2017 wurden zahlreiche bekannte Forks von Bitcoin initiiert, so unter anderem Bitcoin Cash und Bitcoin Gold. Mehr als 44 Milliarden USD an Marktwert wurden mittels Forks alleine im letzten Jahr geschaffen.[1] Dieser Trend wird höchstwahrscheinlich auch 2018 anhalten, da Forks einen einfachen Weg darstellen, um neue Kryptowährungen zu erschaffen. Zum einen sind ICOs mittlerweile in mehreren Ländern illegal, während Hard Forks weiterhin erlaubt sind. Zum anderen bringen Forks allen Teilnehmern einer bestehenden Kryptowährung den entscheidenden Vorteil, dass diese automatisch auch die neue Kryptowährung im selben Ausmaß erhalten. Dieser Umstand erspart Entwicklern das Problem, ein neues Netzwerk an Nutzern von Null aufbauen zu müssen. Schließlich bringen Hard Forks einer bestehenden Kryptowährung im Vergleich zum Aufbau einer komplett neuen Kryptowährung auch deutlich niedrigere Kosten für Marketing und Entwicklung mit sich.
Was ist eine Fork?
Eine “Fork” im Kontext der Softwareentwicklung beschreibt die Abspaltung eines neuen Zweigs eines Programmes, das eine vom Original verschiedene Version darstellt. Das Konzept ist an sich nichts Neues in der Welt der Programmierer, da es bereits seit den 1980er-Jahren genutzt wird. Die erste dokumentierte Fork im Jahr 1981 war das Betriebssystem „Lisp Machine OS“ des MIT.[2] In Projekten mit offenem Quellcode („open-source“) ist grundsätzlich jeder dazu berechtigt, einen neuen Zweig des existierenden Programcodes zu erstellen. Forks werden daher häufig genutzt, wenn kein Konsens in einer Gemeinschaft von Entwicklern besteht und sich einzelne oder mehrere Mitglieder abspalten und ihre eigene Version programmieren.
Kryptowährungen? Dank des großen öffentlichen Interesses an der Spekulation mit Kryptowährungen auf Basis der Blockchain-Protokolle wie etwa Bitcoin oder Ethereum, bezeichnen Forks mittlerweile weit mehr als einen rein technischen Begriff. Forks bringen zahlreiche Implikationen für Investoren und Spekulanten in Kryprowährungen mit sich. Bevor wir näher auf diese eingehen, folgt zuerst ein kurzer Abriss über die Unterscheidung verschiedener Arten von Forks.
Welche Arten von Forks gibt es?
1.) Ungeplante Forks
Ungeplante Forks, auch als Konsensbrüche („consensus splits“) bezeichnet, treten immer dann auf, wenn mehrere Miner exakt zur selben Zeit einen neuen Block finden. Diese Art von Fork ist jedoch nicht von Dauer, da die Regel der längsten Kette den Konflikt automatisch löst. Sobald ein weiterer Block gefunden wird, stellt die längste Kette die gültige Version dar und die andere, kürzere Kette wird ignoriert. Deshalb hat dieser Typ von Fork keinen direkten Einfluss auf die Preisentwicklung von Kryptowährungen.
2.) Geplante Forks
Geplante Forks werden dagegen zu einer bestimmten Zeit aktiviert und in der Regel vorher von den Entwicklern des Blockchain Protokolls angekündigt. Dieser Typ kommt nur dann zustande, wenn die Entwickler absichtlich die Programmcodes modifizieren, um die Regeln des Protokolls zu ändern. Dabei können zwei Arten von Protokollupdates unterschieden werden:
a) Soft Fork
Eine “Soft Fork” stellt einen freiwilligen Weg des Upgrades dar, bei der alle Teilnehmer, die nicht am Upgrade partizipieren, in der Regel lediglich auf neue Funktionalitäten verzichten. Diese Art von Fork wird deshalb auch als vorwärtskompatibel bezeichnet (aus Sicht der bereits bestehenden Teilnehmer). Im Fall des Upgrades eines Blockchain-Protokolls bedeutet dies, dass alte Knoten auch nach dem Update nach wie vor alle neuen Blöcke als gültig ansehen. Daher können bestehende Teilnehmer theoretisch weiter dieselbe Blockchain nutzen, ohne ein Upgrade durchzuführen.
Wird eine Soft Fork von Minern koordiniert, spricht man von einer „miner-activated soft fork“ (MASF), wogegen man eine von Teilnehmern koordinierte Soft Fork ohne die Unterstützung der Miner als „user-activated soft fork“ (USAF) bezeichnet.
Ein bekanntes Beispiel für eine Soft Fork ist BIP141, besser bekannt als „Segregated Witness“, welche im August 2017 aktiviert wurde, als die Mehrheit der Miner zur neuen Version des Bitcoin-Protokolls wechselte. Wie für eine Soft Fork zu erwarten, sind Transfers zwischen alten und neuen „SegWit“-Adressen möglich.
b) Hard Fork
Eine „Hard Fork“ ist die extremere Art einer Fork, da diese mit der bestehenden Version des Programms inkompatibel ist und Upgrades daher für alle Teilnehmer zwingend notwendig werden. Im Fall einer Blockchain-Hard Fork entsteht eine dauerhafte Divergenz zwischen allen Knoten, die das Upgrade durchführen und jenen, die das Upgrade verweigern. Je nachdem ob die Teilnehmer einer Blockchain zum Update gewillt sind, sind zwei mögliche Resultate einer Hard Fork zu unterscheiden:
- Für den Fall, dass einige Knoten nicht upgegradet werden und genügend Unterstützung für die alte Version des Blockchain Protokolls bestehen bleibt, kommt es zu zwei konkurrierenden Blockchains, die nebeneinander bestehen. Ein bekanntes Beispiel für eine Hard Fork, bei der das alte Blockchain Protokoll bis heute unterstützt wird, ist Ethereum, das 2016 eine Hard Fork durchführte, nachdem die führenden Entwickler beschlossen hatten, den Quellcode als Notfallmaßnahme nach der erfolgreichen Hackerattacke gegen den „DAO“ zu modifizieren. Diejenigen Teilnehmer der Gemeinschaft, die Ethereum-Knoten betrieben und die Hard Fork nicht akzeptierten, verweigerten jedoch dieses Upgrade. Folglich existiert die alte Blockchain bis heute unter dem Namen Ethereum Classic.
- In den meisten Fällen unterstützen jedoch die Teilnehmer einer Blockchain die neue Version des Blockchain Protokolls und tragen Upgrades mit. Im diesem Fall hört die alte Blockchain einfach auf zu existieren. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Ethereum Byzantium Hard Fork Ende 2017, die ohne Komplikationen ablief und nicht zur Weiterführung der alten Ethereum führte.
c) Spin-off Kryptowährungen
Neben Forks mit dem Zweck Upgrades von Blockchain-Protokollen zu deren Verbesserung durchzuführen, erlaubt der offene Quellcode vieler Protokolle jedem Entwickler, diese nach Belieben zu duplizieren, neue Features hinzuzufügen und schließlich unter neuem Namen zu veröffentlichen. Einige bekannte Beispiele für Spin-Offs des Bitcoin-Protokolls sind Litecoin, Peercoin, Namecoin und Dogecoin. Allein im Jahr 2017 wurden 19 Bitcoin Forks veröffentlicht.[3] In vielen Fällen wurden die Forks als schneller Weg benutzt, um aus der Bekanntheit von Bitcoin Profit zu schlagen. 2017 floss so deutlich mehr Kapital in durch Forks entstandene Kryptowährungen als in ICOs. Es existiert sogar eine Webseite, die bei der automatischen Erstellung einer Bitcoin Fork hilft. Nicht zuletzt deshalb erwarten viele, dass auch im Jahr 2018 weitere Forks stattfinden werden.
Welche Implikationen haben Forks für Kryptowährungs-Investoren?
Forks haben nicht nur technische Implikationen, sondern beeinflussen auch den Preis einer Kryptowährung in mehrfacher Hinsicht. Während ungeplante Forks (consensus splits) irrelevant für den Preis sind und der Einfluss von Soft Forks auf den Preis in der Regel gering ist, hat der Fall einer Hard Fork, aus der zwei konkurrierende Blockchains resultieren, maßgeblichen Einfluss auf den Preis und somit die größte Relevanz für Investoren.
Wenn es zu einer Hard Fork einer Kryptowährung kommt, sind die Eigentümer der ursprünglichen Kryptowährung automatisch berechtigt, die neue Kryptowährung im selben Ausmaß zu erhalten. Das ist deshalb der Fall, da der private Schlüssel, der eine Blockchain Adresse (=öffentlicher Schlüssel) kontrolliert, auch für die neuen Blockchain gültig ist, die aus einer Hard Fork resultiert.
Investoren partizipieren somit sowohl an der Wertentwicklung der alten als auch der neuen Kryptowährung und haben daher die Chance, im Fall einer Hard Fork, bei der eine neue Kryptowährung entsteht, zu profitieren. Der Wert der neuen Kryptowährung entspricht dabei dem erwarteten zukünftigen Verkaufserlös. Marktteilnehmer preisen diesen erwarteten Wert in der Regel bereits ein, bevor eine Hard Fork tatsächlich stattfindet und kaufen die ursprüngliche Kryptowährung, wodurch der Preis in die Höhe getrieben wird. Da die Strategie, Kryptowährungen schon vor einer Hard Fork zu kaufen und die neue Kryptowährung nach Erhalt zu verkaufen, steigen in Folge die Preise bereits weit früher, da Trader versuchen, früher zu kaufen als andere. Das Ergebnis dieses Verhaltens ist, dass der Preis einer Kryptowährung meist vor einer Hard Fork steigt und danach fällt. Wird eine Hard Fork abgesagt, fällt der Preis der ursprünglichen Kryptowährung, da der diskontierte Wert der neuen Kryptowährung gegen Null geht. (siehe Abbildung 15).
Fazit
Forks sind grundsätzlich ein altbewährtes Mittel sind um Software Upgrades durchzuführen, ohne alle Teilnehmer dazu zu zwingen. Beim Upgrade von Blockchain Protokollen ergeben sich zudem reale Risiken und Chancen für Investoren. Positiv ist zu sehen, dass die Möglichkeit Forks durchzuführen, Entwicklerteams in Schach halt und möglicherweise vor übereilten und unüberlegten Entscheidungen bewahrt. Außerdem bringen Forks die Möglichkeit mit sich, neue Kryptowährungen auch in Ländern wie China zu schaffen, wo ICOs bereits verboten sind. Negativ ist zu bewerten, dass eine Vielzahl an Spin-Off Kryptowährungen die ursprüngliche Idee eines Protokolls aufweichen kann und die gemeinsamen Anstrengungen der Entwickler weiter spaltet. Eine Sache ist sicher: Wir werden auch 2018 weitere Forks sehen.
[1] Blockchain Research Institute, tweet on Twitter, 10. Februar, 2018, https://mobile.twitter.com/GeniaMiinko/status/962393176769167362.
[2] “MIT Lisp Machine License Signed,” press release, 1. Oktober, 1980, http://www.textfiles.com/bitsavers/pdf/symbolics/LM2/MIT_Lisp_Machine_License_Signed_Press_Release_Oct1980.pdf.
[3] Olga Kharif, “Bitcoin May Split 50 Times in 2018 as Forking Craze Mounts,” Bloomberg, 23. Jänner, 2018, https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-01-23/bitcoin-may-split-50-times-in-2018-as-forking-craze-accelerates.