auch Investor in einem großen institutionellen Investmentbüro in den Niederlanden. Als Team verwalten wir derzeit mehr als 50 Milliarden US-Dollar. Mein Hauptaugenmerk liegt auf Hypotheken, Darlehen und strukturierten Finanzierungen. Durch die Verwendung eines Synonyms möchte ich verhindern, dass mein Arbeitgeber irgendwelche negativen Konsequenzen aus meinem Bitcoin-„Hobby“ hat. Außerdem halte ich es für eine gute persönliche Sicherheitsmaßnahme, anonym zu bleiben.

Mark: Woher kommt Ihr Interesse an Bitcoin?

  • Plan B: Wenn Sie den Film „The Big Short“ (2015) gesehen haben, war das mein Leben von 2007-2008: CDOs (Collateralized Debt Obligations), ABS (Asset Backed Securities) und RMBS (Residential Mortgage Backed Securities) usw. Die Verrücktheit der darauffolgenden negativen Zinssätze und von Quantitative Easing (QE) zwang mich, alles, was ich über Finanzen wusste, neu zu überdenken. So suchte ich 2013 aktiv nach QE-Absicherungen und fand einen Artikel über Bitcoin auf der Webseite Zerohedge. Ich las das Whitepaper, wurde süchtig und begab mich in den Kaninchenbau.

Mark: Warum haben Sie damit begonnen, den Wert von Bitcoin zu modellieren?

  • Plan B: Ich habe mit dem Modellieren begonnen, weil ich wissen wollte, was den Preis von Bitcoin bestimmt. Mir fiel auf, dass es viele technische Analysen, aber kaum statistische und ökonometrische Modelle gab. Also versuchte ich, ein grundlegenderes Modell zu erstellen, das auf dem wertbringenden Alleinstellungsmerkmal von Bitcoin basiert, der Knappheit von Bitcoin.

Mark: In unseren In Gold We Trust-Reporten schreiben wir seit vielen Jahren über das Stock-to-Flow-Verhältnis (SF) von Gold und Silber. Es ist großartig, dass durch Ihr Modell dieses Konzept der Knappheit einer noch größeren Gemeinschaft vorgelegt werden konnte. Was die Terminologie betrifft, so ziehen wir es jedoch vor, bei SF von Konstanz, statt von Knappheit zu sprechen. Ein höheres SF deutet eher auf eine konstantere Menge als auf eine knappere Menge des Gutes hin, da eine höhere Knappheit anzeigt, dass die Menge tatsächlich abnimmt. Auch wenn dies nur eine geringfügige Differenzierung in der Terminologie ist, denken wir, dass dies für ein intuitiveres Verständnis des SF-Konzepts hilfreich sein könnte. Was sind Ihre Gedanken in dieser Hinsicht?

  • Plan B: Fälschungssichere Knappheit (Nick Szabo) ist ein in der Bitcoin-Gemeinschaft wohlbekanntes Konzept, daher sehe ich SF als eine schöne Quantifizierung dieses Konzepts an. Ehrlich gesagt glaube ich, dass einige Leute in der „Rohstoffgemeinschaft“ keine sehr gute Definition von Knappheit haben. Ich habe zum Beispiel mit vielen Rohstoffanlegern gesprochen, die denken, dass Platin knapper ist als Gold, weil es auf der Welt weniger Platin als Gold gibt. Ich ziehe die Definition von Knappheit vor, die die Produktion (flow) mit den Lagerbeständen (stock) in Beziehung setzt. Man könnte dies auch als Unfähigkeit der Produzenten interpretieren, die Lagerbestände (und damit den Preis) zu beeinflussen: Beim Öl etwa haben die Produzenten viel Einfluss, beim Gold weniger. Vielleicht ist Ihre Definition von „Konstanz“ die gleiche? Dies ist etwas, das wir vertiefter diskutieren sollten.
Die Analogie „Der Betrunkene und sein Hund“  
Ein betrunkener Matrose geht mit seinem Hund an der Leine hinaus und wandert richtungslos umher. Der Hund muss bei ihm bleiben. Manchmal ist er rechts, manchmal links vom Matrosen, aber er kann sich nicht weitentfernen, da er an der Leine ist. Man weiß nicht, wo der betrunkene Matrose und der Hund hingehen, aber man weiß, dass sie zusammen bleiben.  

Mark: Könnten Sie uns bitte noch einmal die Analogie „der Säufer und sein Hund“ erklären und uns die Bedeutung in Bezug zu Bitcoin für unsere Leserschaft erläutern? (Siehe linkes Textfeld)

Plan B: Die Geschichte von dem Säufer und seinem Hund ist eine beliebte Geschichte, um die Kointegration zu erklären. Bei der Korrelation geht es um die Frage, wie sich zwei Zahlenserien im Verhältnis bewegen. Bei der Kointegration hingegen geht es darum, dass zwei Zahlenserien zusammenbleiben. Der Säufer geht also einen zufälligen, unvorhersehbaren Weg und sein Hund auch, aber der Abstand zwischen dem Betrunkenen und dem Hund ist vorhersehbar, er ist nie größer als die Länge der Leine. Ohne zu wissen, wohin der Betrunkene oder der Hund gehen, können wir also vorhersagen, dass sie zusammenbleiben. Bei SF und Bitcoin ist das natürlich ein Sonderfall, weil wir wissen, wohin einer der beiden geht: SF. Die Kointegration wird verwendet, um zu testen, ob die Korrelation falsch oder echt ist. Besteht keine Kointegration, existiert keine Korrelation. SF und BTC sind kointegriert, die Korrelation ist also wahrscheinlich eine richtige.

Mark: Ihr Modell ist gelegentlich kritisiert worden, dass es z. B. den Bitcoin-Preis nur in Bezug auf das Bitcoin-Angebot erklärt. Wenn dies überhaupt möglich ist, wie integrieren Sie die Nachfrage in ihrem Modell?

  • Plan B: Menschen, die das Argument der Nachfrage verwenden, haben wahrscheinlich weder eine Statistikausbildung noch sind sie im Anlagebereich tätig. Das Argument ist theoretisch richtig, denn der Preis ist eine Funktion von Angebot und Nachfrage, aber es gibt viele berühmte Preismodelle, die die Nachfrage – oder das Angebot – nicht als Input verwenden und trotzdem gute Vorhersagen liefern. Einige Beispiele hierfür sind das CAPM (Capital Asset Pricing Model) und das Black-Scholes-Modell, da beide nur auf Grundlage von Risiko/Volatilität (Standardabweichung usw.) die Bepreisung vornehmen. Das Nachfrage-Argument basiert in Wirklichkeit auf Unwissenheit.

Mark: Lassen Sie uns das Ganze noch einmal aus einer anderen Perspektive betrachten. Das Modell versucht, den Preis von Bitcoin in US-Dollar zu erklären. Wir wissen, dass es schwierig ist, den Wert von Fiat-Geld im Laufe der Zeit zu messen, da Fiat-Währungen so konzipiert sind, dass sie permanent ihre Kaufkraft verwässern. Unserer Meinung nach berücksichtigt das Modell die Inflation von Fiat-Geld implizit nicht. Ein Gedankenexperiment: Falls, sagen wir der US-Dollar innerhalb der nächsten Jahre hyperinflationiert werden würde, so würden wir erwarten, dass das Modell den Bitcoin-Preis in US-Dollar erheblich unterschätzt. Was denken Sie über die US-Dollar-Inflation im Hinblick auf das SF-Modell?

  • Plan B: Es stimmt, dass das SF-Modell nicht um die Inflation korrigiert wird. Wenn wir das täten, würden wir wahrscheinlich sowieso keinen großen Unterschied sehen, weil die Inflation von 2009-2019 niedrig war. Und in der Tat sagt das SF-Modell meiner Meinung nach implizit eine US-Dollar-Hyperinflation voraus, da sich demnach Bitcoin in USD alle 4 Jahre etwa verzehnfachen sollte. Viele Leute haben Probleme mit diesem Gedanken, aber für mich ist es kein unwahrscheinliches Szenario, angesichts der negativen Zinssätze und dem, was die Zentralbanken mit QE machen. Sie bewegen sich meiner Meinung nach voll in Richtung Simbabwe.
Warum die aktuellen Preise nicht das SF-Modell widerspiegeln:
Mark: Sind die Leute zu dumm, um es zu verstehen?
Plan B: Nein, es reicht, wenn einige Leute es kapieren, wie bei Insider-Informationen. Wenn nur 10-100 Personen diese Information erhalten, werden sie den Preis bewegen. Dummes Geld ist nach der Markteffizienzhypothese (EMH) formell „Rauschen“, es ist irrelevant..
Mark: Ist es ein schlechtes Modell?
Plan B:  Ich denke, die Kointegration ist real, also ist das Modell gut. Bislang habe ich kein besseres gesehen.
Mark: Sind diejenigen, die das verstehen, bereits investiert?
Plan B: Die meisten werden investiert sein, aber ich denke, dass viele, die das Modell verstehen, auch die großen Risiken sehen, wie z. B. Verbote der Regierung, einen Softwarefehler, „der nächste Bitcoin“, eine Todesspirale usw. Diese Risiken hindern sie daran, all-in zu gehen. Eigentlich gilt das auch für mich. Ich bin investiert, aber nicht zu 100%. Wenn ich 100% sicher wüsste, dass Bitcoin im Jahr 2021 auf 100.000 USD gehen würde, würde ich all-in gehen und mir sogar Geld leihen.
Mark: Sind die Märkte ineffizient?
Plan B: Nein, die Märkte sind effizient. Auch der 150 Milliarden USD Bitcoin-Markt ist effizient, wie ich in meinem Artikel am Beispiel von FX (Foreign Exchange) gezeigt habe. Eine einfache Arbitrage zwischen BTC/USD-, BTC/EUR- und BTC/JPY-Märkten ist nicht möglich.
Mark: Ist das Modell zu unbekannt?
Plan B: Genügend Leute wissen darüber Bescheid. Ich habe 60.000 Follower auf Twitter, und viele von ihnen sind Investmentbanker, Quants, Miner, Risikokapitalgeber, CEOs von Hedge-Fonds und CIOs usw. Das SF-Modell wurde in MSNBC und in Forbes vorgestellt.    

Mark: Was ist mit dem Künstler, dem Sie einen Auftrag gegeben haben? (Der Künstler wird aus Diagrammen von Plan B ein Kunstwerk machen).

  • Plan B: Die Künstlerin Petek war vom SF-Modell fasziniert und bat mich um die Erlaubnis, dieses zu malen. Es wird ein einzigartiges Gemälde mit einigen besonderen Elementen sein, die noch offengelegt werden müssen. Es ist aufregend zu sehen, dass viele andere Leute ebenfalls inspiriert sind und ein ähnliches SF-Gemälde in Auftrag geben. Ihre Idee ist, dass sie eine Reihe von Bildern mit verschiedenen Farben und Materialien auf der Grundlage von SF malen wird. Ich denke, bei Bitcoin geht es nicht nur um Programmierung und Geld, sondern auch um eine Bewegung bzw. eine Revolution. Kunst und Wissenschaft sind zwei Seiten derselben Medaille, sie gehören zusammen.

Mark: An welchen anderen Projekten arbeiten Sie derzeit?

  • Plan B: Ich arbeite mit anderen Bitcoinern in der Forschung zusammen und schreibe weitere Artikel. Ich arbeite mit einigen Investmentfonds zusammen, auch mit traditionellen Instituten, um Wege zu finden, eine exotische Investition wie Bitcoin in den bestehenden Anlagemix aufzunehmen. Außerdem führe ich eine Kettenanalyse durch, indem ich die 300GB-Blockchain durchsuche, um weitere Muster zu finden, die Einblicke geben und für den Eigenhandel genutzt werden können. Das ist wirklich Neuland.

Mark: Wann können wir damit rechnen, dass sich Plan B der Welt zeigen wird?

  • Plan B: Ich denke, die Wahrscheinlichkeit, dass ich versteckt bleibe, ist höher, als dass ich mich zeigen werde. Ich habe nicht den Wunsch, eine öffentliche Person zu werden. Vor allem nicht, wenn das Modell funktioniert, was ich natürlich hoffe und erwarte. Leute, die mich treffen wollen, wissen, wo sie mich über mein Netzwerk finden können, und jeder kann durch meine kryptographische Signatur, wie ich sie beispielsweise auf den Artikeln anbringe, überprüfen, ob ich es wirklich bin.