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Wir erleben eine Bitcoin Rally, keine Altcoin Rally

Wir erleben eine Bitcoin Rally keine Altcoin Rally

Seit dem Bitcoin-Halving sind bereits mehrere Wochen vergangen. Wochen, in denen große Teile des Marktes relativ ruhig geblieben sind. Es gibt kaum eine größere Kryptowährung, die sich heute von ihrer Position am 9. Mai, zwei Tage vor dem Halving, unterscheidet. Gegenüber Mitte Februar und Mitte März ist jedoch ein deutlicher Unterschied in der Performance einzelner Projekte während der Coronakrise zu erkennen. Dieser Artikel versucht, diesem Phänomen auf den Grund zu gehen und Parallelen zum Halving im Jahr 2016 zu ziehen.

Während eines wirtschaftlichen Aufschwungs tendieren kleinere Unternehmen dazu höhere Gewinne zu verbuchen als größere Unternehmen. Während einer wirtschaftlichen Rezession scheint das Gegenteil der Fall zu sein: große Unternehmen übertreffen kleine Unternehmen. Dies liegt daran, dass die Fiat-Inflation Investoren während einer Expansion in zunehmend riskantere Investitionen treibt, während der Abschwung dafür sorgt, dass Investoren konservative sichere Häfen zur Wertspeicherung bevorzugen.

Als Beispiel sei hier der Russell 2000 Nebenwert-Index genannt, der zwischen dem 19. Februar und dem 17. März um 38,6% fiel, während der S&P 500 Index der großen Unternehmen nur einen Abschwung von 29,5% erlebte.

Ähnliche Beobachtungen können eventuell auch im Bereich der Kryptowährungen gemacht werden.

Solange sich die globale Wirtschaft in einer expandierenden Periode befindet, die durch einfache Kreditvergabe begünstigt wird, tendiert Diversifikation dazu, Altcoins gegenüber Bitcoin höher zu bewerten. Wird die Wirtschaft jedoch geschwächt, so scheint sich Bitcoin besser zu entwickeln als ein diversifiziertes Altcoin-Portfolio. Ein Beispiel hierfür ist, dass das Handelsvolumen der Altcoins, die auf Coinmarketcap.com in der Top 10 geführt werden, zwischen dem 6. Mai und dem 1. April um 30% gesunken ist, während das Bitcoin-Handelsvolumen unverändert geblieben ist.

Darstellung 1: Handelsvolumen – Bitcoin vs. Altcoins

Quelle: Coinmarketcap.com, CryptoResearch.Report

Die Marktkapitalisierung der Top 10 Altcoins auf Coinmarketcap.com sank zwischen dem 6. Mai und dem 1. April um 37%, während Bitcoins Marktkapitalisierung nur um 27% sank. Anders als das Bitcoin-Handelsvolumen sank die Marktkapitalisierung drastisch im Zuge der Coronakrise. Dies liegt daran, dass die Mehrheit der Krypto-Investoren nur Bitcoin besitzen und keine Altcoins. Während einer Wirtschaftskrise mögen Altcoin-Investoren zwar Bitcoin als sicheren Hafen ansehen, doch die Mehrheit der Investoren sieht Staatsanleihen als sicheren Hafen an. Aus diesem Grund übt ein derartiger Schock einen Verkaufsdruck auf Bitcoin aus, da Investoren stattdessen in Anleihen und bedeutende Aktien wie Facebook, Apple, Netflix und Google investieren. Abgeschwächt wird dieser Vorgang durch den Kaufdruck, den Altcoin-Investoren ausüben, wenn sie diese gegen Bitcoin verkaufen.

Darstellung 2: Marktkapitalisierung – Bitcoin vs. Altcoins

Quelle: Kapitalisierung der Top 10 mit Ausnahme von Bitcoin und Tether, Coinmarketcap.com CryptoResearch.Report

Darstellung 3: Rendite – Bitcoin vs. Altcoins während der Coronakrise

Im gleichen Zeitraum, in dem der Bitcoin-Preis um 28% sank, nahmen die Altcoins der Top 10 um 38% ab, wobei Tezos und Ethereum am schwersten getroffen wurden und XRP sich am stabilsten verhielt.

Quelle: Coinmarketcap.com CryptoResearch.Report

Was bedeutet dies? Während einer Wirtschaftskrise ist davon auszugehen, dass Bitcoin sich besser entwickeln wird als Altcoins.

Ein weiterer Zeitraum in dem angenommen wird, dass Bitcoin die Altcoins übertrifft, ist der um das Halving herum. Zur Zeit des letzten Bitcoin-Halving am 9. Juli 2016 lag die Bitcoin-Dominanz bei 83%. Erst im März 2017 begann sie zu sinken, also mehr als ein halbes Jahr später. Ihren Tiefststand erreichte sie im Januar 2018 mit 32%.

Die Bitcoin-Dominanz liegt momentan bei 65% und scheint keine Schwäche zu zeigen. Im Zuge des Bitcoin-Halving haben viele Krypto-Investoren ihre Altcoins gegen Bitcoin eingetauscht.

Im Hinblick auf den wirtschaftlichen Schock, der einen Rückzug der Altcoin-Investoren in die Sicherheit erzeugte, und die Reduktion der Bitcoin-Inflation, deren Auswirkungen auf den Markt erst in einigen Monaten sichtbar werden könnten, gibt es deutliche Argumente, die dafür sprechen, dass Bitcoin gegenüber den Altcoins der Top 10 an Wert hinzugewinnen wird. Die Altcoin Season wird kaum beginnen, bevor die Weltwirtschaft nicht wiedereröffnet wurde, wodurch die Stimmung unter den Investoren ansteigen und die ökonomische Unsicherheit abnehmen wird.

Dies zeigt sich deutlich daran, dass außer Bitcoin und Ethereum kaum eine Kryptowährung ihr Preisniveau von Mitte Februar nach dem Bitcoin-Halving wiederherstellen konnte. Wirtschaftliche Unsicherheit bietet keinen fruchtbaren Boden für risikoreiche Spekulation. Tendenziell steigt das Risiko im Allgemeinen mit sinkender Marktkapitalisierung. Vor allem die Rückkehr zur allgemeinen wirtschaftlichen Stabilität wird dem Altcoin-Sektor zur Stabilisierung verhelfen.

Ein Leitfaden zur Kryptoregulierung in der Schweiz

Ein Leitfaden zur Kryptoregulierung in der Schweiz

 “This shows once again how the traditional Swiss approach of having principle-based laws that give a lot of discretion to citizens and regulatory agencies are much more innovation-friendly than overly detailed European-style laws.”

Luzius Meisser     

Key Takeaways

  • Traditionelle Banken benötigen CHF 10 Mio. an Eigenkapital. Kryptobanken können ab dem 1. Januar 2020 die FinTech Banklizenz beantragen. Diese Lizenz benötigt nur CHF 300’000 an Eigenkapital. Startups, die für den Handel mit Wertpapier-Token lizenziert werden wollen, müssen CHF 1,5 Mio. Eigenkapital aufweisen.
  • Die Schweiz hat die Standards zu Virtual Asset Provides (VASP) bereits eingeführt und restriktiver als die Empfehlungen umgesetzt.
Wir danken den zwei Autoren herzlich dafür, dass sie uns Ihren Artikel zur Verfügung stellen.
Martin Liebi: Martin ist Direktor und Leiter Capital Markets bei PwC Legal Switzerland.
Kontaktiere Martin für weitere Informationen und Unterstützung: [email protected]  
Silvan Thoma: Silvan Thoma ist Manager im Regulatory & Compliance Team von PwC Legal Switzerland.
Kontaktiere Martin für weitere Informationen und Unterstützung: [email protected]

Krypto-Vermögenswerte, die auf der Distributed Ledger Technologie (DLT) basieren, gewannen in letzter Zeit erheblich an Bedeutung. Dieser Artikel zielt darauf ab, einen Überblick über die wichtigsten regulatorischen Pflichten zu verschaffen für:

Geltungsgebiete der Regulation

Krypto-Vermögenswerte rücken zunehmend in den Fokus der Finanzmarktregulierung, insbesondere die Aktivitäten:

  • Handel im Allgemeinen,
  • Handel durch Gesellschaften,
  • ICOs und
  • Vermögensverwaltung.

Tabelle 1: Anforderungen für schweizerische Lizenzen

Anforderungen für schweizerische Lizenzen

Source: Martin Liebi, PwC

Zahlungs-Token, der Umtausch von Krypto-Vermögenswerten in Fiat-Währungen, Custody-Wallets, Banken, Effektenhändler und Vermögensverwalter unterstehen generell den Bestimmungen zur Bekämpfung von Geldwäscherei. Dazu gehören unter anderem die Anschlusspflicht und die Identifizierung der Vertragsparteien. Die Bestimmungen zur Bekämpfung von Geldwäscherei sind die grundlegenden regulatorischen Vorgaben, welche auf die meisten Gesellschaften, die in Krypto-Vermögenswerten handeln, Anwendung finden. Je nachdem, welche zusätzlichen Aktivitäten die Gesellschaft ausübt, benötigt sie eine Bewilligung als Bank, Effektenhändler (die

Wichtig: Wenn ein Broker wie Bitcoin Suisse oder ein Kryptofonds eine Call- oder eine Put-Option auf Bitcoin mit einer Gegenpartei «over the counter» handeln will, würden sie sich auf einen Preis für die Option einigen, und müssten dies dann der FINMA melden. Ausserdem müssten sie auch ihre Sicherheiten vorweisen, die im Laufe der Zeit verwendet werden können, um die Fähigkeit zum Verkauf oder Kauf der Token nachzuweisen. Natürliche Personen müssen keine Optionshandelspositionen melden.

Schweizer Variante der Wertpapierfirma), Handelsplatz, Vermögensverwalter oder eine Kombination dieser Bewilligungen. Die Schweiz plant zudem in naher Zukunft eine zusätzliche Bewilligungskategorie, die Fintech-Bank, einzuführen.

  • Eine Bewilligung wird in den folgenden Fällen benötigt:
“FINMA – supervised institutions are thus not permitted to receive tokens from customers of other institutions or to send tokens to such customers.”  

FINMA
  • Die Entgegennahme von Publikumseinlagen, z. B. beim Emittieren von OTC-Derivaten, die keine Effekten sind, verlangt in der Regel eine Bankenbewilligung. Die Bankenbewilligung ist die am strengsten regulierte Bewilligungsform für Finanzmarktteilnehmer. Krypto-Vermögenswerte und damit zusammenhängende Private-Keys können Einlagen im Sinne des Bankengesetzes darstellen.
Wichtig: Eine bilaterale systematische Internalisierung liegt vor, wenn Broker die Geschäfte ihrer Kunden eigenständig vornehmen. Broker, die diese Art von Tätigkeit ausüben, unterliegen einer höheren Regulierung in Bezug auf die Transparenz, einschließlich der Notwendigkeit, den Kunden das Angebot vor dem Handel vorzulegen. Weitere Informationen zur Regulierung des BSI finden Sie auf der Website der FINMA.

Der Handel in Krypto-Vermögenswerten, die Effekten sind, verlangt üblicherweise nach einer Bewilligung als Effektenhändler. Dies gilt für den Kundenhandel und, ab einem Schwellenwert, auch für den Eigenhandel. Die Bewilligungspflicht betrifft im Übrigen Gesellschaften, die Derivate öffentlich auf dem Primärmarkt anbieten. Die bilaterale systematische Internalisierung von Krypto-Vermögenswerten und damit zusammenhängenden Derivaten oder Finanzinstrumenten untersteht zudem weiteren regulatorischen Anforderungen nach dem Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG).

Wichtig: Wenn ein Manager die Vollmacht hat, das Konto eines Kunden bei einer Bank zu verwalten, benötigt er derzeit keine Lizenz. Dies ändert sich Anfang 2020. Das neue Regulierungssystem setzt sich aus dem Finanzdienstleistungsgesetz und dem Finanzinstitutsgesetzzusammen. Die Gesetze treten am 1. Januar 2020 in Kraft. Doch bestehende Vermögensverwalter haben bis zu drei Jahre Zeit, um die gesetzlichen Vorgaben umzusetzen.

Die Vermögensverwaltung für Schweizer und für ausländische kollektive Kapitalanlagen mit Bezug zu Krypto-Vermögenswerten erfordert eine Bewilligung. Zum Vertrieb von kollektiven Kapitalanlagen und zur Vertretung von ausländischen kollektiven Kapitalanlagen wird ebenfalls eine Bewilligung benötigt. Die individuelle Vermögensverwaltung und Anlageberatung sind demgegenüber zurzeit ohne Bewilligung möglich. Erforderlich ist jedoch der Anschluss an eine Selbstregulierungsorganisation nach dem Geldwäschereigesetz (GwG). Dies wird sich jedoch vermutlich unter den Finanzmarktgesetzen, die bald in Kraft treten sollen, ändern.

Der Handel mit Krypto-Vermögenswerten, welche als Derivate einzustufen sind, kann, je nach Klassifizierung der Gegenpartei, verschiedene Pflichten nach sich ziehen, so wie z.B. Meldepflichten und Risikominderungspflichten.

Die Regulierung des Handels von Kryptowährungen

Kategorisierung von Kryptowährungen

Es gibt eine Vielzahl an verschiedenen Krypto-Vermögenswerten. Jedoch fehlt es sowohl in der Schweiz als auch auf internationaler Ebene an einer allgemein anerkannten Klassifizierung von ICOs und den daraus hervorgehenden Token. Bisher hat sich in der Schweiz weder eine einheitliche Lehre noch eine umfassende Rechtsprechung zu Krypto-Vermögenswerten herausgebildet.

“In Switzerland, according to FINMA’s characteristic, an Asset token represent assets such as participation in real physical underlings, companies, or earnings streams, or an entitlement to dividends or interest payments. In terms of their economic function, these tokens are analogous to equities, bonds, or derivatives.”  
Marcel Hostettler, Partner at MME Legal AG 

Wie bereits in der Edition vom Januar 2019 betrachtet, unterscheidet die Schweizer Finanzmarktaufsicht FINMA drei Typen von Token: Nutzungs-, Zahlungs- und Anlage-Token. Diese Klassifizierung geht von einem wirtschaftlichen Ansatz aus und stellt den Zweck des Tokens in den Mittelpunkt. Dabei wird mehr auf die wirtschaftliche Funktion als auf die Bezeichnung des Tokens abgestellt. Aus diesem Grund kann ein Token auch Eigenschaften mehrerer Typen aufweisen und die Klassifizierungen schliessen sich nicht gegenseitig aus. Anlage- wie auch Nutzungs-Token können z. B. zusätzlich als Zahlungs-Token klassifiziert werden. Solche Mischformen werden als Hybrid-Token bezeichnet. Auf Hybrid-Token finden die Anforderungen, die für die Grundtypen gelten, kumulativ Anwendung. Dies macht sie komplexer als die Grundtypen.

1.      Handel von Nutzungs-Token

Nutzungs-Token sind dafür gedacht, Zugang zu einer digitalen Nutzung oder Dienstleistung zu vermitteln. Timicoin ist beispielsweise ein Nutzungs-Token, der den Zugang zu einer Datenplattform für Gesundheitsinformationen ermöglicht. Nutzungs-Token werden zurzeit von der FINMA nicht als Effekten eingestuft, falls der Token ausschliesslich einen Anspruch auf Zugang zu einer digitalen Nutzung oder Dienstleistung vermittelt und der Token zum Zeitpunkt der Ausgabe bereits so einsetzbar ist. Nutzungs-Token haben keinen Bezug zum Kapitalmarkt, was eine für Effekten typische Eigenschaft ist. Sollte ein Nutzungs-Token zum Zeitpunkt der Ausgabe auch eine wirtschaftliche Funktion als Anlage erfüllen, wird er als Effekte behandelt.

2.      Handel von Zahlungs-Token

Wichtig: Gewisse Lehrmeinungen sprechen sich dafür aus, Zahlungs-Token als Effekten zu behandeln. Trotzdem argumentieren andere Forscher, dass vermögensgedeckte Coins wie z. B. der metallgedeckte Tiberius-Coin keine Effekte ist. Ähnlich zum physischen Besitz von Edelmetallen repräsentiert der Token das Recht auf die hinterlegten Edelmetalle.  

Zahlungs-Token, auch Krypto-Währungen genannt, sind Token, die zum Zeitpunkt ihrer Ausgabe oder später als Zahlungsmittel verwendet werden. Sie sind dazu konzipiert, Waren und Dienstleistungen zu erwerben oder Geld und Werte zu übertragen.

Zahlungs-Token vermitteln keine Ansprüche gegenüber dem Emittenten und kommen in ihrer Funktion einer Währung am nächsten. Vor dem Hintergrund, dass Zahlungs-Token dafür geschaffen sind, als Zahlungsmittel verwendet zu werden und in ihrer Funktion nicht Effekten entsprechen, behandelt sie die FINMA zurzeit auch nicht als solche.

3.      Handel von Anlage-Token

Anlage-Token repräsentieren Vermögenswerte wie schuldrechtliche Forderungen gegenüber einem Emittenten oder Mitgliedschaftsrechte an einer Gesellschaft. Sie versprechen beispielsweise Anteile an künftigen Unternehmenserträgen oder künftige Kapitalflüsse. Daher entsprechen diese Token in ihrer wirtschaftlichen Funktion Aktien, Obligationen oder Derivaten, weshalb die FINMA Anlage-Token im Allgemeinen als Effekten behandelt.

Token, die den Handel physischer Wertgegenstände auf einer Blockchain ermöglichen, fallen ebenfalls in die Kategorie Anlage-Token. So müssen sich beispielsweise Immobiliengesellschaften, die blockchainbasierte Token verwenden, mit der Regulierungsvorschriften von Anlage-Token auseinandersetzen.

Tabelle 2: Das Kategorisierungssystem von Token der FINMA

Das Kategorisierungssystem von Token der FINMA

Source: Martin Liebi, PwC, * Hybrid-Token bestehen aus mind. zwei der drei Token-Kategorien.

Anlage-Token sind Effekten, wenn:

  1. sie Wertrechte repräsentieren, was bedeutet, dass das Wertpapier keine physische Repräsentation hat, weder in Form von Ausdrucken auf Papier noch auf einem Speicherstick,
  • sie Derivate repräsentieren, d. h. der Wert der vermittelten Forderung hängt von einem oder mehreren Basiswerten ab,
  • im Rahmen eines ICO Vorfinanzierungen oder Vorverkäufe stattfanden, die Ansprüche auf den Bezug von Token vermitteln.
Wichtig: Das Lykke-Modell sowie die strukturierten Produkte von Vontobel, Leontec, GenTwo und Amun sind Derivate auf Kryptowährungen.

All diese Anlage-Token müssen vereinheitlicht und zum massenweisen Handel geeignet sein, um als Effekte zu gelten. Dies bedeutet, dass sie in gleicher Struktur und Stückelung öffentlich angeboten oder bei mehr als 20 Kunden platziert werden, sofern sie nicht für einzelne Gegenparteien besonders geschaffen werden.

Zusätzlich zu den regulatorischen Pflichten und Anforderungen (siehe unten), müssen für Effekten, die Aktien oder Obligationen verkörpern, Prospekte nach dem Obligationenrecht erstellt werden.

4.      Handel von Derivat-Token

Wichtig: Es ist jedoch schwierig, die Gegenparteien von Token, die Derivate sind, eindeutig zu identifizieren, da es sich um dezentrale, blockchainbasierte Token handelt und die Inhaber der Token anonym sind. Die Erfüllung der für Derivate geltenden regulatorischen Verpflichtungen kann daher aufwendig sein.

Trading Der Handel in Anlage-Token, die Derivate sind, untersteht grundsätzlich denselben Vorschriften wie der Handel mit klassischen Derivaten. Diese umfassen die Meldepflicht, die Risikominderungspflichten und, zumindest in der Theorie, die Abrechnungs- und die Plattformhandelspflicht nach dem Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG). Diese Pflichten nach dem FinfraG gehen von einem bilateralen Handel von Derivaten aus.

“It’s crucial for an ICO issuer to write a formal request to FINMA including the information required according to the ICO Guidelines and await the “no-action letter” from FINMA before proceeding with the ICO.”  

Pascal Sprenger, KPMG 

5.      Initial Coin Offerings (ICOs)

Fundraising und Vorfinanzierung

Zurzeit gibt es in der Schweiz keine spezifische Finanzmarktregulierung zu Initial Coin Offerings (ICOs). ICOs werden daher gemäss der Kategorisierung der daraus resultierenden Token in Zahlungs-, Nutzungs- und Anlage-Token behandelt. Deshalb sind vor allem Anlage-Token, die Effekten sind, im Fokus der Finanzmarktregulierung und unterstehen zudem dem Prospekterfordernis, sofern sie in ihrer wirtschaftlichen Funktion Aktien oder Obligationen entsprechen. Das Platzieren von Effekten, das Schaffen von Derivaten sowie der Handel in Effekten kann eine Bewilligungspflicht mit sich bringen (siehe weiter unten). Auch Token, die im Rahmen einer Mittelaufnahme (Fundraising) in Umlauf gebracht werden, qualifizieren als Effekten. Bei einer Vorfinanzierung wird den Anlegern in Aussicht gestellt, dass sie in Zukunft Token erhalten werden, wobei die Token oder die Blockchain erst noch entwickelt werden müssen. Bei einem Vorverkauf erhalten Anleger vor dem eigentlichen ICO Token mit der Möglichkeit, später andere Token zu beziehen oder gegen diese einzutauschen.

Abbildung: Anzahl ICOs pro Monat

Anzahl ICOs pro Monat

Quelle: Icobench.com, Incrementum AG

Die Regulierung von Gesellschaften, die mit Krypto-Vermögenswerten handeln

  1. Krypto-Vermögenswerte, die keine Anlage-Token sind
“Just like other financial industry service providers, crypto businesses can also apply for a membership with a self-regulatory organization (SRO). The idea is simple: Instead of getting a FINMA license themselves, crypto businesses become a member of FINMA-regulated SRO to prove compliance with Anti-Money-Laundering regulations and Swiss financial law.”  

Lucas Hofer, ICO.li 
  1. Anschluss an eine SRO nach dem GwG

Zahlungs- und Nutzungs-Token können nach dem Anschluss an eine Selbstregulierungsorganisation (SRO) nach dem Geldwäschereigesetz (GwG) bilateral oder multilateral gehandelt werden. Diese Aktivität untersteht ausser den Bestimmungen des GwG keinen anderen finanzmarktrechtlichen Vorschriften. Der Anschluss an eine SRO nach dem GwG ist für viele Marktteilnehmer der erste Schritt zum Aufbau ihrer Handelsaktivität und ist weder arbeits- noch kostenintensiv.

Krypto-Vermögenswerte?  
Viele Anleger glauben fälschlicherweise, dass börsengehandelte Fonds in traditionellen Märkten wie Aktien und Anleihen Derivate sind. Sie gelten eigentlich nicht als Derivate, sondern sind eine separate Kategorie von Wertpapieren, ähnlich wie Investmentfonds. Es sei denn, sie nutzen den Hebel, um die Performance gegenüber dem Basiswert zu verbessern, wie der ProShares Ultra S&P 500 ETF, der darauf abzielt, den Anlegern eine Rendite zu bieten, die doppelt so hoch ist wie die Performance des S&P  500-Index. Das ist ein Beispiel für einen ETF, der als Derivat klassifiziert ist. Zudem gibt es Anlageverträge, die als Derivat, aber nicht als Wertpapier gelten – zumindest in der Schweiz. So ist beispielsweise eine maßgeschneiderte außerbörsliche Kaufoption ein Derivat, aber kein Wertpapier. In der Europäischen Union wird dies in der Regel noch immer als Aktie angesehen.  

2. Schweizer Banken

 (1) Bankenbewilligung

Sofern keine Ausnahmebestimmung greift, verlangt die gewerbsmässige Entgegennahme von Publikumseinlagen eine Bankenbewilligung. Grundsätzlich gelten alle Verbindlichkeiten als Einlagen. Dies gilt auch für Derivate, die keine Effekten sind, weil sie beispielsweise nicht vereinheitlicht und zum massenweisen Handel geeignet sind. Die gewerbsmässige Entgegennahme von Publikumseinlagen bedeutet üblicherweise, dass von mehr als 20 Einlegern Gelder entgegengenommen werden oder man sich öffentlich zur Entgegenahme anbietet.

Zurzeit ist sich die Lehre uneinig, ob Zahlungs-Token und die Übertagung von Private-Keys als Einlagen zu klassifizieren sind. Selbst wenn diese als Einlagen einzustufen wären, könnten eine oder mehrere Ausnahmebestimmungen greifen, so dass keine Bankenbewilligung notwendig wäre. Typische Ausnahmebestimmungen sind:

Keine gewerbsmässige Entgegennahme: Die Entgegennahme von Publikumseinlagen von gesamthaft höchstens CHF 1 Mio. gilt nicht als gewerbsmässig, sofern die Einlagen weder verzinst noch investiert werden, und die Einleger vorgängig darüber informiert werden, dass keine FINMA Beaufsichtigung und Einlagensicherung besteht.

Wichtig: Im Gegensatz zu den meisten anderen regulatorischen Regelwerken weltweit verfügt die Schweiz über ein statisches Regelwerk, in dem Unternehmen neue Geschäftsideen ausprobieren und testen können, ohne eine Lizenzpflicht auszulösen. Sie können jedoch keine Zinsen zahlen oder diese Vermögenswerte auf ein Depot von unter 1 Mio. CHF anlegen.
Wichtig: Wenn ein Investor bei einem Krypto-Broker Geld für maximal 60 Tage einlegt, dann löst dies keine Lizenzbedingung für den Krypto-Broker aus. Diese Befreiung gilt auch für Broker, die öffentliche Einlagen für Wertpapiergeschäfte wie den Kauf oder Verkauf von Aktien annehmen.

Habensaldi bei Edelmetallhändlern, Vermögensverwaltern oder ähnlichen Unternehmen, die nicht verzinst werden und die einzig der Abwicklung von Geschäften innert höchstens 60 Tagen dienen. Effektenhändler können von einer längeren Abwicklungsfrist profitieren, die im Einzelfall festgelegt werden muss.

Kritische Erwägung: Wenn Sie eine sehr wohlhabende Person mit einem Family Office sind, benötigen Sie keine Lizenz, um in Kryptowährungen zu investieren, da kein Gegenparteirisiko für Dritte besteht. Die Bank oder das Family Office investiert in Kryptowährungen auf eigenes Risiko und mit eigenem Geld und nicht mit dem eines anderen.

Keine Publikumseinlage: Einlagen von Banken, qualifizierten Aktionären, d.h. solche mit mehr als 10% der Stimmen oder des Kapitals, wirtschaftliche verbundene Personen, z.B. Mutter-, Tochter-, oder Schwestergesellschaften, und  institutionelle Anleger mit einer fachlich ausgewiesenen Person, die hauptsächlich damit betraut ist, die Finanzmittel des Unternehmens zu verwalten (professionelle Tresorerie).

Die FINMA behandelt Zahlungs-Token Kundenhändler mit ähnlichen Aktivitäten wie FX (Fremdwährungs-) Kundenhändler als solche. Zahlungs-Token Kundenhändler, die Fiat-Währungen im Austausch gegen Zahlungs-Token auf einem Kundenkonto annehmen und selbst als Partei in Transaktionen mit ihren Kunden in Zahlungs-Token auftreten, benötigen in der Regel eine Bankenbewilligung. Dies ist nicht der Fall, wenn ein Vermögensverwalter lediglich die Positionen seiner Kunden in Zahlungs-Token verwaltet und die Kunden die Risiken tragen.

(2) Die “Fintech” Bewilligung

Kritische Erwägung: Eine Schweizer FinTech-Lizenz ist vergleichbar mit einer liechtensteinischen E-Geld-Lizenz. Ein privilegiertes Depot in der Schweiz ist ein Depot von mindestens 100’000 CHF. In Liechtenstein beginnt ein privilegiertes Depot bereits bei nur 30’000 CHF.

Die Schweiz führt per 1. Januar 2020 unter dem Titel Innovationsförderung eine neue Bewilligungskategorie ein. Die sogenannte “Fintech” Bewilligung soll insbesondere für Unternehmen, die in Krypto-Vermögenswerten handeln, eine angemessene Form der Aufsicht darstellen. Die “Fintech” Bewilligung ermöglicht, gewerbsmässig Publikumseinlagen (z.B. in der Form von Zahlungs-Token, Nutzungs-Token oder Fiat-Währungen) bis zu CHF 100 Mio. entgegenzunehmen. Es ist jedoch nicht möglich die Einlagen unter dieser Bewilligungsform anzulegen oder zu verzinsen. Anders als bei einer Bank sind die Einlagen im Konkursfall nicht privilegiert. Die Anforderungen and das regulatorische Mindestkapital sind wesentlich niedriger als bei Banken (mindestens CHF 300’000 oder 3% der Publikumseinlagen).

“The Fintech license allows institutions to accept public deposits of up to CHF 100 million, provided that these are not invested and no interest is paid on them. A further requirement is that an institution with a FinTech license must have its registered office and conduct its business activities in Switzerland.”  

The Federal Council

Die “Fintech” Bewilligung bringt zudem weitere Erleichterungen, wie die Rechnungslegung nach den Vorschriften des Schweizer Obligationenrechts, mit sich. Eine Gesellschaft, die eine “Fintech” Bewilligung erhalten möchte, muss ein Gesuch bei der FINMA einreichen und ein entsprechendes Bewilligungsverfahren durchlaufen.

 (3) Anforderungen an eine Bank

Angenommen Sie sind CEO eines Unternehmens, das in den Krypto-Markt einsteigen möchte und kommen zum Schluss, dass ihr Geschäftsmodell eine Bankenaktivität beinhaltet. Sie fragen

  • Bewilligungsgesuch

Falls die geplante Aktivität nach einer Bankenbewilligung verlangt, muss ein entsprechendes Gesuch bei der FINMA eingereicht werden. Die FINMA prüft anschliessend, ob die gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden. Die meisten dieser Anforderungen müssen sowohl zum Zeitpunkt der Gesuchsbewilligung als auch danach erfüllt werden.

  • Organisatorische Anforderungen

Eine Bank braucht typischerweise ein Organ für die Oberleitung mit mindestens drei Mitgliedern (z.B. den Verwaltungsrat) und ein separates Organ für die Geschäftsführung. Zudem braucht sie in der Regel zusätzlich zu den Business Funktionen eine Compliance sowie eine Risikomanagement Abteilung und eine interne Revision. Die Bank muss für eine wirksame betriebsinterne Trennung von Handel, Kreditgeschäft sowie Abwicklung und zwischen den Kontrollfunktionen (Risikomanagement und Compliance) sorgen. Die interne Revision, Compliance und das Risikomanagement können grundsätzlich ausgelagert werden. Zudem muss die Bank für ein wirksames internes Kontrollsystem sorgen.

Bewilligungsgesuch

(3) Mindestkapital

Jede Bank muss ein Mindestkapital von CHF 10 Mio. aufweisen. Zusätzliche Kapitalanforderungen können sich aus der spezifischen Geschäftstätigkeit und dem Risikoprofil ergeben. Zudem müssen Banken spezielle regulatorische Rechnungslegungsvorschriften einhalten.

(4) Meldepflichten

Banken müssen der FINMA geplante Auslandaktivitäten vorgängig melden. Ausserdem haben sie die Errichtung, den Erwerb oder die Veräusserung von Tochtergesellschaften, Vertretungen oder Zweigniederlassungen im Ausland zu melden und von der FINMA vorgängig genehmigen zu lassen. Zudem müssen der FINMA qualifiziert Beteiligte gemeldet werden und die Unter- oder Überschreitung sowie das Erreichen der Schwellenwerte von 10%, 20%, 33% oder 50% des Kapitals oder der Stimmen.

(5). Bewilligungs- und Genehmigungspflichten

Soll eine Schweizer Bank in ausländische Beherrschung übergehen, benötigt sie eine Bewilligung der FINMA. Zudem müssen Änderungen von organisatorischen Dokumenten, wie der Statuten und Reglemente vorgängig von der FINMA genehmigt werden.

(4) Einlagensicherung

Privilegierte Einlagen geniessen besonderen Schutz. Einlagen in Höhe von maximal CHF 100’000, die auf den Namen des Einlegers lauten, sind in einem Konkursfall privilegierte Forderungen. Banken müssen ständig inländisch gedeckte Forderungen oder andere Aktiven in der Schweiz im Umfang von 125% der privilegierten Einlagen halten.

Wichtig: Effekten sind ebenfalls von der Einlagensicherung gedeckt. Es stellt sich daher die Frage, wie Krypto-Vermögenswerte im Konkursfall behandelt werden.

  • Bilateraler Handel in Krypto-Vermögenswerten, die Anlage-Token sind
“The true game changer is to get an OTF license from FINMA here in Switzerland.”  

Richard Olsen, Founder of Lykke

Bisher läuft Ihr Krypto-Projekt gut und Sie und Ihr Unternehmen erfüllen alle regulatorischen Anforderungen. Das ist Ihnen jedoch noch nicht genug. Sie wollen zusätzlich in den Markt für Kryptos einsteigen, die als Anlage-Token zu beurteilen sind.

Eine Gesellschaft, die in Krypto-Vermögenswerten, die Effekten sind, handelt, braucht in der Regel eine Bewilligung als Effektenhändler. Effekten sind verbriefte oder unverbriefte Finanzinstrumente, die vereinheitlicht und zum massenweisen Handel geeignet sind. Sie werden entweder in gleicher Struktur und Stückelung öffentlich angeboten oder bei mehr als 20 Kunden platziert, aber nicht für einzelne Gegenparteien besonders geschaffen. Keine Sorge, wenn Sie nur in Zahlungs- oder Nutzungs-Token handeln, brauchen Sie in der Regel keine Bewilligung als Effektenhändler.

Der Handel in Token mit Effekteneigenschaft kann einige rechtliche Folgen nach sich ziehen:

1.) Derzeitige Regulierung von Firmen, die professionell mit Anlage-Token handeln

(1) Die aktuelle Regulierung des gewerbsmässigen Eigenhandels und des Handels für Rechnung Dritter in Krypto-Vermögenswerten, die Effekten sind (Börsengesetz)

Ihr Freund Daniel plant, als Krypto-Broker tätig zu werden und soll zum Geschäftspartner Ihrer Bank werden. Da Sie sich bereits mit der Regulierung von Krypto-Vermögenswerten, die Effekten sind, auseinandergesetzt haben, informieren Sie ihn gerne über die verschiedenen Formen von Effektenhändlern.

Der gewerbsmässige Handel in Effekten erfordert in der Regel eine Bewilligung der FINMA als Effektenhändler. Die spezifischen Anforderungen und der Verlauf des Bewilligungsverfahrens hängen stark vom Sitz des Effektenhändlers und der Geschäftstätigkeit ab. Ein Schweizer Effektenhändler ist jede natürliche und juristische Person und Personengesellschaft, die gewerbsmässig Effekten kauft oder verkauft und

  • auf eigene Rechnung auf dem Sekundärmarkt und kurzfristig handelt (Eigenhändler und Market Maker) oder
  • auf Rechnung von Kunden handelt (Kundenhändler) oder
  • Effekten von Dritten öffentlich auf dem Primärmarkt anbietet (Emissionshäuser) oder
  • Derivate selbst schafft und diese öffentlich auf dem Primärmarkt anbietet (Derivathäuser).

Table 3: Welche Händler von Kryptoanlagen benötigen zusätzliche Lizenzen?

Welche Händler von Kryptoanlagen benötigen zusätzliche Lizenzen?

Source: Martin Liebe, PwC

“Eigenhändler”, “Emissionshäuser” und “Derivathäuser” (siehe weiter unten) müssen auf individueller oder, falls sie Teil einer Gruppe sind, auf konsolidierter Ebene hauptsächlich im Finanzbereich tätig sein. Dies bedeutet, dass die Haupttätigkeit der Gruppe im Finanzsektor liegen muss. Auch wenn die Treasury-Gesellschaft einer Gruppe, die hauptsächlich nicht im Finanzsektor tätig ist, in erheblichem Umfang in Effekten handelt, benötigt diese keine Bewilligung als Effektenhändler, sofern der Effektenhandel eng mit der Hauptaktivität der Gruppe zusammenhängt (z. B. Treasury-Gesellschaften von Industriegruppen). Diese Ausnahme gilt jedoch nicht für Market-Maker und Kundenhändler. Diese müssen ein Bewilligungsgesuch einreichen, auch wenn die Hauptaktivität auf Gruppenebene nicht im Finanzsektor liegt.

Das Kategorisierungssystem der FINMA

  • Eigenhandel (Nostrohandel)

Effektenhändler, die auf eigene Rechnung handeln, müssen nur eine Bewilligungsgesuch einreichen, falls sie die Funktionsfähigkeit des Marktes gefährden könnten. Davon wird ausgegangen, wenn der brutto Jahresumsatz in Effektengeschäften mindestens CHF 5 Mrd. beträgt. Typischerweise haben Eigenhändler keine Kunden und handeln gewerbsmässig und kurzfristig. Sie handeln in eigenem Namen und ohne Auftrag oder Instruktionen Dritter und sind in erster Linie Marktrisiken ausgesetzt. Falls der Eigenhändler eine Clearing-Funktion für Effektengeschäfte Dritter übernimmt, wobei ihm die Dritten kein Guthaben für den Abschluss des Effektengeschäfts vorschiessen, ist er zudem einem Gegenparteirisiko ausgesetzt.

Als kurzfristiger Handel wird das aktive Bewirtschaften von Effekten bezeichnet, wobei das Ziel verfolgt wird, innerhalb kurzer Fristen aus Veränderungen von Kursen oder Zinsen Gewinne zu erzielen. Der Erwerb von Effekten zum Zweck einer langfristigen Finanzanlage oder das Halten von Effekten bis zu deren Verfall, sind nicht Eigenhandel.

  • Eigenhandel (Market Maker)

Market Maker handeln gewerbsmässig öffentlich für eigene Rechnung kurzfristig in Effekten. Sie handeln öffentlich, da sie jedermann gewisse Effekten anbieten, indem sie dauernd oder auf Anfrage (request for quote) verbindliche Brief- und Geldkurse stellen.

  • Handel für Rechnung Dritter (Kundenhandel)
“August 27, 2019. Sygnum and SEBA have both been granted a banking and securities dealer license from the Swiss Financial Market Supervisory Authority (FINMA). This is the first time this license has been awarded to digital asset specialists.”  

Greater Zürich Area

Kundenhändler handeln gewerbsmässig in eigenem Namen und für Rechnung von Kunden in Effekten. Eine gewerbsmässige Tätigkeit wir vermutet, wenn der Effektenhändler für mehr als 20 Kunden selber oder bei Dritten Konten zur Abwicklung des Effektenhandels führt oder Effekten dieser Kunden bei sich oder in seinem Namen bei Dritten aufbewahrt.

Ob eine Aktivität als Eigen- oder Kundenhändler vorliegt, bestimmt sich aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen. Entscheidend ist insbesondere, wer das Risiko der Effektengeschäfte trägt. Falls der Kunde das wirtschaftliche Risiko für die Handelsaktivitäten über das Nostrokonto des Effektenhändlers trägt, geht man von Effektengeschäften für Rechnung des Kunden aus. Kundenhändler führen selbst oder bei Dritten Konten für die Abwicklung der Effektengeschäfte ihrer Kunden oder bewahren Effekten ihrer Kunden bei sich oder in ihrem Namen bei Dritten auf.

Keine Bewilligung wird beispielsweise benötigt, wenn alle Kunden staatlich beaufsichtigte Unternehmen (z.B. Banken oder andere Effektenhändler), massgeblich am Unternehmen Beteiligte oder institutionelle Anleger mit professioneller Tresorerie (siehe oben) sind. Vermögensverwalter und Anlageberater sind keine Effektenhändler, falls sie ausschliesslich auf Grundlage von Vollmachten handeln. Diese Ausnahme gilt nicht, falls der Vermögensverwalter oder Anlageberater zusätzlich Effekten über sein eigenes Konto oder Depot an die Kunden verkauft oder von ihnen kauft.

  • Anbieten von Krypto-Vermögenswerten, die Effekten sind (Emissionshäuser)

Emissionshäuser bieten von Dritten ausgegebene Krypto-Effekten öffentlich auf dem Primärmarkt an. Sie übernehmen diese Krypto-Effekten von Dritten entweder fest oder in Kommission. Es wird also nur eine Bewilligung als Effektenhändler benötigt, wenn das Anbieten der Effekten auf dem Primärmarkt «öffentlich» erfolgt.

Ein Angebot ist öffentlich, wenn es sich an unbestimmt viele richtet, also insbesondere, wenn es durch Inserate, Prospekte, Rundschreiben oder elektronische Medien verbreitet wird. Angebote gelten nicht als öffentlich, wenn sie ausschliesslich an bestimmte Anleger gerichtet sind. Zu diesen gehören in- und ausländische Banken und Effektenhändler oder andere staatlich beaufsichtigte Unternehmen, Aktionäre und Gesellschafter mit einer massgebenden Beteiligung am Unternehmen oder mit dem Unternehmen wirtschaftlich oder familiär verbundene Personen sowie institutionelle Anleger mit professioneller Tresorerie (siehe oben). Werden nach einem öffentlichen Angebot Effekten bei weniger als 20 Kunden platziert, liegt trotzdem eine Tätigkeit als Emissionshaus vor. Das Platzieren von Effekten ohne öffentliches Angebot bei weniger als 20 Kunden gilt hingegen nicht als öffentliches Angebot.

  • Schaffen von Krypto-Vermögenswerten, die Derivate sind (Derivathäuser)

Derivativhäuser schaffen gewerbsmässig Krypto-Vermögenswerte in der Form von Derivaten, also Finanzkontrakte, deren Wert von einem oder mehreren Basiswerten abhängt. Diese Tätigkeit muss gewerbsmässig erfolgen und die Derivate müssen öffentlich auf dem Primärmarkt auf eigene oder fremde Rechnung angeboten werden. Ein Platzieren von Derivaten bei weniger als 20 Kunden nach einem öffentlichen Angebot zieht eine Bewilligungspflicht nach sich. Dies ist nicht der Fall, wenn die Derivate ohne öffentliches Angebot bei weniger als 20 Kunden platziert werden.

(2) Ausländische Effektenhändler

Ausländische Effektenhändler sind ausländische Unternehmen, die

  • im Ausland eine entsprechende Bewilligung besitzen, oder
  • im Firmennamen oder in der Bezeichnung des Geschäftszweck respektive in den Geschäftsunterlagen den Begriff «Effektenhändler» oder einen ähnlichen Begriff verwenden oder
  • Effektenhandel betreiben.

Grundsätzlich unterliegen ausländische Effektenhändler denselben Pflichten wie Effektenhändler mit Sitz in der Schweiz, ausser das Recht sieht etwas anderes vor. Ausländische Effektenhändler, die in der Schweiz geleitet werden oder ihre Geschäfte überwiegend in oder von der Schweiz aus abwickeln, unterstehen denselben regulatorischen Anforderungen wie inländische Effektenhändler. Schweizer Effektenhändler gelten als ausländisch beherrscht, wenn ausländische Personen mit massgebenden Beteiligungen direkt oder indirekt mehr als 50% der Stimmrechte halten oder in einer anderen Weise einen beherrschenden Einfluss ausüben können. 

Ausländische Effektenhändler müssen eine Bewilligung für ihre Zweigniederlassung oder Vertretung einholen, sofern sie dauernd in der Schweiz Personen beschäftigen, die gewerbsmässig für sie tätig sind, und gewissen Aktivitäten nachgehen.

 (3) Anforderungen an einen Effektenhändler

Daniel, der als Effektenhändler tätig werden möchte, weiss nun über die verschiedenen Kategorien von Effektenhändlern Bescheid. Zudem ist er sich sicher, unter welche Kategorie sein Unternehmen fallen wird.  Jedoch muss er nun wissen, welche regulatorischen Anforderungen zu erfüllen sind, damit er seine Pläne verwirklichen kann.

(1) Bewilligungsgesuch

Jeder, der unter eine der oben erwähnten Kategorien von Effektenhändlern fällt, muss bei der FINMA ein Bewilligungsgesuch einreichen. Die Bewilligung wird erteilt, wenn bestimmte Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Bewilligung erfüllt sind. Die meisten Voraussetzungen müssen anschliessend dauernd erfüllt sein.

(2) Organisatorische Anforderungen

Ein Effektenhändler muss eine für die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten angemessene Betriebsorganisation aufweisen. Er braucht ein Organ für die Oberleitung (z. B. Verwaltungsrat) und eine Geschäftsleitung. Die Mitglieder des Verwaltungsrates und der Geschäftsführung müssen Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit bieten. Die Funktionen Handel, Vermögensverwaltung und Abwicklung sind betriebsintern wirksam zu trennen. Der Effektenhändler muss zudem für ein internes Kontrollsystem sorgen, welches eine interne Revision und eine Compliance- sowie Risikomanagement Funktion beinhaltet. Es ist zulässig, mehrere der Kontrollfunktionen von derselben Person ausführen zu lassen. Der Effektenhändler muss eine externe Prüfgesellschaft zur aufsichtsrechtlichen Prüfung beauftragen.

Mindeskapital

(3) Mindestkapital

Der Effektenhändler muss über ein voll eingezahltes Mindestkapital von CHF 1.5 Millionen verfügen.  Jede Person, die direkt oder indirekt mehr als 10% des Kapitals oder der Stimmrechte hält oder die Geschäftstätigkeit des Effektenhändlers auf andere Weise massgebend beeinflussen kann, muss Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit bieten können. Im Allgemeinen gelten die bankenrechtlichen Bestimmungen zu Eigenmitteln und zur Rechnungslegung sinngemäss auch für Effektenhändler. Privilegierte Einlagen von Kunden werden auch bei Effektenhändlern besonders geschützt.

(4) Melde- und Genehmigungspflichten sowie Benachrichtigungen

Ein Effektenhändler muss sich nach seiner Bewilligung fortlaufend an verschiedene Melde- und Genehmigungspflichten sowie Benachrichtigungsempfehlungen halten. Gewisse Änderungen, die Voraussetzungen für das Erteilen der Bewilligung betreffen, müssen von der FINMA vorgängig bewilligt bzw. genehmigt werden. Dies sind insbesondere Änderungen der Statuen und Reglemente, der Wechsel in ausländische Beherrschung, die Aufnahme oder Beendigung von Auslandaktivitäten, Änderungen in qualifizierten Beteiligungen, wesentliche Änderungen der Geschäftsaktivität oder Wechsel in den Oberleitungsorganen, der Geschäftsführung oder der Prüfungsgesellschaft.

Jede Person deren direkte oder indirekte Beteiligungen (Kapital oder Stimmen) an einem Effektenhändler die Schwellenwerte von 10%, 20%, 33% oder 50% erreicht, über- oder unterschreitet, muss dies der FINMA melden.

(5) Algorithmischer- und Hochfrequenzhandel

Teilnehmer an einem Schweizer Handelsplatz, welche algorithmischen Handel betreiben, unterliegen zusätzlichen Aufzeichnungspflichten und sie müssen sicherstellen, dass ihre Systeme auch Stresssituationen gewachsen sind.

Organisierte Handelssysteme (OHSs) reguliert unter dem Finanzmarktinfrastrukturgesetz

Handel von Kryptowährungen

(1) Bilateraler Handel

Systeme, über die Derivate oder andere Finanzinstrumente mit einem Bezug zu Krypto-Vermögenswerten gehandelt werden, können ein organsiertes Handelssystem (OHS) sein. Für solche OHS gelten spezielle regulatorische Anforderungen. Der Begriff des OHS ist in der Schweiz weit gefasst und beinhaltet gewisse bilaterale, multilaterale, diskretionäre und nichtdiskretionäre Handelsaktivitäten in Effekten oder anderen Finanzinstrumenten. Die Schweizer Variante des OHS bietet daher ein hohes Mass an Flexibilität, was es zu einer geeigneten Plattform für den Handel in Krypto-Vermögenswerten macht. 

Ein OHS ist ein Handelssystem, das:

  • nach einheitlichen und verbindlichen Regeln und Verfahren für den Handel geführt wird,
  • den Abschluss von Transaktionen unter Einhaltung dieser Regeln und Verfahren ermöglicht, es den Teilnehmern ermöglicht, die Initiative für den Abschluss einer Transaktion zu ergreifen.
Wichtig: Credit Suisse und UBS sind Beispiele für Unternehmen, die OHS-Lizenzen besitzen. Vor-Trade-Transparenz bedeutet, dass dem Kunden der Bid-Ask-Spread vor dem Handel offen gelegt werden muss. Viele Kryptowährungsmakler versuchen, eine OHS-Lizenz zu erhalten.  

Nur Banken, Effektenhändler, bewilligte oder anerkannte Handelsplätze und juristischen Personen, die zu einer Finanzgruppe unter konsolidierter FINMA-Aufsicht gehören, die direkt von einer Finanzmarktinfrastruktur kontrolliert wird, können ein OHS betreiben. Anders als unter MiFID II/MiFIR sind systematische Internalisierer unter dem FINIG keine eigene Kategorie von Effektenhändlern, sondern sind entweder bilaterale OHS oder Effektenhändler.

Der Betreiber eines OHS muss gewährleisten, dass der Handel geordnet abläuft, transparent ist und Anlegerschutzbestimmungen (z. B. die bestmögliche Ausführung bei diskretionärem Handel) eingehalten werden. Zudem muss er Reglemente erlassen und unabhängige Kontrollfunktionen einführen, die deren Einhaltung überprüfen. Die Vorhandelstransparenz muss beim multilateralen Handel und beim liquiden bilateralen Handel (mindestens 100 Transaktionen pro Tag im Jahresdurchschnitt) gewährleistet sein. Die Vorschriften zur Nachhandelstransparenz müssen lediglich beim multilateralen Handel erfüllt werden. Jeder, der einen OHS betreibt oder beabsichtigt in Zukunft einen zu betreiben, muss dies der FINMA melden.

Während oben ein Handelssystem beschrieben wurde, welches auch bilateralen Handel ermöglicht, gelten die Ausführungen im Folgenden für verschiedene Handelssysteme, die nur multilateralen Handel ermöglichen.

(2) Multilateraler Handel in Krypto-Vermögenswerten

Krypto-Vermögenswerte können unter verschiedenen Organisationsformen multilateral gehandelt werden. Die Organisationsform hängt von der regulatorischen Einordnung der gehandelten Krypto-Vermögenswerte und vom Mechanismus des Handels ab.

“Unlike under European law, the Swiss law OTF category serves as a rather wide catch-all category.”  

CapLaw.com

Zahlungs- und Nutzungs-Token können nach einem Anschluss an eine Selbstregulierungsorganisation (SRO) nach dem Geldwäschereigesetz (GwG) multilateral gehandelt werden. Multilateraler Handel bedeutet, dass eine Vielzahl von Teilnehmern gleichzeitig Angebote austauschen und unter diskretionären oder nichtdiskretionären Regeln Verträge abschliessen. Der Betreiber der Organisation zum multilateralen Handel hat sich in der Folge an die Pflichten aus dem GwG zu halten.

2. Multilateraler Handel in Anlage-Token (sowie Zahlungs- und Nutzungs-Token)

  • Börsen

Börsen sind die am strengsten regulierten Systeme zum multilateralen Handel von Krypto-Vermögenswerten. Sie sind Einrichtungen zum multilateralen Handel von Effekten, an denen Effekten kotiert werden und die es den Teilnehmern ermöglichen, gleichzeitig Angebote auszutauschen und Verträge nach nichtdiskretionären Regeln abzuschliessen. Eine Börse kann zusätzlich zur Kotierung von Anlage-Token auch Zahlungs- und Nutzungs-Token zum Handel zulassen.

In der Schweiz können sich Börsen nach dem Prinzip der Selbstregulierung in gewissem Umfang selbst Regeln setzten. Das Recht gibt lediglich die Rahmenbedingungen und einige Verpflichtungen vor, die eingehalten werden müssen. Die Betreiber der Börse haben im Übrigen Spielraum, ihre Organisation und die Reglemente zu den Handelsaktivitäten selbst zu gestalten.

Eine Börse muss mehrere Stellen einrichten, wie z. B. Stellen für Zulassung, Meldungen, Offenlegungen, Handelsüberwachung, Regulierungsaufgaben, Sanktionen und eine Beschwerdeinstanz. Sie braucht zudem eine Oberleitung (z. B. Verwaltungsrat), Geschäftsleitung, eine Compliance und Risk-Funktion sowie eine interne Revision.  Die Organisation muss insbesondere in Bezug auf das Personal und die Geschäftstätigkeit angemessen sein. Zudem sind Vorgaben bezüglich der Belastbarkeit der Handels- und IT-Systeme einzuhalten. Diese Vorgaben betreffen Themen wie z. B. Vor- und Nachhandelstransparenz, algorithmischen Handel und das sicherstellen des ordnungsgemässen Handels.

  • Multilaterale Handelssysteme

Ein multilaterales Handelssystem (engl.: multilateral trading facility, MTF) ist eine Einrichtung zum multilateralen Handel von Effekten, die den gleichzeitigen Austausch unter mehreren Teilnehmern sowie den Vertragsabschluss nach nichtdiskretionären Regeln bezweckt. Im Gegensatz zu einer Börse kann ein MTF keine Effekten kotieren. Neben Effekten, wie z. B. Anlage-Token, können auch Zahlungs- und Nutzungs-Token an einem MTF gehandelt werden.

Die organisatorischen Anforderungen und die Anforderungen an das Personal sind grösstenteils identisch mit denjenigen an einer Börse. Unterschiede ergeben sich hingegen daraus, dass Effekten nicht kotiert, sondern nur zum Handel zugelassen werden können.

“The Swiss proposal can be seen as confirmation of the positive attitude of the Swiss government towards DLT and strikes a good balance between self-regulation, supervision, and alleviations for smaller market places.”  

Martin Liebi, PwC

(3) Organisierte Handelssysteme

An einem OHS kann nicht nur bilateral (siehe oben), sondern auch multilateral gehandelt werden. Der bilaterale Handel betrifft das Austauschen von Angeboten zu Effekten oder anderen Finanzinstrumenten. Der multilaterale Handel betrifft den Austausch von Angeboten sowie den Vertragsabschluss. Der multilaterale Handel mit Effekten oder anderen Finanzinstrumenten kann den Vertragsabschluss nach diskretionären Regeln bezwecken. Der multilaterale Handel kann an einem OHS nur nichtdiskretionäre Vertragsabschlüsse bezwecken, wenn die gehandelten Finanzinstrumente keine Effekten sind.

Banken, Effektenhändler, bewilligte oder anerkannte Handelsplätze und juristischen Personen, die zu einer Finanzgruppe unter konsolidierter FINMA-Aufsicht gehören, die direkt von einer Finanzmarktinfrastruktur kontrolliert wird, können ein OHS betreiben. Das Gesetz sieht einige Pflichten hinsichtlich Interessenskonflikten, Transparenz und ordnungsgemässem Handel vor, im Übrigen kann sich ein OHS jedoch weitgehend selbst regulieren.

(4) DLT-Handelssysteme

Der Schweizer Gesetzgeber plant in Bälde eine neue Kategorie von multilateralen Handelssystemen zu schaffen, die speziell für den Handel mit Distributed-Ledger- Technologie -Effekten (DLT) geschaffen wird. Zudem sollen andere dringende Themen zu DLT-Effekten angegangen werden, so z. B. die Behandlung von Krypto-Vermögenswerten im Konkursfall und die Einführung der DLT-Effekten, etc. Der wichtigste Unterschied zur bestehenden Bewilligung wird sein, dass mit der neuen Bewilligungsart der Handel und der Nachhandel (Abwicklung und Verwahrung) abgedeckt werden kann. Auch wenn ein DLT-Handelssystem ähnliche Voraussetzungen erfüllen muss, wie eine Börse, kann die FINMA in Einzelfällen Erleichterungen gewähren. Ob Erleichterungen gewährt werden, wird vom Risikoprofil und der Geschäftstätigkeit abhängen. Es wird erwartet, dass DLT-Handelssysteme sowohl natürliche Personen als auch bewilligte Finanzinstitute als Teilnehmer zulassen können.

Pflichten aus dem Geldwäschereigesetz

Aktivitäten, die GwG-Pflichten auslösen

Krypto-Vermögenswerte im Anwendungsbereich des Geldwäschereigesetzes

1. Zahlungs-Token

Die Herausgabe von Zahlungs-Token stellt eine Herausgabe von Zahlungsmitteln dar, welche in den Anwendungsbereich des Geldwäschereigesetztes (GwG) fällt, sofern die Token transferiert werden können. Dies dürfte über eine Blockchain entweder bereits zum Zeitpunkt des ICO oder erst später der Fall sein.

2. Nutzungs-Token

Bei Nutzungs-Token finden die GwG-Bestimmungen keine Anwendung, sofern der Grund für deren Herausgabe ist, über eine Blockchain Zugangsrechte für nicht-finanzielle Anwendungen zu übertragen.

3. Austausch von Krypto-Vermögenswerten gegen Fiat-Währungen

Der Austausch von Krypto-Vermögenswerten gegen Fiat-Währungen untersteht den GwG-Pflichten.

4. Custody Wallet

Das Anbieten von Verwahrungs- und Zahlungsdienstleistungen (sog. Custody-Wallets) fallen unter das GwG, sofern der Anbieter die Private-Keys verwahrt und verwaltet.

5. Banken, Effektenhändler und Vermögensverwalter

Von der FINMA bewilligte Effektenhändler und Banken sind Finanzintermediäre im Sinne des GwG. Sie fallen daher in dessen Anwendungsbereich. Handelsaktivitäten, für die keine Bewilligung als Effektenhändler benötigt wird, fallen nicht unter das GwG, ausser sie betreffen Zahlungs-Token. Die individuelle Vermögensverwaltung von einzelnen Portfolios ist ebenfalls im Anwendungsbereich des GwG.

Pflichten von Gesellschaften, deren Aktivitäten in Krypto-Vermögenswerten unter das GwG fallen

1. Anschluss an eine Selbstregulierungsorganisation oder FINMA-Direktunterstellung

Finanzintermediäre, die nicht von der FINMA beaufsichtigt werden, müssen sich einer Selbstregulierungsorganisation (SRO) nach dem GwG anschliessen oder sich direkt der FINMA unterstellen. Sie haben anschliessend ihre Kunden und die wirtschaftlich Berechtigten zu identifizieren und Transaktionen zu überwachen. Die Ausgestaltung dieser Pflichten sind in den Reglementen der SROs beschrieben.

2. FINMA-beaufsichtigte Gesellschaften

Banken und Effektenhändler müssen sich an die Pflicht zur Identifizierung der Vertragsparteien halten und die wirtschaftlich Berechtigten und Kontrollinhaber feststellen. Die Pflichten ergeben sich aus der Vereinbarung über die Standesregeln zur Sorgfaltsplicht der Banken (VSB 16). Die Prüfgesellschaften überprüfen die Einhaltung dieser Pflichten jährlich.

3. Allgemeine Pflichten aller Finanzintermediäre unter dem GwG

  • Identifizierung der Vertragspartei
“Swiss Federal Council continues to monitor developments around blockchain/DLT.”  

Financefeeds.com

Finanzintermediäre müssen bei Aufnahme der Geschäftsbeziehung die Vertragspartei identifizieren. Wenn im Rahmen der Ausführung einer Effektentransaktion ein Konto eröffnet wird, ist dies nur nötig, wenn der Betrag CHF 25’000 übersteigt.

(2) Feststellung der Identität des Kontrollinhabers und der wirtschaftlich Berechtigten
Wichtig: Das Formular A dient der Offenlegung des wirtschaftlich Berechtigten. Wenn Sie an einen Bankschalter der LGT gehen und versuchen, einen bestimmten Betrag in Euro und Schweizer Franken über einem bestimmten Schwellenwert umzutauschen, dann benötigen Sie das Formular K.   

Falls eine operativ tätige juristische Person oder Personengesellschaft einen oder mehrere Kontrollinhaber hat, die je mehr als 25% der Stimmen oder des Kapitals halten, müssen diese identifiziert und die Abklärungen schriftlich festgehalten werden. Kontrollinhaber sind alle natürlichen Personen, die effektiv die Kontrolle über die juristische Person bzw. die Personengesellschaft ausüben. Ob diese Personen die Kontrolle direkt oder indirekt über andere Gesellschaften ausüben, ist nicht von Bedeutung. Der Kontrollinhaber ist in der Regel eine natürliche Person. Die Vertragspartei muss den Vornamen, den Namen und die Wohnsitzadresse des Kontrollinhabers schriftlich angeben, wobei das Formular K verwendet werden kann.

Der Finanzintermediär verlangt von der Vertragspartei eine Erklärung über die Vermögenswerte der wirtschaftlich Berechtigten. In der Regel sind wirtschaftlich Berechtigte natürliche Personen. Falls die Vertragspartei erklärt, dass sie nicht selbst, sondern ein Dritter, wirtschaftlich Berechtigter ist, muss sie diesen schriftlich offenlegen. Dazu kann das Formular A verwendet werden, das Angaben zu Nachname, Vorname, Geburtsdatum, Wohnsitzadresse, Staatsangehörigkeit bzw. zur Firma und Sitz enthält.

(3) Geschäftsbeziehungen und Transaktionen mit erhöhtem Risiko

Finanzintermediäre müssen feststellen, ob eine Geschäftsbeziehung oder eine Transaktionen mit einem erhöhten Risiko behaftet ist. Die Aufnahme einer solchen Geschäftsbeziehung oder Ausführung einer solchen Transaktion ist Gegenstand besonderer Abklärungspflichten. Eine vorgesetzte Stelle oder die Geschäftsführung muss der Aufnahme einer solchen Geschäftsbeziehung zustimmen.

(4) Organisatorische Anforderungen

Finanzintermediäre müssen organisatorische Vorkehrungen treffen, die eine effiziente Einhaltung der anwendbaren Bestimmungen zur Bekämpfung von Geldwäscherei ermöglichen. Insbesondere müssen sie ein für den GwG-Bereich verantwortliches Organ bezeichnen. Effektenhändler müssen neue Produkte auf ihre Vereinbarkeit mit den GwG-Vorschriften überprüfen und zudem effektive, IT basierte Mechanismen zur Überwachung von Transaktionen und Geschäftsbeziehungen implementieren.

4. Regulatorische Anforderungen an Zahlungen über eine Blockchain

Die Schweiz hat die FATF-Standards zu Virtual Asset Providers (VASP) bereits umgesetzt. Diese finden Anwendung auf den Austausch von Krypto-Vermögenswerten, auf Anbieter von Wallets und auf Plattformen zum Handel. Die FINMA stellte klar, dass Informationen über die Person, die Zahlungsaufträge veranlasst, und den wirtschaftlich Berechtigten bei Zahlungen über eine Blockchain übermittelt werden müssen. Dies gilt für solche Zahlungen in gleicher Weise, wie für Zahlungen, die von Bank zu Bank erfolgen, z. B. via SWIFT. Jede dieser Zahlungen über eine Blockchain muss zudem über Personen erfolgen, die dem GwG unterstehen. Dies übersteigt die Anforderungen der FATF, die auch Zahlungen zwischen Gesellschaften zulassen, die nicht Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäscherei unterstehen. Zahlungen über eine Blockchain sind also nur zwischen Kunden möglich, die von demselben GwG unterstellten Unternehmen betreut werden oder zwischen verschiedenen Wallets desselben Kunden, die von dem gleichen Unternehmen verwaltet werden. Bei Zahlungen an Dritte ausserhalb des Einflussbereichs der GwG unterstellten Gesellschaft müssen diese Dritten, gleich wie eigene Kunden, identifiziert werden: Identität, wirtschaftliche Berechtigung, tatsächliche Verfügungsmacht bei Transaktionen. Dazu können angemessene technische Mittel verwendet werden. Beim Austausch von Fiat-Währungen gegen Zahlungs-Token unter Einbezug eines externen Wallets, muss die Gesellschaft, die austauscht, mittels angemessener technischer Mittel überprüfen, wer die Verfügungsmacht über das Wallet hat.

Diese Anforderungen sind restriktiver als die Vorgaben des FATF-VASP Standards und zwingen Anbieter von Wallets, sich dem GwG zu unterstellen, um Zahlungen auszuführen. Dies kann über den Anschluss an eine SRO nach dem GwG erfolgen. Zudem wird ein Austausch von Informationen zwischen den zwei Gesellschaften, die die Zahlung ausführen, notwendig sein, da es zurzeit noch kein System gibt, das Daten zur Identifizierung der Vertragsparteien und der wirtschaftlich Berechtigten übermitteln kann.

Die Tokenisierung des Schweizer Frankens; ein Interview mit Armin Schmid

Die Tokenisierung des Schweizer Frankens; ein Interview mit Armin Schmid

“Useful groundwork has already been done in all these areas in Switzerland. But the time for pioneers is over: Switzerland now has to take the next step in the development of DLT, morphing from the much-vaunted “Crypto Valley” into a fully-fledged DLT nation.”

Avenir Suisse, Blockchain after the Hype Report

Key Takeaways

  • Der XCHF ist vollständig durch physische Banknoten gedeckt und zahlt keine Zinsen. Die Lagerkosten machen es nicht möglich, zu 100% gesicherte, zirkulierende Inhaberpapiere zu kaufen, es sei denn, die emittierende Gesellschaft erhebt Zeichnungs- und Rücknahmegebühren.
  • Swiss Crypto Tokens hat CryptoFranken (XCHF) im Wert von 12 Millionen CHF auf der Ethereum Blockchain mit dem ERC-20 Token Smart Contract emittiert.
  • Die Swiss Crypto Tokens AG sieht einen möglichen Token der Schweizer Nationalbank nicht als Konkurrenz, da sich die zugrunde liegende Blockchain und die Zwecke wesentlich unterscheiden.

Jeder kann jetzt Schweizer Franken halten

Die verbreiteste Form der Stablecoins sind die fiatgedeckten und an den Fiatkurs angelehnten Stablecoins. In dieser Ausgabe des Crypto Research Reports führen wir ein Interview mit Armin Schmid von der Swiss Crypto Tokens AG (SCT), die den CryptoFranken (XCHF) herausgibt, um einige Fragen unserer Leser zu beantworten. Die Tokens selbst repräsentieren einen übertragbaren zugrundeliegenden Bond und sind daher fast schon Inhaberinstrumente – genau so wie Bonds und Aktien es einmal waren!

Armin Schmid trat Bitcoin Suisse im April 2018 als Leiter für strategische Projekte bei. Bereits im Juli 2018 wurde er CEO der neu gegründeten Tochterfirma Swiss Crypto Tokens AG. Zuvor arbeitete er bei eBay, PayPal und SIX Payment Services. Er hat einen Master in Materialingenieurwesen von der ETH Zürich sowie einen MBA von der Universität St. Gallen.
Quelle: Bitcoin Suisse
Quelle: Bitcoin Suisse

Jeder ERC-20 Token repräsentiert einen Swiss-Crypto-Token-Bond mit einem Nullcoupon. Swiss Crypto Tokens leiht daraufhin für einen Monat Geld von einem Investor. Im Gegenzug für das erhaltene Geld gibt SCT als Quittung einen Stablecoin heraus. Wird der Token nicht vor der Maturität zurückgegeben, wandert dieser ohne Kosten weiter in die nächste Bondperiode. Sobald der XCHF ERC-20 Token an SCT zurückgegeben wird und sämtliche KYC/AML-Kriterien erfüllt sind, werden die Schweizer Franken an den Investor zurückgezahlt. Sobald dies geschehen ist, vernichtet Bitcoin Suisse den XCHF ERC-20 Token und lässt keinen weiteren Handel damit zu. Aufgrund dessen, dass KYC/AML-Überprüfungen bei der Rückzahlung und nicht bereits bei der Ausgabe des Tokens durchgeführt werden, kann der XCHF Token legal auf Plattformen wie BitFinex gehandelt werden.

  • Halten Sie 100% der CryptoFranken (XCHF) von aktuell 12 Millionen in Reserven gedeckt?

Armin: Das ist richtig, der komplette Bestand (derzeit CHF 12.03 Mio.) wird zu 100% in physischen Banknoten gehalten.

  • Müssten Sie, wenn Sie dieses Geld in einer Bank deponieren, Negativzinsen zahlen?

Armin: Mit grosser Wahrscheinlichkeit, ja. Banken haben üblicherweise eine gewisse Grenze, bis zu welcher noch keine Negativzinsen fällig werden. Bei dieser Summe aber würden für Geschäftskunden sicherlich Negativzinsen anfallen. Für Privatkunden könnte dies aber anders aussehen. Insbesondere bei diesen Volumina in Bar und keinerlei Investments im Portfolio fielen die vollen -0.75% an Negativzinsen an. Zusätzlich besteht auch das Gegenparteirisiko des Tokenhalters.

  • Der aktuelle Aufbau: XCHF > Swiss Crypto Tokens AG > Banknoten in Tresor
  • Der Ablauf bei Anlage auf einem Bankkonto:  XCHF > Swiss Crypto Tokens AG > Bank XYZ

Wir werden jegliche Zinsänderung drei Monate im Voraus ankündigen. Tokenhalter haben somit die Möglichkeit, ihre Franken zurückzuholen und somit keine Negativzinsen zu zahlen. Diese Frühankündigung ist eine tolle Besonderheit unseres Angebots und es ist unser Ziel, dies so beizubehalten.

  • Ist das der Grund dafür, dass sie Folgendes schreiben: «Der Zinssatz für die ersten drei Monate ab der Herausgabe des Bonds ist bei 0% festgesetzt.» Warum würde Swiss Crypto Token einen Negativzins verrechnen, wenn das Geld ausserhalb des Bankensystems gehalten wird?
“Volatility has become an obstacle to the wider adoption of cryptocurrencies. In general, an effective currency should at least function as a medium of exchange and a store of value.”  

Armin Schmid, CEO Swiss Crypto Tokens AG

Armin: Banknoten zu verwahren, ist nicht gratis: Tresor, Versicherung, Bargeldbearbeitung sowie die Revision von SCT durch Grant Thornton erzeugen laufende Kosten. Unsere Idee ist es, Verluste durch die Ausgabe- und Rücknahmegebühren wiedergutzumachen.

Die Banknoten gehören direkt zum XCHF-Produkt. XCHF-Cryptohalter wissen, dass wir deren Sicherheit in einem Tresor hinterlegen. Ausserdem gibt es ein Sicherheitsnetz, das im Falle eines nationalbankinitiierten Zwanges, uns deren Geldpolitik anzupassen, greifen würde.

  • Wird SCT, falls die Zinsen steigen, diese Zusatzeinnahmen an die Kunden weitergeben oder als zusätzliche Gewinnmarge einstreichen?

Armin: Gestützt auf unseren Prospekt kann ich sagen, dass wir keine positiven Zinsen auszahlen werden. Und ja, dies wäre Teil unserer Gewinnmarge.

Abbildung: Zinssatz der SNB seit 2000

Zinssatz der SNB seit 2000

Quelle: OENB, Incrementum AG

  • Warum mussten Sie dieses Produkt als Bond ausgestalten?

Armin: Es gibt gemäss schweizerischer Gesetzgebung nur begrenzte Möglichkeiten, Geld von Kunden anzunehmen, wenn man keine Bank ist. Ein Bond mit einem Prospekt ist eine davon.9 Siehe dazu: https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20131795/index.html#a5

  • Gibt es eine Ausgabegebühr für den Bond?

Armin: Ja.

  • Gibt es eine Rücknahmegebühr für den Bond?

Armin: Ja.

  • Gibt es Transaktionsgebühren?

Armin: Nein (nur die GAS-Gebühr des Ethereum Netzwerks).

  • Gibt es eine Managementgebühr?

Armin: Nein.

  • Wie viele Rücknahmen hatten Sie?

Armin: Eine Rücknahme mit einem Volumen von CHF 3 Mio.

  • Ist das Produkt für Retailinvestoren erhältlich? Wie hoch ist das Mindesinvestment?

Armin: Jedes Kundensegment ist bei uns willkommen, aber das Mindestinvestment von CHF 50’000 ist ziemlich hoch.

SCT Gebührenüberblick
  • Die ERC-20 Token können kostenlos gehandelt werden, da jeder schweizerische Bond peer-to-peer übertragen werden kann. Die Zielgruppe sind Schweizer Investoren. Will ein Kunde von ausserhalb der Schweiz investieren, müssen Sie jeden Fall und jeden Investor einzeln betrachten. Insbesondere, ob die Kunden KYC und AML konform mit Swiss Crypto Tokens sind, wird eine Rolle spielen. Ist dies korrekt?


Abbildung: Anzahl gelaunchter Stablecoins pro Jahr

Anzahl gelaunchter Stablecoins pro Jahr

Quelle: Blockdata.tech, Incrementum AG

“It is very difficult to determine which is a better mechanism to achieve stability but what we do know is this — the race for a truly decentralized, stable and transparent cryptocurrency is alive and well, and this will be a welcome solution to many of the problems inherent in the market currently.”

Armin Schmid, CEO Swiss Crypto Tokens AG

Armin: Ja. Ein schweizerischer Bond ist hauptsächlich für Schweizer Kunden ausgelegt. Jeder weitere Kunde ist bei uns willkommen und wir werden uns individuell mit ihm auseinandersetzen. Wir würden sehr gerne die Auflagen limitieren und den Prozess vereinfachen, um nicht jeden Kunden einzeln mit komplexen Webseitenkonstrukten identifizieren zu müssen: «Von wo kommen Sie, was sind die regulatorischen Anforderungen Ihres Landes, sind Sie ein qualifizierter Investor,…

  • Haben Sie eine weisse Liste von Personen, die Coins halten können?

Armin: Nein

  • Was passiert, wenn jemand den private key zu seinem Token verliert?

Armin: Es gibt keinen Weg zurück. Der Token ist zu 100% an das Wallet des Kunden geknüpft.

  • Hat Swiss Crypto Tokens ein Backup des private key?

Armin: Nein. Es gibt keine Hintertür und der Fonds wird nicht eingefroren.

  • Wird der ERC-20 in der Schweiz als Wertpapier betrachtet?

Armin: Basierend auf der schweizerischen Gesetzgebung (FINMA) wird der hinter dem Token stehende Bond klar als Asset-Token betrachtet. Gewisse internationale Jurisdiktionen würden diesen als ein Wertpapier einstufen.

  • Angenommen, die SNB würde einen Privatkonto-Token herausbringen, welcher den Schweizer Franken abbildet. Was würde dies für den Crypto Franken (SCHF) von Swiss Crypto Tokens bedeuten?

Armin: Der Crypto Franken ist ein auf der öffentlichen Blockchain Ethereum basierender Token. Würde die SNB einen CHF-Stablecoin auf einer privaten Blockchain herausgeben, so ist dies dasselbe, wie ein zentrales Hauptbuch. Nur eine limitierte Zahl von Interessenten könnten daran teilnehmen, wie z. B. Banken. Die Six Digital Exchange (SDX) hat bereits angekündigt, mit der SNB zusammenzuarbeiten. Dies aber nur für das Settlement von SDX internen Transaktionen. Aus diesen Gründen betrachte ich deren potenziellen Token als ein komplett anderes Produkt im Vergleich zum Crypto Franken (XCHF).

Wie Krypto-Broker und -Fonds Liquidität bereitstellen

Wie Krypto-Broker und -Fonds Liquidität bereitstellen

“If you contact multiple desks to source your trade, you are leaking a lot of information to the market, and desks will often “pre-hedge” ahead of consummating the trade. That is very expensive as it amounts to legal “frontrunning” that will move the price against you.”

David Weisberger, CoinRoutes

Key Takeaways

  • Es gibt zwei Hauptarten, wie grosse Haie, wie z.B. vermögende Privatpersonen, Krypto-Broker und Kryptofonds, die grosse Geschäfte in der Kryptowelt tätigen. Agency-Modelle versuchen, den besten Preis durch Smart-Order-Routings zu erzielen. Sie sind aber anfällig für «Slippage», berechnen in der Regel eine Provision, Börsengebühren und andere Transaktionskosten. Im Gegensatz dazu verlagern Prinzipal-Modelle das Ausführungsrisiko vom Anleger weg. Dafür müssen die Prinzipals aber finanziell kompensiert werden, was bedeutet, dass eine Transaktionsgebühr darauf erhoben wird, was der Prinzipal am Markt zahlt.
  • Krypto-Hedgefonds schneiden in Bärenmärkten besser ab als Bitcoin. Da BTC normalerweise über 50% der Krypto-Marktkapitalisierung hält (derzeit 66,7%), wird es häufig als Benchmark für die Marktperformance verwendet. Die meisten Fonds haben ein hohes Beta mit Bitcoin (~0,75 oder höher), haben aber 2018 deutlich geringere Verluste verzeichnet (durchschnittlich-46% für Fonds gegenüber -72% für BTC).
  • Der Grayscale Bitcoin Trust (GBTC) ist im Grunde “ein Single-Asset-Indexfonds”, der mit einer Prämie (rund 22,5%) und einer Jahresgebühr von 2% arbeitet. Der Preis für Bitcoin ist im bisherigen Jahresverlauf um 123% gestiegen, und der Grayscale Bitcoin Trust (OTC: GBTC) um 143,3%. Aktuell ist der Grayscale Bitcoin Trust seit seiner Gründung im Jahr 2015 um über 2’700% gestiegen.

Wie geht ein Investor, der $ 100 Mio. an Bitcoin kaufen will, eigentlich vor? Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Frage, was Cryptofonds sind und wie diese Liquidität bereitstellen. Ausserdem wird behandelt, wie die einzelnen Schritte in einem Kaufvorgang ablaufen und welche Risiken dabei für den Investor, bzw. die Börse bestehen. Letztlich wird näher betrachtet, wer Akteuere wie Grayscale, Galaxy Digital, FalconX, Tagomi, SFOX, CoinRoutes, Omniex, Caspian und Koine sind, was deren Strategien sind und wie deren Management abläuft.

Vier Arten zur Bereitstellung von Liquidität

“Statistische Arbitrage war für einige Zeit eine weit verbreitete Tradingstrategie unter traditionellen Assetklassen.”  

Gabriel Wang, Aite

Grosse Investoren wollen sichergehen, dass ihre eigenen Aufträge den Preis nicht verändern. Der Preis von Bitcoin fluktuiert abhängig vom weltweiten Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage nach Bitcoin auf Börsen und OTC-Märkten. Stellen Sie sich vor, der Preis für Bitcoin steht an einer Börse, wie z.B. Kraken bei $10’000 auf der Bid-Seite und bei $10’010 auf der Ask-Seite. Angenommen, die Bid-Seite hat eine Kaufgrenze von $10 Mrd. bei verschiedenen Strikepreisen und die Ask-Seite hat eine Kaufgrenze von 1 Mio. Bitcoin bei verschiedenen Strikepreisen. Will ein Investor nun für $1 Mio. Bitcoin kaufen, wie ist sieht dann seine beste Strategie dafür aus, um durch Slippage, den Spread oder Transaktionsgebühren Geld zu verlieren?

Es gibt zwei bekannte Arten, wie high net worth individuals, Cryptobroker und Cryptofonds grosse Trades im Cryptospace abwickeln. Agenturmodelle sind riskant, da die Börsen und Broker Investoren einfach «frontrunnen» können. Darunter ist zu verstehen, dass Börsen und Broker kurz vorher denselben Trade, den der Kunde vornehmen möchte, durchführen, um von der Preisveränderung zu profitieren. Im Gegensatz dazu verschieben Prinzipalmodelle das Ausführungsrisiko weg vom Investor, was aber finanziell kompensiert werden muss und sich somit in höheren Transaktionskosten wiederspiegelt.

1.) Agenturmodell – Konto bei Börse

Die häufigste Methode, die Privatanleger verwenden, ist das Agenturmodell mit mehreren Konten an mehreren Börsen. Die Bezeichnung kommt daher, weil sich der Investor als Auftraggeber sich auf eine Agentur verlässt, die den Handel für ihn ausführt. Will der Anleger z. B. ein Produkt kaufen, so transferiert er sein Geld einfach an eine Börse und kauft dort zum Spotpreis.

Allerdings ist diese Vorgehensweise mit finanziellen Einbussen verbunden. Zuerst verliert der Investor Geld wegen der Slippage. Das ist die Differenz zwischen dem Preis, zu dem der Investor den Ask gesehen hat, und dem Preis, zu dem der Handel tatsächlich ausgeführt wurde. Zum Beispiel könnten Sie auf “Kaufen” geklickt haben, wenn der Angebotspreis $ 10’010 betrug, auf ihrem Konto stellen sie aber fest, dass  Ihnen tatsächlich ein Preis von $ 10’012 verrechnet worden ist. Das liegt daran, dass sich der Preis zwischen dem Zeitpunkt, zu dem sie geklickt haben, und dem Zeitpunkt, an dem der Handel empfangen und ausgeführt wurde, leicht geändert hat. Dies geschieht häufig bei hochvolatilen Anlagen wie Bitcoin und kann bei Hochfrequenzhändlern in der Summe zu erheblichen Verlusten führen. Es gibt zwei Hauptursachen für Slippage:

  • Eine schwache technische Infrastruktur der Börse: Die Website sollte die Anzahl der Seitenaufrufe pro Millisekunde optimieren und über Server verfügen, die eine stabile und schnelle Reaktion ermöglichen. Auf diese Weise können Transaktionen mit hoher Geschwindigkeit durchgeführt werden, was es Händlern ermöglicht, das Risiko signifikanter Preisänderungen zu minimieren.
  • Liquidität an der Börse: Eine geringe Liquidität führt dazu, dass größere Aufträge nicht zu einem einzigen Preis ausgeführt werden können. Stattdessen werden Grossaufträge auf mehrere, kleinere Aufträge verteilt, mit einem jeweils höheren Preis für jede Tranche des Auftrags.
“With $130 trillion of assets under management worldwide, institutional investors could have a huge positive impact if they moved even a tiny fraction of those funds into crypto, whose market cap remains under $300 billion.”  

Gerrit van Wingerden, Caspian

Neben dem Währungsrisiko durch Slippage birgt dieses Modell auch das Kontrahentenrisiko, da man der Börse vertrauen muss. Solange Ihre Vermögenswerte an der Börse sind, in Fiat oder Krypto, riskieren Sie, 100% ihres Vermögens zu verlieren, falls die Börse bankrottgeht.

Woher wissen Anleger in diesem Modell, welche Börse den besten Preis bietet?

Im Wesentlichen sind es drei Gesellschaften, die Investoren dabei helfen festzustellen, welche Börse den besten Preis hat, indem sie Routing-Protokolle verwenden, die die Liquidität kontrollieren.

  • CASPIAN. Caspian bietet eine einzige Benutzeroberfläche, die es Investoren ermöglicht, die Orderbücher von 30 Spot-Krypto-Börsen und 7 Krypto-Derivatebörsen zu sehen. Unterstützt wird Caspian dabei von Galaxy Digital Capital, gegründet von Mike Novogratz, und dem Ableger von Tora Trading Services aus dem traditionellen Aktienbereich. Ein grosser Auftrag, der als Mutterauftrag bezeichnet wird, wird in Unteraufträge oder «Scheiben» unterteilt, die dank der Software an verschiedenen Börsen ausgeführt werden können, um den besten Preis zu erhalten. Das Unternehmen sammelte im Herbst 2018 $ 16 in einem Pre-Sale ihres Tokens namens CSP. Das Allzeithoch markierte der Token  an seinem ersten Börsenhandelstag, am 8. April 2019, bei 0,019 $. Seither wird fast jeden Tag ein neues Allzeittief erreicht. Derzeit (24. Oktober 2019) liegt der Kurs bei $ 0,005. Deren jährliche Performance beträgt -73,68%.

Abbildung 7: Caspians “Return on Investment” seit dem Launch

Caspians “Return on Investment” seit dem Launch

Quelle: Coinmarketcap.com, Incrementum AG

  • OMNIEX. Gegründet von Ex-State Street Senior V.P. für Emerging Tech, Hu Liang, ist Omniex ein Order- und Execution-Management-System für den Handel. Obwohl es Caspian sehr ähnlich ist, unterscheidet es sich in einem wichtigen Punkt: es ist krypto-nativ.[1] Dies heisst, dass sie z.B. von Anfang an ihre eigene Software aufgebaut haben.
  • COINROUTES. CoinRoutes, in das Bitcoin Suisse kürzlich einen Betrag von $ 3 Mio. investiert hat, verbindet CoinRoutes mit den APIs von 35 Börsen, sammelt die Informationen und ermöglicht es den Anlegern dann, über nur eine Software auf diese 35 Börsen zuzugreifen. CoinRoutes hat ein zum Patent angemeldeten Smart Order Router, der es Kunden ermöglicht, die volle Kontrolle über ihre Umtauschschlüssel und Wallets zu behalten.

Das Hauptproblem bei der Optimierung des Routings von Software für die Optimierung des Kryptowährungshandels ohne Depotverwahrung besteht darin, dass Investoren mehrere Konten an mehreren Börsen eröffnen müssen, da die Routing-Software die Coins nicht übernehmen kann. Sie ermöglicht es Tradern überall dort zu handeln, wo die Trader bereits die nötigen Schritte bezüglich KYC/AML gesetzt und Sicherheiten hinterlegt haben. Die KYC/AML-Schritte an über 30 Börsen durchzuführen, ist allerdings mit einem großen Aufwand verbunden. Zudem sind die Opportunitätskosten für die Aufrechterhaltung der Liquidität an vielen Börsen beträchtlich. Durch die Vermeidung der Verwahrung von Vermögenswerten ersparen diese Softwareprogramme auch die Beantragung von Money Services Business-Lizenzen (MSB) auf Bundesebene und Lizenzen für Money Transmitter Licenses (MTL) auf Landesebene in jedem Staat, in dem die Softwarefirma ihr Produkt verkauft.

2.) Agenturmodell– Konto beim Broker

Die zweite Art von Agenturmodell ist, dass Investoren nur ein Konto bei einem Broker eröffnen und nicht 30 Konten bei verschiedenen Börsen. Ein Broker wie Bitcoin Suisse in der Schweiz oder BitPanda in Österreich übernimmt in der Regel die Verwahrung der Tokens und führt Aufträge des Anlegers aus, indem er Liquidität aus seinem Netzwerk von Gegenparteien und seinem eigenen internen Orderbuch bezieht. Dies gilt als Agenturmodell, da der Broker im Auftrag des Fonds oder von vermögenden Privatkunden (High Net Worth Individual, HNWI) handelt.

Die größten Unternehmen in diesem Bereich sind Tagomi und SFOX. SFOX hat sogar eine Bundeseinlagensicherung für Fiat-Einlagen bis zu $ 250’000. Da Broker das Depot für Kundengelder übernehmen, müssen sie in der Regel lizenziert werden. In den USA beispielsweise umfassen die für diese Tätigkeit erforderlichen gemeinsamen Lizenzen MSBs und MTLs.

Es gibt zwei Hauptarten, wie Broker und Börsen mit dem Gegenparteirisiko bei Kryptowährungsgeschäften umgehen:

  • Börsen (Exchanges) senden die Kryptowährung an den Broker, bevor der Broker den Gegenwert in der vereinbarten Währung überweist.
  • Broker stellen Sicherheiten zur Verfügung oder überweisen den vereinbarten Betrag in der vereinbarten Währung für die Kryptowährung, bevor die Börse die Kryptowährung überträgt.
Erhöhen egoistische Broker das Gesamtrisiko im Markt?
Obwohl es ansprechend klingt, das Gegenparteirisiko des Brokers durch die Zahlung direkt nach Erhalt zu reduzieren, erhöht diese Vereinbarung das Gesamtrisiko des gesamten Marktes. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, dass Tagomi 10 Bitcoin für $ 100’000 von Kraken kaufen will, und dass Tagomi eine Vereinbarung mit Kraken hat, wonach Kraken zuerst die 10 Bitcoin an Tagomi schicken, und Tagomi erst nach Erhalt der 10 Bitcoin das Geld überweist. Stellen Sie sich nun vor, dass Tagomi die 10 Bitcoin erhält, aber bankrott geht, bevor er die $ 100’000 überweist. Die Börse steht daher mit leeren Händen da, mit einem Verlust von $ 100’000. Die Börse könnte nun versuchen, den Verlust über alle Konten ihrer Kunden hinweg zu sozialisieren, was zu einem Abwärtsdruck auf den Preis von Bitcoin insgesamt führt. Stellen Sie sich nun den gegenteiligen Fall vor. Tagomi kauft Bitcoin im Wert von $100’000 von Kraken und Kraken lässt Tagomi die Gelder im Voraus überweisen. Wenn Tagomi nun bankrottgeht, erleidet die Börse keinen Verlust, sie hat das Geld bereits erhalten. Den Verlust tragen in diesem Fall die Kunden des Brokers, der Konkurs anmelden musste. Die Auswirkungen beschränken sich auf die Investoren, die das Risiko in erster Linie in diesem Modell übernommen haben. Dies ist das gebräuchlichere Modell an ausländischen Devisenmärkten. Da Kryptowährungsbörsen jedoch oft nicht reguliert sind, verwenden Broker und Banken häufig das erste Modell, bis das Kreditrisiko der Börse grösser ist als das Kreditrisiko des Brokers oder der Bank. Dieses Kreditrisiko, bestimmt, wer zuerst Sicherheiten hinterlegen muss. Der Grund, warum einige Broker das Privileg haben, keine oder geringe Sicherheiten zu hinterlegen ist, dass diese aufgrund ihres Handelsvolumens und ihrer guten Kreditwürdigkeit zu den wichtigen Kunden für die Börse zählen. Daher steht diese Option Einzelhändlern nicht zur Verfügung. Einzelhändler müssen zuerst Sicherheiten hinterlegen, und erst dann liefert die Börse die Kryptowährungen an sie aus.      

Broker können vertragliche Vereinbarungen mit Börsen haben, die besagen, dass diese die Kryptowährung zuerst an den Broker senden muss, bevor dieser bezahlt. Im Wesentlichen will der Broker sicherstellen, dass er die Kryptowährung in seinem Wallet hat, bevor er den Handel mit der Börse durch Senden des Geldes abwickelt.

Eine weitere Option, die sich schnell zum Standard entwickelt, ist die verzögerte Abwicklung, die 1-2 Basispunkten pro zusätzlichem Abrechnungstag kostet.

Einige Unternehmen versuchen, institutionelle Broker zu werden, wie z. B. B2c2 und BCB in Großbritannien und Falcon X in den USA., um den niedrigstmöglichen Spread für Trades ohne Slippage anzubieten. Das Modell basiert stark auf dem Netzwerkeffekt und ist ein Wettlauf um die schnellste Verbindung zu den verschiedenen Börsen und OTC-Desks. Durch den Verkauf zu Selbstkosten hoffen diese Unternehmen, ein Netzwerk aufzubauen, in dem später zusätzliche Dienstleistungen wie Derivate, Margenhandel und Kredite verkauft werden können. Derzeit treten viele Start-ups in diesen Markt ein.

Der Einstieg von traditionellen, institutionellen Brokern wie State Street Corporation oder Northern Trust würde dem gesamten Kryptowährungsmarkt dringend benötigte Legitimität verleihen. Noch wichtiger wäre es allerdings, Klarheit über die Versicherung von Depotwerten zu schaffen. Versicherungsgesellschaften wie Lloyds, Aon und die Zurich Insurance Group sind mit Kryptowährungsprodukten bereits am Markt, allerdings ist der Markt noch unreif. So deckt beispielsweise die 100-Millionen-Dollar-Versicherung von BitGo bei Lloyds nur den Cold-Storage ab, während andere Versicherungen nur für Hot-Storage haften.

3.) Prinzipalmodell– Kundenorientierte Market Maker

Market Maker können kundenorientier sein, was bedeutet, dass sie ihre Position als Prinzipal nutzen können, um die andere Seite des Kundenhandels einzunehmen. Dies kann zu Interessenkonflikten führen. Kunden müssen jedoch keine Geschäfte mit Market Makern tätigen, da diese eine direktionale Ausrichtung haben. Dies bedeutet nicht mehr, als dass sie gegen ihre eigenen Kunden handeln, wenn es ihnen als sinnvoll erscheint. Wenn beispielsweise ein Anleger Bitcoin kaufen möchte und der Market Maker ebenfalls long ist, wird der Market Maker keinen guten Bid-Ask-Spread für den Anleger anbieten.

4.) Prinzipalmodell– Trading Desk oder Bank

Wenn eine Bank als Prinzipal fungiert, bedeutet dies, dass diese den Handel mit ihren Kunden direkt ausführt und das Ausführungsrisiko in ihren Büchern übernimmt. Im Gegenzug hofft sie, dieses Risiko durch einen anderen Handel zu überbrücken, oder abzubauen.

Zukunftsperspektiven der Prinzipal-Agenten-Modelle

“The spot FX trading industry is rapidly heading toward an agency-only trading model, but for the time being principal spot FX trading models are still widely utilized.”  

Solomon Teague, Euromoney

Die Art und Weise, wie Finanzintermediäre Kryptowährungsliquidität beziehen, verändert sich schnell, wobei der Markt aber zunehmend der historischen Entwicklung der Devisen- und Aktienmärkte ähnelt. Die europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) hat das Agentur- und Prinzipalmodell an den Devisenmärkten bereits reguliert, und dies dürfte auch bei Kryptowährungen über kurz oder lang der Fall sein.

Auf den traditionellen Devisenmärkten finden grosse Geschäfte im Freiverkehr, anstatt an den Börsen statt. Denn die grössten Devisenhändler an den Börsen, darunter die wichtigsten Banken der Welt, haben Zugang zu Informationen über die Länge der Orderbücher, und sie können dank dieser Informationen gute Geschäfte mit kleinen Banken, Brokern und Trading Desks tätigen.

Agenturmodelle sind für Investoren keine schlechte Option, solange das gesamte Orderbuch, zu dem der Broker Zugang hat, lang ist und der Bid-Ask-Spread niedrig ist. So liegt der durchschnittliche Spread am US-Aktienmarkt bei 20 Basispunkten. Die Kryptowährungsmärkte verfügen jedoch über hohe Spreads und Orderbücher mit falschen Angaben zur Liquidität, die durch manipulierte Geschäfte geschaffen werden, um die Wahrnehmung der Anleger zu beeinflussen.

Einblicke von erfahrenen Devisenhändlern können Startups in der Kryptowelt helfen, ihre Dienstleistungen zu professionalisieren und den Markt auf institutionelle Investoren vorzubereiten. Wir sind Glenn Barber von FalconX, Dan Fruhman von der BCB Group und Simon Heinrich von B2C2 sehr dankbar dafür, dass sie uns in dieser Ausgabe des Crypto Research Report näher dargelegt haben, wie Kryptobroker Liquidität bereitstellen.

Wer muss die Liquidität bereitstellen?

Agenten, die Trades im Namen ihrer Kunden ausführen, müssen Liquidität beschaffen, dies sind also in erster Linie Kryptofonds und Kryptobroker.

Kryptofonds

Der Begriff Kryptofonds ist ein Sammelbegriff für jene Investmentfonds, die Kapital von mehreren Investoren mit dem Ziel bündeln, in eine Vielzahl von Kryptoanlagen zu investieren. Es gibt mehrere Arten von legalen Anlagevehikeln, die unter diese Kategorie fallen, sowie solche, die nicht unter diese Kategorie fallen, aber dennoch von falsch informierten Medien als Kryptofonds bezeichnet werden.

Krypto Hedgefonds

Die Hauptkategorie der Kryptowährungsfonds sind aus regulatorischen Gründen nach wie vor Kryptowährung-Hedgefonds. Das Hauptziel dieser Fonds ist es, die Performance des gesamten Kryptowährungsmarktes langfristig zu übertreffen. Es ist anzumerken, dass traditionelle Hedgefonds, also jene, die nicht in Kryptos investieren, die traditionellen Indexfonds nicht immer geschlagen haben. Solche Hedgefonds haben ihren Sitz oft auf den Cayman-Inseln, den British Virgin Islands oder in der Schweiz.

PricewaterhouseCoopers (PwC) berichtet, dass die von Kryptowährung-Hedgefonds erhobene jährliche Verwaltungsgebühr bezogen auf die Gesamtinvestition im Median 2%  beträgt, während die jährliche Performancegebühr bei 20% des erzielten Gewinns liegt.[2]  Traditionelle Hedgefonds berechnen im Schnitt 1,3% bzw. 15,5%.[3] Trotz der höheren Durchschnittsgebühren und des jüngsten Kryptobärenmarktes ist laut PwC das von Kryptowährung-Hedgefonds verwalteten Vermögen (Assets under Management, AUM) im Jahr 2018 um mehr als das Dreifache angestiegen.

PwC berichtet weiter, dass Kryptowährung-Hedgefonds 2018 im Durchschnitt besser abgeschnitten haben als Bitcoin. Da BTC normalerweise über 50% der Krypto-Marktkapitalisierung hält (derzeit 66,7%), wird Bitcoin häufig als Benchmark für die Marktperformance verwendet. Die meisten Fonds haben ein hohes Beta mit Bitcoin (~0,75 oder höher), haben aber 2018 deutlich geringere Verluste verzeichnet (durchschnittlich -46% für Fonds gegenüber -72% für BTC).Die Ausnahme scheinen Quantenfonds zu sein, die sowohl eine positive Rendite (+8%) als auch ein negatives Beta (-2,33) aufweisen. Das wird damit erklärt, dass die Mehrheit dieser Fonds früh in Initial Coin Offerings (ICOs) investiert hatte, und es gelang, einige dieser Positionen in der ersten Jahreshälfte 2018 abzustossen.

Hier sind einige der größten Akteure im Bereich der Kryptowährungshedgefonds:

  • Pantera Capital ist eine der größten Kryptoinvestmentfirmen mit Investitionen in fünf Kryptowährungsfonds (Venture Fund, Digital Asset Fund, ICO Fund, Bitcoin Fund, Long Term ICO Fund). Das verwaltete Vermögen (AUM) liegt aufgrund des jüngsten Krypto-Winters bei nur rund $ 450 Millionen. Während des Bärenmarktes lagen die AUM bei ca. $ 700 Mio. Die Investitionen reichen von Venture-Capital-Investitionen in Blockchain-Unternehmen, darunter einige große wie Ripple, Zcash, Civic, Harbor und Bitstamp bis hin zu Investitionen in ICOs wie Wax, OmiseGo, 0x, Funfair und FileCoin. Es besteht ein minimaler Investitionsbedarf von $ 100’000. Laut NewsBTC hat der Fonds seit seiner Gründung einen Verlust von 40% zu verzeichnen, im laufenden Jahr beträgt der Verlust 72%.
  • CoinCapital ist noch restriktiver und sucht nach Personen mit einem Nettovermögen von über $ 2,1 Mio. Ähnlich wie Pantera Capital investiert dieser Fonds in eine Kombination von Blockchain-Startups, ICOs und Kryptowährungen. Das Portfolio umfasst mehr als 40 Kryptowährungen, darunter die wichtigsten wie Ethereum, Litecoin, Bitcoin, Ripple und Dash. Der Fonds meldet keine AUM und Gebühren, jedoch berichten Drittanbieter, dass der Fonds derzeit € 25 Mio. von akkreditierten Investoren im Rahmen einer 2/20-Gebührenstruktur sammeln.[4]
  • BitcoinsReserve war ein spezialisierter Kryptohedgefonds im Bereich Arbitrage. Wie viele andere Kryptowährung-Hedgefonds ist er bereits wieder aus dem Markt verschwunden. Im Wesentlichen wurde versucht, Preisunterschiede von Kryptowährungen an verschiedenen Börsen aufzuspüren, und diese zu nutzen, um Gewinne zu erzielen.
  • General Crypto ist ein kleinerer Kryptowährung-Hedgefonds mit einem Vermögen von $ 25 Mio. Das Unternehmen verfolgt bei seinen Investitionen einen Risikokapitalansatz. Im Mittelpunkt stehen Coins, die Lösungen für reale Probleme bieten. So investiert General Crypto beispielsweise aufgrund der dezentralen Rechenleistung in Golem und aufgrund der internationalen Drahtübertragungstechnologie in Ripple.
  • Bitbull ist ein Kryptowährung-Hedgefonds, der in Kryptoanlagen und Start-Ups investiert. Im Wesentlichen handelt es sich um einen Dachfonds, der verschiedene Optionen anbietet. Darunter den BitBull Fonds, einen Krypto-Dachfonds, und den BitBull Opportunistic Fund, der direkt in Kryptoanlagen investiert. Der Dachfonds arbeitet nach einer 1/10-Struktur mit einer Mindestanlage von $  100’000 und einer 10%igen Hurdle Rate. Der Standardfonds ist ein klassischer 2/20-Fonds mit einer Mindestanlage von $ 25’000. Die im Standardfonds angewandte Strategie wird als “opportunistisch; derzeitiger Fokus auf die marktneutrale Volatilitätsstrategie” bezeichnet. Beide Fonds sind nur für akkreditierte Anleger zugänglich.
  • Brian Kelly Capital Management verwaltet derzeit über $ 50 Mio. an Vermögenswerten und bietet seinen Investoren einen dreigliedrigen Ansatz: Buy-and-hold (50%), ICOs (20%) und aktives Management der restlichen 30%. Der BKCM investiert hauptsächlich in Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum, Litecoin, Ripple, Zcash und Stellar. Darüber hinaus investiert der Fonds in riskantere Token wie Golem, Siacoin und Augur.[5]
  • Ember fund kann eher als Erbringer von Beratungsdienstleistungen, statt als traditioneller Hedgefonds betrachtet werden. Der Fonds bietet Portfolio-Rebalancing- und Optimierungsstrategien an, die nicht vom Fonds selber umgesetzt, sondern Kunden als zusätzlicher Tipp zur Verfügung gestellt werden. Es gibt sowohl vordefinierte als auch kundendefinierte Portfolios. Derzeit werden die Währungen BAT, BCH, BTC, DENT, ENJ, LTC, TUSD und XRP unterstützt. Ein Kunde kann bis zu 3 Portfolios haben. Der Fonds verrechnet eine feste Gebühr von 1,5% auf jeden Trade.
  • Prime Factor Capital war der erste Krypto-Hedgefonds, der gemäss Bloomberg von der Financial Conduct Authority als vollwertiger Manager für alternative Investmentfonds zugelassen wurde. Es gibt keine öffentlich zugänglichen Informationen über die Anlagestrategie des Unternehmens. Das Team besteht aus ehemaligen Mitarbeitern von Blackrock, Legal & General, Goldman Sachs und der Deutschen Bank.

Indexfonds

  • Grayscale Bitcoin Trust (GBTC) ist eine börsennotierte Gesellschaft, die ihre Vermögenswerte in Bitcoin hält und damit traditionellen Investoren die Möglichkeit gibt, sich an BTC zu beteiligen, ohne direkt kaufen zu müssen. GBTC ist im Grunde “ein Single-Asset-Indexfonds”, der mit einer Prämie (rund 22,5%) und einer Jahresgebühr von 2% arbeitet. Der Preis für Bitcoin ist im bisherigen Jahresverlauf um 123% gestiegen, und der Grayscale Bitcoin Trust (OTC: GBTC) um 143,3%. Seit seiner Gründung im Jahr 2015 hat der Grayscale Bitcoin Trust einen Zugewinn von 2’700% verbuchen können.

Abbildung: 8 Grayscales Premium blieb über die Zeit relativ stabil

Grayscales Premium blieb über die Zeit relativ stabil

Quelle: Grayscale, Incrementum AG

AIF und UCITS regulierte Kryptofonds

  • Postera Fund ist in Liechtenstein reguliert und hat seinen Sitz in Deutschland. Der Fonds investiert in eine breite Palette von Kryptowährungen und ist nur für professionelle Anleger zugänglich.
  • Crypto Finance Fund ist in Liechtenstein reguliert und hat seinen Sitz in Deutschland. Die Strategie ist langfristig ausgerichtet und es wird nur in Bitcoin investiert. Dieser Fonds richtet sich ausschliesslich an professionelle Anleger und ist einer der leistungsstärksten Fonds des Jahres mit Sitz in Liechtenstein.

Produkte, die keine Fonds sind, aber oft als Fonds bezeichnet werden, sind börsengehandelte Produkte wie Amun Tracker-Zertifikate, die eigentlich eine Anleihe und kein Fonds sind. Weitere Produkte, die keine legalen Fondsstrukturen aufweisen, sind z. B. kryptowährungsbasierte Zertifikate von Unternehmen wie der Vontobel Bank und GenTwo Digital. Obwohl Kryptowährungszertifikate im Vergleich zu Kryptowährungsfonds ähnliche Gebühren und Handelsstrategien aufweisen, bezieht sich die rechtliche Unterscheidung meist darauf, ob die Vermögenswerte in der Bilanz einer Bank gehalten werden oder nicht, und auf die Frage, wer haftet, wenn die Vermögenswerte gestohlen oder gehackt werden.


[1] Vgl. “Omniex Adds Additional Top-Tier Institutional Crypto Clients And Launches Executable Streaming Prices To Fuel Growth Of Institutional Crypto Trading,” Omniex, 16. Juli 16 2019.

[2] 2019 Crypto Fund Hedge Report. PwC – https://www.pwc.com/gx/en/financial-services/fintech/assets/pwc-elwood-2019-annual-crypto-hedge-fund-report.pdf

[3] https://www.pionline.com/article/20190130/INTERACTIVE/190139986/hedge-funds-see-fee-increases-in-2018

[4] https://token.security/stn/listing/coin-capital/

[5] https://totalcrypto.io/crypto-hedge-fund/

Bitcoin vs. Gold – ein fiktives Streitgespräch

Bitcoin vs. Gold – ein fiktives Streitgespräch

Da uns die Themenbereiche Gold und Bitcoin seit einigen Jahren stark beschäftigen, haben wir bereits etliche Gespräche zum Thema Veranlagung in Gold und Bitcoin geführt. In Form eines (fiktiven) Streitgespräches zwischen einem Befürworter von Goldanlagen (XAU) und einem Befürworter der Kryptowährung Bitcoin (BTC) wollen wir einige oft diskutierte Punkte wie die Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Opportunitäten dieser beiden Anlageformen bzw. Währungen diskutieren.  Wir wünschen Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre!

BTC: Lieber GOLDBUG, es freut mich, dass wir uns hier und heute getroffen haben. Ich bin durchaus gespannt, ob ich Sie davon überzeugen kann, dass es zwischen Gold und Bitcoin einige Parallelen gibt, und dass Bitcoin definitiv seine Daseinsberechtigung hat bzw. noch weitaus wichtiger werden wird.

XAU: Danke für die Einladung! Wie Sie wissen, bin ich als eher konservativer Investor gegenüber der Kryptowelt doch sehr kritisch eingestellt, guten Argumenten gegenüber aber immer offen.

Gold begeistert die Menschheit seit Jahrtausenden.
Gold begeistert die Menschheit seit Jahrtausenden.

Quelle: Unsplash.com

BTC: Das ist doch eine gute Basis, auf der wir unser Gespräch aufbauen können. Lassen Sie uns doch damit beginnen, Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Bitcoin und Gold zu erörtern. Was halten Sie davon?

XAU: Das ist eine gute Idee! Ich bemerke zwar, dass es einen gewaltigen Trend zur Digitalisierung gibt, aber bei der Wertanlage hört es bei mir auf. Denn Gold ist ein Edelmetall, man kann es anfassen und es übt seit je her eine fast mystische Faszination auf Menschen aus, insbesondere auch auf meine Frau.

Bitcoin ist eine relativ junge Technologie. Wird es zum Gold der digitalen Welt?  
Bitcoin ist eine relativ junge Technologie. Wird es zum Gold der digitalen Welt?

Quelle: Unsplash.com

BTC: [Lacht!] Ja, das ist wohl ein fundamentaler Unterschied. Gold ist ein chemisches Element, es existiert physisch, man kann es, wie Sie sagen, angreifen. Und zugegeben, es hat als solches recht interessante Eigenschaften. Bitcoin hingegen ist ein offenes Protokoll, das nur digital als Bits und Bytes existiert. Hingegen ist Bitcoin letztendlich eine bahnbrechende Innovation! Bitcoin hat es geschafft, erstmals erfolgreich Informationen zu verknappen.

XAU: Was bedeutet das?

BTC: Wenn Sie jemandem beispielsweise ein Email schicken, dann senden Sie tatsächlich keine Daten. Sie senden eine Kopie Ihrer Daten. Die Daten sind nachher sowohl bei Ihnen als auch beim Empfänger vorhanden. Bis zur Erfindung von Bitcoin bzw. der damit verbundenen Blockchain-Technologie war es nicht möglich, digitale Information eindeutig übertragbar zu machen, also dass sie „von mir zu Ihnen gelangen und nachher nicht mehr bei mir sind“.

XAU: Ok, ich kann dem soweit folgen. Und ich kann mir sogar vorstellen, dass dies – wie Sie behaupten – eine bahnbrechende Erfindung ist. Aber woher weiß ich, dass diese Übertragung sicher funktioniert? Im Internet wird doch alles gehackt!

BTC: Die Erfinder von Bitcoin haben für jene Personen, die sich an der Sicherung des Netzwerkes beteiligen, eine sehr intelligente Anreizstruktur geschaffen. Diese so genannten „Miner“ erfüllen die Aufgabe der Überprüfung, dass also jede Transaktion valide abläuft und auch nur tatsächlich einmal ausgeführt wird. Es kann derselbe Bitcoin nie zweimal gleichzeitig ausgegeben werden. Mit der von den Minern zur Verfügung gestellten Rechenleistung machen diese das Netzwerk sicher. Als Lohn dafür erhalten sie neu geschürfte Bitcoins. Umso mehr Miner sich beteiligen, desto unmöglicher wird eine Verschwörung von Minern, eine betrügerische Transaktion zu validieren.

XAU: Meinetwegen. Ich kann mir vorstellen, dass man über das Bitcoin-Netzwerk relativ sicher Bitcoins übertragen kann. Ich habe zwar noch nie einen Bitcoin überwiesen, aber vermutlich wäre das ja schon jemandem aufgefallen, wenn die sichere Übertragung ernsthaft gefährdet wäre.

“Bitcoin gilt als hack-sicher, da die Bitcoin-Blockchain vom gesamten Netzwerk ständig überprüft wird. Daher sind Angriffe auf die Blockchain selbst sehr unwahrscheinlich.”  

BitPanda.com

BTC: Genau! Seit Bestehen des Netzwerkes ist jede einzelne Transaktion korrekt abgelaufen.

XAU: Trotzdem, wieso sollte sich genau Bitcoin durchsetzen? Es gibt doch heute angeblich schon tausende solcher Kryptowährungen! Hingegen gibt es das Element Gold sicherlich nur einmal, garantiert!

BTC: Nun, ich muss zugeben, 100%ig kann ich es nicht ausschließen, dass es nicht irgendwann einmal eine andere erstzunehmende Kryptowährung geben wird.

XAU: Sehen Sie!

BTC: Trotzdem ist seit der Initiierung von Bitcoin die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine andere Kryptowährung als Wertaufbewahrungsmittel durchsetzt, bereits deutlich gesunken. Das ist in erster Linie der enormen Verbreitung des Netzwerkes und damit der Sicherheit von Bitcoin geschuldet. Die Rechenleistung, die das Bitcoin-Netzwerk absichert, ist mittlerweile gigantisch. Keine andere Kryptowährung hat eine annähernd ähnliche Rechenleistung hinter sich. Dies lässt sich an der so genannten Hashrate ablesen.

Grafik: Die Entwicklung der Bitcoin-Hashrate 

Die Entwicklung der Bitcoin-Hashrate

Quelle: Coinwarz.com, EH/s steht für Exahash pro Sekunde.

XAU: Ok, Sie sagen also ich kann auf der Blockchain sicher und reibungslos Bitcoins übertragen, da die größte Rechenleistung hinter dem Bitcoin-Netzwerk steht. Dies ist aber extrem energieaufwendig! Ist das nicht eine Katastrophe in Zeiten des Klimawandels?

“Wäre das Bitcoin-System ein Land, dann stünde es mit diesem Stromverbrauch an 43. Stelle in der Welt – zwischen der Schweiz und Tschechien, Tendenz steigend.”  

Zeit.de

BTC: Hierüber lässt sich sicher lang diskutieren. Meiner Meinung nach ist in diesem Zusammenhang der wichtigste Punkt, dass der Strom, der für die Erzeugung von Bitcoin verwendet wird, oftmals überschüssiger Strom ist, der sonst verschwendet würde.

XAU: Was meinen Sie damit? Der Strom, der für das Betreiben des Bitcoin Netzwerkes verwendet wird, muss doch wem anderen abgehen!

BTC: Strom lässt sich bekanntlich sehr schlecht speichern und nur mit riesigen Verlusten über weite Strecken transportieren. Um Bitcoins wirtschaftlich minen zu können, ist es unerlässlich, die billigsten Stromquellen zu verwenden. Das sind meistens entlegene Wasserkraftwerke, da hier oft keine Möglichkeit besteht, den Strom zu speichern. Viele der Bitcoin-Farmen sind daher z. B. in Skandinavien und Island angesiedelt, wo es überschüssigen und somit billigen Strom aus Wasserkraft gibt. Unterschiedliche Stromversorger haben das bereits erkannt und verwenden Bitcoin-Mining teilweise zur Nutzung der überschüssigen Energie. An Orten mit Energie bzw. Stromknappheit kann nie an Mining gedacht werden, da dort die Strompreise hoch sein werden. Selbst ein durchschnittliches Strompreisniveau ermöglicht noch lang kein wirtschaftliches Mining!

XAU: Ok, das wusste ich wirklich nicht. Trotzdem, warum soll ich nun in Bitcoin investieren? Bei Gold weiß ich, dass die Menge auf der Erde begrenzt ist. Gold wird daher immer etwas wert sein. Aber Bitcoin ist so spekulativ. Und Zinsen zahlte es außerdem auch keine.

Grafik: Bestand von Bitcoin und Gold im Vergleich mit Zukunftsausblick – Ein Indikator für Inflation

Bestand von Bitcoin und Gold im Vergleich mit Zukunftsausblick – Ein Indikator für Inflation

Quelle: Incrementum AG

BTC: Ok, alles der Reihe nach. Sowohl bei Gold als auch bei Bitcoin handelt es sich um zwei Anlagen, die keine Zinsen abwerfen. Beide sind „unproduktive“ Assets, deren Wertursprung in der Anlage selbst verankert ist. In Aktien wird investiert, um am Erfolg des Unternehmens zu partizipieren. Oder über Staatsanleihen partizipiert man in gewisser Weise an der Entwicklung der gesamten Volkswirtschaft.

XAU: Ich verstehe Ihre Argumentation, allerdings würde ich Gold und Bitcoin dennoch nicht gleichsetzen. Denn Gold ist hart und stabil. Gold ist nur begrenzt verfügbar und ist deswegen wertvoll. Jedes Jahr wächst die Menge des geschürften Goldes sehr konstant um etwa 1,5 Prozent. Selbst nach großen Preissteigerungen konnten Minenunternehmen ihre Förderung nicht signifikant ausweiten. Zentralbanken hingegen schöpfen seit der Finanzkrise Unmengen an Geld, Beträge, die ich mir wegen der vielen Nullen gar nicht mehr vorstellen kann. Das muss doch irgendwann einmal schief gehen!

BTC: Hier sind wir uns völlig einig. Die Anzahl der Bitcoin kann man ja auch nicht beliebig vermehren! Gold und Bitcoin könnten somit zwei Möglichkeiten sein, um sich gegen die Gefahren des Zentralbankensystem abzusichern.

XAU: Aber bei digitalen Währungen kann man doch auch einfach irgendwo im Code die Zahlen null und eins hinzufügen und dadurch neues „Geld“ schaffen.

BTC: [Lacht!] Es freut mich, dass Sie das jetzt ansprechen. Damit spielen Sie mir nämlich freundlicherweise in die Karten. Tatsächlich ist es so, dass Bitcoin über die Zeit noch „härter“ werden wird als Gold, denn die maximale Anzahl vorhandener Bitcoins liegt bei exakt 21 Millionen. Mehr gibt es nicht und mehr wird es nie geben, das schreibt das Protokoll von Bitcoin so fest. Alle vier Jahre halbiert sich daher die Inflationsrate von Bitcoin. Im Mai diesen Jahres fällt die Inflationsrate von Bitcoin in etwa auf jene von Gold und in Zukunft wird Bitcoin noch „härter“, noch weniger inflationär als Gold sein. Siehe dazu auch die verschiedenen Stock-to-Flow-Ratios im Vergleich [Chart auf der nächsten Seite, Abb. 5]. Einfach so ein paar Zahlen im Code zu ändern, das ist absolut ausgeschlossen. Es müsste hierfür eine 95 prozentige Zustimmung der Miner geben. Bitcoin lebt aber genau davon, dass es eben ein knappes Gut ist, somit ist eine breite Zustimmung zu so einer Änderung ausgeschlossen.

Grafik: Diverse Stock to Flow Ratios im Vergleich

Diverse Stock to Flow Ratios im Vergleich

Abb. 1 Diverse Stock-to-Flow-Ratios im Vergleich (Quelle: Incrementum AG)

XAU: Aber was ist dann mit der Möglichkeit, einfach eine neue Kryptowährung zu programmieren? Ich habe gehört, dass man Bitcoin einfach kopieren und jeder seine eigene Version starten kann. Heißt das nicht Hard-Fork? Dadurch könnte die maximale Anzahl an Bitcoins doch einfach innerhalb von Sekunden verdoppelt werden?

Hard-Forks  
Was ist eine Fork?
Einfach gesagt: eine Fork ist die Weiterentwicklung einer Software.  
Was ist eine Hard-Fork? Eine Hard-Fork, d. h. eine nicht rückwärts-kompatible Änderung der Regeln auf der Blockchain, hat zur Folge, dass aus einer Blockchain zwei Blockchains werden. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Hard-Fork veröffentlich wird, müssen sich die Blockchainbenutzer entscheiden, ob sie auf der alten Blockchain bleiben wollen, oder ob sie auf die neue wechseln. Diese Entscheidung muss aktiv gefällt werden. Eine Hard-Fork führt somit immer zu einer Spaltung, wobei die Blocks bis zur Spaltung allerdings dieselben bleiben. Eine ausführliche Erklärung finden Sie unter dem folgenden Link.      

BTC: Das ginge technisch theoretisch ziemlich einfach, dass sich aber eine Bitcoin-Kopie durchsetzt, ist letztendlich extrem unwahrscheinlich:

Erstens hängt das Überleben einer neuen Kryptowährung davon ab, ob es für diese überhaupt ein Interesse gibt. Warum sollten Bitcoin-Investoren, die wahrscheinlich auch deshalb auf Bitcoin vertrauen, weil das System eine beschränkte Inflation aufweist, auf ein neues System wechseln wollen? Es muss hier ein zusätzlicher Nutzen geboten werden. Gibt es diesen nicht, wird es die Hard-Fork schwer haben. Das hat man bislang bei allen Bitcoin Hard-Forks gesehen. Zweitens müssten die Miner, die das System absichern, mitziehen und künftig ihre Rechenleistung der neuen Bitcoin-Version zu Verfügung stellen. Das tun sie aber nicht, da der Anreiz für sie höher ist, das wertvollste Gut zu minen. Ohne hohe Rechenleistung ist die neue Bitcoin-Version aber sehr unsicher und somit als Investment nicht interessant.

XAU: Ok. Ich höre immer wieder, dass Bitcoin ein Skalierungsproblem hat. Wenn man es massenhaft als Zahlungsmittel verwenden will, ist es viel zu teuer, oder?

Das „Scalability“- oder das Skalierungsproblem von Bitcoin  
Die aktuelle Version von Bitcoin lässt maximal sieben Transaktionen pro Sekunde zu. Will Bitcoin wirklich langfristig als Zahlungsmittel Verwendung finden, so ist das irgendwann zu wenig.

BTC: Sie haben recht, es besteht derzeit eine Skalierungsproblematik, welche aufgrund der Größe und der Dezentralisierung des Bitcoin-Netzwerkes ausgelöst wird. Es besteht ein Zielkonflikt zwischen der Sicherheit des Netzwerkes und der Schnelligkeit der Transaktionen. Eine Betrachtungsweise ist, Bitcoin muss nicht ein Massenzahlungsmittel werden, um wertvoll zu sein. Auch beim Gold sind die Transaktionskosten in Form der Preisspanne zwischen Ankauf und Verkauf umso höher, je kleiner die Goldmenge ist. Es ist fraglich, ob man wirklich in Gold investieren soll, wenn man nur 1 Gramm Gold kaufen will. Bei größeren Goldmengen fallen die Transaktionskosten kaum ins Gewicht. Somit ist Gold aus der Kostenperspektive als Wertaufbewahrungsmittel für größere Investitionsbeträge gut geeignet. Genauso kann man auch Bitcoin betrachten. Ein – zugegeben – spekulatives Wertaufbewahrungsmittel für größere Beträge, sprich digitales Gold.

XAU: Interessant. Aber der ursprüngliche Anspruch von Bitcoin lautete doch ein elektronisches Zahlungssystem zu sein. Bleibt dies nun unerfüllt?

BTC: Sehr richtig. Der Titel des so genannten White Papers lautete sogar „Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System“. Und es gibt intensive Bemühungen, diesen Anspruch zu erfüllen. Es gibt diverse Ansätze, um mehr Transaktionen pro Sekunde zu ermöglichen. Hard-Forks sind nur ein Ansatz, den wir z. B. bereits bei BitcoinCash gesehen haben. Weitere Möglichkeiten bestehen in den Bereichen von Off-Chain-Transaktionen, wie z. B. dem Lightning-Network. Dort werden Transaktionen außerhalb der Blockchain schnell und sicher abgewickelt. Jedenfalls ist es aber so, dass weltweit tausende Programmierer an der Lösung der Probleme arbeiten. Hier steckt unglaublich viel Humankapital dahinter, das auch dafür verantwortlich ist, dass die bislang überwundenen Hürden so gut gemeistert wurden. Wenn die Skalierungsproblematik tatsächlich noch gelöst wird, wäre es nicht nur digitales Gold, sondern auch hartes, digitales Geld! Somit ist ein weiterer Unterschied zwischen Gold und Bitcoin, dass Bitcoin gleichzeitig als Zahlungsmittel und als Wertaufbewahrungsmittel verwendet werden kann. Das ist ein großer Vorteil von Bitcoin gegenüber Gold, denn dieses taugt kaum als Zahlungsmittel.

XAU: Nun, hier muss ich aber entschiedenen Einspruch leisten. Zu Zeiten des klassischen Goldstandards war Gold sehr wohl Zahlungsmittel! Gerne wird von den heutigen Zentralbanken die Zeit von 1870-1914 übersehen, als es eine leichte Deflation gab bei gleichzeitig sehr hohen Wachstumsraten. Das ist aber eine andere Debatte, denke ich. Jedenfalls verstehe ich nicht, wieso Sie als Bitcoin-Fan immer wieder davon sprechen, dass Bitcoin wie Gold ein Wertspeicher sein soll, wenn man sich die hohe Volatilität vor Augen führt?

HODL  
Der Begriff HODL stammt aus einem Onlineforum. Dabei wurde das englische Wort „to hold“, dt. „(fest)halten“ bewusst falsch geschrieben. Der Begriff steht seither dafür, an Bitcoin als Investition festzuhalten, auch wenn die Kurse zwischenzeitlich sinken.  

BTC: Ich denke, dass ich Ihnen bereits einige solide Argumente liefern konnte, wie z. B. die begrenzte Inflation oder die Sicherheit des Systems durch die Hashrate. Ebenfalls hervorzuheben ist die Tatsache, dass Bitcoin noch immer in den Kinderschuhen steckt. Die Marktkapitalisierung zum 09. Jänner 2020 beträgt mit $ 144 Milliarden nur einen Bruchteil der von Gold. Den deutlichen Kursschwankungen steht also auch ein exorbitant hoher potenzieller Gewinn gegenüber. Es ist sogar so, dass Bitcoin eine extrem asymmetrische Anlageklasse ist, da Bitcoin mittelfristig entweder reüssiert und sich als globaler digitaler Wertspeicher durchsetzt oder – aus welchen Gründen auch immer – scheitert und wertlos wird.

Grafik: Vergleich der Marktkapitalisierung von Gold und Bitcoin von 2013 bis 2020

Vergleich der Marktkapitalisierung von Gold und Bitcoin von 2013 bis 2020

Quelle: Incrementum AG

XAU: Hmmm, so habe ich das noch nie gesehen. Was Sie sagen, ist, dass Bitcoin ein anderes Auszahlungsprofil hat als Gold. Ich meine, Gold kann ja wirklich nicht auf null fallen, oder widersprechen Sie mir in diesem Punkt?

Grafik: Anzahl Monate verschiedener Returns von Bitcoin und Gold

Anzahl Monate verschiedener Returns von Bitcoin und Gold

Quelle: Incrementum AG

BTC: Nein, hier sind wir einer Meinung! Gold kann nicht wertlos werden. Aber das Aufwertungspotenzial ist natürlich beschränkt, da Gold jedermann bekannt ist. Bitcoin ist nach wie vor extrem klein und sehr jung. Seit 30 Jahren gibt es das Internet, seit 10 Jahren erst Bitcoin. Die Vision ist, dass Bitcoin in einer immer stärker digitalisierten Welt zum universalen und digitalen Wertstandard wird. Hiervon ist bis jetzt noch immer sehr wenig eingepreist. Wieso sollten Zentralbanken in 10 Jahren keine digitalen Anlagen halten? Sie denken ja heute schon über digitale Währungen nach, wieso sollten sie selbst dann nicht in „digitales Gold“ investieren? Wenn sich Bitcoin als härtestes digitales Geld durgesetzt haben wird, werden die Zentralbanken neben Gold auch Bitcoin als Währungsreserve halten. Ich finde das gar nicht so weit hergeholt. Die Welt ist im Wandel!

XAU: Ok. Angenommen Sie hätten mein Interesse geweckt, was würden Sie mir anlagetechnisch raten? Eines sage ich Ihnen gleich vorweg. Mein Gold verkaufe ich sicher nicht, zumindest nicht alles!

BTC: Es gibt tatsächlich Kryptoenthusiasten, die schwören Stein und Bein auf Kryptowährungen und haben ihr ganzes Erspartes investiert. Das ist natürlich extrem riskant! Noch dazu kommt es meistens so, wie es kommen muss! Sie kaufen in die Euphorie und verkaufen in die Panik. Doch gerade das asymmetrische Auszahlungsprofil macht eine kleine Beimischung von Bitcoin interessant. Und die hohe Volatilität kann man durch ein regelbasiertes Rebalancing zu seinem Vorteil nutzen!

XAU: Nun gut, es scheint als wären sich Gold und Bitcoin doch ähnlicher als man denkt, nicht? Gemeinsam bilden die zwei Anlageklassen ein durchaus dynamisches Duo.

In Case You Were Sleeping: Banking auf der Blockchain

In Case You Were Sleeping Banking auf der Blockchain

“Bitcoin will do to banks what email did to the postal industry.”

Rick Falkvinge

Key Takeaways

  • Schätzungen zufolge kontrolliert Coinbase etwa 4% aller Bitcoins, was mehr als 850’000 Stück wären. Der Vermögensverwalter Grayscale, Anbieter des «Bitcoin Trust», verwaltet rund USD 3 Mrd. an Kryptoanlagen. Bei BitGo sind es rund USD 2 Mrd..
  • PayPal hat sich bereits aus Facebooks Libra-Konsortium zurückgezogen. Auch Visa und Mastercard scheinen zögerlich. Die Leiter der Bank of England und der europäischen Zentralbank haben ihre grosse Besorgnis über Libra zum Ausdruck gebracht. Das Projekt scheint vorerst zum Erliegen gekommen zu sein.
  • Die US-Behörden ermitteln gegen ein deutsches Unternehmen, das eine angeblich mit Gold gesicherte Kryptowährung namens «KaratGold Coin» angeboten hat. Das Unternehmen hatte zuvor Goldprodukte verkauft und war bereits vor dem Eintritt in die Kryptowelt mehrfach von Behörden in Kanada, den Niederlanden und Namibia verwarnt worden.
  • Die Nachfrage nach Bitcoin sinkt. Die Anzahl an Adressen, von denen aus Nutzer Bitcoin an die grossen Börsen wie BitFinex und Binance senden, nimmt ab. Die Nachfrage nach Altcoins ist jedoch noch stärker eingebrochen. Altcoins haben den Krypto-Winter 2018 nie verlassen.

Libra stößt überall auf Widerstand

“We believe that no private entity can claim monetary power, which is inherent to the sovereignty of Nations.”  
French and German Governments

Während Bitcoin von Politikern und Notenbankern gerne abgetan und belächelt wird, haben sie sich auf Libra sofort eingeschossen. Das ist auch insofern interessant, da die Macher von Libra sich stark von Bitcoin und Ethereum haben inspirieren lassen.[1] Wo auch sonst sollten sie nach Ideen und Konzepten für eine Kryptowährung suchen. Wie dem auch immer sei, es herrscht auf staatlicher Seite offenbar große Angst vor einem freien Spiel der Kräfte am Währungsmarkt.

Besonders aktiv sind Frankreich, die USA und China. Alle aus verschiedenen Gründen. Paris hat während seiner Zeit als Vorsitzender der G7-Gruppe Libra auf die globale Agenda gesetzt und eine eigene Arbeitsgruppe zum Thema «Stablecoins» einrichten lassen.[2] Notenbanker aus der ganzen Welt zeigen offen ihre Skepsis. Mark Carney, der Chef der Bank of England, sagte, dass Libra sich den «höchsten regulatorischen Standards» unterwerfen werde müssen. Der inzwischen aus dem Amt geschiedene Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, äußerte sich in einer Aussendung fast wortgleich. Auch die Finanzminister Frankreichs und der USA zeigten sich besorgt.

“U.S. lawmakers are calling for Facebook to halt Libra development.”  

The Block Crypto

Die staatlichen Akteure haben zwei Hauptsorgen: Facebooks Marktmacht sowie der drohende Verlust des staatlichen Währungsmonopols. Facebook kann schon im Alleingang auf ein Netzwerk von mehr als einer Milliarde Nutzer zurückgreifen. Dazu kommen mehr als 20 Partnerfirmen, die am Libra-Konsortium beteiligt sind. Ein gewaltiger Startvorteil. «Das ist einer der Gründe, warum die Regulatoren bei Libra so aufgebracht sind – anders als bei Bitcoin», sagte Zennon Kapron, Gründer und Direktor der Beratungsfirma Kapronasia, zu CNBC. Die Regierungen könnten schrittweise die Macht über die Geldpolitik verlieren.[3]

Und dabei geht es nicht nur um Zinsen und Inflationserwartungen, sondern um knallharte Machtpolitik, so Kapron: «Heute hat der US-Dollar viel Macht und die US-Regierung hat ebenfalls viel Macht, weil der Ölhandel in US-Dollar abgewickelt wird. Die US-Regierung kontrolliert auch, welche Banken mit dem US-Dollar arbeiten dürfen und hat daher eine Einflusssphäre, die es ihr erlaubt, die Richtung der globalen Wirtschaft und der globalen politischen Situation zu kontrollieren.»[4]

Erfahrene Krypto-Investoren sollten bei diesen Worten stutzig werden. Hätten dieselben staatlichen Akteure nicht schon bei Bitcoin nervös werden müssen. War es nicht die exakte Absicht von Satoshi Nakamoto, das staatliche Währungsmonopol zu untergraben?

Die Antwort ist ja. Aber anders als Bitcoin hat Libra eine Adresse und Hintermänner, die man im Kongress vorladen kann. Und genau das geschieht auch. US-Amerikanische Senatoren beider Parteien sind bei öffentlichen Anhörungen zum Thema extrem scharf mit Facebook ins Gericht gegangen. Der Tech-Konzern mit den ambitionierten Kryptoplänen bietet wegen seines ramponierten Images auch eine exzellente Zielscheibe für Politiker. Facebook sei wie ein «kleines Kind, das mit dem Feuer spielt», hieß es schon im Juli. «Glauben Sie wirklich, dass die Menschen Facebook mit ihrem hart verdienten Geld vertrauen sollten», fragte Sherrod Brown, der demokratische Senator aus Ohio rhetorisch. Seine Antwort: «Ich glaube, das ist einfach nur verrückt.»[5]

Facebooks Libra-Manager David Marcus verteidigte sich und versicherte, dass Libra keine Konkurrenz zu staatlichen Währungen darstellen wolle und dass man die Privatsphäre der Nutzer zu schützen gedenkt. Senator Brown forderte Facebook dennoch dazu auf, die Libra-Entwicklung einfach wiedereinzustellen. Man kann zusammenfassen: Staaten mögen Libra (und Bitcoin) nicht, weil sie das Währungsmonopol gefährden.[6]

Und nicht nur aus der Politik kommt Widerstand. Auch die Banken sind nervös. Denn – und das gilt gleichermassen für Libra und Bitcoin: Bevor Kryptowährungen das Geldsystem verändern können, müssen sie das Geschäftsmodell der Banken gefährden. Bei einem Meeting zwischen Bankenvertretern und der US-Notenbank Federal Reserve im September hieß es von den Banken: «Facebook könnte hier ein digitales Geldsystem außerhalb der kontrollierten Finanzmärkte schaffen, ein System an Schattenbanken. Wenn Konsumenten Libra nutzen, könnten immer mehr Einlagen in die Plattform fließen und die Liquidität im Markt reduzieren.»[7]

“Bitcoin ist immer noch zu instabil. 

UBS

Die Bankenvertreter haben offenbar den Teil im Libra-Whitepaper überlesen, in dem der Entstehungsprozess neuer Coins beschrieben wird. Ihre Sorge trifft zwar auf Bitcoin zu, dass tatsächlich ein vollkommen eigenständiges Geldsystem darstellt. Nicht aber auf Libra, denn dessen Coins sollen ja durch einen Korb an traditionellen Assets gedeckt werden. Vereinfacht gesagt: Je mehr Geld ins Libra-System fließt, desto mehr traditionelle Wertpapiere muss die Libra Foundation für ihre Reserve kaufen. Man kann zusammenfassen: Banken mögen Libra (und Bitcoin) nicht, weil sie das Geschäftsmodell gefährden.

Der Speziafall China

Einen Schritt weiter geht China. Dort sieht man auch eine Gefahr für die Kontrolle über die Bevölkerung durch den Staat. Peking hat Bitcoin längst im Visier, weil man generell eine Angst vor Kapitalflucht hat. Dass die laufenden Proteste in Hong Kong die Beliebtheit von Bitcoin in der ehemaligen britischen Kronkolonie in die Höhe getrieben haben, sorgt in Peking sicherlich für wenig Begeisterung.[8]

Aber die Reaktion ist vielsagend: Viel offener als andere Staaten bastelt China inzwischen an einer eigenen, staatlichen Kryptowährung. Bargeld ist im Riesenreich ohnehin verpönt. Eine solche Kryptowährung aus staatlicher Hand könnte den Weg in eine bargeldlose Gesellschaft zusätzlich beschleunigen. Angenehmer Nebeneffekt aus Sicht der kommunistischen Regierung in Peking: So eine digitale Staatswährung würde auch die totale Kontrolle der Bevölkerung erleichtern. Sogar in das orwellsche «Social Credit»- System der Volksrepublik könnte man es einbauen. Dazu kommt, dass China die Dominanz des US-Dollars zwar eindämmen möchte –aber nicht, indem man sich eine neue Währung aus US-amerikanischer «Produktion» ins Haus holt. Zusammenfassend kann man sagen: China mag Libra (und Bitcoin) wirklich nicht, weil die Kryptowährungen den chinesischen Bürgern Auswege für ihr Kapital bieten.[9]

“Facebooks Allianz für die umstrittene Digitalwährung Libra bröckelt mit dem Ausstieg wichtiger Partner.”

Manager-Magazin

Der Widerstand zeigt in jedem Fall Wirkung. Mit PayPal hat sich bereits ein namhafter Konzern aus dem Libra-Konsortium zurückgezogen. Auch die Kreditkartenriesen Visa und Mastercard sind angesichts des Drucks aus der Politik zunehmend nervös. Laut Wall Street Journal haben sie sich zuletzt geweigert, dem Projekt offen ihre Unterstützung auszusprechen – obwohl sie bereits Millioneninvestitionen für die Libra-Reserve zugesagt hatten.

Libra sollte laut Plan irgendwann im Jahr 2020 starten. Aber aus heutiger Sicht ist zumindest mit Verzögerungen zu rechnen, wenn nicht sogar mit der Entgleisung der Pläne.

König Bitcoin hängt Altcoins ab

Für Bitcoin-Anleger ist das alles ein Nebenschauplatz, eine Ablenkung. Aber aus dem Schicksal von Libra lassen sich wohl einige wichtige Schlüsse für die Zukunft des Kryptosektors ziehen. Zwar kann man die Macher von Bitcoin nicht vorladen, sehr wohl aber die von manch anderem Kryptoprojekt. Außerdem hat der Bitcoin-Preis bisher immer auf große Nachrichten zum Thema Libra reagiert. Und bei negativen Nachrichten ging es auch immer nach unten. Es gibt also einen Zusammenhang – auch wenn der vielleicht nur am Markt so gesehen wird.

Der hat sich zuletzt wieder deutlich abgekühlt. Die Preise für Bitcoin sind Ende September von rund USD 10’000 auf nur noch USD 8’000 abgestürzt. Der im April begonnene Anstieg ist gebremst – vielleicht sogar schon vorbei. Die Zahl der Adressen, von denen aus User Bitcoin an die großen Börsen Bitfinex und Binance schicken, befindet sich Daten des Londoner Analysehauses TokenAnalyst zufolge im Sinkflug. Man sehe hier ein Signal für «ein geringes Interesse von Kleinanlegern an Krypto», sagte TokenAnalyst Mitgründer Sid Shekhar. «Wenn wir erwarten, dass Bitcoin in unsicheren Zeiten die Rolle eines sicheren Hafens spielt, sollten diese Zahlen eigentlich raufgehen.»[10]

Hier legt der Experte den Finger in eine Wunde. Bitcoin ist es heuer nicht gelungen, seine Reputation als Hochrisikoasset abzulegen. Die Story vom angeblichen «sicheren Hafen» mag für Einzelpersonen und Familien in krisengeschüttelten Ländern wie Venezuela oder der Türkei zutreffen. Und in diesen Ländern kann man auch eine starke Akzeptanz von Bitcoin erkennen. Aber aus der Warte des globalen Marktes betrachtet, steht Bitcoin heute sicherlich noch nicht auf einer Stufe etwa mit Gold. Vielleicht ist das Asset auch einfach noch zu jung und muss sich diesen Status noch verdienen.

“It is clear that Bitcoin isn’s a safe haven asset today.”  

CoinDesk

Von Seiten der Altcoins geht derzeit definitiv keine Gefahr für «König Bitcoin» aus. Alts erleben 2019 ein andauerndes Blutbad. Die allermeisten konnten schon vom Bitcoin Anstieg nicht profitieren. Und jetzt, da es mit dem König bergab geht, müssen die Bauern erst recht leiden. Bitcoins Marktdominanz lag im Oktober bei 66 Prozent und damit auf dem Stand von März 2017. Wer sich die Marktkapitalisierung der Altcoins isoliert ansieht, also ohne Bitcoin, stellt fest: Hier wurde der Bärenmarkt wahrscheinlich nie verlassen. Man kann es nicht anders sagen: Wenn sich dieser Trend fortsetzt, ist mit einer (teilweisen) Zerstörung des Altcoin-Sektors zu rechnen. Das wäre für den Markt wahrscheinlich ein heilsamer Prozess, da immer noch viele Scams und betrügerische Projekte laufen dürften. Aber für das Image von Kryptos kann das nicht gut sein.     

Abbildung: Acht Coins machen 90% der Marktkapitalisierung aus

Acht Coins machen 90% der Marktkapitalisierung aus

Quelle: Coinmarketcap.com, Incrementum AG

Abbildung: Bitcoins Dominanz

Bitcoins Dominanz

Quelle: Coin.dance, Incrementum AG

In jedem Fall sind weitere Berichte über Scams und Warnungen an die Investoren zu erwarten. In den vergangenen Monaten haben wir die Implosion des PlusToken-Pyramidenspiels erlebt, das seinen Ausgang in Asien, wahrscheinlich in China, genommen hat. Die US-Behörden ermitteln indes gegen eine deutsche Firma, die mit «KaratGold Coin» eine angeblich goldgedeckte Kryptowährung angeboten hat. Die Firma hatte bereits davor Goldprodukte verkauft – und war mehrmals Gegenstand von Warnungen durch Behörden aus Kanada, den Niederlanden und sogar Namibia.[11]

In den USA stehen indes drei Männer vor Gericht, die im DarkWeb Drogen wie MDMA, Ketamin und Xanax gegen Bitcoin verkauft haben sollen. Das alleine ist sicherlich nicht neu. Aber im Vorfeld der Hauptverhandlung entschied das Gericht, nur zwei der drei Männer gegen Kaution frei zu lassen. Der mutmaßliche Anführer muss hinter Gittern auf seine Verhandlung warten. Warum? Weil er über ein beträchtliches Bitcoin-Vermögen verfügen dürfte – und das führe zu Fluchtgefahr, so das Gericht. Die Autoren der Website «The Block» fragen in diesem Zusammenhang: «Wann werden Kriminelle lernen, dass Bitcoin ein offenes Zahlungssystem ist, das jedermann nachverfolgen kann?» Die Antwort auf diese Frage würde uns auch interessieren.[12]

Was wird BAKKT bringen?

Es gibt aber nicht nur schlechte Nachrichten. Die von uns in den vergangenen Crypto Research Reports ausführlich dokumentierte wachsende Professionalisierung des Bitcoin-Marktes schreitet weiter voran. Neben Akteuren wie Coinbase und Fidelity spielt hier vor allem BAKKT eine große Rolle. BAKKT ist das Kryptoprojekt von Intercontinental Exchange, der Mutterfirma der New Yorker Börse. Abgesehen vom Vorstoß von Fidelity in den Kryptosektor gibt es wahrscheinlich kein Projekt mit mehr Tragweite. Am Markt wurden die von BAKKT versprochenen Bitcoin-Futures, die anders als jene der Chicago Mercantile Exchange (CME) «physisch» abgewickelt werden, geradezu sehnsüchtig erwartet. Der Start Ende September verlief dann aber enttäuschend. Am ersten Tag wurden bei BAKKT via Futures nur 72 Bitcoin gehandelt. Zum Vergleich: Am ersten Tag der CME-Futures Ende 2017 waren es 5’298.[13]

“Es ist zu früh um Bakkt abzuschreiben.”  

Wall Street Analyst

Abbildung: BAKKT vs. CME vs. CBOE (Handlesvolumen am ersten Handelstag in Millionen USD)

BAKKT vs. CME vs. CBOE (Handlesvolumen am ersten Handelstag in Millionen USD)

Quelle: BAKKT, CBOE, CME, The Block, Incrementum AG

Abbildung: BAKKT Handelsvolumen über einen Monat (In Million USD)

BAKKT Handelsvolumen über einen Monat (In Million USD)

Quelle: BAKKT, CBOE, CME, The Block, Incrementum AG

Einige Beobachter, darunter die Analysten von JP Morgan, machen den schwachen BAKKT-Start sogar für den tiefen Fall der Bitcoin-Preise in den darauffolgenden Wochen verantwortlich. Die Begründung: Miner und andere Besitzer von physischen Bitcoins könnten Shorts eingegangen sein, um sich gegen fallende Preise abzusichern. So gesehen war der Start der BAKKT-Futures tatsächlich eine selbsterfüllende Prophezeiung – allerdings aus Sicht der Shorter und nicht aus jener des breiten Marktes. Generell wissen wir aber, dass die Erwartungen der breiten Masse an den Märkten generell und an den Kryptomärkten im Speziellen selten erfüllt werden. Die weiter anhaltende Dominanz des «dumb money» von Retailinvestoren spielt hier eine wichtige Rolle.[14]

Wir halten es deswegen für angebracht, über die kurzfristigen Schlagzeilen und Preisbewegungen hinaus zu denken. Bei BAKKT geht es keineswegs nur um die Einführung von Futures oder einer weiteren Kryptobörse. Vielmehr bastelt die ICE hier an einer Komplettlösung für die Professionalisierung der Bitcoin-Märkte. Vereinfacht gesagt: Diese sollen so aufbereitet werden, dass auch institutionelle Investoren einsteigen können. Die Futures sind ein wichtiger Schritt, da die Preisfindung bei Bitcoin bis heute an den Spotmärkten stattfindet, was bei anderen Assets oder Rohstoffen unüblich ist. «Wir bei Bakkt glauben grundsätzlich daran, dass die Preisfindung in der Zukunft in einem vollständig regulierten Markt stattfinden wird», sagte Bakkt-COO Adam White, und fügte hinzu «Heute findet die Preisfindung in den Spot Märkten statt. Das wird auf die Futures-Märkte wechseln.»[15]

Aber es gibt noch einen zweiten Schritt, der aus der Sicht von Bakkt mindestens genauso wichtig ist: Custodianship.

Die Frage nach der professionellen Aufbewahrung von Bitcoins und anderen Kryptoassets im Namen von institutionellen Anlegern bleibt nämlich weiter unbeantwortet. Dieses Problem haben wir in früheren Ausgaben des Crypto Research Reports mehrmals beschrieben. Akteure wie BitGo, Coinbase Custody und Fidelity arbeiten an eigenen Lösungen. Und auch bei Bakkt, steht die Custody-Frage im Mittelpunkt. Hier setzt man vor allem auf den Standort New York, die Verbindung zur NYSE und die Erfahrung bei der Zusammenarbeit mit Regulatoren. Auf der Website von Bakkt heißt es, dass man einen neuen Standard bei der Aufbewahrung von digitalen Assets setzen will, indem man die Tools einsetzt, die auch für die Cybersicherheit der NYSE verantwortlich sind.[16]

Wer sich die Geschichte von Intercontinental Exchange und deren überraschende Übernahme durch die New Yorker Börse ansieht, weiss sofort, dass hier eine innovative und höchst ehrgeizige Mannschaft an der Arbeit ist. Mit Bakkt will man die Dominanz der NYSE auf den traditionellen Märkten offenbar für die Zukunft sichern. «ICE darf man nicht ignorieren», schreibt Frank Chaparro auf «The Block» – und damit hat er sicherlich recht.[17]

Aber in einem entscheidenden Bereich liegt Bakkt weit hinter anderen Akteuren. Zwar hat die Beliebtheit der Futures in den vergangenen Wochen deutlich zugenommen und der eher peinliche erste Tag ist in Vergessenheit geraten. Aber Firmen wie Coinbase und BitGo haben längst große Mengen an physischen Bitcoin in ihren «Tresoren». Da hinkt Bakkt noch hinterher. Chaparro mutmaßt, dass Coinbase rund 4% aller Bitcoins kontrolliert, was mehr als 850’000 Stück ergebe. Der Asset Manager Grayscale, Anbieter des «Bitcoin Trust», betreut rund USD 3 Mrd. in Kryptoassets. Bei BitGo sind es USD 2 Mrd.

Noch kein ETF, aber die Notenbanken drucken wieder

Grayscale bleibt mit seinem «Trust» eines der wenigen Produkte, die die Bitcoin-Preisbewegungen für traditionelle Investoren abbilden. Zuletzt habe es eine starke Zunahme an Interesse durch institutionelle Investoren gegeben, hiess es kürzlich von Grayscale. Erstmals seit Monaten würde auch wieder Geld in Altcoins strömen.

Was es aber weiterhin nicht geben wird, ist ein Bitcoin-ETF. Die Gründe dafür werfen kein gutes Licht auf die aktuellen Kryptomärkte und erklären auch, warum Bakkt auf die Errichtung eines voll regulierten Futures-Marktes abzielt. Der ETF ist so etwas wie der heilige Grall für Bitcoin-Anleger. Diese börsengehandelten Fonds erlauben es Anlegern, in praktisch jeden Markt zu investieren. So wird etwa die Auflage des bisher größten Gold-ETF in den Nullerjahren gerne in Verbindung mit dem Anstieg des Goldpreises gebracht. Die Logik ist simpel und trifft auch auf Bitcoin zu: Wer einen ETF kauft, erspart sich die Sorgen um die Aufbewahrung (Custody) und die Sicherheit seiner Assets.

Aber die US-Wertpapieraufsicht SEC hat Mitte Oktober erneut einen ETF-Antrag abgelehnt. Jenen von Bitwise Asset Management. Einen Monat zuvor hatte sie dasselbe mit einem ETF-Antrag von VanEck getan. Die Begründung der SEC ist ein Schlag ins Gesicht jedes Bitcoin-Fans: Die Antragssteller hätten angegeben, dass «95 Prozent» des Bitcoin Spot-Marktes möglicherweise fake sein könnten, so die SEC. «Zudem ist es nicht gelungen, den echten Bitcoin-Markt zu identifizieren oder zu beweisen, dass dieser von betrügerischen oder manipulativen Aktivitäten abgegrenzt werden kann.» Der Antrag müsse daher abgelehnt werden, so die SEC.[18]

Es ist also im Interesse aller professionellen Player im Bitcoin-Sektor, schnellstmöglich einen regulierten Kryptomarkt zu schaffen. Das, woran Bakkt und andere arbeiten, scheint eine Grundvoraussetzung für die Weiterentwicklung von Bitcoin und Co. zu sein. Erst wenn es einen transparenten und legalen Markt gibt, der auch die Preisfindung übernommen hat, werden die Behörden einen Bitcoin-ETF genehmigen. Es könnte also noch Jahre dauern, bis wir so etwas sehen. Das würde auch erklären, warum große Player am ETF-Markt, wie Blackrock oder Vanguard, bisher kein Interesse am Bitcoin-Sektor zeigen. Und das, obwohl gerade am ETF Markt ein permanentes Wettrennen um den ersten Platz in einem bestimmten Sektor läuft.

Auch die bereits investierten Anleger dürften wissen, dass eine ETF-Entscheidung der SEC zwar für Schlagzeilen sorgt, aber aktuell keine fundamentale Bedeutung hat. Die Preise von Bitcoin, Ethereum und anderen Kryptoassets schossen nach dem negativen Bescheid Mitte Oktober nach oben.

Lockeres Geld ist gut für Bitcoin

Viele Analysten und Investoren blicken jetzt vor allem auf die Entwicklung der globalen Wirtschaft und der Geldpolitik. Die neuerlichen Lockerungen durch Zentralbanken in Europa und den USA werden allgemein als positiv für die Bitcoin-Preise interpretiert. «Wir wissen, dass eine lockere Geldpolitik historisch Bitcoin immer geholfen hat», sagte Joe DiPasquale, Chef von BitBull Capital zu Coindesk.[19] Auch die Analysten der Deutschen Bank sehen diesen Zusammenhang.[20]

“Es können nur noch drei Millionen Bitcoin gemined werden.”  

Anthony Pompliano

Es scheint, als hätte Bitcoin im Oktober wieder zu seinen Wurzeln zurückgefunden. Die Kryptowährung wurde vor mehr als einem Jahrzehnt als Alternative zu staatlichen Währungen eingeführt, als die Notenbanken die bis dato größten Lockerungen der Geschichte in Aussicht gestellt haben. Nach einer kurzen Phase der Normalisierung in den vergangenen zwei Jahren, hat die Angst vor einem Wirtschaftsabschwung zu einer neuen Runde an Lockerungen geführt. Diese Inflationierung der Wirtschaft treibt das Geld in die verschiedensten Anlageklassen: Aktien, Immobilien, Gold und auch Bitcoin. Es ist, wenn man so will, das globale Ausspielen eines Trends, den man in Krisenländern im Kleinen beobachten kann. Wenn die eigene Währung schwächelt, suchen die Menschen nach Alternativen. Anders als Facebooks Libra hat Bitcoin sich längst als eine solche Alternative etabliert. Und auch wenn die grundlegende Professionalisierung des Sektors noch lange dauern dürfte, wird Bitcoin von vielen Anlegern längst als seriöses Asset betrachtet, dass zumindest in einem Umfeld des billigen Geldes blühen und gedeihen kann. Ein Umfeld, das uns noch sehr lange bleiben dürfte.


[1] Vgl.” Libra White Paper Shows How Facebook Borrowed From Bitcoin and Ethereum,” Brady Dale, CoinDesk, 18. Juni 2019

[2] Vgl. “Paris will Facebook-Geld stoppen,” Oliver Grimm, Die Presse, 12. September 2019

[3] Vgl. “Facebook’s dream of a global cryptocurrency raises political stakes — for the regulators themselves,” Elizabeth Schulze & Saheli Roy Choudhury, CNBC, 25. August 2019

[4] Vgl. “Facebook’s dream of a global cryptocurrency raises political stakes — for the regulators themselves,” Elizabeth Schulze & Saheli Roy Choudhury, CNBC, 25. August 2019

[5] Vgl. “Libra’s Biggest Challenge May Be Facebook’s Tarnished Reputation,” Kurt Wagner, Bloomberg, 16. Juli 2019

[6] Vgl. “Facebook’s Crypto Plan Called ‘Delusional’ as Senate Digs In,” Robert Schmidt et al. Bloomberg, 16. Juli 2019

[7] Vgl. “American Banking Giants Sound Off Against Libra as Monetary Threat,” David Pan, CoinDesk, 3. Oktober 2019

[8] Vgl. “Hong Kong protests are accelerating bitcoin adoption,” Adriana hamacher, yahoo!finanace, 2. September 2019

[9] Vgl. “China’s Digital Currency Will Be Two-Tiered, Replace Cash: Binance”, William Foxley, CoinDesk, 29. August 2019

[10] Vgl. “Fewer People Are Sending Bitcoin to Largest Crypto Exchanges,” Olga Kharif, Bloomberg, 5. September 2019

[11] Vgl. “‘Gold-Backed’ Crypto Token’s Promoter Investigated by Florida Regulators”, Leigh Cuen, CoinDesk, 4. Oktober 2019

[12] Vgl. “Defendant’s sizable bitcoin transactions cited in drug defendant’s bail denial order,” Nelson Rosario, theblockcrypto.com, 6. Oktober 2019

[13] Vgl. “Bakkt Exchange’s Bitcoin Futures See Slow Start on First Day of Trading,” Sebastian Sinclair, CoinDesk, 23. September 2019

[14] Vgl. “JP Morgan Chase Pins Bitcoin Price Plunge on Bakkt and BTC Futures,” Daily Hodl Staff, THE DAILY HODL, 29. September 2019

[15] Vgl. “Calling Bakkt a ‘crypto exchange’ misses the mark on what they’re actually doing,” Frank Chaparro, theblockcrypto.com, 19. August 2019

[16] Vgl. “Bakkt.com – About”, Bakkt Staff, 11. Oktober 2019

[17] Vgl. “Calling Bakkt a ‘crypto exchange’ misses the mark on what they’re actually doing,” Frank Chaparro, theblockcrypto.com, 19. August 2019

[18] Vgl. “SEC not convinced a “real” Bitcoin market exists, denies Bitwise Bitcoin ETF,” Rakesh Sharma, Decrypt, 10. Oktober 2019

[19] Vgl. “Bitcoin Jumps to 3-Week High Near $8,600 as Fed Plans New Round of Reserve Increases,” Brad Keoun, CoinDesk, 9. Oktober 2019

[20] Vgl. “Bitcoin could be rising due to central bank easing, Deutsche Bank says | Street Signs Europe”, Jim Reid, CNBC International TV, 26. Juni 2019

Incrementums Buchrezension: Kryptowährungen und Blockchains

Incrementums Buchrezension Kryptowährungen und Blockchains
Incrementums Buchrezension

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestehen hunderte von Kryptowährungen und noch mehr Bücher, die sich mit der Kryptomaterie auseinandersetzen. Zu bestimmen, welches Buch es wert ist, gelesen zu werden, ist deutlich schwieriger geworden. Wir schaffen dabei gerne Abhilfe. Das Buch Kryptowährungen und Blockchains von Dr. Niklas Schmidt, das im März 2019 erschien ist, wurde aufgrund der hohen Nachfrage bereits mehrfach nachgedruckt und wir derzeit auf Englisch übersetzt.

Das Buch Kryptowährungen und Blockchains von Dr. Niklas Schmidt

Das vorliegende Buch schließt eine bestehende Lücke im deutschsprachigen Raum und ist sowohl für Einsteiger geeignet als auch für Leser, die sich ein tieferes Wissen über Bitcoin & Co aneignen möchten.

Drei Besonderheiten sind besonders hervorzuheben: Erstens ist das Buch entlang von rund 400 häufig gestellten Fragen (FAQs) organisiert und bietet damit eine leicht lesbare Einführung in das Thema. Dies eröffnet dem Leser die Möglichkeit, auf einfache Art und Weise spezifische Fragen zu klären, ohne dass man das gesamte Buch lesen muss – was wir natürlich trotzdem empfehlen.

Zweitens spannt das Buch den Bogen von der Technologie, wie z. B. die Funktionsweise und die Eigenschaften der Blockchain, über wirtschaftliche Aspekte, wie z. B. die Kursentwicklung von Bitcoin und disruptive Effekte der Blockchain für verschiedene Branchen, bis hin zu rechtlichen Fragen im Zivil-, Steuer-, Bilanz-, Gesellschafts-, Arbeits-, Gewerbe-, Datenschutz-, Aufsichts-, Geldwäsche- und Strafrecht.

Drittens ist das Buch sehr praktisch orientiert und enthält viele Beispiele, Anekdoten, Links und Listen, u .a. zu Wallets, Börsen, Blogs, Newslettern und Apps.

Zusammenfassend kann dieses Buch uneingeschränkt empfohlen werden. Es bietet sich allen Interessierten als Ressource an, um ein vertieftes Verständnis zu Bitcoin und Co. zu erlangen.

Die deutsche Ausgabe des Buchs Kryptowährungen und Blockchains kann auf der Webseite des Verlags gekauft werden: Linde Verlag’s Website.

Dr. Niklas Schmidt

Libra auf tönernen Füßen

Facebook Libra on Shaky Ground

Facebooks Libra-Coin hat Bitcoin aus den Schlagzeilen verdrängt. Der Widerstand von Staaten und Notenbanken ist groß. Aber auch am Kryptosektor tut sich viel: Die Grundlagen für einen regulierten Markt werden gelegt. Und Bitcoin reagiert auf die neue Geldschwemme.

Das Jahr 2019 geht langsam zu Ende. Was war der beste Ort für das Geld eines Anlegers in dieser Zeit? Einige Leser werden es wissen. Ausgerechnet Bitcoin, das viel geschmähte «digitale Asset», bei dem selbst die Fans oft nicht zu wissen scheinen, ob es nun ein neues Währungssystem, ein neuer Wertspeicher oder beides in Kombination sein soll. Seit Jänner hat sich der Preis für Bitcoin mehr als verdoppelt – auch wenn sie zuletzt wieder stark gefallen sind. Vom 1. April bis zum 24. Juni stiegen sie sogar um 250%– von knapp USD 4’000 auf knapp USD 14’000. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Ausgabe des Crypto Research Reports stand Bitcoin bei rund USD 9’000.[1]

Abbildung: Fast 1 Million aktive BTC-Adressen pro Tag

Fast 1 Million aktive BTC-Adressen pro Tag

       Quelle: Coinmetrics.io, Incrementum AG

“Facebook’s digital currency, Libra, is a mixed blessing for Bitcoin and other digital currencies.”  

Forbes

Wie man es auch dreht und wendet: das zweitbeste Asset des Jahres, US-Technologieaktien, schlägt Bitcoin jedenfalls um Längen. Die sind heuer um rund 30% gestiegen. Auch Gold, das ein durchaus ansehnliches Jahr erlebt, ist mit vergleichsweise kümmerlichen 17% im Plus. Der breite S&P  500-Index kommt auf ein Plus von 21%. All das verblasst im Vergleich zu den Kursgewinnen von Bitcoin . Im Jahresverlauf hat sich der Wert von Bitcoin von USD 3’300 USD im Jänner auf zuletzt rund USD 8’200 mehr als verdoppelt.

Abbildung: Die nicht-monetäre Nachfrage nach Gold und Silber nimmt ab (in Tonnen, 2010 – 2019)

Die nicht-monetäre Nachfrage nach Gold und Silber nimmt ab (in Tonnen, 2010 – 2019)

    Quelle: The Silver Institute, Refinitiv GFMS, Metals Focus, World Gold Council, Incrementum AG

Trotzdem ist es zuletzt eher ruhig geworden rund um die Ur-Kryptowährung. Der Preisanstieg alleine war nicht genug, um die nach neuen Storys hungrigen Medien zu befriedigen. Dazu kommt, dass Altcoins aktuell eher schlecht dastehen. Daher kommen auch aus dieser Ecke keine spannenden Erzählungen. Ethereum etwa. Die zweitwichtigste Kryptowährung ist von Jänner (rund USD 100) bis Oktober (rund USD 180) um «nur» 80 Prozent gestiegen. Im Focus von Politik und Medien steht seit einigen Monaten verstärkt nicht Bitcoin oder Ethereum, sondern das von Facebook initiierte Libra-Projekt.[2] Fast hat man den Eindruck, Libra hätte Bitcoin vom Podest der wichtigsten Kryptowährungen verdrängt. Gerade die Mainstream-Medien, wo sich viele Journalisten inzwischen auf das Thema Krypto spezialisiert haben, scheinen nicht genug zu bekommen vom Drama rund um Libra. Einzig: Libra existiert noch nicht. Schlimmer noch: Die Allianz rund um das Projekt beginnt bereits zu bröckeln.[3]


[1] Vgl. “Bitcoin Is 2019’s Best-Performing Asset, Even After Recent Price Downturn,” Brad Keoun, CoinDesk, 5. Oktober 2019.

[2] Vgl.„Guardians of Money Bristle at Zuckerberg’s New Financial Order,” Alastair Marsh, Bloomberg.com, 23. Juni 2019

[3] Vgl. “Facebook’s Libra Cryptocurrency Is Losing Friends Fast,” Jason Aten, Inc., 8. Oktober 2019

Das Stock-to-Flow-Modell: Mark Valek im exklusiven Gespräch mit „Plan B“

Das Stock-to-Flow-Modell Mark Valek im exklusiven Gespräch mit Plan B

„Ich las das Whitepaper von Bitcoin, wurde süchtig und tauchte tief in die Kryptowelt ein.“

Plan B

Key Takeaways

  • Auf die Frage, ob das nächste Bitcoin-Halving bereits eingepreist ist, antwortete Plan B: „Nein“.
  • Die Halvings der Vergangenheit hatten einen 10-fachen Preisanstieg zur Folge und das Modell von Plan B sagt voraus, dass dieser Trend anhalten wird.
  • Der größte Kritikpunkt am Modell von Plan B ist, dass die Nachfrageseite nicht in das Modell eingebaut wurde. Plan B antwortete darauf, indem er klar stellte, dass viele bekannte finanzielle Bewertungsmodelle, wie z.B. das Capital Asset Pricing Model (CAPM) oder das  Black and Scholes Modell die Nachfrage nicht in die Berechnung miteinbeziehen.

„Plan B, wann zeigst du dich?“

Wir haben uns mit dem Vater des im vorherigen Kapitel von uns beschriebenen „Stock-to-Flow-Modells“ zu einem Interview verabredet. Plan B meint, dass Bitcoin gekommen ist, um zu bleiben. Ebenso erwartet er, dass die von seinem Modell vorhergesagte Explosion des Bitcoin-Preises eintreten wird. Wieso er sich dessen so sicher ist, wie er mit Kritikern umgeht und ob er jemals die Mütze abnehmen und sein Gesicht zeigen wird, erfahren Sie im nachfolgenden Interview.

Plan B
Plan B bloggt unter einem Pseudonym. Wer sich genau hinter dieser Baseballmütze steckt, bleibt unbekannt. Wir haben ihm in diesem Interview auch einige persönliche Fragen gestellt. Seine Twitter Name ist @100trillionUSD.

Mark: Plan B, vor fast einem Jahr hat die Veröffentlichung Ihres Modells die gesamte Krypto-Gemeinde durchgerüttelt. Wie gehen Sie mit all der Aufmerksamkeit um, die Ihnen und Ihrem Modell entgegengebracht wird? Wie haben Sie das letzte Jahr erlebt?

  • Plan B: Es war ein sehr interessantes Jahr seit der Veröffentlichung des Artikels am 22. März 2019. Der Artikel wurde gut aufgenommen und ich habe wertvolles Feedback von Ökonometrikern, Mathematikern und Statistikern aus der ganzen Welt erhalten. Ich liebe die Interaktion mit der Gemeinschaft und die Open-Source-Vision des Wissensaustauschs. Die Gespräche in Podcasts haben mir wirklich Spaß gemacht. Doch mit 60.000 Followern und einem Vollzeitjob muss ich manchmal auch einfach Prioritäten setzen. Es ist fast unmöglich, alle Kommentare, Direct Messages, Telegram- und WhatsApp-Nachrichten sowie E-Mails zu lesen und ich hoffe, dass dies auf Verständnis stößt. Ich möchte mich zukünftig auf Analysen, Investitionen und das Schreiben weiterer Artikel konzentrieren.

Mark: Können Sie uns sagen, womit Sie Ihren Lebensunterhalt verdienen und warum Sie ein Pseudonym verwenden?

  • Plan B: Ich bin sowohl Analyst als auch Investor in einem großen institutionellen Investmentbüro in den Niederlanden. Als Team verwalten wir derzeit mehr als 50 Milliarden US-Dollar. Mein Hauptaugenmerk liegt auf Hypotheken, Darlehen und strukturierten Finanzierungen. Durch die Verwendung eines Synonyms möchte ich verhindern, dass mein Arbeitgeber irgendwelche negativen Konsequenzen aus meinem Bitcoin-„Hobby“ hat. Außerdem halte ich es für eine gute persönliche Sicherheitsmaßnahme, anonym zu bleiben.

Mark: Woher kommt Ihr Interesse an Bitcoin?

  • Plan B: Wenn Sie den Film „The Big Short“ (2015) gesehen haben, war das mein Leben von 2007-2008: CDOs (Collateralized Debt Obligations), ABS (Asset Backed Securities) und RMBS (Residential Mortgage Backed Securities) usw. Die Verrücktheit der darauffolgenden negativen Zinssätze und von Quantitative Easing (QE) zwang mich, alles, was ich über Finanzen wusste, neu zu überdenken. So suchte ich 2013 aktiv nach QE-Absicherungen und fand einen Artikel über Bitcoin auf der Webseite Zerohedge. Ich las das Whitepaper, wurde süchtig und begab mich in den Kaninchenbau.

Mark: Warum haben Sie damit begonnen, den Wert von Bitcoin zu modellieren?

  • Plan B: Ich habe mit dem Modellieren begonnen, weil ich wissen wollte, was den Preis von Bitcoin bestimmt. Mir fiel auf, dass es viele technische Analysen, aber kaum statistische und ökonometrische Modelle gab. Also versuchte ich, ein grundlegenderes Modell zu erstellen, das auf dem wertbringenden Alleinstellungsmerkmal von Bitcoin basiert, der Knappheit von Bitcoin.

Mark: In unseren In Gold We Trust-Reporten schreiben wir seit vielen Jahren über das Stock-to-Flow-Verhältnis (SF) von Gold und Silber. Es ist großartig, dass durch Ihr Modell dieses Konzept der Knappheit einer noch größeren Gemeinschaft vorgelegt werden konnte. Was die Terminologie betrifft, so ziehen wir es jedoch vor, bei SF von Konstanz, statt von Knappheit zu sprechen. Ein höheres SF deutet eher auf eine konstantere Menge als auf eine knappere Menge des Gutes hin, da eine höhere Knappheit anzeigt, dass die Menge tatsächlich abnimmt. Auch wenn dies nur eine geringfügige Differenzierung in der Terminologie ist, denken wir, dass dies für ein intuitiveres Verständnis des SF-Konzepts hilfreich sein könnte. Was sind Ihre Gedanken in dieser Hinsicht?

  • Plan B: Fälschungssichere Knappheit (Nick Szabo) ist ein in der Bitcoin-Gemeinschaft wohlbekanntes Konzept, daher sehe ich SF als eine schöne Quantifizierung dieses Konzepts an. Ehrlich gesagt glaube ich, dass einige Leute in der „Rohstoffgemeinschaft“ keine sehr gute Definition von Knappheit haben. Ich habe zum Beispiel mit vielen Rohstoffanlegern gesprochen, die denken, dass Platin knapper ist als Gold, weil es auf der Welt weniger Platin als Gold gibt. Ich ziehe die Definition von Knappheit vor, die die Produktion (flow) mit den Lagerbeständen (stock) in Beziehung setzt. Man könnte dies auch als Unfähigkeit der Produzenten interpretieren, die Lagerbestände (und damit den Preis) zu beeinflussen: Beim Öl etwa haben die Produzenten viel Einfluss, beim Gold weniger. Vielleicht ist Ihre Definition von „Konstanz“ die gleiche? Dies ist etwas, das wir vertiefter diskutieren sollten.
Die Analogie „Der Betrunkene und sein Hund“  
Ein betrunkener Matrose geht mit seinem Hund an der Leine hinaus und wandert richtungslos umher. Der Hund muss bei ihm bleiben. Manchmal ist er rechts, manchmal links vom Matrosen, aber er kann sich nicht weitentfernen, da er an der Leine ist. Man weiß nicht, wo der betrunkene Matrose und der Hund hingehen, aber man weiß, dass sie zusammen bleiben.  

Mark: Könnten Sie uns bitte noch einmal die Analogie „der Säufer und sein Hund“ erklären und uns die Bedeutung in Bezug zu Bitcoin für unsere Leserschaft erläutern? (Siehe linkes Textfeld)

Plan B: Die Geschichte von dem Säufer und seinem Hund ist eine beliebte Geschichte, um die Kointegration zu erklären. Bei der Korrelation geht es um die Frage, wie sich zwei Zahlenserien im Verhältnis bewegen. Bei der Kointegration hingegen geht es darum, dass zwei Zahlenserien zusammenbleiben. Der Säufer geht also einen zufälligen, unvorhersehbaren Weg und sein Hund auch, aber der Abstand zwischen dem Betrunkenen und dem Hund ist vorhersehbar, er ist nie größer als die Länge der Leine. Ohne zu wissen, wohin der Betrunkene oder der Hund gehen, können wir also vorhersagen, dass sie zusammenbleiben. Bei SF und Bitcoin ist das natürlich ein Sonderfall, weil wir wissen, wohin einer der beiden geht: SF. Die Kointegration wird verwendet, um zu testen, ob die Korrelation falsch oder echt ist. Besteht keine Kointegration, existiert keine Korrelation. SF und BTC sind kointegriert, die Korrelation ist also wahrscheinlich eine richtige.

Mark: Ihr Modell ist gelegentlich kritisiert worden, dass es z. B. den Bitcoin-Preis nur in Bezug auf das Bitcoin-Angebot erklärt. Wenn dies überhaupt möglich ist, wie integrieren Sie die Nachfrage in ihrem Modell?

  • Plan B: Menschen, die das Argument der Nachfrage verwenden, haben wahrscheinlich weder eine Statistikausbildung noch sind sie im Anlagebereich tätig. Das Argument ist theoretisch richtig, denn der Preis ist eine Funktion von Angebot und Nachfrage, aber es gibt viele berühmte Preismodelle, die die Nachfrage – oder das Angebot – nicht als Input verwenden und trotzdem gute Vorhersagen liefern. Einige Beispiele hierfür sind das CAPM (Capital Asset Pricing Model) und das Black-Scholes-Modell, da beide nur auf Grundlage von Risiko/Volatilität (Standardabweichung usw.) die Bepreisung vornehmen. Das Nachfrage-Argument basiert in Wirklichkeit auf Unwissenheit.

Mark: Lassen Sie uns das Ganze noch einmal aus einer anderen Perspektive betrachten. Das Modell versucht, den Preis von Bitcoin in US-Dollar zu erklären. Wir wissen, dass es schwierig ist, den Wert von Fiat-Geld im Laufe der Zeit zu messen, da Fiat-Währungen so konzipiert sind, dass sie permanent ihre Kaufkraft verwässern. Unserer Meinung nach berücksichtigt das Modell die Inflation von Fiat-Geld implizit nicht. Ein Gedankenexperiment: Falls, sagen wir der US-Dollar innerhalb der nächsten Jahre hyperinflationiert werden würde, so würden wir erwarten, dass das Modell den Bitcoin-Preis in US-Dollar erheblich unterschätzt. Was denken Sie über die US-Dollar-Inflation im Hinblick auf das SF-Modell?

  • Plan B: Es stimmt, dass das SF-Modell nicht um die Inflation korrigiert wird. Wenn wir das täten, würden wir wahrscheinlich sowieso keinen großen Unterschied sehen, weil die Inflation von 2009-2019 niedrig war. Und in der Tat sagt das SF-Modell meiner Meinung nach implizit eine US-Dollar-Hyperinflation voraus, da sich demnach Bitcoin in USD alle 4 Jahre etwa verzehnfachen sollte. Viele Leute haben Probleme mit diesem Gedanken, aber für mich ist es kein unwahrscheinliches Szenario, angesichts der negativen Zinssätze und dem, was die Zentralbanken mit QE machen. Sie bewegen sich meiner Meinung nach voll in Richtung Simbabwe.
Warum die aktuellen Preise nicht das SF-Modell widerspiegeln:
Mark: Sind die Leute zu dumm, um es zu verstehen?
Plan B: Nein, es reicht, wenn einige Leute es kapieren, wie bei Insider-Informationen. Wenn nur 10-100 Personen diese Information erhalten, werden sie den Preis bewegen. Dummes Geld ist nach der Markteffizienzhypothese (EMH) formell „Rauschen“, es ist irrelevant..
Mark: Ist es ein schlechtes Modell?
Plan B:  Ich denke, die Kointegration ist real, also ist das Modell gut. Bislang habe ich kein besseres gesehen.
Mark: Sind diejenigen, die das verstehen, bereits investiert?
Plan B: Die meisten werden investiert sein, aber ich denke, dass viele, die das Modell verstehen, auch die großen Risiken sehen, wie z. B. Verbote der Regierung, einen Softwarefehler, „der nächste Bitcoin“, eine Todesspirale usw. Diese Risiken hindern sie daran, all-in zu gehen. Eigentlich gilt das auch für mich. Ich bin investiert, aber nicht zu 100%. Wenn ich 100% sicher wüsste, dass Bitcoin im Jahr 2021 auf 100.000 USD gehen würde, würde ich all-in gehen und mir sogar Geld leihen.
Mark: Sind die Märkte ineffizient?
Plan B: Nein, die Märkte sind effizient. Auch der 150 Milliarden USD Bitcoin-Markt ist effizient, wie ich in meinem Artikel am Beispiel von FX (Foreign Exchange) gezeigt habe. Eine einfache Arbitrage zwischen BTC/USD-, BTC/EUR- und BTC/JPY-Märkten ist nicht möglich.
Mark: Ist das Modell zu unbekannt?
Plan B: Genügend Leute wissen darüber Bescheid. Ich habe 60.000 Follower auf Twitter, und viele von ihnen sind Investmentbanker, Quants, Miner, Risikokapitalgeber, CEOs von Hedge-Fonds und CIOs usw. Das SF-Modell wurde in MSNBC und in Forbes vorgestellt.    

Mark: Was ist mit dem Künstler, dem Sie einen Auftrag gegeben haben? (Der Künstler wird aus Diagrammen von Plan B ein Kunstwerk machen).

  • Plan B: Die Künstlerin Petek war vom SF-Modell fasziniert und bat mich um die Erlaubnis, dieses zu malen. Es wird ein einzigartiges Gemälde mit einigen besonderen Elementen sein, die noch offengelegt werden müssen. Es ist aufregend zu sehen, dass viele andere Leute ebenfalls inspiriert sind und ein ähnliches SF-Gemälde in Auftrag geben. Ihre Idee ist, dass sie eine Reihe von Bildern mit verschiedenen Farben und Materialien auf der Grundlage von SF malen wird. Ich denke, bei Bitcoin geht es nicht nur um Programmierung und Geld, sondern auch um eine Bewegung bzw. eine Revolution. Kunst und Wissenschaft sind zwei Seiten derselben Medaille, sie gehören zusammen.

Mark: An welchen anderen Projekten arbeiten Sie derzeit?

  • Plan B: Ich arbeite mit anderen Bitcoinern in der Forschung zusammen und schreibe weitere Artikel. Ich arbeite mit einigen Investmentfonds zusammen, auch mit traditionellen Instituten, um Wege zu finden, eine exotische Investition wie Bitcoin in den bestehenden Anlagemix aufzunehmen. Außerdem führe ich eine Kettenanalyse durch, indem ich die 300GB-Blockchain durchsuche, um weitere Muster zu finden, die Einblicke geben und für den Eigenhandel genutzt werden können. Das ist wirklich Neuland.

Mark: Wann können wir damit rechnen, dass sich Plan B der Welt zeigen wird?

  • Plan B: Ich denke, die Wahrscheinlichkeit, dass ich versteckt bleibe, ist höher, als dass ich mich zeigen werde. Ich habe nicht den Wunsch, eine öffentliche Person zu werden. Vor allem nicht, wenn das Modell funktioniert, was ich natürlich hoffe und erwarte. Leute, die mich treffen wollen, wissen, wo sie mich über mein Netzwerk finden können, und jeder kann durch meine kryptographische Signatur, wie ich sie beispielsweise auf den Artikeln anbringe, überprüfen, ob ich es wirklich bin.

Hoffen wir, es kommt es zu keiner weiteren Dezentralisierung von Bitcoin

Hoffen wir, es kommt es zu keiner weiteren Dezentralisierung von Bitcoin

Eine weitverbreitete Behauptung unter Bitcoin-Enthusiasten ist, dass es sich dabei um eine „dezentralisierte“ Zahlungsmethode handelt. Hier ein paar erwähnenswerte Quellen, die genau das behaupten:

Investopedia: „Bitcoin verspricht niedrigere Transaktionskosten als herkömmliche Online-Zahlungsmechanismen und wird, im Gegensatz zu von Regierungen ausgegebenen Währungen, von einer dezentralisierten Autorität verwaltet.“ (Übersetzung aus dem Englischen)

Business Insider: „Da Bitcoin dezentralisiert ist, unterliegt er keinen direkten Marktkräften, wie beispielsweise Zinsen oder Währungsentwertung.“ (Übersetzung aus dem Englischen)

St. Louis Federal Reserve: „Bitcoin ist ein dezentralisiertes Dokumentationssystem, dass Transaktionsdaten in der Blockchain aktualisiert.“ (Übersetzung aus dem Englischen)

Dazu kommen hunderte weitere Profi- als auch Amateur-Webseiten, die behaupten, dass Bitcoin ein dezentralisiertes System sei.

Aber ein neues Arbeitspapier der Ökonomen William J. Luther und Sean Stein Smith lässt Zweifel an dieser Charakterisierung von Bitcoin aufkommen. Luther und Smith bieten eine neue Taxonomie der verschiedenen Methoden der Zahlungsabwicklung: zentralisiert, dezentralisiert, und verteilt. Auch wenn sich diese vielleicht nur oberflächlich zu unterscheiden scheinen, so können die Auswirkungen doch signifikant sein.

Bevor wir damit beginnen, die verschiedenen Systeme zu definieren und zu verstehen, sollten wir uns zunächst einige Grundkonzepte anschauen.

Lassen Sie uns zunächst ein Tauschmittel als ein Gut definieren, welches erworben wird, um es gegen ein anderes Gut zu tauschen. Dann lassen Sie uns Geld als allgemein akzeptiertes Tauschmittel definieren. Schlieβlich müssen wir zwischen der Herstellung von Geld und der Verifikation eines Tauschs unterscheiden: die Herstellung von Geld erzeugt neue Geldeinheiten and führt sie dem System zu; die Verifikation eines Tauschs (bzw. einer Bezahlung oder Weiterverarbeitung) dagegen legt fest, ob genügend Gelder vorhanden sind, um eine Transaktion zu erfüllen. Wir können noch weiter gehen und Vertrauen als den Glauben an die Verifikation einer Transaktion bevor diese tatsächlich stattfindet definieren.

Nachdem die Präliminarien nun aus dem Weg geschafft wurden, können wir fortfahren und uns den drei verschiedenen Zahlungsmethoden widmen.

Bei einem zentralisierten Zahlungssystem gehen alle Transaktionen zur Verifikation durch eine dritte Partei. In der Praxis kann es sich bei dieser „dritten Partei“ jedoch um mehrere, verschiedene Parteien handeln – eine Netzwerkreihe von Drittparteien, in der eine nach der anderen die Arbeit des Vorgängers verifiziert. Das Hauptmerkmal dabei ist, dass beide Transaktionspartner, einfach gesagt, Pech haben, wenn nur eine Drittpartei nicht in der Lage oder willens ist, die Zahlung zu verifizieren.

In einem zentralisierten System herrscht daher ein Verifikationsmonopol. Niemand auβer der zentralisierten Autorität darf Geld herstellen oder Transaktionen verifizieren. Daher müssen alle anderen Nutzer dem Urteilsvermögen der zentralen Autorität vertrauen.

In einem dezentralisierten System dagegen gibt es viele unabhängige Verifikationsparteien. Ein Extrembeispiel: Ein System, in dem es für keine Transaktion einen Mittelsmann gibt (z. B. in einem Tauschsystem), ist ein dezentralisiertes System. Aber Dezentralisierung existiert nur auf einem Spektrum: Eine Situation, in der dutzende, unabhängigen Firmen um das Privileg der Transaktionsverifizierung konkurrieren, ist ebenfalls ein dezentralisiertes System.

Dies war im Zeitalter der privaten Münzfertigung der Fall. Zur Zeit des Warengeldes konnte jede Privatperson mit Zugang zu einer Prägeanstalt ihr eigenes Geld schöpfen. Die Geldhersteller konkurrierten hinsichtlich der Ästhetik und dem Wert-Gewicht-Verhältnis ihrer Münzen. In seinem Buch Good Money dokumentierte der Ökonom George Selgin das vielleicht goldene Zeitalter der privaten Münzprägung: England im 18. Jahrhundert:

Die Kommissionierung und Ausgabe gewerblicher Münzen, die einigen wenigen Industrie- und Minenunternehmen vorbehalten war, wurde von vielen Kleinunternehmen aufgenommen – Lebensmittelhändlern, Tuchhändlern, Silberschmieden, Mälzern, und so ziemlich jedermann, dessen Geschäfte einen Bedarf an kleinen Münzen generierte. Nun ja, nicht jedermann: Sogar bei kleineren Münzherstellern handelte es sich fast immer um lokal angesehene Personen, deren Münzauflagen im Vergleich zu ihrem Kapital und ihrer Kreditgewalt meist bescheiden waren.

Selgin (2011, S. 123; Übersetzung aus dem Englischen)

Könige und andere Nobelherren hatten jahrhundertelang Monopole im Bereich der Geldherstellung ausgeübt. Was hat also zur Unterbrechung des zentralisierten Systems geführt? Laut Selgin stoppte die Royal Mint in England als Maβnahme zur Kostensenkung die Produktion von Kupfermünzen mit niedrigem Wert, obwohl für sie eine groβe Nachfrage bestand. Praktischerweise gab es viele Kupferminen, die bereit waren, ihr Rohmetall an Privatpersonen zu verkaufen, die anschlieβend Münzen daraus prägten. Da Metalle ein allgemein akzeptiertes Tauschmittel waren (anderweitig auch als Geld bekannt), konnte jeder mit Zugang zu Metallen und dem Talent, daraus etwas Attraktives für den Konsumenten zu fertigen, sein eigenes Geld herstellen. Und laut Selgin (2011) waren sie in der Tat attraktiv:

Was die meisten Münzen des 18. Jahrhunderts zudem gemeinsam hatten…war ihre auβergewöhnliche Optik. Laut Francis Klingender…zeigten die Münzen eine einzigartige „Kombination aus intellektueller Kraft, sozialem Bewusstsein und fantasievoller Gestaltung“ (Klingender [1943], 46) [Quellenangabe korrigiert].

Selgin (2011, S. 133; Übersetzung aus dem Englischen)

Nach diesem System werden die Funktionen der Geldherstellung und der Transaktionsverifizierung getrennt. Die Prägeanstalt kauft das Rohmaterial und stellt das Geld her. Anschlieβend findet ein direkter Tausch gegen das Geld zwischen einer Person und dem Geldschöpfer statt, ohne dass eine dritte Partei eingreift. Die Person, die nun im Besitz des Geldes ist, kann es für eine neue Transaktion verwenden. Die Transaktionsparteien verifizieren jede Transaktion selbst, während der Geldschöpfer sich auf die Prägung leicht zu verifizierender Münzen konzentriert. Wenn die Nutzer der Münzen ihr Vertrauen in eine Münze verlieren, dann werden sie ihn nicht mehr verwenden und er geht pleite.

Da jeder Schritt in diesem Prozess nur zwei Transaktionsparteien erfordert, handelt es sich bei allen um dezentralisierte Märkte.

Natürlich erkannten die Zentralgewalten letztlich, was passierte und übernahmen den Geldschöpfungssprozess. Die anfängliche Rechtfertigung war dabei die Wahrung der Sicherheit aller Parteien. Im Laufe der Zeit übernahm die Regulierungsstelle mehr Aufgaben. Dies wird als „Regulatory Creep“ („regulatorisches Schleichen“) bezeichnet. Der „Regulatory Creep“ bahnte im 20. Jahrhundert den Weg zum modernen Zentralbanksystem, welches von einem Mindestreserve-System gestützt wird. Während die Zentralbank und Regierung sogenanntes Basisgeld (Bargeld und Einlagen „aus dem Nichts“ in den Konten der zugelassenen Banken) herstellen, sind es in einem Mindestreserve-System die Privatbanken, die letztlich die meisten Tauschmittel in der Wirtschaft generieren. Jede Bank tut dies, indem sie die Einlagen ihrer Kontokorrentinhaber verleiht.

Da jede Bank über die Erweiterung des Geldangebots mittels Anleihen auf Sichteinlagen entscheiden kann, funktioniert das System als dezentralisiertes Netzwerk von Geldschöpfern. Dennoch ist die Verifikation der Transaktionen zentralisiert. Daher ist das derzeitige Geldsystem eine Mischung aus zentralisiertem und dezentralisiertem System.

Das heiβt, bis der Bitcoin kam. Bitcoin ist weder ein zentralisiertes noch ein dezentralisiertes System. Stattdessen handelt es sich um ein verteiltes System.

In einem verteilten Geldsystem ist die Rolle der Transaktionsverifizierung über alle im Netzwerk verteilt. Dies unterscheidet es von einem dezentralisierten System, in dem die Befugnis, Geld zu schöpfen und zu verifizieren, unter vielen Leuten aufgeteilt ist. In einem verteilten System gibt es zwei Wege der Verifizierung: 1) Das gesamte Netzwerk teilt sich ein Hauptbuch, in dem jede, jemals erfolgte Transaktion dokumentiert wird; 2) das Netzwerk hat ein gemeinsames Protokoll oder Verfahren zur Verifikation von im Hauptbuch vorgenommenen Aktualisierungen über eine Art Konsensregel. 

Die Prinzipien des verteilten Geldsystems stammen aus der Welt des verteilten Rechnens. Die wesentliche Innovation Bitcoins war, als erster zu erkennen, dass ein über das gesamte Netzwerk verteiltes Vertrauen eine attraktive Transaktionsmetode darstellt. In Wirklichkeit ist Bitcoin jedoch ein vertrauensloses Zahlungsnetzwerk, da Käufer und Verkäufer sich gegenseitig oder einer Drittpartei nicht mehr vertrauen müssen. Stattdessen ist nur das Vertrauen in die exakte Durchführung des automatischen Protokolls erforderlich.

Die Beseitigung des zwischenmenschlichen Vertrauens ist ein riesiger Erfolg. Handel macht uns grundsätzlich reicher. Aber um handeln zu können, müssen wir der Person, mit der wir handeln, vertrauen. Historisch betrachtet hat Handel vor allem innerhalb von Stämmen, zwischen Familienmitgliedern und anderen eng verbundenen Individuen stattgefunden, wo das Vertrauen groβ war. Vertrauen war der einzige Tauschweg.

Nachdem überregionaler Handel zwischen den verschiedenen Stämmen entdeckt worden und der Tausch mit Fremden zu einem häufigen Ereignis geworden war, wurde die Notwendigkeit von Geld offensichtlich: Es ist schwierig zu wissen, was andere wollen, aber jeder will Geld. Der direkte Tausch bahnte den Weg für den indirekten Tausch, obgleich dezentralisiert. Obwohl Geld oberflächlich betrachtet unwirtschaftlich erscheint, so hat es doch einen erheblich reibungsloseren Markt ermöglicht. Ein dezentralisierter Markt benötigt nicht das volle Vertrauen der Gesellschaft, sondern nur genug Vertrauen darin, nicht ausgenutzt zu werden.

Die frühen Märkte waren dezentralisiert. Käufer und Verkäufer mussten sich bei einem Tausch nur gegenseitig vertrauen. Mit der Zeit, als die Stämme sesshaft wurden und Städte und Königreiche gründeten, wurde jedoch die Zentralisierung des Handels in Form von Fiat-Geld, staatlichen Münzstätten usw. die Norm. Das Vertrauen in die Gegenpartei wurde durch das Vertrauen in die zentralisierte Autorität ersetzt. Allerdings tendieren zentralisierte Autoritäten dazu, Handel nach Lust und Laune im Namen der Sicherheit, des Nationalismus, oder anderer berühmt-berüchtigter Ziele zu beschränken.

Bitcoin bietet einen Weg nach vorn. Weder ist es weiterhin nötig, sich auf eine wechselhafte zentrale Autorität bei der Verifizierung von Transaktionen und der Geldschöpfung zu verlassen, noch benötigt man ein groβes Maβ an Vertrauen. Durch die Vergröβerung des Marktumfangs können viel mehr Tausche stattfinden. Dies wiederum schafft Innovationsmöglichkeiten, Kostenreduktionen und andere Vorteile, die entstehen, wenn sich Menschen untereinander verbinden.

Luther und Smith (2020, S. 14-25) weisen aber auch darauf hin, dass mehr hinter Bitcoin steckt als sein verteiltes Zahlungsnetzwerk. Zum einen betrifft es die Kontrolle über das Protokoll selbst. Zu allen Änderungen im Protokoll muss ein gemeinsamer Konsens zwischen Entwicklern und Miners herrschen. Wir können den Entscheidungsfindungsprozess trotz des Fakts, dass einige Mining-Pools einflussreicher sind als andere, als weitestgehend dezentralisiert beschreiben. Zum anderen gibt es aber auch noch das Problem der Tausche und der E-Wallets. Da sie als Drittparteien Transaktionen verifizieren, handelt es sich bei ihnen um zentralisierte Kräfte im Bitcoin-Bereich.

Die originale Bitcoin-Studie erwähnt „Dezentralisierung“ nicht ein Mal. Stattdessen wird das System „peer-to-peer distributed time-stamp server“ („verteilter Zeitstempelserver auf Peer-to-Peer-Basis“) genannt. Warum wird ein verteiltes System fälschlicherweise als ein dezentralisiertes bezeichnet? Vielleicht weil viele die Intuition haben, dass das derzeitige System hochzentralisiert ist; und da Bitcoin nicht zentralisiert ist, muss es das Gegenteil sein: dezentralisiert. Allerdings gibt es noch einen dritten Weg der Organisation: Verteilung.

Ein verteiltes System ist nicht das Gleiche wie ein dezentralisiertes System. Dezentralisierte Systeme erfordern ein groβes Vertrauen zwischen Käufer und Verkäufer; verteilte Systeme stattdessen setzen voraus, dass sich alle Peers im Netzwerk ständig miteinander austauschen und kommunizieren. Als solches bieten verteilte Systeme weniger Privatsphäre als ein dezentralisiertes System, in dem Tausche ausschlieβlich zwischen Käufer und Verkäufer stattfinden. Weiterhin ist es möglich, dass sich die Verteilung der Verantwortung auf eine für die Speicherung jeder Transaktion – die zwischen allen Teilnehmern im System stattfindet – groβe Zahl von Akteuren als teurer (im Sinne von Speicher-, Energie- und Zeitkosten pro Transaktionszustimmung) erweist als das zentralisierte System, in dem nur eine Einheit verantwortlich ist.

Auf der anderen Seite können dezentralisierte Systeme umständlich und teuer sein, und das Maβ an notwendigem Vertrauen kann ebenfalls ein Handelshindernis darstellen. Ein Schritt in Richtung Dezentralisierung würde bedeuten, dass mehr Vertrauen notwendig ist, um an einem Tausch teilzunehmen – zusätzlich zum „Regulatory Creep“. Durch die Verringerung des für die Verifizierung einer Transaktion notwendigen Vertrauenslevels besitzt Bitcoin das Potenzial, Handel zwischen Fremden, die sich andernfalls gegenseitig nicht vertrauen würden, zu eröffnen.

Quellen

Luther, William and Sean Stein Smith (2020) “Is Bitcoin a Decentralized Payment Mechanism?” Social Science Research Network.

Klingender, Francis Donald (1943) “Eighteenth Century Pence and Ha’Pence.” Architectural Review 93: 41-46.

Selgin, George. (2011) Good Money. Independent Institute.

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