Im Bereich digitaler Vermögenswerte bestehen erhöhte Risiken für Unternehmen. In diesem Beitrag wollen wir Risiken, die mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu tun haben, genauer in den Blick nehmen.
ML/TF-Risiken müssen durch Dienstleister oder Finanzinstitute identifiziert, analysiert und letztlich eingedämmt werden. Für einen Dienstleister oder ein Finanzinstitut besteht das Risiko, digitale Vermögenswerte oder Fiat-Vermögenswerte anzunehmen, die unter den Tatbestand der Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung fallen. Nebst den ML/TF-Risiken, ist auch ein Reputationsrisiko in einen Geldwäschereifall verwickelt zu sein vorhanden.
ML/TF-Risiko in Kundengeschäftsbeziehungen
Beim Onboarding von neuen Kunden, die digitale Vermögenswerte oder die Herkunft der eingebrachten Vermögenswerte aus dem Wechsel von digitalen Vermögenswerten einbringen möchten, müssen besondere Abklärungen getroffen werden. Im Bereich der digitalen Vermögenswerte gibt es verschiedene Kundengruppen, die unterschiedliche Risiken mit sich bringen. Hat eine Privatperson vor einiger Zeit zu einem tiefen Kurs in digitale Vermögenswerte investiert, diese über die Jahre gehalten und dann bei einem Broker in der DACHLI Region verkauft, ist das ML-Risiko eher gering. Der Kauf der digitalen Vermögenswerte erfolgte in Fiat z.B. über eine Banktransaktion oder eine Kreditkarte. Den Nachweis dieser Transaktion und den Kauf der digitalen Vermögenswerte sollte die Person erbringen können. Die Wertsteigerung der digitalen Vermögenswerte über die letzten Jahre kann auch nachvollzogen werden und der Wechsel an einer Börse sollte ebenfalls belegt werden können. Da die Vermögensbestände der Wallet dieser Person sowie jede Transaktion auf der Blockchain eingesehen und nachvollzogen werden kann, können auch diese auf die Plausibilität hin überprüft werden. Zudem können digitale Vermögenswerte auf einer Wallet im Gegensatz zu Fiat-Währungen durch eine sogenannte Wallet-Analyse oder ein Wallet-Screening auf ihr Risiko (z.B. Darknet-Risiko) hin untersucht werden. Ein solcher Fall ist unkompliziert und eher risikolos, doch bestehen in der Praxis oft weit komplexere Fälle, die nicht leicht nachvollzogen werden können und wo die Vermögensherkunft nicht leicht rekonstruiert werden kann. In solchen Fällen empfiehlt es sich im Zweifelsfall, die Geschäftsbeziehung mit dem Kunden nicht einzugehen.
ML/TF-Risiko bei Wechselgeschäften
Ein Finanzinstitut sollte sich des Risikos beim Wechselgeschäft bewusst sein. Wechselgeschäfte finden meist über Börsen oder Broker statt. Die Wahl der Börsen und Broker für ein Wechselgeschäft kann ein nicht zu unterschätzendes Risiko darstellen. Sowohl in Bezug auf eigene Transaktionen, als auch für Kundentransaktionen muss das Börsen-/Brokerrisiko analysiert werden. Nebst dem Liquiditäts- und Ausfallrisiko einer Börse für digitale Vermögenswerte besteht bei der Ein- oder Anbindung u.U. ein nicht unerhebliches Geldwäschereirisiko. Börsen und Broker für digitale Vermögenswerte gibt es weltweit in verschiedenen Jurisdiktionen. Die regulatorische Behandlung von Börsen und Brokern in den verschiedenen Jurisdiktionen ist jedoch nicht vereinheitlicht und variiert stark. So fallen in gewissen Jurisdiktionen Börsen für digitale Vermögenswerte in den regulierten Bereich, sind gar lizenzpflichtig, und wiederum in anderen Jurisdiktionen sind Börsen kaum oder gar nicht reguliert. Oft bedeutet die mangelnde Lizenzpflicht oder Regulierung, dass die Tätigkeit der Börsen im Bereich der Geldwäscherei nicht reguliert ist. Solche Börsen haben ein mangelhaftes Kunden KYC, keine oder eine schwache Transaktionsüberwachung und klären die Herkunft der Vermögenswerte der Kunden nicht oder ungenügend ab. Um das Börsenrisiko abzuschätzen, ist die Beurteilung der in einer Transaktion involvierten Börse aus der Perspektive des Geldwäschereirisikos von großer Bedeutung. Will sich ein Finanzinstitut an eine Börse für digitale Vermögenswerte anbinden, um direkt Transaktionen auszuführen und Investitionen zu tätigen, sollte zwingend ein Know Your Exchange (KYE) anhand von festgelegten Kriterien gemacht werden. Dabei gibt es u.a. folgende Kriterien zu berücksichtigen:
- Jurisdiktion (FATF Staat vs. nicht FATF Staat)
- Art der Regulierung
- Umsetzung lokaler geldwäschereirechtlicher Pflichten
- Durchführung und Ergebnis eines AML Audits durch einen externen Dritten
- Etc.
Sollte ein Kunde eines Finanzinstituts mit digitalen Vermögenswerten oder mit Fiat-Vermögenswerten investieren wollen, die vom Wechsel von digitalen Vermögenswerten stammen, können ähnliche Börsenrisiken bestehen. Die Erstellung einer „Whitelist“ von Börsen, die vom Finanzinstitut anhand intern bestimmter Kriterien selektiert werden, kann eine Maßnahme zur Minderung des Risikos sein. Diese Whitelist mit den Börsennamen wird dem Kunden kommuniziert. Konkret bedeutet dies, dass nur Fiat-Vermögenswerte akzeptiert werden, die an einer dieser Börsen gewechselt wurden. Dies ist jedoch nur möglich, wenn der Kunde seine digitalen Vermögenswerte noch nicht getauscht hat. Hat der Kunde die digitalen Vermögenswerte bereits gewechselt, kann er durch einen spezialisierten Dienstleister einen ausführlichen Bericht über den Hintergrund und die Details seiner ursprünglichen Investitionen in digitale Vermögenswerte erstellen lassen und vorlegen. Fällt dieser Bericht positiv aus und sind die Risiken überschaubar, können der Kunde und seine Vermögenswerte akzeptiert werden.
ML/TF-Risiko bei Transaktionen
Bei Transaktionen besteht das Risiko, dass Terroristen und andere Kriminelle ungehinderten Zugang zu Geldtransfers haben und Vermögenswerte bewegen können. Um dies zu verhindern, hat die -FATF auf internationaler Ebene am 21. Juni 2019 Empfehlungen zu Finanzdienstleistungen im Blockchain-Bereich bezüglich Transfers von digitalen Vermögenswerten verabschiedet. Bei solchen Transfers müssen wie bei einer Banküberweisung Angaben zum Auftraggeber und zum Begünstigten übermittelt werden. Dies dient der Geldwäscherei- und Terrorismusfinanzierungsprävention. Der empfangende Dienstleister kann so den Namen des Absenders gegen Sanktionslisten oder die Korrektheit der Angaben zum Begünstigten überprüfen.
Die FINMA hat im August 2019 die technologieneutrale Anwendung des Gesetzes betont. Das Geldwäschereigesetz wird bereits seit dem Aufkommen von Blockchain-Finanzdienstleistungen auf diese angewandt. So sieht das Schweizer Gesetz bereits jetzt schon vor, dass von der FINMA beaufsichtigte Dienstleister und Finanzinstitute digitale Vermögenswerte nur an externe Wallets ihrer eigenen, bereits identifizierten Kunden schicken können und auch nur von solchen Wallets digitale Vermögenswerte entgegennehmen können. Es können nur digitale Vermögenswerte entgegengenommen werden, sofern im entsprechenden Zahlungssystem Angaben zum Absender oder Empfänger verlässlich übermittelt werden können. Diese Schweizer Vorschrift geht weiter als der internationale FATF Standard, denn dieser sieht eine Ausnahme für Transfers von und zu nicht unterstellten
Wallets bzw. Wallet-Providern vor.
Wie sollten Unternehmen mit der Herkunft von Digitalen Vermögenswerten umgehen? Dies ist eine Frage, die genauer Aufmerksamkeit bedarf, denn Nachlässigkeit in diesem Bereich kann zu ernsthaften Konsequenzen für die beteiligten Parteien führen. In der nächsten Woche wollen wir daher genau dieser Frage in einem weiteren Artikel nachgehen.
Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Ausschnitt aus dem über 70 Seiten umfassenden Forschungsbericht Discovering Institutional Demand for Digital Assets, der vom Crypto Research Report und Cointelegraph Consulting mitherausgegeben wird. Der Bericht wurde von acht Autoren erstellt und von SIX Digital Exchange, BlockFi, Bitmain, Blocksize Capital und Nexo unterstützt.