Liechtensteins Blockchain Strategie: Einblicke in die Finanzmarktaufsicht

Liechtenstein’s Blockchain Strategy: Insights from the Financial Market Authority

“… So können „payment token“ nur Unternehmen mit einer Bewilligung der FMA, also z.B. einer E-Geld Bewilligung oder einer Bankbewilligung, ausgegeben werden. Es gibt aber gewisse Ausnahmen, die keine Bewilligung benötigen. Bei „securities token“ hängt es davon ab, ob das Unternehmen mit dem Token ein Finanzinstrument für Anleger kreiert oder ob damit Fremd- oder Eigenkapital für das Unternehmen selbst aufgenommen wird.

Patrick Bont, FMA

Patrick Bont ist Mitglied der Geschäftsleitung der Finanzmarkt Aufsicht in Liechtenstein, Leiter der Bankabteilung und Leiter des FinTech-Teams der FMA. In den letzten dreieinhalb Jahren war Herr Bont als Dozent am Compliance-Officer Certificate Program der Universität Liechtenstein tätig. Er absolvierte seinen Master in Rechtswissenschaften an der Universität St. Gallen. Herr Bont hat ausführlich zum Thema Kryptowährungen publiziert, und ist ein aktives Mitglied der liechtensteinischen Fintech-Community.

Mark Valek: Ein wesentlicher Aspekt von Kryptowährungen bzw. der „Tokenized Economy“ ist der Prozess des sogenannten Initial Coin Offerings (ICOs), also die Erstausgabe von Crypto Tokens. Welche wesentlichen Kategorien von Tokens gibt es hier aus aufsichtsrechtlicher Sicht?

Patrick Bont: Es gibt zahlreiche Ansätze, um Token zu kategorisieren. Unter den Regulatoren und Aufsichtsbehörden sind Diskussionen im Gange, welcher Ansatz am sinnvollsten ist. Die FMA geht im Moment von drei Kategorien aus. Das sind „utility token“, „payment token“ und „securities token“. Ganz grob kann man sagen, dass „utility token“ zum Bezug einer Ware oder Dienstleistung berechtigen, „payment token“ als Zahlungsmittel dienen sollen und „securities token“ quasi Finanzinstrumente darstellen. In der Praxis sind die Grenzen aber nicht ganz so einfach zu ziehen und es gibt zahlreiche Mischformen. Finanzmarktrechtlich sind vor allem „payment token“ und „securities token“ relevant.

Mark Valek: Wer nimmt im Einzelfall die Token Klassifizierung des ICO vor? Liegt der Schwerpunkt der Klassifizierung auf juristischer oder technischer Ebene?

Patrick Bont: Grundsätzlich ist der Token-Emittent dafür verantwortlich abzuklären, ob sein ICO bzw. sein Token unter das Finanzmarktrecht fällt. Es empfiehlt sich, dazu einen spezialisierten Anwalt beizuziehen. Das FinTech-Team der FMA kann im Falle von Unklarheiten natürlich auch kontaktiert werden. Für uns ist in erster Linie die juristische Einordnung wichtig. Die technischen Funktionalitäten eines Token können aber Hinweise zur Einordnung geben.

Mark Valek: Nehmen wir an ein Unternehmen beabsichtigt ein ICO hierzulande. Wie sieht der Prozess je nach Token Klasse, die ausgegeben werden soll, aus?

Patrick Bont: Zuerst muss sich das Unternehmen überlegen, was es mit dem ICO erreichen will. Das heisst, es muss dies wirtschaftlich, aber auch juristisch und technisch beurteilen. Man spricht auch von „ICO economics“. Wenn dann beschlossen wird, einen „security token“ oder einen „payment token“ auszugeben, dann sollte das Unternehmen, am besten mit Unterstützung durch einen Spezialisten, die entsprechenden Anträge bei der FMA einreichen.

Mark Valek: Benötigt das emittierende Unternehmen eine aufsichtsrechtliche Konzession, und wenn ja welche?

Patrick Bont: Das hängt wiederum vom Token bzw. dem Geschäftsmodell des Unternehmens ab und wem die Token angeboten werden. So können „payment token“ nur Unternehmen mit einer Bewilligung der FMA, also z.B. einer E-Geld Bewilligung oder einer Bankbewilligung, ausgegeben werden. Es gibt aber gewisse Ausnahmen, die keine Bewilligung benötigen. Bei „securities token“ hängt es davon ab, ob das Unternehmen mit dem Token ein Finanzinstrument für Anleger kreiert oder ob damit Fremd- oder Eigenkapital für das Unternehmen selbst aufgenommen wird. In letzterem Fall benötigt das Unternehmen keine Bewilligung der FMA, muss aber allenfalls den sogenannten „Prospekt“ genehmigen lassen.

Mark Valek: Welche Zeitdauer sollte für ein ICO eingeplant werden?

Patrick Bont: Die Planung, Vorbereitung und Durchführung eines ICO benötigt nach unseren Erfahrungen zwischen 12 und 18 Monaten, abhängig von der Komplexität und den benötigten Bewilligungen.

Mark Valek: Welche Auswirkungen wird das geplante Blockchain Gesetz auf die ICO Landschaft in Liechtenstein haben bzw. wie wirkt sich dieses nationale Gesetz auf internationale Sachverhalte aus?

Patrick Bont: Wichtig zu verstehen ist, dass alle ICO, die heute unter das Finanzmarktrecht fallen dies auch in Zukunft tun werden. Liechtenstein übernimmt als EWR-Land die EU-Finanzmarktregulierung und setzt diese um und durch. Das Blockchain-Gesetz betrifft also alle ICO, die nicht unter das Finanzmarktrecht fallen, das heisst vor allem „utility token“. Das Gesetz hat den Vorteil, dass auch diese ICO gewissen Regeln unterworfen werden und somit die Käufer der Token einen besseren Schutz geniessen. ICO sind aber nur ein Aspekt des neuen Gesetzes.

Mark Valek: Wie viele ICOs wurden bereits von der FMA geprüft bzw. wieviel sind derzeit in Prüfung (sofern diese Information publik gemacht werden kann)?

Patrick Bont: Die FMA hat in den vergangenen drei Jahren über 100 Anfragen in Zusammenhang mit ICOs erhalten und bearbeitet. Davon wurde aber nur ein Bruchteil umgesetzt.

Mark Valek: Wie bereitet sich die FMA Liechtenstein ressourcentechnisch auf die neue Komplexität bzw. zunehmende Anfragen von Unternehmen gerade in Hinblick auf die Prüfung und Überwachung der Tokens vor?

Patrick Bont: Die FMA hat im Juni dieses Jahres ein eigenes Team für das Thema FinTech aufgebaut. Das Team Regulierungslabor/Finanzinnovationen kümmert sich um Fragestellungen von Unternehmen und Unternehmern im Bereich Finanzinnovationen. Das sind nicht nur Start-ups sondern auch Banken oder andere Finanzintermediäre, die Projekte realisieren wollen. Zudem legen wir in der FMA grossen Wert darauf, dass unserer Mitarbeitenden sich in diesen Themen weiterbilden, damit wir auf Augenhöhe mit den Marktteilnehmern diskutieren können.

Mark Valek: Wo kann sich ein Unternehmen über allfällige Anforderungen informieren?

Patrick Bont: Ich empfehle, regelmässig die Website der FMA zu besuchen. Unter der Rubrik „FinTech in Liechtenstein“ finden sich Informationen zum Thema. Die FinTech-Seiten werden regelmässig erneuert und ergänzt.