RBI sieht Potenzial in Digitalen Vermögenswerten

Für unseren Bericht sprachen wir mit Stefan Andjelic von Raiffeisen Bank International (RBI) über seine Einschätzung zu Digitalen Vermögenswerten. Dieses Gespräch war eine von elf Fallstudien mit Investoren bei Pensionskassen, Banken, Versicherungen und Family Offices, die zusätzlich zur Umfrage, die an alle registrierten professionellen Anleger im deutschsprachigen Raum verschickt wurde, per Telefonanruf durchgeführt wurde. Auch wenn die meisten unserer Gesprächspartner anonym bleiben wollten, so erlaubten uns Stefan Andjelic und andere doch, Aussagen aus dem Interview zu veröffentlichen.

Die RBI hat über 16,7 Millionen Kunden, mehr als 46.000 Mitarbeiter und ein Gesamtvermögen von 152 Mrd. EUR. Herr Stefan Andjelic vom Blockchain Hub der RBI erklärte sich bereit, von Professor Dr. Alfred Taudes von der Wirtschaftsuniversität Wien für diesen Bericht interviewt zu werden. Er erörterte mit uns, wie sich der Markt für digitale Vermögenswerte nicht mehr nur auf
Bitcoin bezieht, sondern sich vielmehr auf eine breite Palette von Vermögenswerten ausgeweitet hat. Er erwähnte auch, dass Anleger, die immer besser über das Potenzial dieser aufstrebenden Anlageklasse informiert seien, sich nicht so leicht von der negativen Konnotation einschüchtern ließen, die traditionelle Medien gewöhnlich mit Kryptowährungen verbinden.

“Da die Anleger immer besser über das Potenzial dieser aufstrebenden Anlageklasse informiert sind, lassen sie sich nicht so leicht von der negativen Konnotation einschüchtern, die die traditionellen Medien gewöhnlich mit Kryptowährungen verbinden. Im Gegensatz dazu beurteilen sie auch das Potenzial, das digitale Vermögenswerte und die Blockchain-Technologie im Allgemeinen der Gesellschaft langfristig bringen können.”

— Stefan Andjelic, Raiffeisen Bank International

Obwohl die RBI derzeit nicht investiert ist, steht Andjelic digitalen Vermögenswerten positiv gegenüber. Als jemand, der in diesem Bereich tätig ist, sieht Andjelic das Potenzial für digitale Vermögenswerte, die von etablierten Finanzakteuren als alternatives Investitionsvehikel angeboten werden, das es ihnen ermöglicht, neue Einnahmequellen zu schaffen. Aus rein technologischer Sicht glaubt er auch, dass digitale Vermögenswerte ein Auslöser dafür sein können, dass sich viele traditionelle Finanzbereiche in der Zukunft verbessern werden.

Auf die Frage, warum die RBI noch nicht in digitale Vermögenswerte investiert hat, sagte Andjelic, dass die mangelnde regulatorische Klarheit darüber, welche Dienstleistungen Finanzinstitute in diesem Bereich anbieten dürfen, immer noch ein großes Hindernis darstelle. Abgesehen davon seien in dieser Hinsicht noch viele Compliance-Themen zu klären.

Sobald der Rechtsrahmen in Bezug auf digitale Vermögenswerteentweder durch lokale Gerichtsbarkeiten oder auf EU-Ebene festgelegt ist, werden Finanzinstitutionen in der Lage sein, die Möglichkeiten in diesem Bereich genau einzuschätzen und möglicherweise in digitale Vermögenswerte zu investieren. Dahingehend arbeitet das Europäische Parlament derzeit an einem Rahmen für digitale Vermögenswerte. Laut ihrem Zeitplan sollte im 4. Quartal dieses Jahres ein Rahmenwerk vorhanden sein.

In Bezug auf den Zeitrahmen und die Arten digitaler Vermögenswerte, an denen die RBI interessiert wäre, sagt Andjelic: „Ich glaube, es ist viel wahrscheinlicher, dass wir uns als Finanzinstitution, sobald es vollständige regulatorische Klarheit gibt, zunächst auf tokenisierte traditionelle Vermögenswerte konzentrieren würden, wie z. B. tokenisierte Rohstoffe, Aktien, Fonds usw. Möglicherweise könnten wir auch beschließen, einige dieser Produkte auf der Grundlage interner Geschäftsentscheidungen und einer Marktnachfrage selbst anzubieten.“

Die RBI verwaltet derzeit 1 % ihres Vermögens in alternativen Anlagen, was in absoluten Zahlen etwa 1,5 Mrd. EUR entspricht. Sollte die RBI in Krypto-Vermögenswerte investieren, müssten mehrere wichtige Entscheidungen getroffen werden. So müsste die RBI beispielsweise entscheiden, ob sie direkt investieren und die digitalen Vermögenswerte selbst verwahren will oder ob sie sich mit externen Dienstleistern zusammenschließt.

Falls die RBI beschließen sollte, ihren Kunden Krypto-Vermögenswerte anzubieten, müsste darüber hinaus die Entscheidung getroffen werden, ob die Bank die gesamte Infrastruktur selbst aufbauen oder sich mit einem bereits auf dem Markt befindlichen Anbieter von Krypto-Vermögenswerte zusammenschließen möchte. Eine Option, wie eine solche Konstellation funktionieren würde, wäre, dass der Drittanbieter über APIs mit der Infrastruktur der RBI verbunden wäre, während die Bankplattform der RBI das wäre, was die Kunden zu Gesicht bekämen.

In einem solchen Szenario würden die digitalen Vermögenswerte vom Dienstleistungsanbieter und nicht von der RBI verwahrt werden. Dies würde es der RBI ermöglichen, sicherzustellen, dass Kunden ihre digitalen Vermögenswerte nur über die Raiffeisen-Bankenplattform kaufen und verkaufen können, ohne sie außerhalb des Systems transferieren zu können. Dies würde Raiffeisen helfen, die Kontrolle darüber zu behalten, ob diese digitalen Vermögenswerte für illegale Aktivitäten jeglicher Art verwendet werden.

Die RBI tätigte über den Risikokapitalfonds SpeedInvest eine erfolgreiche Risikokapitalinvestition in die Bitpanda GmbH. Bitpanda ist eine lizenzierte Handelsplattform für digitale Vermögenswerte, die in mehreren Ländern in ganz Europa tätig ist.

Ein weiterer Interviewpartner, der uns neben Stefan Andjelic von RBI erlaubte, seine Aussagen zu Digitalen Vermögenswerten zu veröffentlichen, war Professor Dr. Michael Hanke von der Stiftung Personalvorsorge Liechtenstein. Dieser brachte eine andere Sichtweise ein, da für Pensionsfonds andere Herausforderungen von Bedeutung sind. Mit diesem Thema werden wir uns daher in der nächsten Woche auseinandersetzen.

Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Ausschnitt aus dem über 70 Seiten umfassenden Forschungsbericht Discovering Institutional Demand for Digital Assets, der vom Crypto Research Report und Cointelegraph Consulting mitherausgegeben wird. Der Bericht wurde von acht Autoren erstellt und von SIX Digital Exchange, BlockFi, Bitmain, Blocksize Capital und Nexo unterstützt.