Für einige Beobachter mag der Handel mit Wertpapier-Token an zentralen Börsen widersprüchlich erscheinen. Schließlich ist einer der am meisten angepriesenen Vorteile der Distributed-Ledger-Technologie (DLT), die digitalen Vermögenswerten zugrunde liegt, die Fähigkeit, die Abhängigkeit von intermediären Vermittlern zu reduzieren und damit Transaktionskosten zu senken. Warum brauchen wir also noch mehr, könnten Sie sich fragen?
Praxis-Perspektive mit Andy Flury, CEO der AlgoTrader AG
Erstens ist es wichtig zu erkennen, dass verschiedene Arten von Wertpapier-Token-Investoren unterschiedliche Bedürfnisse haben werden. Für Privatpersonen, die kleinere Beträge investieren und mit der Verwaltung ihrer eigenen Wallets zufrieden sind, könnte ein vollständig dezentraler Austausch über Peer-to-Peer Börsen wie Uniswap oder Matcha eine bequeme Option sein.
Auf der anderen Seite würde ein professioneller Investor oder ein Finanzinstitut wahrscheinlich in weitaus größerem Umfang investieren. Dies setzt die Einhaltung hoher Sicherheitsvorschriften und Kapitalverkehrskontrollen voraus, zumal solche Entitäten unter behördlicher Aufsicht agieren, insbesondere wenn sie Vermögenswerte von Drittparteien verwalten.
Im Kontext des tokenisierten Wertpapierhandels spielen regulierte Sekundärmärkte eine zunehmend wichtigere Rolle, da sie öffentliche Handelsplätze traditioneller und tokenisierter Vermögenswerte zu harmonisieren vermögen. Dies setzt allerdings die Bereitstellung der unterstützenden Infrastruktur und jener Dienstleistungen voraus, die es Institutionen ermöglicht, tokenisierte Vermögenswerte mit Vertrauen anzunehmen.
Dazu gehört der Aufbau von Tools für die Verwaltung von Verwahrungs-, Handels-, Settlement- und Compliance-Prozessen, während gleichzeitig die Konnektivität zu einer breiten Palette von Liquiditätsquellen wie Emissionsstellen, Börsen, Brokern und OTC-Desks bereitgestellt werden muss. Letztendlich wird dies dem gesamten Wertpapier-Token-Markt zugute kommen, da ein offener Kapitalzugang zu größeren Handelsvolumina und höherer Liquidität für zuvor illiquide Vermögenswerte führen wird.
STOs — großartig für die Emission, aber was ist mit der Liquidität?
Während die der Tokenisierung zugrundeliegenden DLT eine hocheffiziente, sichere und unbürokratische Möglichkeit zur elektronischen Verbriefung von Vermögenswerten und Ausgabe von Wertpapieren darstellt, stellt sich die Frage: Was passiert als nächstes, nachdem ein Token geprägt und ausgegeben wurde? Leider litten viele frühe Pionierprojekte unter einem Mangel an Token-Liquidität, selbst nachdem sie an einer Börse gelistet wurden.
Obwohl seither Fortschritte gemacht wurden, ist dies ein Problem, das bis heute anhält. Zum Beispiel war im Januar 2021 die aktivste Wertpapier-Token-Börse tZero, mit einem monatlichen Gesamtvolumen von 6’298’096 $ oder rund 203’164 $ pro Tag. Selbst sehr prominente Assets wie der Equity- und Revenue-Sharing-Token TZROP von tZero ziehen nur ein tägliches Volumen in der Größenordnung von durchschnittlich 30’000 bis 40’000 $ pro Tag an.
Die Gründe für die relative Knappheit an Liquidität sind vielschichtig. In gewisser Hinsicht stehen Security-Token-Marktplätze vor einem “Huhn-und-Ei”-Dilemma. Auf der einen Seite wollen institutionelle Investoren eine Plattform mit einer großen Auswahl an hochwertigen Token, die sie handeln können. Auf der anderen Seite wollen diejenigen, welche die Tokenisierungsprojekte durchführen, oft nicht die Börsenzulassungsgebühren zahlen, bis sie Beweise für ausreichende Liquidität auf der Plattform sehen können.
Auf der anderen Seite der Gleichung neigen Institutionen wegen des relativ hohen Sicherheitsaufwands, welcher die Verwahrung und Übertragung von Kryptowährungen und DLT-basierten Assets nach sich zieht, dazu, vorsichtig zu sein. Darüber hinaus sind existierende Portfolio-Management-Systeme noch nicht vollständig mit Krypto-Assets kompatibel. Nichtsdestotrotz wünschen sie sich Handelslösungen, die ihren bestehenden Back-End-Systemen ähnlich oder gar interoperabel sind. Der Sekundärmarkt wird eine Schlüsselrolle dabei spielen, diese Bedenken auszuräumen, um mehr Institutionen in den den Ring zu holen und den oben beschriebenen Liquiditätsstillstand zu beenden.
Das bei weitem größte Hindernis für einen Sekundärmarkt war bisher jedoch die Last der regulatorischen Anforderungen, aber sowohl in der Schweiz als auch auf breiter europäischer Ebene wird sich dies bald ändern. Im Artikel der nächsten Woche wird Andy Flury daher diese Veränderung genauer unter die Lupe nehmen!
Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Ausschnitt aus dem über 90 Seiten umfassenden Security Token Report 2021, der vom Crypto Research Report und Cointelegraph Consulting mitherausgegeben wird. Der Bericht wurde von dreizehn Autoren erstellt und von Crypto Finance, Blocklabs Capital Management, HyperTrader, Ten31 Bank, Stadler Völkel Rechtsanwälte, Riddle&Code, Coinfinity, Bitpanda Pro, Tokeny Solutions, AlgoTrader, und Elevated Returns unterstützt.