Start Blog Seite 19

Gold & Bitcoin im Duett: Eine Krypto Strategie, auch für institutionelle Investoren

Gold and Bitcoin A Crypto Strategy also for Institutional Investors

“ Digitales Gold und physisches Gold ergeben im Portfoliokontext eine höchst interessante Kombination. Die extreme Volatilität wird vom Gold gedämpft, während man an einem Großteil von Bitcoins Optionalität teilhaben kann.”

Mark Valek

Key Takeaways

  • Praktische Probleme und strukturelle Hürden haben die meisten institutionellen Investoren bislang davon abgehalten, sich in der Anlageklasse Kryptowährungen zu engagieren. Unter anderem geringes Know-how und die exorbitanten Volatilitäten waren für die abwartende Haltung ausschlaggebend.
  • Die beiden Anlagegüter Gold und Bitcoin haben teilweise ähnliche Charaktereigenschaften jedoch unterschiedliche Preisbewegungsmuster. In Kombination lasst sich die Volatilität aufgrund der Diversifikation überproportional verringern.
  • Durch eine aktive Rebalancing-Strategie und ein Optionsoverlay lässt sich der risiko-adjustierte Gesamtertrag der beiden Anlagen deutlich verbessern und eine unkorrelierte Portfoliobeimischung für ein traditionelles Portfolio darstellen.

Wo bleiben die institutionellen Krypto-Investoren?

Mit dieser Frage setzt sich die Krypto-Community regelmäßig auseinander. Mit dem letzten Hype 2016-2017 ist das Interesse an der jungen Anlageklasse naturgemäß auch bei professionellen Investoren dramatisch gestiegen. Bei der damaligen Hausse standen dieser Investorenschicht jedoch noch nicht viele herkömmliche Anlagevehikel zur Verfügung. Dies hat sich mittlerweile geändert. Zertifikate, Futures und auch regulierte Fonds sind nun am Markt. Mit den fallenden Kursen verflog allerdings auch wieder das Interesse an der Assetklasse. Zumindest vorerst.

Für Aufmerksamkeit gesorgt hat eine Verlautbarung des Anlageverwalters Morgan Creek Capital[1]: Dessen Blockchain Venture Capital Funds wird mit 40 Millionen US-Dollar von traditionellen Anlegern unterstützt. Darunter fallen zwei öffentliche Rentenkassen, eine Universitätsstiftung, ein Netzwerk an Krankenhäusern und eine Versicherungsgesellschaft. Trotzdem scheinen Investitionen durch traditionelle Institutionen noch immer rar gesät zu sein.

Aus unserer Sicht ist das einerseits auf spezielle Eigenschaften der Anlageklasse zurückzuführen, welche institutionellen Anlegern praktische Probleme bereiten. Andererseits tragen aber auch strukturelle Hürden innerhalb des Asset-Management-Sektors Verantwortung für das derzeitige Zögern vieler institutioneller Anleger.

Praktische Probleme für institutionelle Anleger

Folgende praktische Probleme lassen sich im Zusammenhang mit digitalen Assetklassen identifizieren:

  • Rechts(un)sicherheit
  • Verwahrung
  • Eingeschränkte Liquidität
  • Investierbare Vehikel

Diese praktischen Probleme, welche die neue Anlageklasse in ihren Anfängen mit sich brachte, sind nicht trivial, allerdings aus unserer Sicht bereits zu einem Großteil gelöst.

Rechtssicherheit im Zusammenhang mit Krypto-Assets ist institutionellen Anlegern verständlicherweise ein großes Anliegen. Das Aufkommen digitaler Anlagegüter hatte zur Folge, dass eine ganze Reihe rechtlicher Fragen identifiziert und geregelt werden musste. Gesetzgeber und Regulatoren mussten dazu erstmals – gleichermaßen wie die gesamte Veranlagungsbranche – das Phänomen Krypto-Assets kennen und verstehen lernen und, wo erforderlich, entsprechende rechtliche Grundlagen schaffen. Lange Zeit war beispielsweise unklar, ob Kryptowährungen aufsichtsrechtlich wie Wertpapiere, Zahlungsmittel oder Rohstoffe zu behandeln sind. Mittlerweile haben viele Regulatoren entschieden, dass dies differenziert zu betrachten ist. Die schweizerische Behörde FINMA hat sich zum Thema geäußert und mit der FINMA-Wegleitung zu ICO einen wichtigen Grundstein zur Einordnung von Krypto-Assets gelegt. Zur Unternehmensfinanzierung müssen Security Token Offerings (STO) an Stelle der früher oftmals dazu missbrauchten Initial Coin Offerings (ICO) durchgeführt werden. Im Falle der STO sind die Rechte der Investoren besser geschützt. Die Gesetzgeber haben mittlerweile auch über die steuerliche Behandlung von Kryptowährungen entschieden und somit ein zentrales Problem der zuvor herrschenden Rechtsunsicherheit behoben.

Die Verwahrung digitaler Assets ist eine essenzielle Angelegenheit. Bei herkömmlichen Wertpapierveranlagungen besteht eine über Jahrzehnte gewachsene Settlement-Infrastruktur, die den reibungslosen Transfer und die sichere Verwahrung der Vermögenswerte mittlerweile zu einem Standardprozedere gemacht hat. Bei dem neuen Phänomen der digitalen Anlagegüter steht die Vermögensverwaltungsindustrie erneut vor Herausforderungen hinsichtlich der sicheren Verwahrung. Insbesondere das Phänomen „Cybersecurity“ ist in diesem Zusammenhang immanent. In den vergangenen Jahren haben jedoch bereits viele Unternehmen, darunter auch immer mehr Banken, sichere und professionelle Lösungen auf den Markt gebracht. Einige davon sind soweit gediehen, dass sie von den Regulatoren der europäischen Fondsindustrie als sichere Verwahrungslösungen zugelassen wurden. Erst im letzten Crypto Research Report haben wir uns mit unterschiedlichen Verwahrungslösungen auseinandergesetzt[2].

Liquidität von Kryptowährungen ist ebenfalls von hoher Relevanz für institutionelle Investoren. Diese wollen sichergehen, dass die großen Volumina, welche sie verwalten, ohne signifikante Auswirkungen auf die Kurse („Slippage“) veranlagt werden können. Die Messung der Liquidität gestaltet sich in dem Bereich allerdings problematisch. Eine Vielzahl großer Transaktionen wird OTC („over the counter“), also außerbörslich abgewickelt. Dies führt dazu, dass vorhandene Liquidität unterschätzt wird. Betrachtet man jedoch börsengehandelte Liquidität, wird diese vermutlich zu hoch ausgewiesen. Hintergrund ist, dass Krypto-Börsen der Versuchung ausgesetzt sind, ihren eigenen Geschäftsanteil als möglichst hoch anzugeben. Abgesehen von den Schwierigkeiten bei der genauen Messung der Liquidität muss jedenfalls hervorgehoben werden, wie unterschiedlich die Liquidität zwischen den einzelnen Kryptowährungen ausfällt. Aus Liquiditätsüberlegungen heraus ist Bitcoin für einen institutionellen Investor jedenfalls mit Abstand die attraktivste, im derzeitigen Marktumfeld vielleicht sogar die einzige realistische Anlageform innerhalb des Krypto-Universums.

Investierbare Anlageprodukte hat man im regulierten Bereich bis vor wenigen Jahren vergeblich gesucht. Obwohl ein direktes Investment in Kryptowährungen grundsätzlich auch eine Möglichkeit wäre, spricht derzeitig aus Sicht der institutionellen Investoren viel dafür, über verbriefte Wertpapiere in diese Anlageklasse zu investieren. Der Investor muss sich so nicht selbst um die Verwahrung der Kryptowährungen kümmern. Weiters ist auf diese Weise eine Konsolidierung des Krypto-Anlagevermögens mit den restlichen Portfoliowerten leicht umsetzbar.

Wenn überhaupt waren ursprünglich Krypto-Investments für institutionelle Anleger nur über wenig regulierte Offshore-Hedgefonds-Vehikel erhältlich, welche oftmals nicht über eine Trennung von Verwahrstelle und Manager verfügen. Mittlerweile wird eine zunehmende Zahl konventioneller Anlageprodukte für Krypto-Assets angeboten. So sind bereits regulierte Blockchain- und Krypto-Fonds, Zertifikate und auch ETPs auf dem Markt. Nachfolgend einige Beispiele.

Blockchain- & Krypto-Fonds:

  • Polychain Capital
  • Pantera Bitcoin Fund
  • Galaxy Digital Assets

Zertifikate:

  • VONCERT auf Bitcoin von Vontobel
  • Tracker-Zertifikat auf Bitcoin von Leonteq
  • Bitcoin Tracker One – SEK (COINXBT – ETF-Typ)

ETP:

  • Amun Crypto Basket Index
  • Amun Bitcoin ETP
  • Amun Ethereum ETP

Strukturelle Hürden innerhalb des Asset-Management-Sektors

Bedeutender als die anfangs vorhandenen praktischen Probleme sind heute wohl strukturelle Hürden innerhalb der Asset-Management-Industrie, die den Einstieg vieler Player verlangsamen. Dazu gehören insbesondere

  • das Know-how und die Entscheidungsstrukturen innerhalb der Asset-Manager,
  • die außerordentliche Volatilität der meisten Kryptowährungen sowie
  • das Prinzipal-Agent-Dilemma.

Know-how und Entscheidungsstrukturen innerhalb großer Organisationen wie Asset-Managern sind höchst relevant, wenn es um die Aufgabe geht, eine neue Anlageklasse ins Investmentuniversum aufzunehmen. Grundsätzlich kommen neuartige Anlageklassen nicht sehr oft in der Laufbahn eines Portfolio-Managers auf. Die letzte „Revolution“ der Asset-Management-Industrie in Sachen Anlageklassen war wohl die Verbreitung von Hedgefonds Ende der 1990er/ Anfang der 2000er Jahre. Damals waren es Stiftungen (Endowments) der US-Universitäten, welche zu den ersten institutionellen Anlegern gehörten, die Hedgefonds als eigene Anlageklasse anerkannten. Erst nach und nach wurde bei den institutionellen Investoren die Anlageklasse Hedgefonds bzw. alternative Investments eingeführt.

Die Protagonisten der Asset-Management-Industrie werden in den nächsten Jahren schrittweise Antworten darauf finden müssen, wie sie mit dem Phänomen digitaler Vermögenswerte umgehen. Die Mehrheit der institutionellen Anleger wird es vorerst noch ignorieren oder negieren. Je länger sich Krypto-Assets aber am Markt behaupten, umso mehr professionelle Anleger werden strategische Allokationen in diesem Bereich eingehen.

Einer der Gründe für den schleppenden Einzug in etablierte Institutionen dürfte wohl sein, dass krypto-affine Personen innerhalb der Organisationen eher jünger sind, während die Entscheidungsträger in der Tendenz älteren Semesters sind. Natürlich muss eine junge Person dem Krypto-Phänomen längst nicht automatisch wohlgesonnen sein, doch mag eine Affinität allein deshalb wahrscheinlicher sein, weil jüngere Generationen als „digital natives“ viel eher Berührungspunkte zur Krypto-Entwicklung haben und diese daher auch besser nachvollziehen können. Auch wenn es Gegenbeispiele gibt, so ist trotzdem offensichtlich: Junge krypto-affine Angestellte stoßen mit ihren Vorschlägen und Ideen in Bezug auf Krypto-Assets bei der Führungsriege vieler traditioneller Institutionen immer wieder an, jedenfalls suggerieren dies anekdotische Erfahrungsberichte.

Hinzu kommt, dass – wie überall – auch unter den Asset-Managern der durchschnittliche Wissensstand noch recht niedrig ausfällt. Es braucht Zeit, bis die Führungsebenen dieser Organisationen Ressourcen für die Ausbildung ihrer Mitarbeiter freigeben und eigene Abteilungen gründen, die sich dezidiert mit Kryptowährungen auseinandersetzen. Die Zahl der Banken und Asset-Manager, die sich projektbezogen mit der Thematik auseinandersetzen, wächst stetig. Einige Häuser haben Kryptowährungen und Blockchain-Technologie als strategisches Geschäftsfeld ausgemacht und bekennen sich auch dazu. Hierzu zählen Banken wie die Bank Frick in Liechtenstein, die Falcon Privatbank und die SEBA Crypto AG in der Schweiz, die SolarisBank und die Fidor Bank in Deutschland, aber auch Fidelity Investments in den USA.

Eines der größten Hemmnisse für institutionelle Investoren bleibt letztlich die exorbitant hohe Volatilität der meisten Kryptowährungen. Preisschwankungen von bis zu zwanzig Prozent innerhalb von nur wenigen Stunden hat es bei Bitcoin über die vergangenen Jahre immer wieder gegeben, während andere Kryptowährungen noch exzessivere Schwankungen verzeichneten. Als US-Aktien im Februar 2018 um lediglich fünf Prozent sanken, versetzte das die Wall Street bereits in großen Aufruhr. Der Umgang mit derart hohen Preisfluktuationen ist auch für institutionelle Anleger gewöhnungsbedürftig und bringt einige Probleme mit sich.

Die Volatilität bzw. die Risikokontribution einer einzelnen Position lässt sich im Portfoliokontext prinzipiell durch die entsprechende Anpassung der Portfoliogewichtung einfach in den Griff bekommen. Eine Position mit hoher Volatilität muss entsprechend geringer gewichtet werden, wenn man den Einfluss auf das Gesamtportfolio steuern will. Insbesondere aus Risiko-Ertragsüberlegungen sollten rechtsschiefe Anlageklassen wie Bitcoin als Beimischung besonders attraktiv sein, da eine kleine Positionierung eine große Wirkung entfalten kann.

Aus Sicht des verantwortlichen Portfoliomanagers spricht aber trotz alledem etwas Gewichtiges gegen eine noch so kleine Position im Krypto-Bereich: das Prinzipal-Agent-Dilemma.[3] Sofern gut bezahlte Vermögensverwalter kein eigenes Kapital verwalten, besteht für sie schlichtweg kein Anreiz höhere Risiken einzugehen, selbst wenn diese aus kapitaltheoretischer Sicht trotz hoher Volatilität mit einem attraktiven Risiko-Ertragsverhältnis einhergehen. Die Devise lautet: auch für Satelliten-Positionen will man sich als „Agent“ beim „Prinzipal“ nicht für übermäßig hohe Verluste rechtfertigen müssen, sofern sie schlagend werden.

Gold und Bitcoin – gemeinsam stärker?

Market Timing gestaltet sich bei jeder Anlageklasse schwierig. Bei einer derart volatilen Anlageklasse wie Kryptowährungen wünscht man sich einen günstigen Ein- und Ausstiegszeitpunkt umso mehr. In der Praxis lässt sich jedoch nahezu ausschließen, dass Investoren den idealen Stichtag wählen, um ihre Investitionen zu tätigen bzw. diese wieder zu realisieren.

Wir wollen nun erstmals unsere proprietäre Anlagestrategie vorstellen, welche die Timing- bzw. Volatilitätsproblematik entschärft und diese sogar in einen Vorteil für den Investor umkehrt. Dazu bedient sich unsere Strategie einer alten Weisheit im Portfoliomanagement: Dem Rebalancing. Mehr dazu später.

Dass Gold und Bitcoin nicht Feinde, sondern vielmehr als sich ergänzende Freunde angesehen werden können, haben wir bereits in unserem Schwestern-Report, dem In Gold we Trust-Report des vergangenen Jahres thematisiert.[4] Auf philosophischer und teilweise auch auf praktischer Ebene sind sich die Anlagegüter sehr ähnlich, weil sie:

  • nicht von Zentralbanken inflationierbar sind,
  • nicht die Schuld einer anderen Partei darstellen (kein Gegenparteienrisiko),
  • leicht übertragbar sind und
  • liquide Werte außerhalb des Fiatgeld-Systems darstellen.

Weiters können beide Anlageformen schwer konfisziert werden und besitzen gute Chancen in einem Umfeld von Überschuldung, drohender Negativzinsen und finanzieller Repression zu reüssieren. Zu einem gewissen Grad trifft dies auch auf andere „Payment Token“ bzw. „Store of Value Token“ zu. Diese Strategie kann statt ausschließlich mit Gold und Bitcoin auch mit Gold und einem Index von Store of Value Tokens umgesetzt werden. Auf diese Art wäre gewährleistet, dass in Zukunft mögliche Wettbewerber von Bitcoin mit auf dem Radar bleiben und automatisch Teil der Anlagestrategie werden. Der Einfachheit halber untersuchen wir im Folgenden rein die Kombination von Bitcoin und Gold.

Der Diversifikationseffekt

Trotz dieser Wesensähnlichkeiten weisen Gold und Bitcoin hinsichtlich ihrer Renditen eine niedrige, teils negative Korrelation auf. Dem Investor kommt dieser Umstand gelegen, da die Schwankung einer kombinierten Strategie dadurch reduziert wird.

Die Volatilität – und damit das Kursrisiko – einer Krypto-Strategie ändert sich selbstverständlich signifikant, wenn man Kryptowährungen mit Gold ergänzt. Da Gold deutlich geringeren Kursschwankungen unterliegt, fällt die gesamte Volatilität bei steigendem Goldanteil. Zusätzlich hilft die geringe Korrelation aufgrund des Diversifikationseffektes dabei, Schwankungen überproportional zu senken.

Der Rebalancing-Bonus

Neben der Nutzung der Diversifikationseigenschaften von Gold und Bitcoin eignet sich diese Anlagestrategie wie kaum eine andere dazu, vom „Rebalancing-Bonus“ zu profitieren.

Was genau ist der Rebalancing-Bonus, und wie ist er am besten zu ernten? Kursschwankungen haben zur Folge, dass sich Portfoliobestandteile im Zeitverlauf dynamisch ändern. Über ein so genanntes „Rebalancing“ werden Verschiebungen im Portfolio wieder ausgeglichen, indem das Portfolio auf die ursprüngliche, die strategische Asset-Allokation, zurückgesetzt wird.

Um vom Rebalancing-Bonus profitieren zu können, muss demnach für beide Vermögenswerte eine strategische Allokation sowie eine Rebalancing-Methode definiert werden. Als strategische Allokation bietet sich für einen institutionellen Investor beispielsweise eine Allokation aus 30% Bitcoin und 70% Gold an, da diese Mischung ein Gesamtrisiko ergibt, mit dem professionelle Anleger vertraut sind.

Als Rebalancing-Methode kann man entweder ein fixes Zeitintervall festlegen oder nur anlassbezogen bei Erreichen von vordefinierten Portfolioverschiebungen Ausgleiche vornehmen („rebalancieren“ – siehe Infobox). Unsere umfassende quantitative Analyse hat ergeben, dass anlassbezogenes Rebalancing – insbesondere unter Berücksichtigung der Transaktionskosten – sinnvoller ist. Wir haben in der hier vorgestellten Strategie eine recht große Bandbreite der Bitcoin-Allokation von 15% und 60% vorgesehen.

Die Methode gebietet also, die strategische Allokation (bzw. die Startallokation) durch entsprechende Kauf- und Verkaufstransaktionen wiederherzustellen, sobald die Bitcoin-Allokation aufgrund von Kursschwankungen einen Anteil von 15% am Gesamtportfolio unterschreitet oder 60% übersteigt. Wenn sich Bitcoin demnach besser entwickelt als Gold, muss es verkauft und Gold zugekauft werden und andersherum.

Diverse Studien bestätigen, dass der Rebalancing-Bonus umso stärker ausfällt, je höher die Anlageklassen im Wert zueinander schwanken und je geringer deren Korrelation ist.[5], [6] Ein Umstand, der vor dem Hintergrund der hohen Preisschwankungen bei Bitcoin beachtet werden muss.

In einer umfangreichen quantitativen Analyse haben wir diese Anlagestrategie in diversen Varianten getestet. Wie die untenstehende Grafik zeigt, kann regelbasiertes Rebalancing das Risiko-Rendite-Verhältnis deutlich verbessern. Entsprechend ließ sich die Sharpe Ratio, welches die gängige Kennzahl hierfür ist, mithilfe der Rebalancing-Strategie – unabhängig von der Bitcoin-Allokation – durchweg verbessern.[7]

Dass das Risiko-Rendite-Verhältnis mit dieser Strategie deutlich verbessert werden kann, zeigt sich insbesondere auch daran, wenn man den maximalen Drawdown als Risiko-Kennzahl betrachtet.

Als Drawdown wird in der Finanzliteratur jener Kursverlust bezeichnet, der in einer bestimmten Periode zwischen einem Höchststand und einem darauffolgenden Tiefstand liegt. Der maximale Drawdown ist demnach der Gesamtverlust, den ein Anleger für eine Periode hinnehmen muss, nachdem er zum Zeitpunkt des Höchststandes investiert hat.

Zusatzeinkommen durch “Covered Call Writing” und “Put Writing”

Neben dem Diversifikationseffekt und dem Rebalancing-Bonus existiert noch ein drittes Element, das es dem Anleger ermöglicht, von hohen Volatilitäten zu profitieren. Hierzu bedient man sich am Termin- bzw. Optionsmarkt, der für Bitcoin bereits existiert. An Börsen wie Ledger X oder deribit kann man seit über einem Jahr Optionen handeln. Optionen können als spekulatives Element, zur Absicherung oder aber zur Renditegenerierung eingesetzt werden. Entscheidend ist dabei, ob man Optionen ohne das Halten des Basiswertes schreibt („naked“) oder in Kombination mit dem Basiswert.

Beim Covered Call Writing handelt es sich um eine altbekannte Strategie, die sich dazu eignet, das Aufwärtspotential einer Position (oder einen Teil einer Position) gegen eine Prämie einzutauschen. Hat man also eine Position im Bestand, die man halten oder auch verkaufen möchte, kann man darauf eine Call-Option schreiben und so die Optionsprämie generieren. Im schlimmsten Fall profitiert man nicht mehr von der vollen Upside des Basiswerts, erhält aber zumindest noch die Prämie.

Umgekehrt bietet sich das Verkaufen von Puts an, wenn man eine Position aufbauen will. In diesem Fall verpflichtet man sich mit einem Kontrakt dazu, an einem gewissen Zeitpunkt einen Basiswert zu einem vorgegebenen Preis zu kaufen. Auch in diesem Fall erhält man dafür die Optionsprämie. Wird man ausgeführt, erhält man netto (unter Berücksichtigung der generierten Optionsprämie) einen Kaufkurs, der günstiger ist als derjenige, den man beim Kauf des Basiswerts auf normalem Wege erzielt hätte. Sollte man aufgrund der Kursbewegung nicht ausgeübt werden, so hat man die gesamte Optionsprämie vereinnahmt und der Kontrakt verfällt.

Die Preise der Optionsprämien richten sich nach den erwarteten Schwankungen des Basiswerts und den in den Optionspreisen implizierten Volatilitäten. Da die Bitcoin-Kurse eine exorbitant hohe Volatilität aufweisen, werden entsprechend hohe Optionsprämien gehandelt. Unseren Berechnungen zufolge würde eine 10%ige Verschreibung des Portfolios auf „at the Money“-Optionen einen annualisierten Zusatzertrag von 10 bis 15% erwirtschaften.

Fazit

Bitcoin und Gold weisen teilweise ähnliche Eigenschaften auf und können als Portfolio eine attraktive Anlagestrategie darstellen. Durch die Kombination beider Assets profitiert der Anleger einerseits von der geringen Korrelation beider Anlagegüter, andererseits kann er durch ein regelbasiertes Rebalancing die Volatilität von Bitcoin zu seinem Vorteil nutzen und damit den Rebalancing-Bonus ernten. Darüber hinaus sind auch Optionsstrategien anwendbar, die durch die Vereinnahmung der Optionsprämien eine interessante Rendite generieren und die Volatilität weiter absinken lassen. In Summe lässt sich daraus eine Strategie erstellen, die auch in Anbetracht ihrer geringeren Volatilität besser für institutionelle Investoren geeignet zu sein scheint als hochvolatile reine Krypto-Strategien.

[1] Im Dezember hatten wir die Ehre mit Mark Yusko von Morgan Creek ein exklusives Advisory Board Meeting abzuhalten.

[2] Vergleiche Crypto Research Report Januar 2019: Crypto Concepts: Verwahrungslösungen für Kryptowährungen.

[3] Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Prinzipal-Agent-Theorie

[4] Vgl. https://ingoldwetrust.report/igwt/download/1360 Seite 152 ff.

[5] Vgl „When Does Portfolio Rebalancing Improve Returns?“, HodlBot, Oktober 26, 2018

[6] Vgl “THE REBALANCING BONUS”

[7] Selbstverständlich gilt hierbei: Vergangene Performance ist keine Garantie für künftige Returns.

Crypto Concepts: Mining – Theorie und Praxis

Cryptocurrency Mining in Theory and Practice

“Der Zweck des Bitcoin-Mining ist nicht die Schaffung neuer bitcoins. Das ist das Anreizsystem. Mining ist der Mechanismus, durch den die Sicherheit von bitcoin dezentralisiert ist.”

Andreas M. Antonopoulos

Key Takeaways

  • Krypto-Mining ist eine globale Arbitrage auf die Strompreise. Kryptowährungs-Miner können lukrative Geschäfte mit Energieversorgern in der Schweiz, den USA und Skandinavien abschließen. Um die Kapazität der Netze zu stabilisieren, sind einige Energieversorger tatsächlich bereit, Miner für den Stromverbrauch in den Nebenzeiten des Tages zu bezahlen.
  • Alle drei befragten Krypto-Minengesellschaften nutzen 100% erneuerbare Energie für die Gewinnung von Kryptowährungen. Alpine Tech SA und Blockbase AG verfügen über Mindestbeteiligungen, die die meisten Kleinanleger ausschließen. Die Unity Investment AG hat eine Mindestbeteiligung von $100.
  • Bevor Sie in ein Miningunternehmen investieren, sollte eine genaue Überprüfung erfolgen, ob die Mining-Pool-Software keine “Hintertüren” hat und ob der Pool tatsächlich in der Lage ist, die Belohnung für die Zuweisung ihrer Berechnungsressourcen an ihren Pool zu liefern. Bei Cloud-Mining-Diensten umfasst die Sorgfaltspflicht die Überprüfung, ob das Rechenzentrum existiert, dass der oder die Computer, die angemietet werden, existieren und ausschließlich für Ihre Nutzung bestimmt sind und dass die Software sicher ist und keine Hintertüren hat.

Einführung in das Mining von Kryptowährungen

Wie im Kapitel über Konsensmechanismen in der Juni-Ausgabe des Crypto Research Report diskutiert, benötigen dezentrale Netzwerke eine Strategie oder einen Algorithmus, um doppelte Ausgaben für digitale Informationen zu verhindern. Normalerweise wird behauptet, dass die beiden wichtigsten Konsensmechanismen, die von Kryptowährungen verwendet werden, der proof of work und proof of stake sind, aber das ist so nicht korrekt.

Wir wurden vor kurzem von Ed Thompson von Web3 in Zug darauf hingewiesen, dass Proof of Work per se nicht der Konsensmechanismus von Bitcoin ist. Die Einigung über den neuesten Stand der Blockchain von Bitcoin basiert auf der so genannten longest chain policy. In dieser Ausgabe des Crypto Research Report wollen wir Informationen zum Thema Kryptowährungs-Mining präsentieren. Mining ist einer der wichtigsten Aspekte Bitcoins sowie vieler anderer Blockchains.

Mining sorgt für die Erstellung eines neuen Blocks in einer Blockchain. Ein Block kann mit einer Seite aus einem Register im Rechnungswesen verglichen werden, die die Reihenfolge der Belastungen und Gutschriften auf einem Konto dokumentiert, in Verbindung mit einem weiteren Eintrag eines Wirtschaftsprüfers, dem Miner, der diese Belastungen und Gutschriften je einer Kontenadresse zuordnet. Dies wird als Triple Entry Accounting („dreifache Buchführung“) bezeichnet, die eine bedeutende Neuerung im Rechnungswesen darstellt. Daher kann man die gesamte Blockchain (eine Verkettung von Blöcken) als die Gesamtheit der Seiten eines Hauptbuches betrachten.

Im Fall von Bitcoin entsteht etwa alle 10 Minuten ein neuer Block. Dieser Block enthält die neuesten Transaktionen zwischen Bitcoin-Adressen, die im Computernetzwerk verifiziert wurden. Das Mining wird von Computern durchgeführt, die speziell dafür konfiguriert sind. Bei Bitcoin führen diese Miner eine Berechnung aus, die als Proof-of-Work-Funktion bezeichnet wird. Diese Proof-of-Work-Funktion ist rechnerisch anspruchsvoll und erfordert viele Lösungsversuche der Computer im Netzwerk. Die Computer im Netzwerk konkurrieren darum, als Erster die Proof-of-Work-Lösung zu ermitteln. Derjenige Computer, der die Lösung vor allen anderen findet, wird mit Coins aus der Blockchain belohnt. So entstehen neue Coins und gelangen in das Ökosystem.

Kosten und Risiken beim Mining

Abgesehen davon sind mit dem Betrieb eines Computers, der derartige Berechnungen durchführt, echte Kosten verbunden. Diese Kosten bestehen aus der Abschreibung von Hardware-Assets, Stromrechnungen, Wartungskosten, Versicherungen, Personalkosten etc. Wenn der Preis der Kryptowährung steigt, können diese Kosten mit der richtigen Strategie und den richtigen Marktbedingungen für diejenigen, deren Technologie fortgeschritten genug ist, überschaubar bleiben. Wenn der Preis der Kryptowährung dagegen sinkt oder sich seitwärts bewegt, oder wenn ein schwerwiegendes Missmanagement der Ausgaben übersehen wurde, besteht ein Risiko, dass Strom und Hardware mehr kosten als der Betrag, den man durch die Belohnung beim Mining verdient.

Mining ist ein sehr riskantes Geschäft, es sei denn, man kann es auf eine kalkulierte Art und Weise betreiben, und selbst dann wird oftmals empfohlen, den Kauf von Kryptowährung dem Mining vorzuziehen. Der Vorteil beim Mining besteht darin, dass man weiß, woher die Coins stammen, nämlich unmittelbar aus der Blockchain selbst. Wenn man die Coins käuflich erwirbt, weiß man eventuell nicht, wo sich die Coins auf ihrem Weg in die eigene Wallet schon überall befanden. Alles in der Bitcoin-Blockchain ist öffentlich einsehbar. Einschließlich die Salden.

Emissionszeitplan der Bitcoin-Belohnungen

Bitcoin ist in der Menge seiner Coins auf 21 Millionen begrenzt, die jemals generiert werden. Das Bitcoin-Protokoll enthält einen Emissionszeitplan, der die Belohnungsmenge für denjenigen Miner bestimmt, der die Lösung der Proof-of-Work-Funktion ermittelt. In der ersten Phase wurden 50 Bitcoins als Belohnung ausgeschüttet, wenn man die Lösung eines Blocks ermittelt hatte. Der Zeitplan wurde so konzipiert, dass sich die Menge an Bitcoins, die man durch das Lösen eines Blockes erhält, alle vier Jahre halbiert. Nachdem die Blockbelohnungsmenge während der ersten vier Jahre 50 Bitcoin betrug, die mit einer Rate von ca. einem Block pro 10 Minuten in das System eingespeist wurden, fiel die Belohnung anschließend auf 25 Bitcoin.

Es gibt andere Variablen, die berücksichtigt werden müssen, wenn man den tatsächlichen Emissionszeitplan bestimmen möchte, z. B. die Anzahl der Computer und ihre Gesamtberechnungskapazität. Davon hängt ab, wie schnell jeweils ein Block generiert wird. Das Intervall der Blockgenerierung liegt bei Bitcoin etwa bei 10 Minuten pro Block. Das Netzwerk passt die Blockerstellungsrate alle 2016 Blöcke selbst an, um Erhöhungen oder Abnahmen der Berechnungskapazität im gesamten Netzwerk aus Computern, die um den nächsten Block konkurrieren, Rechnung zu tragen.

Die Aktualisierung des Netzwerks

Bei Bitcoin entstehen alle neuen Coins durch das Mining, indem die Proof-of-Work-Funktion gelöst wird. Sobald die Lösung ermittelt wurde, sendet der Computer, der diese Lösung gefunden hat, seine Entdeckung an das Miner-Netzwerk. Sobald die Nachricht empfangen wurde, müssen die anderen Miner diese Lösung zu Überprüfungszwecken vergleichen. Sobald es genügend Überprüfungen durch andere Miner im Netzwerk gegeben hat, bezeichnet man eine Transaktion als verifiziert, wodurch sie zu einem permanenten Datenelement innerhalb eines Blockes der Blockchain wird.

Sicherheitsschichten und bekannte Angriffspunkte

Ein anderer Zweck eines Miners besteht darin, als Sicherheitsschicht im Netzwerk zu fungieren. Es gibt viele bekannte Angriffspunkte in der Blockchain und anderen Kryptowährungen. Im Fall von Bitcoin bezeichnet der 51%-Angriff den Fall, wenn ein Angreifer oder eine Gruppe von Verschwörern die Kontrolle über mindestens 51% der Rechenleistung, die die Proof-of-Work-Funktion zu lösen versucht, erlangt. Mit dieser Rechenleistung kann ein Angreifer die zuvor in einem Block verifizierten Transaktionen potenziell rückgängig machen. Dieser Angreifer muss jedoch zunächst den zuletzt generierten Block angreifen oder auflösen. Wenn der letzte Block erfolgreich angegriffen wurde, könnte anschließend jeder vorhergehende Block angegriffen werden. Dieser Angriff wird immer schwieriger und teurer, wenn der Angreifer weitere Blöcke auflösen will, was diese Art des Angriffs langfristig impraktikabel macht.

Verschiedene Arten des Minings

Wir werden uns hier nicht mit allen Details des Minings und Emissionszeitplans einer Blockchain auseinandersetzen. Allerdings ist es wichtig zu wissen, dass die Blockchain ein ganzes Ökosystem von Teilnehmern geschaffen hat, die ihre Chancen im Mining nutzen möchten, indem sie den nächsten Block lösen, um die damit verbundene Belohnung einzustreichen. In den Anfangstagen verwendeten die Bitcoin-Miner normale Computer, beispielsweise einen Laptop oder einen Desktop-PC, und die Berechnungen wurden unter Verwendung eines Softwarecodes durchgeführt, der vom Prozessor (CPU) des jeweiligen Computers verarbeitet wurde. Als Teilnehmer technisch ausgereiftere Methoden zum Mining einsetzten, fanden sie Möglichkeiten, die Berechnungsgeschwindigkeit zu verbessern, indem sie nicht nur CPUs einsetzten. Miner führten fortan dieselben Proof-of-Work-Berechnungen mit den Grafikprozessoren (GPUs) ihrer Computer durch. In der Regel sind GPUs in der Lage, die Proof-of-Work-Berechnungen um ein Vielfaches schneller durchzuführen sowie mehrere Berechnungen gleichzeitig zu bewältigen, was weit über die Fähigkeit der CPUs hinausgeht. Dies führte letztendlich dazu, dass noch raffiniertere Technologien aufkamen; Miner begannen mit der Verwendung von FPGAs (Field Programmable Gate Arrays), Geräte, die noch schneller arbeiten als GPUs. Schließlich setzte sich am Markt die Verwendung anwendungsspezifischer integrierter Schaltungen (Application-specific Integrated Circuits, ASICs) durch, bei denen es sich um Chips handelt, die sich ausschließlich zur Durchführung einer einzigen Berechnung eignen, im Fall von Bitcoin der Proof-of-Work-Funktion.

Mining-Pools

Genau genommen wurde das Kryptowährungs-Mining zunächst von Bastlern ins Leben gerufen, die das Bitcoin-Mining für eine interessante Neuerung hielten. Kaum jemand konnte nämlich ahnen, was die Zukunft für Bitcoin bereithalten würde. Als die Blockbelohnungen immer schwieriger zu verdienen waren und Bastler kaum noch Belohnungen erhalten konnten, kam es zur Entwicklung eines Konzepts, das heute als Mining-Pool bekannt ist. Ein Mining-Pool entsteht, wenn einzelne Miner ihre Ressourcen in einen Pool von Minern einbringen. Wenn eines der Poolmitglieder die Belohnung erhält, wird diese unter den Mitgliedern des Mining-Pools aufgeteilt. Als die Einsätze stiegen, entwickelte sich der Markt erneut weiter. Computerhersteller, Grafikkartenhersteller, FPGA- und ASIC-Hersteller stiegen in den Markt ein, indem sie Spezialprodukte für das Krypto-Mining anboten. Dabei entstanden sogar Cloud-Mining-Unternehmen. Anstatt einen eigenen Krypto-Mining-Rechner zu bauen oder zu kaufen oder einem Krypto-Mining-Pool beizutreten, konnte man Rechenleistung von einem Unternehmen mieten, das die Mining-Maschinen für den Kunden erwarb und wartete.

Was wir lernen werden

In diesem Artikel werden wir besprechen, was wir über das Krypto-Mining von drei Cloud-Mining-Unternehmen lernen konnten, nämlich von Alpine Mining SA Unity Investment AG und Blockbase Group DWC-LLC. Wir tun unser Bestes, so unvoreingenommen wie möglich zu sein und die Unternehmen objektiv zu präsentieren. Angesichts dessen verlassen wir uns auf die interviewten Unternehmen und Personen, uns die Fakten aus ihrer Perspektive zu vermitteln. Wir führen keine Due Diligence durch, dieser Artikel ist weder als Empfehlung noch als Werbung gedacht. Due Diligence ist eine Aufgabe, die wir interessierten Investoren überlassen müssen. Eine ordnungsgemäße Due Diligence umfasst viele Faktoren und lässt sich nicht ohne weiters durchführen. Wenn man nicht dazu in der Lage ist, genug Sorgfalt bei der Durchführung der Due Diligence walten zu lassen, sollte man sich Leute suchen, die diese Aufgabe für einen übernehmen können. Alternativ bietet sich die Wahl eines Unternehmens an, das die Due Diligence auf öffentliche Art und Weise durchführt, wobei die in der Kryptowährungsbranche bewährten Methoden angewendet werden. Dies kann Inspektionen von Computerherstellern umfassen, um deren Herstellungsprozesse in Augenschein zu nehmen, Inspektionen von Cloud-Mining-Einrichtungen, Inspektionen von Softwarecode, die Überprüfung der Führung von Datenbanken, um sicherzustellen, dass die Anzahl der Benutzer mit der Anzahl verfügbarer Maschinen übereinstimmt, sowie Finanzprüfungen der Bankkonten des Unternehmens, wobei unter anderem dessen Kryptowährungsreserven kontrolliert werden, um nur einige Beispiele zu nennen. Due Diligence sollte bei der Bewertung einer Investition nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Sofern man Investitionen in Mining in Betracht zieht, sollte man niemals mehr riskieren, als was man bereit ist zu verlieren. Schauen wir uns nun das erste Unternehmen an, das wir interviewt haben.

Alpine Mining SA

Das erste Unternehmen, das wir interviewt haben, ist Alpine Mining SA[1]. Wir sprachen mit Ludovic Thomas[2], dem Geschäftsführer und Mitbegründer von Alpine Mining. Im Interview ging es darum, wie Alpine Mining entstanden ist, welche Dienstleistungen angeboten werden. Laut Thomas nimmt Alpine Mining seine Aufgaben ernst und besteht aus einem Team junger, ehrgeiziger Menschen, die bestrebt sind, ein Höchstmaß an Ethik zu erreichen und ihren guten Ruf zu verteidigen.

Thomas und sein Geschäftspartner Christophe Lillo[3], der als CTO und Mitbegründer von Alpine Mining fungiert, haben das Unternehmen mit eigenen Mitteln und eigenen Anstrengungen aufgebaut. Zunächst fingen sie damit an, Kryptowährungen für den Eigenbedarf zu minen, so etwa Ethereum, als es noch bei $0,30 lag. Ihr erstes Krypto-Mining-Rechenzentrum gründeten sie in Gondo[4], einer sehr kleinen Gemeinde an der schweizerisch-italienischen Grenze mit nur 40 Einwohnern. Die Gemeinde Gondo versuchte jahrelang, Unternehmen mit extrem niedrigen Strompreisen in die Region zu locken.

Allerdings konnte man keine Menschen für die Region gewinnen. Thomas erwähnte, dass die Gemeinde die niedrigsten Strompreise in der ganzen Schweiz angeboten habe, weshalb sie sich dafür entschieden hätten, ihr erstes Rechenzentrum in Gondo einzurichten. Das Mining-Rechenzentrum wurde mit der durch den Fluss in Gondo erzeugten Wasserkraft betrieben.

Bald erkannten sie, dass ihr Unternehmen nicht weiter wachsen konnte, weil die Gemeinde nur einen Transformator besaß und es auch flächentechnisch begrenzte Möglichkeiten gab, was sie an einer Expansion hindern würde. Laut Thomas erzeugte der Transformator insgesamt 1,2 Megawatt und die Hälfte davon wurde von der Gemeinde genutzt.

Als sie zum ersten Mal mit dem Mining begannen, konzentrierten sie sich auf Coins, die mit GPUs gewonnen werden konnten. Laut Thomas nutzte Lillo seine technischen Fähigkeiten um herauszufinden, wie GPUs über die Standardkonfiguration hinaus optimiert werden können. Mit dem Mining begannen sie zunächst für sich selbst, öffneten aber schließlich ihren Mining-Betrieb auch für andere, hauptsächlich Schweizer Kunden. Da sie sich für Gondo als Standort ihres ersten Rechenzentrums entschieden hatten, ernteten sie eine Menge Aufmerksamkeit in den Medien und wurden rasend schnell bekannt.

Welche Dienstleistungen angeboten werden

2018 war für viele Unternehmen im Mining-Sektor ein schwieriges Jahr. Einige schlossen letztlich ihre Türen und erklärten Insolvenz. Alpine Mining, sagt Thomas, konnte ein solches tragisches Schicksal dank seiner unternehmerischen Flexibilität glücklicherweise abwenden. 2018 wurde man zu einem Dienstleister, der Mining-Rechenzentren im Auftrag anderer Unternehmen konzipiert. So unterzeichnete man den ersten Vertrag mit einem in Hongkong ansässigen Unternehmen namens Diginex und wurde beauftragt, ein erstes Rechenzentrum für Diginex in Schweden aufzubauen. Laut einer Pressemitteilung[5], kostete diese Partnerschaft voraussichtlich rund 30 Millionen US-Dollar.

Alpine Mining bekam die Aufgabe, die gesamte Hardware zu beschaffen, die richtigen Standorte für das Rechenzentrum zu finden, den Standort für den Kunden auszubauen und ihn für den Kunden zu verwalten. Darüber hinaus mussten alle Mining-Systeme zusammengebaut und das Rechenzentrum mit den entsprechenden Werkzeugen und Software ausgestattet werden, um die Netzwerkeffizienz zu erhöhen. Damit wurde der Anfang markiert, die Entwicklung von Kryptowährungs-Mining-Rechenzentren als Dienstleistung anzubieten. Laut Thomas ist man auch sehr daran interessiert, talentierte Personen einzustellen, die das Unternehmen weiterentwickeln. Thomas gab an, dass man an einem Punkt 40.000 Grafikkarten verwaltete, die das Mining verschiedener Kryptowährungen wie Ethereum und Monero zum Ziel hatten.

Fazit

Alpine Mining durchläuft derzeit eine Übergangsphase und wird höchstwahrscheinlich umbenannt. Thomas erklärte, dass Mining immer noch ein Geschäftsfeld darstellt, aber man jetzt daran arbeitet, Blockchain-Lösungen für andere Unternehmen zu schaffen. Thomas gab an, dass es bald eine Zusammenarbeit mit einer Universität geben wird, an der viele seiner Teammitglieder ihren Abschluss gemacht haben. Laut Thomas konzentriert sich dieses Projekt auf künstliche Intelligenz im Zusammenhang mit Blockchain, aber das Projekt befindet sich derzeit im Tarnkappenmodus, weshalb Alpine Mining noch keine Details dazu bekanntgibt. Wenn Ihr Unternehmen auf dem Markt nach Möglichkeiten für den Aufbau eines Kryptowährungs-Mining-Rechenzentrums sucht, sollten Sie sich an Alpine Mining wenden, um zu erfahren, ob man Ihnen dort weiterhelfen kann.

Unity Investment AG

Das nächste Unternehmen, welches wir interviewt haben und die eine Krypto-Mining-Lösung entwickelt, ist Unity Investment AG[6]. Dieses Interview haben wir mit Richard Kobler[7], Senior Program Manager bei Unity, geführt.

Interessanterweise erhielt Unity Investment auf der Cryptocurrency World Expo im polnischen Warschau die Auszeichnung[8] als Projekt mit dem besten „Initial Coin Offering“. In unserem Interview erklärte uns Richard, was es mit der Unity Investment AG auf sich hat, welche Chancen man dort sieht und wie man mehr über ihre Arbeit erfahren kann.

Anfänge der Unity Investment AG

Gründer und Geschäftsführer der Unity Investment AG ist ein Herr mit dem Namen Sean Prescott[9]. Der Firmenhauptsitz befindet sich in Schindellegi in der Schweiz, ca. 5-10 Fahrminuten vom Zürichsee und etwa 40 Fahrminuten von Zürich entfernt. Die Mining-Einrichtung befindet sich im schweizerischen Jona.

Als Unity Investment zum ersten Mal Krypto-Mining-Dienstleistungen anbot, verzeichneten die Kryptowährungsmärkte ihre Allzeithochs. Im Dezember 2017 gab man den Kunden die Möglichkeit, in Mining-Geräte zu investieren. Ein Bündel aus 10 Mining-Geräten bezeichnet Richard als eine Einheit. Wenn man als Kunde also eine Einheit erworben hatte, verfügte man über zehn Mining-Geräte. Im Januar und Februar 2018 durchlebte der Kryptomarkt einen starken Abverkauf. Unity Investments erkannte schnell, dass die Kosten der Krypto-Mining-Geräte zurückgingen und damit die eigenen Preise angepasst werden mussten. Dies benachteiligte frühere Käufer von Einheiten im Vergleich zu späteren Käufern. Zu diesem Zeitpunkt begann man darüber nachzudenken, wie das Angebot für Kunden umstrukturiert werden könnte, um allen Käufern gerecht zu werden, unabhängig davon, wann diese sich entschieden, mit dem Mining anzufangen.

Unterscheidungsmerkmale

So kam man auf die Idee, die Teilnahme an einem Mining-Pool anstatt den Verkauf einer Einheit anzubieten. Wenn zum Beispiel ein Pool von Teilnehmern insgesamt CHF 1 Million umfasst und jeder Teilnehmer Anteile des Pools im Wert von CHF 100.000 gekauft hat, entspräche der Anteil jedes Teilnehmers 10% des Pools, womit er 10% der in Frage kommenden Mining-Belohnung erhalten würde, die dieser Pool von Teilnehmern generiert. 30% der gesamten Mining-Belohnung des Pools werden von Unity zur Reinvestition in neue Maschinen, Arbeitskräfte, Infrastruktur und für andere Kosten eingesetzt, die restlichen 70% des Pools werden an die jeweiligen Poolteilnehmer als Mining-Belohnung ausgeschüttet.

Da Unity in der Schweiz ansässig ist, hat man sich intensiv damit beschäftigt, wie die Kosten (hauptsächlich Strom, Miete und Arbeit) unter Kontrolle gehalten werden können, weshalb man so effizient wie möglich arbeiten kann. Erneuerbare Energien kommen zum Einsatz: 85% davon stammen aus Wasserkraft, 10% aus Windenergieanlagen und 5% aus Solarstrom. Die Schweiz ist überdies für ein stabiles regulatorisches Umfeld sowie für einen sehr sicheren physischen Standort in der Nähe der Schweizer Alpen bekannt. Zum Beispiel konnte Unity mit dem Elektrizitätswerk recht gute Konditionen aushandeln. Bei einer Effizienzsteigerung erhält man etwa 30% der angefallenen Stromkosten zurück, und dies bei einer sehr niedrigen Besteuerung der Stromkosten. Unity ist daher bestens in der Lage, auf dem umkämpften Markt mitzuhalten. Laut Richard werden in der Schweiz auch keine Steuern auf das Mining von Kryptowährungen erhoben.

Unity investiert nur in ASIC-unterstützte Kryptowährungs-Miner. Es besteht eine Partnerschaft mit Bitmain[10] und man besitzt derzeit rund 1000 ASIC-Miner. Die Mining-Anlage ist 3000 m² groß, der Maschinenbestand umfasst die Geräte Bitmain S9, L3 und A3. Es wurden bereits Bestellungen für das Gerät S15 aufgegeben. Mit dieser Auswahl an Maschinen können verschiedenste Kryptowährungen abgebaut werden, darunter Bitcoin, Bitcoin Cash und Litecoin – im Grunde jede Kryptowährung, die mit der Hash-Funktion SHA-256 oder Scrypt arbeitet. Darüber hinaus hat Unity die BDO AG[11] als Abschlussprüfer eingesetzt, damit potenzielle Investoren mehr Vertrauen in ihre Geschäftstätigkeit gewinnen. Alle potenziellen Investoren werden ermutigt, zu Besuch zu kommen und die Mining-Anlage zu besichtigen, um sich ein eigenes Bild zu machen.

Die Unicrypt-Plattform

Unicrypt[12] ist ein von Unity Investments entwickeltes Produkt. Es handelt sich um ein Online-Portal, über das Kunden als Pool-Teilnehmer Zugang zu ihrem Konto erhalten. Unicrypt hat auch einen proprietären Algorithmus entwickelt, den man Proactive Mining[13] nennt. Proactive Mining ist einzigartig, da der Algorithmus jede Minute verschiedene Blockchains auswertet und die Preise jeder Blockchain, die das Mining unterstützt, prüft. Anhand einer proprietären Risiko-Rendite-Kennzahl bestimmt der Algorithmus, welche Kryptowährung zu welchem bestimmten Zeitpunkt generiert werden soll. Nachdem der Algorithmus dies bestimmt hat, sendet er an jede Maschine entsprechende Anweisungen.

Plattformfunktionen und -vorteile

Ein weiterer Aspekt der Unicrypt-Plattform ist die Einführung zweier weiterer Kryptowährungen, die von Unity konzipiert wurden. Die erste ist die Unity-Aurix-Coin, die zweite die Unity-Exa-Coin. Diejenigen Investoren, die mit Unity Krypto-Mining betreiben und die extreme Volatilität auf dem Kryptowährungsmarkt vermeiden wollen, sollten sich Unity-Aurix-Coin und -Exa-Coin genauer anschauen. Aurix ist durch physisches Gold gedeckt; alle Einlagen werden gemäß Unternehmensangaben durch Wirtschaftsprüfer kontrolliert und sicher in Tresoren gelagert. Unity-Exa-Coin ist durch Fiatgeld gedeckt, entweder CHF, USD, GBP oder EUR. Bei diesen Coins handelt es sich um ERC-20-Token, wobei Anleger ihre Kryptowährungen entweder in Aurix, Exa-Coin oder in beides umwandeln können.

Fazit

Richard und Unity ermutigen potenzielle Interessenten, sich bei Fragen an sie zu wenden. Kontaktieren Sie einfach das Unternehmen und vereinbaren Sie zur Besichtigung vorab einen Termin[14]. Besuche sind nur nach Vereinbarung möglich. Wir freuen uns auf weitere spannende Informationen über die Unity Investment AG.

Für das abschließende Interview sprachen wir mit Vlado Stanic[15], dem Gründer und Geschäftsführer der Blockbase Group DWC-LLC[16], die ihren Hauptsitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten hat und Mining-Anlagen in Schweden betreibt[17]. Im Interview erfuhren wir, wie Stanic zum Krypto-Mining kam, die Hintergründe, die zur Gründung der Blockbase Group führten, und erhielten Einblicke in die Funktionsweise des Unternehmens.

Vom Startup zum großen Unternehmen

Stanic erfuhr 2013 erstmals von Bitcoin und wurde nach dem Lesen des Bitcoin-Whitepapers mit der Technologie vertraut. Er gründete 2015 sein erstes Kryptowährungs-Mining-Unternehmen mit Sitz in Österreich, für das er Geld bei Freunden und der Familie sammelte.

Bald darauf schloss er sich mit seinem inzwischen zum CTO beförderten Freund Alexander Dietrich[18] zusammen, der ebenfalls Startkapital bereitstellte. Gemeinsam gründeten sie mit Techdisplay ihr erstes Mining-Unternehmen. Das erste Rechenzentrum von Techdisplay wurde in einem Schiffscontainer in der Nähe eines Wasserkraftwerks eingerichtet.

Die beiden begannen damit, den Schiffscontainer mit speziell angefertigten GPU-Minern auszustatten und konzentrierten sich auf Ethereum. Während dieser Zeit nahmen sie auch ihre ersten Krypto-Mining-Kunden an, wodurch sie weiter wachsen konnten. Ihren Kunden halfen sie dabei herauszufinden, welche GPUs am wirtschaftlichsten waren. Bei der Betreibung ihrer Anlagen bekamen sie Probleme mit der Kühlung, da der durchgängige Betrieb von GPUs auf höchstem Leistungsniveau eine enorme Wärme erzeugt. Laut Stanic fingen einige der GPUs an zu brennen, weil die Hitze so groß war.

Techdisplay wuchs schließlich von einem Schiffscontainer auf drei Schiffscontainer und war plötzlich in seinen Wachstumsmöglichkeiten eingeschränkt. Drei Schiffscontainer voller Miner waren das Maximum, was das Wasserkraftwerk mit seiner Energieerzeugung versorgen konnte.

Die Einschränkungen waren zum Teil auf die Wintermonate zurückzuführen, in denen sich der Wasserfluss durch die tiefen Temperaturen verlangsamte und die Energieproduktion sank. Stanic beschrieb die Hindernisse so, dass Schmelztemperaturen einen großen Wasserstrom auslösten, der viel Energie produzierte, und dass das Gegenteil eintrat, wenn alles gefroren war. Um weiter zu wachsen, musste man also neue Möglichkeiten ausloten.

Auf der Suche nach einer skalierbareren Lösung stieß Stanic auf Schweden, wo die Energiesteuergesetze im Vergleich zu anderen Teilen der Welt sehr günstig waren. Ursprünglich hatte Techdisplay geplant, seine Schiffscontainer nach Schweden zu verlagern. Stanic reiste im Februar 2017 nach Schweden, um Nachforschungen anzustellen. Im März 2017 wurde die Firma Blockbase AB in Schweden gegründet und im Mai 2017 nahm man den Mining-Betrieb auf. Schließlich verkaufte man die in Österreich stationierten Schiffscontainer und die Mining-Infrastruktur an ein anderes österreichisches Kryptowährungsunternehmen, da der Umzug der Container nach Schweden einen zu großen Aufwand bedeutet hätte.

Blockbase: Mining als Dienstleistung

Diejenigen von uns, die mit KNC-Miner, einem der ersten ASIC-Bitcoin-Hersteller, vertraut sind, kennen sie noch als Mining-Anlagenbetreiber in Schweden. KNC-Miner traf das unglückliche Schicksal, aus dem Geschäft aussteigen zu müssen. Für Stanic und Blockbase wurde dies jedoch zu einer Chance, da sie in Einrichtung umziehen konnten, die zuvor von KNC-Miner[19] benutzt worden waren. Einer der Vorteile der schwedischen Mining-Anlage von Blockbase besteht darin, dass sie die Wasserkraft auch zur Stromversorgung der Rechenzentren nutzt. Laut Stanic besteht diese Energie zu 100% aus sauberer und grüner Energie.

Auf ihrer Website werden Blockbases‘ Mining Dienstleistungen beschrieben. Sie listet drei Optionen für potenzielle Kunden auf, die am Mining interessiert sind: „Bestellen Sie Miner in Massen“, „Kaufen Sie gehostete Miner“ und „Senden Sie uns Ihre Maschinen“. Im Falle der ersten beiden Optionen wird die gesamte gewünschte Mining-Hardware für den Kunden bezogen, installiert und konfiguriert. Die gesamte Ausrüstung gehört dem Kunden, nicht Blockbase. Wenn ein Kunde über eigene Mining-Maschinen verfügt, kann er diese zum Hosting an Blockbase senden, die Website verlangt jedoch eine Mindestanzahl von 1000 Maschinen.

Diejenigen, die keine eigenen Maschinen haben, sind mit einem der anderen verfügbaren Pakete besser beraten. Die Website listet auf der Produktseite[20] einen Mindesteinkauf von Minern im Wert von EUR 30.000. Im „Standard“-Plan werden monatlich EUR 58 pro Kilowatt berechnet. Wenn man für ein halbes Jahr bezahlt, wird ein Rabatt von 6% gewährt, d.h. ein Preis von EUR 55 pro Kilowatt pro Monat. Zahlt man für ein ganzes Jahr, wird ein Rabatt von 13% gewährt, was monatlich EUR 51 pro Kilowatt entspricht.

Blockbase bietet einen Canaan AvalonMiner 841[21] an, eine ASIC-Maschine der Firma Canaan[22], mit der Bitcoin generiert werden kann. Was den Stromverbrauch dieser ASICs angeht, verbrauchen sie 1290 Watt und erzeugen eine Hashrate von etwa 13,6 TH / s. Bei den anderen verfügbaren Mining-Maschinenoptionen handelt es sich um einen GPU-Miner P 102-100[23], der für das Mining von Kryptowährungen wie Ethereum, Monero und Zcash verwendet wird. Diese Maschinen sind im Lieferrückstand aufgeführt und erfordern eine Anzahlung von 50% pro Maschine. Der Stromverbrauch der GPU-Miner beträgt 1582 Watt, die Miner erreichen eine Hashrate von ca. 380 MHz / s.

99% verfügbare Betriebszeit

Stanic erklärt, dass sich Blockbase von anderen Mining-Dienstleistern unterscheidet, weil sie eine verfügbare Betriebszeit von 99% garantieren. Bei Minern kommt es aufgrund des kontinuierlichen und anspruchsvollen Betriebs immer wieder zu Ausfällen. Wenn ein Fehler bei einer Maschine eines Kunden auftritt, ist dieser Kunde empfindlichen Ausfallzeiten ausgesetzt, bis die Maschine repariert ist. Manchmal kann es Wochen dauern, bis ein Hersteller die Maschine repariert hat, sofern eine Garantie vorhanden ist. Innerhalb dieser Zeit ist es sehr wahrscheinlich, dass Kunden Geld mit ihren Investments verlieren. Der Schwierigkeitsgrad im Netzwerk nimmt bekanntlich kontinuierlich zu und immer mehr Mining-Maschinen konkurrieren um die Blockbelohnung, weshalb das Fenster zur Erzielung der Rentabilität mit einem Miner immer kleiner wird. Um dieses Risiko zu eliminieren und eine Betriebszeit von 99% zu gewährleisten, erklärt Stanic, dass er zum Beispiel weitere 20% der Maschinen erwerben könnte, um beim etwaigen Ausfall einer Maschine diese rasch durch eine neue ersetzen zu können, sodass die Kunden gleich wieder am Netz sind und keine Betriebszeit verlieren. Darüber hinaus hat Blockbase ein Online-Portal eingerichtet, über das Kunden ihre eigenen Kryptowährungsadressen miteinander verknüpfen können, um ihre Belohnungen zu erhalten. Die Belohnungen werden täglich ausgezahlt.

Fazit

Insgesamt scheint Stanic sehr gut über das Mining von Kryptowährung Bescheid zu wissen. Blockbase verfügt über einen großartigen Standort in Schweden mit einer langen Mining-Tradition. Die meisten Hobby-Miner werden sich die angebotenen Dienstleistungen womöglich nicht leisten können, da man es wohl auf größere Investoren abgesehen hat, die ernsthaft in den Mining-Sektor einsteigen wollen. Stanic und Blockbase begrüßen alle potenziellen Kunden, die ihre Einrichtungen in Schweden besuchen wollen, um ihre Geschäfte in Augenschein zu nehmen. Jeder, der daran interessiert ist, sollte sich über ihre Website mit ihnen in Verbindung setzen. Generell sollte jeder seine eigene Due Diligence[24] durchführen, bevor er eine Anlageentscheidung trifft.

Kein Platz für Vertrauen in einer Welt ohne Vertrauen

Eine der größten Innovationen, die Bitcoin mit sich brachte, ist die Möglichkeit, digitales Geld Peer-to-Peer zu überweisen, ohne einem zentralen Intermediär vertrauen zu müssen. Viele bezeichnen Bitcoin deshalb als vertrauenslos. Es besteht keine Notwendigkeit, einer Person oder Entität zu vertrauen. Man muss nur dem Quellcode des Computers, der Mathematik und der Kryptographie hinter dem System vertrauen. Da der Computercode Open Source ist, kann dies jeder, der über einen Computer mit Internetzugang verfügt, eigenmächtig überprüfen.

Sobald im Kryptowährungssystem ein zentraler Intermediär ins Spiel kommt, ist Vertrauen erforderlich. Der Kauf von Spezialgeräten zum Krypto-Mining, die Teilnahme an einem Mining-Pool oder das Mieten von Rechenleistung über einen Cloud-Mining-Service erfordert höchstes Vertrauen. Im Fall der Hersteller von Krypto-Mining-Ausrüstung muss darauf vertraut werden, dass die Lieferketten für die Beschaffung der Materialien vorhanden sind, dass die Materialien rechtzeitig und im Kostenrahmen geliefert werden, dass die Maschinen tatsächlich zusammengebaut und ausgeliefert werden, dass die installierte Software sicher ist und keine Hintertüren aufweist, und dass diese Maschinen – neben vielen anderen Faktoren – tatsächlich wie erwartet funktionieren. Bei einem Mining-Pool muss man darauf vertrauen, dass die Mining-Pool-Software frei von Hintertüren ist und dass sie die Belohnung für die Bereitstellung der Rechenressourcen an den Pool auch tatsächlich ausschüttet. Bei Cloud-Mining-Diensten muss man darauf vertrauen, dass das Rechenzentrum existiert, der Computer oder die Computer, die man mietet, vorhanden sind und der vorgesehenen Verwendung dienen, und dass deren Software vor Angriffen geschützt ist.

Gleichwohl gibt es viele Unternehmen, die beispielhaft zeigen, wie die höchsten Industriestandards einzuhalten sind, die sicherheitsbewusste Verbraucher erwarten würden. Es gab auch viele schlecht verwaltete Kryptowährungs-Mining-Unternehmungen, fragwürdige Akteure und regelrechte Betrügereien. In der Anfangszeit von Bitcoin tauchten Unternehmen auf und behaupteten, Spezialcomputer oder Chips für das Mining von Bitcoin oder anderen Kryptowährungen herzustellen, und boten Vorverkäufe ihrer Ausrüstung auf fantastisch aussehenden Websites mit unglaublichen Statistiken an. Nach den Vorverkäufen verschwanden diese Unternehmen dann plötzlich, was ahnungslose Käufer mit dem Verlust ihrer hart verdienten Bitcoins oder Fiat-Währungen zurückließ. Darüber hinaus gab es Zwischenfälle mit Mining-Pools, die von Insidern oder externen Hackern kompromittiert wurden. Miner, die ihre wertvollen Rechenressourcen zur Verfügung gestellt hatten, mussten die Konsequenzen und Verluste tragen. Es gab auch Cloud-Mining-Unternehmen, die behaupteten, Datenzentren mit speziellen Mining-Computern zu besitzen, ohne je über die Anzahl der Computer oder gar überhaupt irgendwelche Computer verfügt zu haben.

Wir möchten die Leser auf wichtige Informationen aufmerksam machen, die neu im Krypto-Bereich sind. Das Grundprinzip von Bitcoin ist, dass jeder Anwender seine eigene Bank sein kann, ohne dass ein Finanzintermediär das Geld verwahren muss. Somit ist es nicht ratsam, jemandem Zugriff auf seine Private Keys zu gewähren. Analog dazu gilt für Krypto-Mining: Solange man nicht direkt über den Krypto-Mining-Computer verfügt oder diesen steuern kann, und der Computer über Open-Source-Software verfügt, die von der Community geprüft, getestet und einer Glaubwürdigkeitsprüfung durch die Community unterzogen wurde, gewährt man im Wesentlichen anderen Leuten Zugriff auf seine Private Keys. Stellen Sie sicher, dass Sie dem Dienstanbieter vertrauen können, der Ihre Krypto-Mining-Maschinen für Sie verwaltet.

[1] Vgl https://alpinemining.ch/en/

[2] Vgl https://ch.linkedin.com/in/thomasludovic1991

[3] Vgl https://www.linkedin.com/in/christophe-lillo-a0a90711a/

[4] Vgl „Cryptocurrency mining to restore Alpine village’s goldrush fever“, swissinfo.ch, Januar 10, 2018

[5] Vgl https://alpinemining.ch/2018/05/14/communique-de-presse-mai-2018/

[6] Vgl https://unityinvestment.ch/

[7] Vgl https://www.linkedin.com/in/richard-kobler-0310252/

[8] Vgl „Unity Investment: Switzerland’s Largest Crypto Mining Investment Firm Wins International Award“, Unity Investment AG, Juli 27, 2018

[9] Vgl https://www.linkedin.com/in/seanprescott/

[10] Vgl https://www.bitmain.com/

[11] Vgl https://www.bdo.ch/en-gb/home-en

[12] Vgl https://unicrypt.com/

[13] Vgl https://unityinvestment.ch/#proactivemining

[14] Vgl https://unicrypt.com/contact

[15] Vgl https://zw.linkedin.com/in/techdisplay

[16] Vgl https://blockbasegroup.com/

[17] Vgl https://blockbasemining.com/

[18] Vgl https://at.linkedin.com/in/alexander-dietrich-b90681154

[19] Vgl https://blockbasemining.com/mining-farm-sweden/

[20] Vgl https://blockbasemining.com/pricing/

[21] Vgl https://blockbasemining.com/hardware-servers/asic-miners/

[22] Vgl https://canaan.io/

[23] Vgl https://blockbasemining.com/hardware-servers/gpu-miners/

[24] Vgl https://fintelegram.news/request-for-information-omnia-tech-cointed-and-blockbase/

Rechtliche Herausforderungen für Kapitalbeschaffung über die Blockchain

Legal Challenges for Blockchain-Based Capital Markets

„Mit der Blockchain-Technologie kann erreicht werden, was Regierungen sich schon lange wünschen: Ein fairer, sicherer und attraktiver Kapitalmarkt für Startups, KMU und Anleger.“

Christian Meisser, LEXR AG

Key Takeaways

  • Die Tokenezierung scheint für Klein- und Mittelbetriebe interessant zu sein, da die Kapitalbeschaffungskosten über Tokens mitunter geringer als am traditionellen Kapitalmarkt sind.
  • Die aufsichtsrechtliche Einstufung ob ein ausgegebener Token eine Unternehmensfinanzierung bzw. Beteiligung darstellt hat weitreichende Implikationen und ist rechtlich höchst relevant. Die Beurteilung ob ein Token aufsichtsrechtlich wie ein Wertpapier zu behandeln ist verläuft in verschiedenen Jurisdiktionen fundamental unterschiedlich ab

Kapitalflüsse in die USA

Startups sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) werden rundum als Innovationsmotor, treibende Kraft der Wirtschaft oder gar als Welpen des Kapitalismus gelobt. Europa bietet grundsätzlich hervorragende Bedingungen für Wachstum, mit einem mobilen und hochausgebildeten Talente-Pool, einem riesigen Binnenmarkt und einer modernen Infrastruktur. Und trotzdem: Risikokapital für Startups ist rar, vielversprechende Startups wandern ab. Gemäss einer Pressemitteilung der Europäischen Kommission[1] wurde 2016 in der gesamten EU nur rund 6,5 Mrd. EUR von Risikokapitalgebern investiert, gerade mal ein Sechstel der 39,4 Mrd. EUR in den USA. Nach demselben Bericht waren Ende 2017 in der EU nur 26 Unternehmen als „Einhorn“ (nicht kotierte Unternehmen mit Marktbewertung von mehr als einer Milliarde USD) eingestuft, während es in den USA 109 und in China 59 solcher Unternehmen gab.

Doch nicht nur um die Startupfinanzierung, auch um den Finanzmarkt für KMU scheint es nicht gut bestellt. Ein Grund für die darbenden Startups wird denn auch in den mangelnden Möglichkeiten eines späteren “Exits” im Rahmen eines Börsengangs verortet: Die Zahl der Börseneinführungen von KMU in Europa war 2017 nur halb so hoch wie noch vor der Finanzkrise.[2] Da die öffentlichen Märkte für KMU schwach sind, schrecken Risikokapitalfonds davor zurück, überhaupt in KMU zu investieren. Währenddem sich die EU mit Förderprogrammen, Harmonisierung der Kapitalmarktunion und sanfter Deregulierung bemüht, die Situation zu verbessern, wird die Welt der Startupfinanzierung gerade durch die Blockchain-Technologie grundlegend verändert. Die Möglichkeit, Vermögenswerte direkt zwischen zwei Parteien ohne Mittelsmann zu übertragen, erlaubt eine enorme Vereinfachung der Ausgabe sowie des Handels von Vermögenswerten.

So wurden mittels Ausgabe von Token im Rahmen von ICO im Jahre 2017 weltweit 5,5 Mrd. USD von Startups aufgenommen – in diesem Jahr sind es bis heute bereits 14,3 Mrd. USD[3]. Aber nicht nur der Primärmarkt, d.h. die Erstausgabe von Token, floriert. Auch der Handel mit Token auf dem Sekundärmarkt verzeichnet tägliche Handelsvolumina in Milliardenhöhe.[4] Die Blockchain-Technologie hat somit ihr technisches Anwendungspotential im Kapitalmarkt bereits eindrücklich unter Beweis gestellt. Auch aus Investorensicht scheint sich das Risiko ausbezahlt zu haben – zumindest gemäss einer Studie sei der durchschnittliche return on investment bei einem ICO 82%.[5] Der rechtlichen Ausgestaltung solcher Token ist in der Aufbruchsphase dieser neuen Technologie indes noch wenig Beachtung geschenkt worden und die Investoren werden selten mit durchsetzbaren Rechten ausgestattet. Der Trend scheint jedoch klar in die Richtung von sogenannten Security Token Offerings zu gehen: Immer mehr ICO-Teams möchten Token mit durchsetzbaren Rechten verknüpfen, die dem Tokeninhaber eine aktionärsähnliche Stellung einräumen. Die Vision eines Kapitalmarkts, auf dem sich Startups und KMUs ohne abzuwandern zum nötigen Wachstumskapital verhelfen können, und auf dem Anleger sicheren und einfachen Zugang zu Diversifikationsmöglichkeiten haben, kommt damit in greifbare Nähe.

Im folgenden Beitrag werden beispielhaft die rechtlichen Herausforderungen in verschiedenen Ländern für einen effektiven blockchainbasierten Kapitalmarkt aufgegriffen und insbesondere die folgenden Themen diskutiert:

  • Herausforderungen der Einordnung von Token im Finanzmarktrecht
  • Rechtliche Voraussetzungen für die Ausgabe von Security Token
  • Rahmenbedingungen zum Handel von Security Token

Qualifikation von Token als Security

Bereits die zivilrechtliche Einordnung von Token in das Korsett bestehender rechtlicher Gefässe bereitet Mühe und die Meinungen der Juristen gehen weit auseinander. In der Schweiz wird beispielsweise debattiert, ob Token nun als Daten, digitale Sachen, vertragliche Anerkennungsansprüche oder etwa Vermögenswerte eigener Art[6] qualifizieren. Auch die hier interessierende finanzmarktrechtliche Beurteilung stellt Aufsichtsbehörden vor eine schwierige Aufgabe. Finanzmarktrechtliche Pflichten bei Ausgabe und Handel knüpfen an der rechtlichen Qualifikation von Token an. Gelten Token als Security[7] gemäss der entsprechenden Rechtsordnung, kann beispielsweise das öffentliche Angebot solcher Token ohne entsprechenden Prospekt strafbar sein. Die korrekte Einordnung ist entsprechend wichtig, ist jedoch alles andere als trivial. Token können, ähnlich einem weissen Blatt Papier, mit jeder erdenklichen Kombination von Rechten, Pflichten oder im Rahmen von Smart Contracts gar mit komplexen, automatisiert ausgeführten Abläufen ausgestattet werden. Verschiedene Länder versuchen diese Herausforderung auf sehr unterschiedliche Art zu lösen:

In den USA hat sich historisch in der Rechtsprechung ein Ansatz etabliert, der auf flexiblen anstatt statischen Prinzipien basiert, und der an die zahllosen und unterschiedlichen Möglichkeiten adaptiert werden kann.[8] Dafür dient insbesondere der Howey-Test als Grundlage und der Begriff der Security knüpft daran an, ob „an investment in a common venture premised on a reasonable expectation of profits to be derived from the entrepreneurial or managerial efforts of others.“ vorliegt. Ob eine „reasonable expectation of profit“ vorliegt, ist gerade in ICO-Projekten, die den Investoren keine Rechte zusprechen, fraglich. Die Aufsichtsbehörden erhöhen die Rechtssicherheit durch regelmässige Publikation von entsprechenden Entscheiden.

Formeller ist die Rechtslage in der EU. Mit den Richtlinien über Märkte für Finanzinstrumente (besser bekannt unter MiFID bzw. MiFID II) wurden die Finanzmärkte im europäischen Binnenmarkt weitgehend harmonisiert und der Begriff des „Finanzinstruments“ in Anhang I, Abschnitt C der Richtlinie definiert. Wann ein Security Token als Finanzinstrument gilt, bleibt indes weitestgehend unklar. Die Definitionen beziehen sich auf Begriffe der alten Welt, in die sich die diversen Ausgestaltungsmöglichkeiten von Token nicht einfach pressen lassen. Die Malta Financial Services Authority hat immerhin versucht, mit einem Financial Instrument Test etwas Klarheit zu schaffen.[9] Ohne Praxisbeispiele bleiben die Definitionen indes derart abstrakt, dass es bei vielen Ausgestaltungsarten von Token unklar bleibt, ob diese nun als Finanzinstrumente gelten.

Für einen Schweizerischen Kompromiss hat sich die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma (Finma) in ihrer ICO-Wegleitung[10] entschieden. Ähnlich dem US-amerikanischen Ansatz wird mit dem Investitionszweck ein funktionaler Ansatz verfolgt. Gleichzeitig werden auch formelle Kriterien berücksichtigt und es gilt grundsätzlich jeder Token, der einen Vermögenswert repräsentiert, als Security Token. Durch die vergleichsweise klaren Kriterien und der Möglichkeit, ein konkretes Fallbeispiel durch die Finma vorab beurteilen zu lassen, ist die Rechtslage in der Schweiz für die Ausgestaltung von Tokens gut abschätzbar.

Am einfachsten fällt die Beurteilung bei der Tokenisierung von klassischen Securities wie Aktien oder Anleihen. Für diese Art Security wurden die Gesetze geschrieben und auch in Bezug auf die Steuerfolgen sind für den Emittenten kaum Überraschungen zu erwarten. Um aber der Innovation in virtuellen Welten und der Tokenisierung von realen Vermögenswerten keine unsachgemässen Grenzen zu setzen, wäre eine restriktive Anwendung der verschiedenen Security Begriffe begrüssenswert. Würde man beispielsweise Eventtickets tokenisieren, könnte dies bereits unter den SecurityBegriff in verschiedenen Ländern fallen. Einerseits liegt dem Token ein reeller Vermögenswert zu Grunde, andererseits können Eventtickets auch mit Investitionszweck, d. h. in der Hoffnung auf künftig höheren Wiederverkaufswert, gekauft werden. Eine Prospektpflicht oder der Handel auf einer regulierten Börse sind hierfür indes kaum angebracht.

Primärmarkt: Ausgabe von Security Token

Aus technischer Sicht erlaubt das Internet eine einfache globale Vermarktung von Token-Offerings und mittels Kryptowährungen ist auch die Kaufabwicklung in allen Herren Länder problemlos möglich. Teure Intermediäre wie Investmentbanken sind kaum noch notwendig. Dass ein solcher globaler Kapitalmarkt sehr attraktive Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen bietet, zeigt das schnelle Wachstum von ICOs. Für die Ausgabe von Security Token sieht man sich indes mit einem Flickenteppich von nationaler Regulierungen konfrontiert, wobei insbesondere eines wichtig ist: die Prüfung von Prospektpflichten.

Ein Prospekt soll Investoren die notwendigen Informationen für einen Anlageentscheid liefern. Welche Informationen dies genau umfasst, ist von Land zu Land unterschiedlich und reicht von (noch) wenigen Seiten in der Schweiz bis zu halben Büchern in den USA. Die Anforderungen an einen Prospekt in der EU sind dergestalt, dass sich für kleine Finanzierungsrunden die Zeit- und Geldinvestition in die Erstellung und Offenlegung von Geschäftszahlen kaum lohnt. Um sich ein Bild von den Kosten zu machen: Gemäss Amtsblatt der EU dürften die Kosten für die Erstellung eines EU-Prospekts bei einer Ausgabe von weniger als 1 Million EUR in keinem Verhältnis zum Erlös stehen.[11] Und dies ist erst der Prospekt für die EU. Für jedes weitere Land, in dem der Token angeboten werden soll, gilt es zu prüfen, ob ein Prospekt zu erstellen und allenfalls von den lokalen Behörden zu prüfen ist.

Zu begrüssen sind insofern die Bestrebungen in verschiedenen Ländern, die Schwellenwerte für die Prospektpflicht anzuheben (in der EU etwa auf 8 Millionen EUR oder in der Schweiz auf 2,5 Millionen CHF). Mögliche Erleichterungen bieten auch diverse Ausnahmeregelungen, bspw. Schwellenwerte bei der Anzahl Investoren oder der Fokus auf professionelle Investoren. Die Prospektpflicht und beschränkte Vertriebsmöglichkeiten sind zwar ein Hemmnis für Security Token Offerings, es gibt jedoch bereits diverse Projekte, die solche Offerings erfolgreich und rechtssicher umsetzen konnten. Mit wachsendem Interesse wird sich das Know-How im Markt verbreiten und die Kosten, auch dank dem Einsatz von LegalTech-Software, für die Erstellung der Dokumentation in diversen Ländern, werden gesenkt können.

Sekundärmarkt: Handel von Security Token

Am Eindrücklichsten sind die möglichen Effizienzgewinne beim Handel. Dank Smart Contracts sind sogenannte dezentrale Handelsplattformen möglich, bei denen der Handel zwischen zwei Händlern ohne jeglichen Intermediär und ohne Gegenparteirisiko für beide Händler möglich ist. Die zu handelnden Vermögenswerte werden vom Smart Contract sicher verwahrt und bei Erfüllung der vorgegebenen Bedingungen erfolgt clearing und settlement automatisch auf der Blockchain. Zusammen mit den Kosten für Intermediären und Infrastrukturen wie zentralen Effektenverwahrungsstellen, Effektenabwicklungssystemen oder Banken fallen damit auch die zentralen Gegenparteirisiken weg. Ein Ausfall à la Lehman Brothers ist in einem solchen System gar nicht erst möglich.

Was sinnvollerweise noch bestehen bleibt, sind die Match-Making Plattformen, wie sie von Börsen bzw. Handelsplattformen betrieben werden, insbesondere für die effiziente Preisbildung und der Vermeidung von Marktmissbrauch. Aus Regulierungssicht bleiben denn Risiken wie Insiderhandel und Marktmanipulation auch in der Blockchain-Welt bestehen und die heutigen Bestimmungen hierzu sind grundsätzlich auch auf Handelsplattformen für Security Tokens anwendbar. In der Zwischenzeit werden sowohl von etablierten Börsen wie der Schweizerischen SIX[12] als auch von Blockchain-Unternehmen in diversen Ländern die Arbeit an Security Token Handelsplattformen öffentlich bekanntgegeben. Da die Regulierungen der alten Welt jedoch anwendbar bleiben, ist auch eine entsprechende Lizenz notwendig, die bisher noch in keinem (Industrie-)Land erteilt wurde. Zudem ist der Fokus von vorgeschlagenen oder umgesetzten Blockchain-Gesetzen in verschiedenen Ländern der Handel von Kryptowährungen und Utility Token – die Regulierung von Security Token Handelsplätzen bleibt davon weitgehend unberührt. Die Beratungspraxis und die Pressemitteilungen von diversen Unternehmen stimmen jedoch zuversichtlich, dass es bald auch Handelsplätze für Security Token geben wird. Für ICO-Teams ist gerade auch die Handelbarkeit ihres Tokens ein wichtiges Kriterium bei dessen Ausgestaltung.

Ausblick

Die Einfachheit, mit der Token ausgegeben, übertragen und mit automatischen Zahlfunktionen ausgestattet werden können, könnte die Grundlage sein für ein „Internet of Finance“” – einer neuen Generation von Finanzmärkten, in denen selbst kleinste Projekte von Geldgebern rasch und sicher ganz ohne Mittelsmann finanziert werden können. Man denke an die Dorfbäckerei, die sich mittels einer Kleinstanleihe mit automatischer Zinszahlung von treuen Kunden einen neuen Ofen leisten kann, oder das Filmprojekt, dessen Einnahmen bei jedem Download automatisch an die geldgebende Fangemeinde ausbezahlt würde. Die direkte Interaktion zwischen die Kapitalnehmer und -geber ermöglicht somit nicht nur grosse globale Finanzierungsrunden, sondern auch eine stärkere Einbindung von Kleinanlegern in die lokale Wirtschaft. Zudem ist ein blockchain-basiertes, dezentrales Handelssystem stabiler und sicherer, da mit dem Wegfall von jedem Intermediär auch ein point of failure und ein Mittelsmann, dessen Anreize sich nicht immer mit denjenigen der Anleger deckt, entfällt. Damit diese Technologie ihr volles Potential für einen attraktiven Kapitalmarkt für Unternehmen und Anleger voll entfalten kann, ist indes eine Anwendung des bestehenden Regelwerks mit Augenmass notwendig. Glücklicherweise schwingt das Pendel der Gesetzgeber wieder in Richtung Deregulierung, und gerade für Jungunternehmen und kleine und mittlere Unternehmen sind mehr und mehr Ausnahmen vorgesehen.[13] Damit jedoch auch die Einhörner und erfolgreichen Unternehmen sich im Heimmarkt angemessen kapitalisieren können, sind mehr als nur Ausnahmen für Kleinprojekte notwendig. In einem globalen Finanzmarkt mit mobilen Talenten wird der Mut von Regulatoren zu Offenheit belohnt.

[1] Europäische Kommission – Pressemitteilung vom 10. April 2018: VentureEU: 2,1 Milliarden Euro zur Förderung von Risikokapitalinvestitionen in innovativen Start-up-Unternehmen in Europa. Aufgerufen am 19. September 2018 unter http://europa.eu/rapid/press-release_IP-18-2763_de.htm

[2]Europäische Kommission – Öffentliche Konsultation über die Schaffung eines verhältnismäßigen Regulierungsrahmens zur Erleichterung von KMU-Notierungen, Aufgerufen am 19. September 2018 unter https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/2017-barriers-listing-smes-consultation-document_de.pdf

[3] Zahlen gemäss coindesk, Aufgerufen am 19. September 2018 unter https://www.coindesk.com/ico-tracker/

[4]  Zahlen gemäss coinmarketcap, Aufgerufen am 19. September 2018 unter https://coinmarketcap.com/exchanges/volume/24-hour/

[5] Hugo Benedetti und Leonard Kostovetsky: Digital Tulips? Returns to Investors in Initial Coin Offerings vom 20. Mai 2018, Aufgerufen am 19. September 2018 unter https://ssrn.com/abstract=3182169

[6] Christian Meisser / Luzius Meisser / Ronald Kogens, Verfügungsmacht und Verfügungsrecht an Bitcoins im Konkurs, in: Jusletter IT 24. Mai 2018

[7] Der englische Terminus Security wird hier als Sammelbegriff verwendet für die sinnähnlichen Bezeichnungen in verschiedenen Rechtsordnungen wie beispielsweise Effekten oder Finanzinstrumente.

[8] Securities and Exchange Commission, Release No. 81207 / July 25, 2017: Report of Investigation Pursuant to Section 21(a) of the Securities Exchange Act of 1934: The DAO; Aufgerufen am 19. September 2018 unter https://www.sec.gov/litigation/investreport/34-81207.pdf

[9]Guidance Note To The Financial Instrument Test, Aufgerufen am 19. September 2018 unter https://www.mfsa.com.mt/pages/readfile.aspx?f=/Files/LegislationRegulation/regulation/VF%20Framework/20180724_GuidanceFITest.pdf

[10] Finma, Wegleitung für Unterstellungsanfragen betreffend Initial Coin Offerings (ICOs), Ausgabe vom 16. Februar 2018, Aufgerufen am 19. September 2018 unter https://www.finma.ch/de/~/media/finma/dokumente/dokumentencenter/myfinma/1bewilligung/fintech/wegleitung-ico.pdf?la=de

[11]VERORDNUNG (EU) 2017/1129 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 14. Juni 2017 (Prospektverordnung 3), Aufgerufen am 19. September 2018 unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32017R1129&from=DE

[12]SIX Group AG, Medienmitteilung vom 6. Juli 2018, Aufgerufen am 19. September 2018 unter https://www.six-group.com/de/home/media/releases/2018/20180706-six-digitalexchange.html

[13] Europäische Kommission – Factsheet zur Erleichterung der Kapitalmarktfinanzierung für kleinere Unternehmen vom 24. Mai 2018, aufgerufen am 19. September 2018 unter http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-18-3728_de.htm

Equity Tokens

Equity Tokens

Key Takeaways

  • Equity-Token ermöglichen es Unternehmen, Eigenkapital mittels der Blockchain-Technologie aufzunehmen, ohne dabei Investoren zu binden.
  • Emittenten von Wertpapier-Token versuchen, auf den großen Pool an institutionellem Geld zuzugreifen, der noch nicht in den Kryptowährungsmarkt eingedrungen ist. Institutionelle Investoren erwarten KYC/AML, Datenschutz und sehen in einem der Kernstücke der Blockchain, nämlich ihrer Unveränderlichkeit eine Hürde.
  • 2019 wird ein Wettlauf zwischen Börsen stattfinden, welche den ersten geregelten Markt für Wertpapier-Token anbieten kann.

Die österreichische Finanzmarktaufsicht hat Ende November den ersten Finanzmarktprospekt für ein vollständig reguliertes tokenisiertes Wertpapier in der Europäischen Union gebilligt. Die Finanzmarktaufsicht in Liechtenstein hat bereits im August den ersten Security Token Liechtensteins genehmigt. Mt Pelerin, Tokenestate und Securosys wollen in der Schweiz Security-Token anbgeboten werden. Das bedeutet, dass eine Kryptowährung das Eigentumsrecht an einem Unternehmen oder andere Wertpapiere wie Zertifikate und Anleihen darstellen kann, solange sie sich als solches eintragen. Leider gibt es noch keine Kryptowährungsbörsen, die für den Handel mit Security-Token lizenziert sind. Security-Token sind jedoch nicht für den Standard-Kryptowährungsinvestor bestimmt. Stattdessen haben es Security-Token auf den großen Pool an institutionellen Investoren, die noch nicht in den Kryptowährungsmarkt gedrungen sind, abgesehen.

Institutionelle Investoren als Anreiz für Innovation

Die Blockchain-Technologie reduziert die Kosten der Kapitalbeschaffung, und das ist vor allem für kleine Unternehmen von Bedeutung. Einer der Hauptvorteile des Handels mit digitalen Assets über die öffentliche Blockchain-Infrastruktur besteht darin, dass grundsätzlich jeder ein digitales Asset ausgeben kann und jeder in ein solches auch investieren kann. Das führt bei Emittenten zu enormen Zeit- und Kostenersparnissen, da nun weder Lizenzen, noch Underwriter oder Anwälte benötigt werden. Die hohen Kosten für die Börsennotierung eines Unternehmens stellen eine hohe Eintrittsbarriere für mittelständige Unternehmen (KMU) dar. Auch beseitigt die Blockchain so manche Eintrittsbarriere, welche Kleinanleger von solchen Investitionsmöglichkeiten ausschließen.

Die Blockchain-Technologie ermöglicht nicht nur einen demokratischeren Zugang zu Märkten, sondern lässt auch einen Handel von „Aktien“ zu deutlich niedrigeren Transaktionskosten mit sehr kurzen Abwicklungszeiten zu. Dies bedeutet erhebliche Einsparungen für Kleinanleger und geringere Gewinne für Börsenmakler.

Einige Anleger, insbesondere institutionelle Anleger, wünschen sich jedoch, dass Merkmale des traditionellen Kapitalmarktes in den Token-Markt integriert werden. Willkommen in der Welt von „Security Token“. Der Begriff “Security Token Offering” (STO) hat in den letzten Monaten im Vergleich zu ICOs deutlich an Bedeutung gewonnen. Es gibt drei Hauptprobleme, die institutionelle Investoren mit der Blockchain haben:

  • Nicht alle Kryptowährungen entsprechen den Regulierungsvorschriften wie Know-Your-Customer, Anti-Geldwäsche, Sanktionen, etc.
  • Großanleger legen oftmals Wert auf Diskretion. Sie haben kein Interesse an transparenten Blockchains, die es Außenstehenden ermöglichen, ihre Transaktionsbeträge und -ziele zu sehen.
  • Unwiderruflichkeit: Öffentliche Blockchain-Kryptowährungen werden unzugänglich, sobald ein privater Schlüssel gehackt oder verloren geht. Großanleger werden ein Problem damit haben, wenn ihre Vermögenswerte einzig durch einen privaten Schlüssel kontrolliert werden. Das bedeutet Stornierungs- und Neuausstellungsmerkmale werden erforderlich sind, bevor der Markt für Security-Tokens an Bedeutung gewinnen kann.

Um diesen Mangeln entgegenzuwirken, arbeiten mehrere Unternehmen an privaten Blockchains, die es ermöglichen, Security -Token sicher zu verwahren und zu handeln. Die Swiss Digital Exchange (SDX) der Schweizer Börse bei Sihlcity arbeitet an einem Pilotprojekt, das vier Hauptgruppen von Vermögenswerten tokenisieren soll.

  • Zunächst sollen native Token für KMU, die bis jetzt nur auf SDX existieren, dort ausgegeben, verwahrt und gehandelt werden können.
  • Zweitens, die Tokenisierung bestehender Wertpapiere an der SIX Swiss Exchange.
  • Drittens, die Tokenisierung von nicht bankfähigen Vermögenswerten.
  • Viertens, die Tokenisierung von Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum.

Neben SDX arbeitet auch Daura, eine Partnerschaft von MME und Swisscom, an einer privaten Blockchain. Blockchains, die speziell für den Handel mit Wertpapieren entwickelt wurden, verfügen über KYC/AML-Integrations-, Datenschutz-, Storno- und Reissue-Funktionen, die es dem Börseninhaber oder Broker ermöglichen, Aktien an Unternehmen auszugeben, dessen private Schlüssel verloren oder gehackt wurden. Blockstreams LIQUID und Polymath sind auch Beispiele für Blockchains, die sich an den Markt für Security-Token richten. Wichtige rechtliche Fragen, wie z.B. die Verletzung von Fondsvertriebsrechten durch die Tokenisierung eines Fonds, müssen jedoch noch gelöst werden.

Definition von Token und Wertpapier

Ein Token ist eine digitale Darstellung eines Vermögenswerts auf einem bestimmten verteilten Ledger. Token können Stimmrechte, Eigentumsanteile, Anleihen und vieles mehr repräsentieren. ERC 20 Smart Contracts auf der Ethereum Blockchain und NEP5 Smart Contracts auf der NEO-Blockchain werden derzeit bereits zur Auszahlung von Unternehmensdividenden und zur Abstimmung von Managemententscheidungen eingesetzt. Wohlgemerkt unterscheidet sich die Definition eines Wertpapiers von Land zu Land. In den USA wird ein Finanzprodukt rechtlich als Wertpapier eingestuft, wenn die vier folgenden Kriterien erfüllt sind:

  • Es muss sich um eine Geldanlage handeln
  • Es besteht eine Gewinnerzielungsabsicht
  • Es exisitert eine Gesellschaft
  • Der angestrebte Profti wird von einem Dritten generierten

Wie auch im Folgeartikel von Christian Messiers über die rechtlichen Aspekte von Wertpapieren erwähnt, hat diese Kriterien der Supreme Court der USA von 1946 aufgestellt, als er in einem Fall zwischen einem Zitruszüchter aus Florida namens Howey und der Securities Exchange Commission zu eintscheiden hatte. Als Reaktion darauf beantragen Kryptowährungsemittenten in den USA Ausnahmen vom Wertpapierrecht die als Reg D. und Reg S bekannt sind. Ein weiteres Thema ist auch, wie Airdrops möglicherweise das Wertpapierrecht umgehen.


Europa hat jedoch kein Konzept Kriterienkatalog wie den Howey-Test.
Dies liegt daran, dass das in den USA gepflegte Common Law Präzedenzfälle für zukünftige Urteile setzt. Im Gegensatz dazu gibt es auf dem europäischen Festland das Zivilrecht, das ein prinzipienbasierter Rechtsansatz ist. Gemäß Artikel 2, Bst. b FinfraG ist ein Wertpapier in der Schweiz definiert als „standardisierte verbriefte und unverbriefte Wertpapiere, Derivate und Bucheffekten, die für den Massenhandel geeignet sind.“ Es ist daher nicht überraschend, dass die FINMA bereits viele Kryptowährungen als Wertpapiere eingestuft hat.[1]

Token, Wertpapier, oder beides?

Die Tokenisierung von Assets existierte auch schon bevor Kryptowährungen ins Leben gerufen wurden. Sie sind unter dem Namen Zertifikate bekannt. Zertifikate kosten jedoch Geld bei der Emission und Erhaltung. Im Gegensatz zur Ausgabe eines ERC-Tokens auf Ethereum müssen die Emittenten von Zertifikaten über eine Unternehmensstruktur verfügen, die strukturierte Produkte rechtlich ausgeben darf, und nur qualifizierte Anleger in der Schweiz und professionelle Anleger in Europa können investieren. Gemäß dem schweizerischen Kollektivanlagengesetz (KAG) von 2006 ist ein qualifizierter Anleger einer der folgenden Anleger[2]:

  • beaufsichtigte Finanzintermediäre (z.B. Banken, Effektenhändler und Fondsmanager)
  • beaufsichtigte Versicherungsgesellschaften
  • öffentlich-rechtliche Institutionen und Pensionsfonds mit professionellem Anlagegeschäft
  • Unternehmen mit professioneller Investitionstätigkeit,
  • vermögende Privatpersonen mit einem Finanzvermögen von 2 Mio. CHF (excl Immobilienvermögen)
  • Anleger, die über einen schriftlichen Vermögensverwaltungsvertrag mit einer beaufsichtigten Bank, einem Effektenhändler oder einem Fondsmanager verfügen.


Ein Zertifikat ist eine Art strukturiertes Produkt. Ein Zertifikat kann ein Tracker-Zertifikat sein, das den Wert eines Assets nachahmt, oder aber auch aktiv verwaltet werden. Das Asset kann z. B. eine IBM-Aktie oder ein Kryptowährungsindex oder ein physisches Gut sein. Die Vontobel Bank emittiert zum Beispiel viele Zertifikate. Ein Zertifikat ähnelt einer Anleihe, da es ein vorgegebenes Auszahlungsversprechen darstellt, das der Emittent dem Anleger gibt. Das bedeutet, dass die Anleger im Prospekt nachlesen können, was sie nach Fälligkeit des Zertifikats aus dem Zertifikat erhalten. Zum Beispiel könnte das Versprechen lauten: „In zwei Jahren erhalten Sie die Performance von IBM-Aktien.“ Aber Zertifikate können auch aktiv verwaltet werden. Aktiv verwaltete Zertifikate (AMCs) können jede Art von Kryptowährung enthalten, einschließlich Privacy Coins, Pre-ICO-Coins und ICO-Coins. Investmentmanager können auch riskantere Strategien im Rahmen von Fondsstrukturen gemäß OGAW oder AIF anwenden, wie z. B. Short-selling und Leverage.

Zertifikate sind wie Token in dem Sinne, dass sie zur Verbriefung von Vermögenswerten verwendet werden können. Der einzige Unterschied besteht darin, dass Zertifikate normalen Anlegerschutz enthalten und leicht über Wertpapierbroker erworben werden können. Da sie bestehenden Regulierungsvorschriften entsprechen, fallen bestimmte Kosten an. Aus diesem Grund macht die Verbriefung eines Vermögenswertes mit einem Zertifikat erst bei Vermögenswerten über 10.000 CHF Sinn. Im Unterschied zu UCITS- und AIF-regulierten Kryptowährungsfonds wie jener von Incrementum unterliegen strukturierte Produkte nicht den Vorschriften für kollektive Kapitalanlagen.

GenTwo Digital, eine gemeinsame Unternehmung der GenTwo AG und Inacta, ist eine Schweizer Beratungsfirma mit Sitz in Zug. GenTwo Digital wurde von Patrick Loepfe, einem ehemaligen Vontobel Deritrade-Spezialisten, sowie dem Vizepräsidenten des Verwaltungsrates und geschäftsführenden Gesellschafter von Forstmann, Philippe A. Naegeli, gegründet. In einem Exklusivinterview mit Patrick Loepfe von GenTwo haben wir über die Verbriefung von Kryptowährungen gesprochen. Das Unternehmen unterstützt Finanzintermediäre, vermögende Privatpersonen und Family Offices dabei, bankfähige Vermögenswerte wie aktiv verwaltete Konten und strukturierte Produkte sowie nicht bankfähige Vermögenswerte wie Kunst und Kryptowährungen in handelbare Zertifikate mit ISIN-Nummern (International Securities Identification Number) zu verwandeln. Eine ISIN-Nummer ist ein Code, der eine bestimmte Wertpapieremission eindeutig identifiziert. In der Schweiz erfordert die Erlangung eines ISIN-Codes für ein Wertpapier einen Prospekt, ein Term Sheet und ein Offering-Memorandum. In der herkömmlichen Finanzwelt werden ISINs für Aktien, Anleihen, Fonds, Hedgefonds, Investmentfonds und andere Wertpapiere verwendet, sei es für ein privates Angebot oder für einen Börsengang mittels IPO (Initial Public Offering).

GenTwo inkorperiert Finanzgesellschaften für ihrer Kunden, um anschließend eines oder auch mehrere Zertifikate im Namen dieser Gesellschaft begeben zu können. Die Emissionsstruktur von GenTwo ist ein einzigartiges Vehikel in Guernsey. Sobald das „Special Purpuse Vehicle“ ins Leben gerufen wurde, können Kunden strukturierte Produkte nach Belieben emittieren. Der Vorteil ein solch maßgeschneidertes Emissionsvehikel aufzusetzen ist, dass die Bilanz transparent und nachvollziehbar ist. Anleger einer Schuldverschreibung unterliegen dem Ausfallsrisikos des Emmittenten. Im Falle der SPV-Struktur gibt es nur die Vermögenswerte auf der aktiven Seite der Bilanz und die Zertifikate auf der passiven Seite. Da das Zertifikat den Wert der auf der aktiven Seite gehaltenen Vermögenswerte abbildet, ist das Gegenparteienrisiko überschaubar. So verfügt die Bank Vontobel beispielsweise über ein SPV in Dubai, von der aus sie ihre Zertifikate ausstellt. Julius Bär hat ein SPV in Guernsey, EFG hat ein SPV in Guernsey.

Zertifikate sind keine tatsächliche Konkurrenz für Token. Token können von Kleinanlegern ausgegeben werden und jeder auf der Welt kann in sie investieren. Wir gehen davon aus, dass das eine das anderen in absehbarer Zeit nicht vollständig ersetzen wird. Stattdessen werden sich einige Marktteilnehmer für Investitionen in der regulierten Welt und andere Marktteilnehmer für Investitionen in der unregulierten Welt entscheiden. Viele Unternehmen werden in beiden Vehicle verwenden, um Kapital aufzunehmen. Wie Oliver Völkel im Rahmen des Crypto Christmas Market Outlook bereits anmerkte, besteht das Hauptproblem bei Security-Token darin, dass es keinen lizenzierten Tausch gibt, an dem Investoren diese Vermögenswerte handeln können. In 2019 wird ein Wettlauf um die erste gesetzlich regulierte Plattform stattfinden, die Kryptowährungen handeln kann, die gleichzeitig Wertpapiere darstellen.

[1] https://www.finma.ch/de/~/media/finma/dokumente/dokumentencenter/myfinma/1bewilligung/fintech/wegleitung-ico.pdf?la=de

[2] https://www.swissfunddata.ch/sfdpub/en/group/info

Disclaimer: GenTwo ist ein premium partner des Crypto Research Report. Die hier angeführten Informationen sind keine Anlage- oder Produktempfehlungen. Der Crypto Research Report gibt im Rahmen von Beiträgen grundsätzlich keine Empfehlungen für Produkte oder Dienstleistungen ab. Sorgfältige eigene Recherche ist unerlässlich.

Anforderungen an einen investierbaren Krypto-Index von institutionellen Investoren

Institutional Requirements for an Investible Crypto Index

Key Takeaways

  • Indizes, die als Benchmark fungieren müssen investierbar und replizierbar sein.
  • Um für institutionelle Investoren investierbar zu sein, müssen Kryptowährungen von professionellen Verwahrstellen in Verwahrung genommen werden können.
  • Der LY Incrementum Krypto Index berücksichtigt die Anforderungen von institutionellen Kunden hinsichtlich Investierbarkeit, Verwahrbarkeit und Replizierbarkeit.

Die Schaffung einer Benchmark für den Krypto-Markt im Frühstadium

Das zurzeit komplexe Marktumfeld für Krypto-Assets inspirierte mit LIMEYARD und Decentriq zwei in der Schweiz ansässige Unternehmen zu einer gemeinsamen Innovation: Sie haben einen umfassenden Krypto-Asset-Index entwickelt, der die Dynamik des gesamten Marktes erfassen und gleichzeitig die regulatorischen und wirtschaftlichen Herausforderungen bewältigen soll. Denn für Investoren muss ein Index handelbar sein, d. h. die Liquidität vorhanden und das Rebalancing machbar sein. Zudem werden an den Markt für Krypto-Assets besondere regulatorischen Anforderungen gestellt. So dürfen beispielsweise sogenannte Privacy Coins nicht Teil eines Investments sein oder aber es dürfen nur Coins in ein Portfolio aufgenommen werden, die an einer Börse gehandelt werden. In der Vermögensverwaltung können grundsätzlich zwei Ansätze verfolgt werden, eine aktive und eine passive Vermögensverwaltung:

  • Aktive Vermögensverwalter verwenden in der Regel eine Benchmark, um die Performance ihres Portfolios zu vergleichen. Markteffizienz und preissystematische Risiken bewerten sie anhand der von ihnen gewählten Benchmark. Um eine optimale Anlagestrategie zusammenzustellen, wenden Vermögensverwalter verschiedene Risikomodelle an und vergleichen die bisherige Performance der Strategie mit der zugrunde liegenden Benchmark. Eine langfristige Outperformance, also ein Mehrertrag, ist dabei das angestrebte Ziel. Die Benchmark selber ist performance-unabhängig.
  • Passive Vermögensverwalter (z.B. ETF-Anbieter) hingegen investieren in ein Portfolio, das einem Index folgt. Deren grundlegende Frage ist: Welche Strategie, welches Thema, welche Region, welcher Sektor könnte eine günstige Investitionsmöglichkeit für Investoren sein? Der ETF-Anbieter bildet einen Faktor/Risikomodell-basierten Index ab, z.B. einen Low-Volatility-Index, einen Momentum-Index oder einen Qualitätsindex.

Sowohl für den aktiven als auch den passiven Vermögensverwalter hat „das Abbilden des Marktes“ die gleiche Bedeutung. Für letzteren spiegelt das Indexkonzept jedoch eine Anlagestrategie wider. Mit anderen Worten: Aktive Manager nutzen die Benchmark, um den Gesamtmarkt zu verfolgen. Sie agieren daher performance-unabhängig, solange die Performance mit der Gesamtperformance des Marktes übereinstimmt. Für passive Investoren hingegen stellt der Index eine Anlagestrategie mit dem Ziel dar, eine langfristig positive Performance zu erzielen. In beiden Fällen ist der Index regelbasiert, d. h. er unterliegt keinen diskretionären Ermessensentscheidungen.

Die Zusammenstellung eines Index, der den Markt genau abbildet, erfordert die Berücksichtigung von drei Hauptfaktoren: 1.) eine Reflexion über die Marktdynamik; 2.) die Einhaltung der jeweiligen Regeln; 3.) die Verhinderung von Manipulationen.

  1. Reflexion über die Marktdynamik: Diese erfordert, dass genügend Daten berücksichtigt werden, da Daten der Hauptbestandteil jeder Benchmark sind. Werden zu wenig Daten berücksichtigt, birgt dies das Risiko, dass ein Markt nicht ausgewogen dargestellt wird.
  2. Einhaltung entsprechender Regeln: Um vollständig regelbasiert und transparent zu sein, muss die Methodik eines Index unter allen Marktbedingungen anwendbar sein.
  3. Verhinderung von Manipulationen: Interne betriebliche Prozesse müssen so gestaltet sein, dass eine Manipulation des Index unmöglich ist. Das war zuletzt ein Problem im Zusammenhang mit dem LIBOR-Skandal im Jahr 2011. IOSCO, die Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden, hat die „IOSCO Principles for Financial Benchmarks“ definiert. Diese bestehen aus insgesamt 19 Prinzipien, an die sich Indexanbieter halten müssen. LIMEYARD hat diese allesamt umgesetzt und lässt die Einhaltung jährlich überprüfen.

Die Schaffung des LIMEYARD Crypto Asset Index (LYCAI)

LIMEYARD und Decentriq standen bei der Schaffung eines umfassenden Krypto-Marktindex vor zwei grossen Herausforderungen: Wie geht man mit (1) einem hochdynamischen Markt um, der in seiner Gesamtentwicklung durch zahlreiche, teilweise unbekannte Faktoren, beeinflusst ist. Wie handhabt man (2) zudem die praktischen Anforderungen, um den Index regel-basiert, transparent und konform zu machen. Aus dieser anspruchsvollen Aufgabe resultierte schließlich der LIMEYARD Crypto Assets Index (LYCAI), der die 20 größten öffentlich handelbaren Krypto-Assets umfasst.

Um Bestandteil des LYCAI zu sein, muss ein Krypto-Vermögenswert mehrere Parameter erfüllen. So sollte er eine ausreichende Robustheit, Liquidität und Handelbarkeit gewährleisten. Der Index wird rund um die Uhr in Echtzeit berechnet, wobei die Handelsdaten von acht verschiedenen Börsen verwendet werden. Dass die Daten von mehreren vertrauenswürdigen Börsen kommen, erhöht die Robustheit des Index gegenüber Ausfällen auf Börsenebene und Preismanipulationen, was eine angemessene Darstellung des zugrundeliegenden Marktes ermöglicht. Die ausgewählten Börsen verfügen über eine vergleichsweise hohe Liquidität. Darüber hinaus berücksichtigt LIMEYARD nur Vermögenswerte, die an mindestens zwei vertrauenswürdigen Börsen gehandelt werden. Dadurch wird sichergestellt, dass, falls eine Handelsbörse technische Probleme haben sollte, der Index weiterhin mit Preisdaten über den gesamten vordefinierten Anlagensatz versorgt wird. Der Algorithmus zur Aggregation der Preisdaten berücksichtigt sowohl das Volumen als auch Ausreißer und reduziert unerwünschte Ausschläge auf das Indexniveau, die in einem jungen und fragmentierten Markt wie dem Krypto-Markt eben auftreten können. Darüber hinaus kommen nur Vermögenswerte in Frage, die beim Handelsvolumen unter den ersten 60 Prozent liegen.

Zudem berücksichtigt der Index nur solche Vermögenswerte, deren Protokolle nicht darauf ausgelegt sind, Anonymität zu gewährleisten. Auf diese Weise soll vermieden werden, dass der Index mit illegalen Transaktionen in Verbindung gebracht wird und dass ein gewisses Mass an Transparenz für Steuerzwecke gewahrt wird. Mit diesem Kriterium haben LIMEYARD und Decentriq die Bedenken der Regulierungsbehörden aufgegriffen und versucht, den Verstoss gegen die KYC/AML-Standards bei der Verwendung des LYCAI als Basiswert für Finanzinstrumente zu begrenzen. Um eine echte Diversifikation zu ermöglichen und die Bitcoin-Dominanz innerhalb des Marktes auszugleichen, glättet der Index die Marktkapitalisierung der einzelnen Indexwerte durch einen exponentiellen gleitenden Kursdurchschnitt über den Monat vor dem jeweiligen Stichtag. Die Gewichtungen werden von einer Sigmoid-Funktion abgeleitet, die hohe Werte bestraft, ohne ein striktes Limit festzulegen. Durch die Gewichtungsmethode ist die Allokation grosser Vermögenswerte im Vergleich zu anderen Indizes ausgewogen. So betrug beispielsweise die Gewichtung von Bitcoin und Ethereum per Ende Oktober 2018 39,30 Prozent bzw. 17,80 Prozent. Im Vergleich dazu liegen die Gewichtungen beim Crypto Markt Index bei mehr als 60 Prozent bzw. 13 Prozent und 30 Prozent (Cap) bzw. 23,46 Prozent für den Bloomberg Galaxy Crypto Index.

Der LYCAI-Index ist also als echte Benchmark für die Bemessung von Krypto-Fondsperformance anzusehen. Der Index erfüllt alle IOSCO-Anforderungen sowie die aktuellen Bedenken der Regulierungsbehörden, welche diese in Bezug auf Krypto-Assets ausdrücklich geäußert haben.

Ein Krypto Index für Insitiutionelle Investoren

Unterschiedliche Kunden haben allerdings unterschiedliche Anforderungen. Aus diesem Grund haben wir den LY Incrementum-Index an die Erfordernisse von Incrementum angepasst. Um in der Praxis vollständing replizierbar zu sein, bedarf es im Bereich von Krypto Investments noch ein paar Nebenbedingungen. Auf dem LIMEYARD Crypto Asset-Index aufbauend zeichnet sich der LY Incrementum-Index durch folgende Abweichungen aus:

  • Krypto-Assets im Index müssen mittels Cold-Storage-Hardware-Einrichtungen aufbewahrt werden können, um so von Schweizer Versicherungsgesellschaften versichert zu werden.
  • Krypto-Assets müssen eine Marktkapitalisierung von mehr als 500 Millionen Dollar haben.
  • Die Anzahl der Krypto-Vermögenswerte wird auf zehn beschränkt, um die Transaktionskosten für das Rebalancing zu reduzieren.

Dieses leicht überarbeitete Indexkonzept erweist sich als sehr solide. So liegt die Einjahresrendite bei 16,10 Prozent, während der LYCAI eine Einjahresrendite von 0,58 zu verzeichnen hat. Die einjährige annualisierte Volatilität beträgt 96,49 Prozent, verglichen mit 97,06 Prozent bei LYCAI. Die einjährige Volatilität wird hauptsächlich von Bitcoin getrieben, dem grössten Vermögenswert in beiden Indizes. Zudem macht die geringere Anzahl von Assets im LY Incrementum Index den Index handelbarer als das Gegenstück des LYCAI, der in erster Linie den gesamten Krypto-Markt repräsentieren soll.

Abschliessendes Fazit

Das auf der CME-Plattform gehandelte Volumen von Bitcoin-Futures wächst stetig und das durchschnittliche Tagesvolumen liegt derzeit bei mehr als 162 Millionen USD. Verschiedene führende Investmentbanken und traditionelle Börsen führen interne Projekte durch, um nicht nur die Handelbarkeit von Bitcoin, sondern auch die von anderen Krypto-Assets weiter voranzutreiben. Viele Projekte wurden bereits angekündigt, andere werden voraussichtlich in Kürze bekannt gegeben werden. Aus diesem Grund investiert LIMEYARD weiterhin in strategische Partnerschaften und in die Entwicklung einer breiteren Krypto-Indexfamilie. Schließlich sollen auch Anlagestrategien für das Segment der passiven Vermögensverwaltung abdeckt werden.

Quartalsrückblick Q4 2018: Crypto Winter Edition

Crypto Winter Edition

“Die Idee, eine Alternative zum traditionellen Papiergeld zu haben, ist attraktiv, besonders heute, da die Kaufkraft der großen Währungen gefährdet ist und das Vertrauen, das sie zur Arbeit benötigen, sinkt. Die Zentralbanken konzentrieren sich nicht mehr auf ihre Pflicht, den Wert des Geldes zu schützen, sondern haben sich dem Druck gebeugt, den die Regierungen auf sie ausgeübt haben, um überdimensionale öffentliche Schulden zu finanzieren.“

Prinzessin Gisela von und zu Liechtenstein

Key Takeaways

  • Die Bruttogewinnmargen beim Mining von Bitcoin und Ethereum sind auf 30% bzw. 15% gesunken. Trotzdem wird es nicht zur von Skeptikern befürchteten „Todesspirale“ kommen, da ausrechend viele Miner weiterhin tätig bleiben aufgrund fallender „Difficulty“.
  • Das Gerücht, dass Goldman Sachs’ Krypto Trading Desk abgesagt wurde, ist „Fake News“. Goldman Sachs baut nicht nur einen Trading Desk auf, sondern arbeitet auch an einer Digital Asset Custody-Lösung.
  • Aufgrund der hohen Volatilitäten im vergangenen Jahr ist die Nachfrage nach Stable Coins gestiegen. An diverse interessante Projekte wird derzeit gearbeitet.

Der Krypto-Winter ist im vollen Gange. Im Hintergrund arbeiten die großen Player am Ausbau der Infrastruktur, während Behörden die Trümmer des ICO-Hypes aufräumen

Rund zehn Jahre nach der Veröffentlichung des berühmten Whitepapers von Satoshi Nakamoto ist zum Thema Bitcoin-Geburtstag fast alles gesagt. Deshalb gehen unsere Grüße nicht an den oder die mysteriösen Erfinder der Kryptowährung, sondern an Alicia Florrick. Die sympathische (und fiktionale) Anwältin aus der Hit-Serie „The Good Wife“ (CBS) hatte schon 2012 in einem Fall mit Bitcoin zu tun. Das war spannend, das war neu und es war wohl die allererste Bitcoin-Referenz in einer Mainstream-Fernsehsendung. Den Drehbuchautoren gebührt Lob. Nicht nur, weil sie Bitcoin zum Thema gemacht haben, als die Kryptowährung gerade einmal drei US-Dollar wert war. Sondern auch, weil sie das neuartige Ding binnen weniger Minuten gut erklären konnten, in einer simplen Szene, in der Alicias Kinder im Teenager-Alter ihr das Thema Bitcoin Schritt für Schritt beibringen. Die Zuseher wurden nicht nur unterhalten, sondern auch gut informiert. Andere sind beim Thema Bitcoin hingegen oft gescheitert.[1]

Als die Simpsons ein Jahr später Bitcoin erwähnten, geschah das nur nebenbei, im Scherz (S25E07). Protagonist war in diesem Fall Krusty, der Clown. Auf Lisa Simpsons Frage, ob er denn pleite sei, antwortete dieser in der Folge „Yellow Subterfuge“: „Ja. Alles was es braucht ist ein bisschen Pech auf der Rennstrecke, mehr Pech im Bitcoin-Markt und ein großes Investment in einen Anbieter für high-end Lesezeichen.“[2] Diese eher depressive Perspektive passt gut zum vergangenen Jubiläumsjahr für Bitcoin.

Was die Preisentwicklung angeht, war 2018 quasi das Gegenteil von 2017. Nach der Euphorie kam die Ernüchterung. Nach dem Boom der Bust. Auf 20.000 USD folgten 10.000. Dann wurde die Marke von 6.000 USD lange gehalten. Bis Ende November. Da ging es, ausgelöst von einem Streit in der Bitcoin Cash Community, noch einmal rasant nach unten. Bitcoin rutschte in die Gegend von 3.000 USD. Die Medien veröffentlichten Nachrufe auf die Kryptowährung.[3] Wieder einmal.[4]

Erklärungen, was Bitcoin eigentlich ist, waren nicht mehr notwendig. Jahre nach dem Auftritt bei „The Good Wife“ und den „Simpsons“ ist Bitcoin tatsächlich im Mainstream angekommen. Es war ein weiter Weg. Die Kollegen vom „Breaker Magazine“ haben eine ganze Liste mit Bitcoin-Referenzen in der Popkultur aus den vergangenen zehn Jahren erarbeitet. Und sich die Frage gestellt, was „Bitcoin im Mainstream“ eigentlich bedeutet. Geht es um den Preis? Geht es um die Nutzung der Kryptowährung im Kaffeehaus? Oder geht es um die Bekanntheit? Diese Fragen stellen wir uns auch.[5]

Der Crash und die Folgen

Seit dem Bitcoin-Megaboom ist ein Jahr vergangen. Was den Preis betrifft, so wissen wir immer noch nicht, ob nach einem Jahr Bärenmarkt inzwischen ein Boden erreicht wurde. Auch nicht nach dem jüngsten Abverkauf. Als wir diese Zeilen schreiben, befindet sich der Preis gerade knapp über der Marke von 4.000 USD.

Freilich: Seit der ersten Erwähnung von Bitcoin bei „The Good Wife“ hat sich der Preis zuerst auf 30 USD verzehnfacht. Und ist in der Folge –noch einmal um mehr als 10.000 Prozent gestiegen. Die ersten zehn Jahre der Kryotowährung sind eigentlich eine unglaubliche Erfolgsgeschichte. Auch preislich.[6] Aber all das scheint nach dem deprimierenden Jahr 2018 niemanden zu interessieren. Bitcoin musste seinen Geburtstag mit einer Träne im Auge begehen.

Zuletzt wurde sogar über eine Spirale des Todes debattiert. Einige argumentieren, dass die Miner ihre Tätigkeit einfach einstellen werden, wenn der Preis unter die Produktionskosten fällt. Das wäre tatsächlich eine Katastrophe, wie der Skeptiker Atulya Sarin argumentiert:

„Wenn der Bitcoin-Preis unter die Mining-Kosten fällt, verschlechtert sich der Anreiz, Bitcoin zu schürfen. Das stürzt Bitcoin in eine Todesspirale. Ohne die Mining-Aktivitäten, die den Ledger erhalten, der die Aufzeichnungen erfasst, wird Bitcoin wertlos.“[7]

Diese Sicht der Dinge ist nicht neu. Dieselbe Debatte gab es schon 2011. Heute ist die Industrie zwar deutlich größer, die Antwort auf die Angstmache bleibt aber dieselbe. Wie damals übersehen die Propheten des Todes von Bitcoin die Nuancen in der Game-Theorie hinter der Kryptowährung. Satoshi Nakamoto hat das Netzwerk sehr wohl auf einen raschen Preisverfall vorbereitet. Alle 2016 Blocks wird die Difficulty angepasst. Fällt der Preis und schrumpft die Zahl der Miner, wird es für die verbliebenen leichter, neue Bitcoins zu erzeugen. Das Argument der Todesspirale fußt auf der Annahme, dass der Preis so schnell fällt und die Miner so schnell aufgeben, dass das System nicht rechtzeitig mit der Anpassung der Mining-Difficulty nachkommt.

Aber auch für dieses Problem gibt es Lösungen. Andras Antonopoulos erklärt:

„Wenn die Miner warten bis die Difficulty gesenkt wird, dann macht jeder Miner, der wartet, mehr Profit weil sie jetzt einen größeren Anteil an der Mining-Power haben als zuvor.“[8]

Außerdem muss man bedenken: Miningkosten sind nicht überall gleich, jeder Miner hat seine eigenen Berechnungen. Auch mit Verlust zu Minen, ist manchen eine Zeit lang möglich. Und wenn alle Stricke reißen, gibt es immer noch die Option einer Hard Fork, was die sofortige Anpassung der Difficulty ermöglichen würde. Das wäre der äußerste Schritt.[9]

Das soll freilich nicht heißen, dass die Miner den Preisverfall unversehrt überstehen. Die Lage ist durchaus dramatisch. Bitcoin-Miner sind an gewaltige Margen von bis zu 50 Prozent gewohnt. Seit dem Preisverfall ist die Lage härter, wie BitMEX ausgerechnet hat. Aktuell liegen sie nur noch bei 30 Prozent für Bitcoin und bei 15 Prozent für Ethereum. Es gibt auch eine Reihe von Miningfirmen, die sich verschätzt haben, und schon aufgeben mussten. Die Bereinigung des Marktes findet während des Preisverfalls also nicht nur bei den Kryptoprojekten statt, sondern auch im Miningsektor.[10]

Und wenn es um Bitcoin als Währung geht, sieht es noch düsterer aus. Die Experten überschlugen sich rund um den 10. Geburtstag im Oktober 2018 mit Feststellungen zu Bitcoins Irrelevanz als Zahlungsmittel. Ist eine Kostprobe gefällig? Hier ist Samuel Murrant, Analyst für den Zahlungsverkehr bei GlobalData: „Ende 2018 haben Krytowährungen generell nur eine sehr limitierte Relevanz für die Bewegung von Geld rund um die Welt. Bitcoin ist zweifellos ein wertvoller Rohstoff und mit Abstand die bekannteste und wichtigste Kryptowährung. Aber es ist eigentlich keine Währung. Es wird nur für wenige Zahlungen eingesetzt. Zwischen Parteien, denen die Anonymität wichtig ist. Oder zwischen den wahren Jüngern, die immer noch an das globale Potenzial des Systems glauben.“[11]

Aber das ist ein sehr eindimensionaler Blick auf Bitcoin und Murrant weiß das auch. In weiterer Folge schreibt er: „Bitcoin ist eher mit Gold zu vergleichen als mit Geld. Es ist ein Wertspeicher und, wegen seiner Seltenheit als wertvoll erachtet und auf der Basis von Annahmen über seinen Wert gehandelt.“

Bitcoin hat sich also seine eigene Assetklasse geschaffen: Krypto. Dass hier eine Blase geplatzt ist und noch immer Luft entweicht, ist nicht zu übersehen. Wir haben schon in unserem allerersten Report von Dezember 2017 vor dem ICO-Boom und seinen Folgen gewarnt. In der Märzausgabe dieses Jahres hatten wir einen Artikel geschrieben mit dem Titel „Droht uns ein Krypto-Winter?“. Derzeit herrscht auf der nördlichen Hemisphäre der meteorologische Winter, global allerdings tiefster Krypto-Winter. Diese Bereinigung scheint vorerst noch nicht zu Ende zu sein.

Aus ökonomischer Sicht ist das positiv, weil nach einer Bubble nur ein Crash die Basis für neues, nachhaltiges Wachstum legen kann. Aber leider ist Krypto, das inzwischen auch von Morgan Stanley als „institutionelle Anlageklasse“ gesehen wird, so jung, dass wir nur geringe Erfahrungswerte damit haben, wie lange so eine Bereinigung dauern könnte.[12] Wir können nur abwarten und beobachten, wie die großen Player sich für die nächste Phase in Stellung bringen. Und da tut sich, wie wir seit mehr als einem Jahr regelmäßig dokumentieren, verdammt viel.

Der zweite Sektor, wo Bitcoin und die Blockchain fraglos für Innovation gesorgt hat, ist der Zahlungsverkehr und das Gebiet der Währungen generell. Nicht unbedingt, weil Bitcoin sich selbst als Zahlungsmittel durchgesetzt hat. Wir wissen, dass das nicht geschehen ist. Der wahre Durchbruch ist die Mainstream-Akzeptanz für digitale Währungen an sich und „private“ digitale Währungen generell. Hier tut sich so viel, dass auch die Notenbanken inzwischen nicht mehr zusehen können. Kryptowährungen bieten sich in einer digitalen Welt als Alternative zu Euro, US-Dollar oder Pfund an.

Und auch einen dritten Sektor hat Bitcoin maßgeblich beeinflusst. Die Cyberkriminalität, leider. Schon beim zweiten Auftauchen von Bitcoin bei „The Good Wife“ im Jahr 2013 ging es um eine Ransomware-Erpressung. Die gute Nachricht: Branche und Aufsichtsbehörden bekommen das Thema Betrug im Kryptosektor immer besser in Griff. Aus unserer Sicht ist das sehr positiv für den Sektor. Das Jahr mag preislich deprimierend gewesen sein. Aber das sorgt nicht nur für eine automatische Marktbereinigung. Es gibt auch den Aufsehern Zeit, Betrüger zu jagen. Die SEC hat sogar erstmals Prominente bestraft, weil sie für Scamcoins Werbung gemacht haben. Dazu später mehr.

Assetklasse und Adoption

Werfen wir zuerst einen Blick auf die Entwicklungen bei der „Assetklasse Krypto“. Wir beobachten diesen Bereich, seit es ihn gibt. Der Preisrückgang hat auch hier das Tempo gedrosselt. Oder, wie es Michael Novogratz, einer der bekanntesten Krypto-Investoren ausdrückt: „Eine Sache, die man hier lernt, ist: Alles dauert ein bisschen länger als man hoffen würde.“ Die Marke von 10.000 USD werden wir 2018 nicht mehr sehen, musste der Bitcoin-Bulle neulich eingestehen. Seine Firma, Galaxy Digital Holdings, musste heuer bereits mehr als 150 Millionen USD an Verlusten verbuchen. Aber Novogratz, einer der bekanntesten Bitcoin-Verfechter an der Wall Street, will nicht aufgeben.[13] Im Gegenteil: Novogratz, selbst ein ehemaliger Partner bei Goldman Sachs, ist gemeinsam mit der Investmentbank zuletzt bei BitGo Holdings eingestiegen. Goldman und Novogratz Galaxy Digital Ventures erhoffen sich von dem Start-Up eine Lösung für das weiter ungelöste Problem der Verwahrung von Kryptoassets. Die US-Regulatoren verlangen von den Geldmanagern nämlich die Lagerung von Assets bei so genannten „qualifie d custodians“. Die traditionellen Player in diesem Sektor bleiben dem Kryptomarkt bisher fern. Aus Angst vor Hackern und wegen der immer noch herrschenden Rechtsunsicherheit.[14]

„Wenn man in irgendein anderes Asset investiert, hat man wahrscheinlich nicht die Angst, dass es einfach verschwinden könnte. Aber hier haben einige Leute noch diese Angst“, so Mike Belshe, BitGos Mitbegründer und CEO in einem Interview mit Bloomberg. Seine Firma hat inzwischen rund 70 Millionen USD durch Fundraising eingesammelt. Das in Palo Alto angesiedelte Unternehmen wurde 2013 gegründet und bietet digitale Wallets an, die für Transaktionen multiple Signaturen benötigen. Zudem werden auch Offline-Safes für Bitcoin und andere Währungen angeboten. Aktuell verwaltet man 75 verschiedene Kryptoassets und ein Gesamtvolumen von rund zwei Milliarden USD, so das Unternehmen. Der Einstieg von Novogratz und Goldman Sachs könnte BitGo aber auf ein ganz neues Level befördern.

Goldman Sachs gehört an der Wall Street sicherlich zu den mutigsten Banken, was Bitcoin und Co. betrifft. „Wir glauben, dass die Frage der Aufbewahrung ein logischer Schritt in Richtung der Rolle als Market Maker für digitale Assets ist“, so Goldman Sachs-Sprecher Michael DuVally. Meldungen, denen zufolge Goldman Sachs seine Pläne für einen eigenen Krypto-Tradingdesk angesichts des Preisrückganges wieder gestrichen habe, bezeichnete die Bank zuletzt als „Fake News“. Man hält der neuen Assetklasse also sehr wohl die Stange, sieht sich aber mit ungewöhnlichen Herausforderungen konfrontiert. Angeblich arbeitet Goldman Sachs auch an einer eigenen Lösung für Bitcoin-Custodianship.

Fest steht: Solange diese Fragen nicht geklärt sind, bleibt der Kryptomarkt sowohl für den „normalen“ Kleinanleger als auch für alle institutionellen Investoren verschlossen. In dieser Ausgabe widmen wir ein gesamtes Kapitel Lösungsansätzen für die sichere Verwahrung, die bereits bestehen oder gerade live gehen.

Ein weiterer wichtiger Player, der in diesem Bereich gegen Goldman Sachs antreten will, ist Fidelity Investments. Die Firma, die im traditionellen Geschäft Kundengelder in der Höhe von 7,2 Billionen USD verwaltet, hat im Oktober eine eigene Krypto-Tochter gegründet. Unter dem Namen Fidelity Digital Asset Services soll ein Service entstehen, der es Kunden ermöglicht, Bitcoin auf verschiedenen Börsen zu den besten Preisen zu handeln. „Cold Storage“, also die vor Hackern sichere Verwahrung ohne Internetanbindung, soll von Anfang an zum Paket gehören.[15]

“Wenn man sich die existierende Infrastruktur ansieht, dann merkt man schnell: Die ist sehr stark auf Retail Investoren und Früheinsteiger ausgerichtet“, sagte Tom Jessop von Fidelity: „Das Timing ist gut, wir haben in den vergangenen Monaten ein Wachstum der Nachfrage beobachten können.“ Fidelity habe bereits seit 2014 mit Bitcoin experimentiert und sogar hunderte Bitcoin selbst geschürft. Selbst in der Kantine kann man inzwischen mit Bitcoin bezahlen. „Die Frage ist, wie bleiben wir vor der Konkurrenz? Welche Innovationen braucht es und wie bekommen wir neue Produkte auf die Plattform“, fragt Jessop.

Es ist dabei keinesfalls so, dass alle institutionellen Investoren lediglich an der Seitenlinie sitzen und warten. Tatsächlich dürften sie inzwischen sogar die reichen Privatpersonen als die größten Käufer von Kryptowährungen abgelöst haben. Die Trades finden dabei meist direkt zwischen den Investoren und große Minern bzw. Personen mit einem großen Bitcoin-Vermögen statt. Dieser OTC- Markt sieht aktuellen Schätzungen zufolge täglich ein Volumen von 250 Millionen USD bis 30 Milliarden USD.[16]

Zum Vergleich: An den Börsen werden laut „coinmarketcap.com“ täglich Kryptoassets im Wert von rund 15 Milliarden USD gehandelt, wobei einige der dort gelisteten Börsen als wenig seriös gelten und man ihre Zahlen mit Skepsis betrachten sollte. An der Universität Liechtenstein wird hierzu zurzeit eine umfangreiche Analyse durchgeführt, die sich mit der tatsächlichen Markttiefe der Kryptoassets auseinandersetzt. Die Ergebnisse der Studie werden wir sicherlich in einer der nächsten Ausgaben behandeln.

Fraglos hat auch der OTC-Markt unter dem Preisrückgang gelitten. Dennoch sei hier Wachstum zu beobachten, sagt Jeremy Allair, CEO von Circle Internet Financial aus Boston: „Wir sehen im OTC-Business derzeit dreistellige Wachstumsraten. Es ist ein wichtiger Wachstumssektor.“ Dieses Wachstum dürfte anhalten, solange institutionelle Investoren in den Markt eintreten. Denn sie benötigen oft mehr Coins, als an den Börsen überhaupt angeboten werden. Oder sie haben Angst davor, den Preis durch den eigenen Kauf oder Verkauf zu stark zu bewegen. Deswegen suchen sie sich abseits der Börsen Handelspartner für diese großen Deals.

All das bleibt den großen Wall Street Banken nicht verborgen. Von Goldman Sachs und Fidelity haben wir ja schon gehört. Aber niemand will zurückbleiben, wie es aussieht. Auch Morgan Stanley, Citigroup und Bank of America/Merrill Lynch arbeiten Medienberichten zufolge an eigenen Bitcoin-Produkten, um die Nachfrage der Kunden zu befriedigen.[17] Auch Russlands Gazprombank wagt sich über eine Tochter in der Schweiz in den Markt.[18]

Und dann sind da noch die großen US-Universitäten, die ihre Einnahmen und Spenden in Endowments verwalten. 96 Prozent der Uni-Geldmanager geben noch an, vom Kryptomarkt nichts wissen zu wollen. Aber einige klingende Namen wie Harvard, Stanford und das MIT sind schon im Geschäft.[19]

Dasselbe gilt für Yale. Die Eliteschule hat zuletzt in den Paradigm Fonds investiert, den ehemalige Mitarbeiter von Coinbase, Sequoia Capital und dem Kryptofonds Pantera Capital gestartet haben. Insgesamt stecken rund 400 Millionen USD an Investorengeldern in diesem Fonds. Wieviel davon aus der 30 Milliarden Dollar USD schweren Geldbörse von Yale stammen, ist aber nicht bekannt. Der Schritt gilt aber als signifikant, denn Yales Geld wird von David Swensen verwaltet.[20]

Swensen gilt als Pionier unter den institutionellen Investoren und hat in den vergangenen Jahrzehnten einige der College Endowments mit der besten Entwicklung verwaltet. Er konzentriert sich auf lange Zeithorizonte und oft auf Märkte mit wenig liquiden Assets. Viele andere Unis versuchen es ihm nachzumachen. Unter Swensen hat Yale eine Rendite von fast 12 Prozent jährlich gesehen – über die vergangenen 20 Jahre. Insgesamt stecken mehr als 500 Milliarden USD in den Fonds der US-Colleges.[21]

Zwei wichtige Player haben zuletzt ihr Interesse am Kryptomarkt zwar unterstrichen, den Zeitplan aber den neuen Preisgegebenheiten angepasst. So hat Bakkt, die Krypto-Plattform von Intercontinental Exchange, den Start der eigenen Bitcoin-Futures auf Ende Jänner verschoben. „Wie so oft bei der Einführung neuer Produkte, gibt es neue Prozesse und Risken, auf die man sich vorbereiten muss. Bei Krypto geht es um eine neue Assetklasse und wir müssen Ressourcen bündeln“, sagte Bakkt CEO Kelly Loeffler. Die Partnerschaften zwischen ICE, Mutter der New York Stock Exchange, und Starbucks sowie Microsoft sind weiter aktuell. Neue Details gibt es aber derzeit nicht.[22]

Auch die Technologiebörse Nasdaq will weiter am Plan festhalten, mit Futures-Kontrakten in den Markt einzusteigen. Losgehen soll es im ersten Quartal 2019. Noch befindet man sich aber in Gesprächen mit der US-Aufsichtsbehörde CFTC. Soll heißen: Nichts ist fix.[23]

M&A und Europa

Eine andere Variante, am Kryptokuchen mitzunaschen, ist selbst unternehmerisch tätig zu werden oder andere Firmen aufzukaufen. Wir haben schon mehrmals geschrieben, dass der Marktcrash der vergangenen Monate gut für Bitcoin und Co. sein kann, weil unseriöse Projekte dadurch unrentabel werden oder vielleicht sogar verschwinden. Gleichzeitig wird der Sektor konsolidiert und die zahlungskräftigen Firmen gehen auf Einkaufstour. Schon bis Oktober ist die Zahl der Zusammenführungen und Zukäufe (M&A) im Kryptosektor im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 200 Prozent gestiegen. Mindestens 30 waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen.[24]

Der Kryptosektor ist global und bisher passenderweise ohne wirkliches Finanzzentrum. Einer der größten und interessantesten Deals hat sich deshalb nicht in den USA abgespielt, sondern in Europa. Da hat die belgische Investmentfirma NXMH gerade die Börse Bitstamp gekauft und dafür bar bezahlt. Der Kaufpreis wurde nicht genannt. Vor zwei Jahren wurde Bitstamp, die größte Börse in der Europäischen Union, mit rund 60 Millionen EUR bewertet. Es ist davon auszugehen, dass die Bewertung für den Verkauf nach dem Boom von 2017 deutlich höher war. Bitstamp hat mehr als drei Millionen registrierte Nutzer und einen täglichen Handelsumsatz von 100 Millionen USD. Für die beiden Gründer Nejc Kodrič und Damian Merlak war der Deal auf jeden Fall erfolgreich. Sie hatten Bitstamp im August 2011 in Slowenien gegründet, in einer Garage. Ihr Startkapital: Ein Server, ein paar Laptops und eintausend Euro in bar. Heute ist Bitstamp in Luxemburg registriert. Das soll auch nach dem Deal so bleiben.[25]

Zwei weitere Anekdoten aus Europa, diesmal aus dem uns sehr nahestehenden deutschsprachigen Raum. Wir wissen aus den vergangenen Crypto Research Reports, dass die Schweiz sich aktiv um Blockchain- und Bitcoin-Firmen bemüht. Wie wir in unserer Oktober-Ausgabe ausführlich berichteten, plant die Regierung in Liechtenstein ein eigenes Gesetz, das jetzt bereits von vielen als vorbildlich gelobt wird. Aber auch der Riese Deutschland ist keineswegs inaktiv. Die Hipster-Hauptstadt Berlin hat eine lebhafte Kryptoszene. Jetzt gibt es einen Vorstoß aus der Partei von Regierungschefin Angela Merkel. Die CDU will aus Deutschland das ICO-Land Nummer eins machen. Inklusive deutscher Ordnung und deutscher Gründlichkeit, versteht sich. Anders als in Liechtenstein gibt es hier aber noch kein neues Gesetz, sondern nur den Traum vom „Blockchainfinanzplatz Deutschland“.[26]

Wieder anders geht es Österreich an. Auch hier will man ICOs Rechtssicherheit geben. Eine entsprechende Arbeitsgruppe soll bis Ende des Jahres 2o18 Ergebnisse vorlegen, dann wird es ein neues Gesetz geben. Im Kleinen tut sich aber jetzt schon sehr viel. So hat die Staatsdruckerei gemeinsam mit dem Grazer Unternehmen Coinfinity eine Lösung für die physische Offlinespeicherung von Bitcoin-Private-Keys entwickelt, die den Namen Chainlock trägt. Chainlock ist eine Lösung des Custodian-Problems, aber eher für Privatpersonen, nicht für institutionelle Investoren.[27]

Und der Wiener Anwaltskanzlei Stadler & Völkel[28] ist es gelungen, von der Aufsichtsbehörde erstmals ein Kapitalmarktprospekt für ein STO, ein Security Token Offering, genehmigt zu bekommen. Ein STO kann man als Weiterentwicklung des ICO verstehen. Die Halter von Security Token haben wie etwa Aktienbesitzer auch verbriefte Rechte und sind nicht einzig von der Preisentwicklung eines erworbenen Tokens abhängig, wie es etwa bei ICOs der Fall war. Im Gegenzug sind die Security Token denselben Regeln unterworfen wie andere Wertpapiere auch. Deshalb braucht man in Österreich etwa die Genehmigung durch die Finanzmarktaufsicht FMA, bevor so ein Token verkauft werden kann. Der Security Token der Firma Hydrominer, deren Prospekt gerade genehmigt wurde, soll im Februar 2019 für Anleger zu bekommen sein.[29]

Notenbanken und Stablecoins

Nachdem wir gerade eine neue Abkürzung gelernt haben (STO) kommt jetzt noch eine: CBDC. Central Bank Digital Currency. Das Thema wird jeden Tag heißer. Wobei bis heute nicht einmal klar ist, wovon wir eigentlich reden. In den Medien wird gerne so getan, als würden Notenbanken, die mit digitalem Geld experimentieren, eigene Kryptowährungen wie Bitcoin entwickeln. Aber so einfach ist das nicht. Tatsächlich gibt es immer mehr Zentralbanken, die sich des Themas annehmen. Aber für sie ist die Blockchain vor allem ein Vehikel, um ein digitales Äquivalent für Cash zu schaffen. Zwar ist der notorische Bitcoin-Kritiker Nouriel Roubini fest davon überzeugt, dass die CBDC der Zukunft Bitcoin verdrängen werden. Weil ja niemand Anarchiegeld akzeptieren würde, wenn er staatliches Geld auch haben könne. Dabei übersieht Roubini aber, dass Bitcoin etwas hat, dass digitale Zentralbankwährungen niemals vorweisen können, nämlich einen deflationären Charakter.[30]

Es ist höchst unwahrscheinlich, dass eine Zentralbank jemals eine Währung begibt, die tendenziell aufwertet. An dieser Stelle ist aber einmal mehr auf den grundlegend unterschiedlichen Charakter dezentraler Kryptowährungen wie z. B. Bitcoin und zentralisierten staatlichen Formen von digitalem Geld hinzuweisen. Staaten haben historisch ein starkes Interesse, über das Geldmonopol zu verfügen, sei es direkt oder indirekt über Zentralbanken, da bei einer Überschuldung die Geldmengenausweitung gerne zur verdeckten Staatsfinanzierung herangezogen wird.

Was heute nicht mehr ganz auszuschließen ist, ist eine „Entnationalisierung des Geldes“, wie sie Friedrich August von Hayek gefordert und vorhergesehen hat. Bei Hayek waren es die Geschäftsbanken, die als Gelderzeuger in den Markt eintreten. Auch das ist noch möglich. Was privates Geld betrifft, stehen wir ganz am Anfang. Aber die wichtigsten Schritte sind getan. Bitcoin ist gerade dabei, sich zu etablieren. Und sogar Christine Lagarde, die einflussreiche Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), ist auf das Thema aufmerksam geworden. Die Notenbanken müssten sich weltweit den neuen Technologien stärker öffnen, sagte sie kürzlich in Singapur. „Ich glaube, wir sollten uns überlegen, eine digitale Währung auszugeben. Es muss eine Rolle für den Staat geben, die digitale Ökonomie mit Geld zu versorgen“, so Lagarde.[31]

Sie spricht von einem „Gegengewicht“ für private Währungen und zeigt damit, dass auch die internationalen Währungsgremien die Existenz von Bitcoin inzwischen als gegeben erachten. Auch will Lagarde, ähnlich wie Hayek, die Banken einbeziehen. Dass diese auch ihr eigenes Geld ausgeben sollen, ist aber nicht Teil des Plans. Lagarde sieht in CBDC vor allem einen Ersatz für das Bargeld: „Eine digitale Währung könnte Vorteile bringen, als letzte Rettung für Zahlungen. Und sie könnte den Wettbewerb vorantreiben, weil sie eine kosteneffiziente Alternative bietet – so wie ihr Großvater, das alte, verlässliche Papiergeld.“ Die vollständige Anonymität von Bargeld sei dann aber dahin, so Lagarde.

Sie schlägt vor, die Transaktionen sehr wohl zu speichern, die Details aber nur im Verdachtsfall an den Staat weiterzugeben. Ein heikler Gedanke – aber nicht vollkommen verrückt – zumindest in Rechtsstaaten, in denen es eine Trennung zwischen Staat und Zentralbank gibt. Lagardes eigene Experten vom IWF sind bei dem Thema übrigens ziemlich skeptisch. So heißt es in einem aktuellen IWF-Artikel zum Thema: „Alles in allem ist es noch zu früh, die Vorteile von CBDCs zu beurteilen. Notenbanken sollten die spezifischen Umstände in ihren jeweiligen Ländern berücksichtigen, den Risiken vorsichtige Aufmerksamkeit widmen und den Vorteilen anderer Lösungen. Es braucht weitere Analysen und Studien der technischen Machbarkeit und Kosten.“

Man muss an dieser Stelle festhalten, dass Zentralbanken notorisch langsam sind, was technische Neuerungen betrifft. Die Pläne für CBDC sind keineswegs ausgereift. Fest steht nur: Wir reden nicht von digitalem Geld, wie wir es bereits kennen. Ein Kontostand ist am Ende eine Forderung an die Bank. CBDC müssen Währungen sein, bei deren Besitz es kein Gegenparteirisiko gibt – also wie bei Bitcoin oder Gold (in eigener Verwahrung). Auch wenn die wahre Motivation von Zentralbanken bzw. IWF hinter dem möglichen Einsatz von digitalem staatlichem Geld der Erhalt des Geldmonopols sein mag, legitimieren die Bemühungen nach eigenem digitalem Geld letztendlich indirekt private Alternativen wie Bitcoin konzeptionell.

Es sollte niemanden überraschen, dass Schweden jenes Land ist, wo die Pläne für eine CBDC am weitesten vorangeschritten sind. Schweden gilt als Versuchslabor einer bargeldlosen Gesellschaft und stößt inzwischen an die Grenzen des Machbaren.

Längst gibt es Proteste von Bürgern gegen die vor allem von den Geschäftsbanken gepushte Abschaffung des Bargelds. Die Notenbank hat auch deshalb das E-Krona Projekt ins Leben gerufen und untersucht gerade die unterschiedlichen technischen Möglichkeiten zur Einführung einer elektronischen Krona. Die Riksbank, die schwedische Notenbank, hat die Regierung jetzt dazu aufgefordert, die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen für eine etwaige Einführung der E-Krona zu schaffen. „Wenn die Marginalisierung von Bargeld weitergeht, kann eine digitale Krona (E-Krona) sicherstellen, dass die Öffentlichkeit noch Zugang zu staatlich garantierten Zahlungsmitteln hat“, so die Riksbank, die zudem folgende Befürchtung äußert: „Wenn wir angesichts der aktuellen Entwicklungen nicht handeln und den Zahlungsverkehr den privaten Anbietern überlassen, wird die Öffentlichkeit ultimativ komplett von privaten Lösungen abhängig sein. Das kann es der Riksbank schwer machen, sichere und effiziente Zahlungssysteme anzubieten.“[32]

Die Riksbank ist übrigens selbst schuld, hat sie doch die Bargeldversorgung in den 1990er-Jahren aus Kostengründen an die Geschäftsbanken abgetreten. Jetzt, da diese das Bargeld immer weiter zurückdrängen, suchen die Notenbanker nach Lösungen.[33]

Im Gegensatz zu Roubini glauben wir jedenfalls, dass diese Entwicklungen positiv für Bitcoin sind. Aus dieser Perspektive erst recht. Nicht nur, weil CBDC die Akzeptanz von digitalen Währungen weiter erhöhen würden und Bitcoin sich in diesem Bereich bereits etabliert hat. Auch nicht, weil das Lightning-Network für Bitcoin immer schneller wächst und damit Kryptowährungen auch für den täglichen Zahlungsverkehr wieder interessant werden. Sondern vor allem, weil Bitcoin den von der Notenbank angedachten Dienst bereits seit zehn Jahren anbietet. Und die Riksbank will sich noch mindestens zwei Jahre Zeit lassen.[34]

In dieser Zeit werden wir auch den dritten Teil des elektronischen Geldsektors weiter wachsen sehen, die so genannten Stablecoins. Das sind Blockchain-Entsprechungen von bestehenden Währungen, also etwa Tether (USD), um das es weiterhin wilde Kontroversen gibt. Inzwischen gibt es auch den Gemini Dollar, TrueUSD und Paxos. Und natürlich USDCoin, hinter der niemand anderer als Circle steckt, in das auch Goldman Sachs investiert ist. USDCoin wird inzwischen sogar vom Bitcoin-Giganten Coinbase eingesetzt und angeboten.[35],[36]

Aktuell gibt es mehr als 50 solche Stablecoins. Manche davon sind gar nicht an eine bestehende staatliche Währung gebunden, die meisten aber schon. Sie erfreuen sich auch wegen der fallenden Preise großer Beliebtheit, weil man seine digitalen Gelder in eine USD-Stablecoin retten kann, um dann zu warten, bis sich der Markt beruhigt hat. Freilich: Die Kontroversen rund um die Ur-Stablecoin Tether reißen nicht ab. Inzwischen untersuchen sogar die US-Behörden Vorwürfe, denen zufolge die Hintermänner von Tether und der Börse Bitfinex den Bitcoin-Preis manipuliert haben sollen.[37]

ICO-Bust und Ausblick

Ob hinter den Vorwürfen gegen Tether etwas steckt, oder ob es sich nur um einen Kampf der Stablecoins handelt, wissen wir nicht. Aber dass der Kryptosektor seit jeher auch fragwürdige Gestalten anlockt, ist bekannt. Insofern ist es sehr positiv, wenn sich die Behörden Krypto-Betrüger vorknöpfen. So geschehen in den USA, wo die Aufsichtsbehörde SEC nach eigenen Angaben dutzende Ermittlungsverfahren in Sachen Krypto am Laufen hat.[38]

Zwei Anbieter von ICOs (Airfox und Paragon Coin) mussten jetzt Strafzahlungen in der Höhe von jeweils 250.000 USD leisten und auch die Investoren kompensieren. Sie führten ihre ICOs durch, obwohl die SEC im Sommer ausdrücklich vor diesem Schritt gewarnt hatte, weil sie ICOs als den illegalen Verkauf von Wertpapieren betrachtet.[39]

Deutlich wirkungsvoller dürften die Strafen der SEC gegen zwei Prominente sein, die Werbung für fragwürdige Kryptowährungen gemacht hatten. Der Boxer Floyd Mayweather und der Hip-Hop-Star DJ Khaled akzeptierten im Rahmen eines Vergleichs Strafen in Höhe von 300.000 USD beziehungsweise 100.000 USD. Auch die Einnahmen aus den Promo-Aktionen in der Höhe von weiteren 300.000 USD beziehungsweise 50.000 USD mussten die Prominenten wieder abgeben. Laut SEC hatten sie auf Social Media Werbung für ICOs gemacht ohne offenzulegen, dass sie dafür bezahlt werden.

Beide Prominente hatten Werbung für Centra gemacht, dessen Hintermänner die SEC schon länger im Visier hat. „Anleger sollten skeptisch sein bei Investmentratschlägen, die auf Social-Media-Plattformen gepostet werden, und keine Entscheidungen auf Basis von Empfehlungen von Prominenten treffen”, warnte Steven Peikin, Co-Direktor der SEC. „Social Media- Influencer“ seien oft bezahlte Promoter.[40]

Während wir es als positiv erachten, dass die Behörden hier eingeschritten sind, so muss man sagen: Es ist wohl ein Tropfen auf den heißen Stein. Anleger sollten extrem vorsichtig mit jeder Form der Information umgehen, die sie aus dem Umfeld der Krypto-Medien und Krypto-Influencer beziehen. Drei voneinander unabhängige Untersuchungen haben gezeigt, dass sowohl die Medien, als auch so genannte Rating-Agenturen und einzelne Persönlichkeiten in den sozialen Medien und auf YouTube hochgradig korrupt sind.

Vielleicht sollte das auch niemanden schockieren, angesichts der Tatsache, dass das Produkt auch als Zahlungsmittel eingesetzt werden kann. Dennoch ist das Ausmaß der Korruption erschreckend, gerade was die ICO-Berichterstattung betrifft. Das „Breaker“ Magazin hat 22 verschiedene Krypto-Medien von einer Fake-Adresse eines angeblichen russischen PR-Mannes aus angeschrieben. Das Ergebnis: mehr als die Hälfte der Websites hätte Geld für Artikel genommen, ohne diese als „Anzeige“ oder „Sponsored“ zu kennzeichnen. Manche waren sogar bereit, vorgefertigte PR-Texte einfach zu übernehmen und als eigenen Text auszugeben. Die kleinsten Websites nahmen weniger als 300 USD. Die größten mehr als 3.000 USD. In jedem Fall erklärt diese Untersuchung, warum es im Internet so viel miserabel geschrieben Texte zu relativ obskuren Coins gibt. Hier wird Werbung gemacht, ohne das publik zu machen. Unter den Websites, die Geld für Berichte nehmen, sind einige der bekanntesten Namen im Kryptosektor. Aber um fair zu bleiben: Rund zehn der angeschrieben Websites haben das Angebot sofort abgelehnt.[41]

Aber News-Websites sind nur die Spitze des Eisbergs. Oft werden die verdeckten Werbekampagnen von so genannten ICO-Agenturen betreut, die Preislisten für verschiedene Kanäle parat haben. Diese Agenturen kümmern sich nicht nur um die Vermarktung einer Coin auf den einschlägigen Websites, sondern sorgen auf Wunsch auch für Kommentare und Traffic in den Telegram-Gruppen und anderen Sozialen Netzwerken. Auch viele Personen, die auf YouTube Cryptocoins oder ICOs besprechen, lassen sich für ihren Service bezahlen. Oft in Ether oder der Coin, die angepriesen werden soll. Die Recherchen von Breaker, Techcrunch und Reuters zeichnen ein Bild einer zutiefst korrupten Industrie, in deren Zentrum die Jagd nach Geld durch ICOs steht.[42],[43]

Wenn der Preisverfall in Kombination mit diesen Recherchen und dem Crack-Down der SEC gegen ICOs und ihre Proponenten dazu führt, dass dieser Sumpf trocken gelegt wird, dann ist das nur zu begrüßen. Auch das ist Teil der Professionalisierung des Sektors, die wir gerade erleben.

Was die Mainstream-Akzeptanz betrifft, so brauchen wir uns keine Sorgen mehr zu machen. Jahre nach dem ersten Auftritt von Bitcoin bei „The Good Wife“ soll bald ein Kinofilm mit Kurt Russel in die Kinos kommen. Der Titel lautet schlicht: „Crypto“.[44]

Kurz vor Redaktionsschluss dieses Crypto Research Reports ist noch diese Nachricht hereingekommen: Der Elektronikgigant Samsung arbeitet – angeblich – an einer Kryptowallet für seine Smartphones. Sollte an diesem Gerücht etwas dran sein, wäre das ein weiterer großer Schritt in den Mainstream. Und eine Bestätigung der alten These: Während die Preise fallen, finden die wahren Innovationen statt. [45]

[1] https://www.youtube.com/watch?v=-fazu1rgr9k

[2] https://www.youtube.com/watch?v=8ovL20iGEac

[3] https://www.marketwatch.com/story/bitcoin-is-pretty-much-dead-says-teenage-crypto-phenom-2018-12-14

[4] https://99bitcoins.com/bitcoinobituaries/

[5] https://breakermag.com/a-comprehensive-list-of-crypto-references-in-pop-culture/

[6] https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-10-30/halloween-birth-of-bitcoin-led-to-unimaginable-gains-in-10-years

[7] https://www.marketwatch.com/story/bitcoin-is-close-to-becoming-worthless-2018-12-03

[8] https://www.marketwatch.com/story/why-bitcoin-by-design-wont-become-worthless-according-to-this-crypto-heavyweight-2018-12-05?mod=newsviewer_click

[9] https://www.theblockcrypto.com/2018/12/04/the-bitcoin-mining-death-spiral-debate-explained/

[10] https://blog.bitmex.com/the-price-crash-the-impact-on-miners/

[11] https://www.globaldata.com/ten-years-bitcoin-now-no-relevance-payments-says-globaldata/

[12] https://www.coindesk.com/morgan-stanley-says-crypto-is-a-new-institutional-asset-class/

[13] https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-10-15/novogratz-says-bitcoin-rally-likely-to-take-place-next-year

[14] https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-10-18/goldman-wades-deeper-in-crypto-betting-on-bitgo-with-novogratz

[15] http://fortune.com/2018/10/15/fidelity-launches-company-help-hedge-funds-big-investors-trade-crypto/

[16] https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-10-01/institutional-investors-are-using-back-door-for-crypto-purchases

[17] https://bitcoinexchangeguide.com/breaking-bank-of-americas-merrill-lynch-to-launch-bitcoin-trading-product-to-rival-goldman-sachs-and-morgan-stanley/

[18] https://gazprombank.ch/news/gazprombank-switzerland-ltd-prepare

[19] https://www.theinformation.com/articles/harvard-stanford-mit-endowments-invest-in-crypto-funds

[20] Wir hatten das Vergnügen mit Mark Yusko ein exklusives Interview zu führen. Auch er war früher für die Investments einer Eliteuniversität verantwortlich und investiert nun zunehmend in Krypto Technologie: https://www.incrementum.li/journal/advisory-board-discussion-q4-2018-blockchain-technology-the-biggest-wealth-creation-opportunity-of-our-lifetime-feat-special-guest-mark-yusko/

[21] https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-10-05/yale-is-said-to-invest-in-crypto-fund-that-raised-400-million

[22] https://www.theblockcrypto.com/2018/11/20/bakkt-has-pushed-back-its-bitcoin-futures-launch-to-2019-but-phase-two-is-still-on-track/

[23] https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-11-27/nasdaq-is-said-to-pursue-bitcoin-futures-despite-plunging-prices

[24] https://www.cnbc.com/2018/10/18/crypto-deal-makers-see-opportunity-in-bitcoins-price-slump.html

[25] https://www.businessinsider.com/r-european-investment-firm-buys-digital-exchange-bitstamp-in-all-cash-deal-2018-10?IR=T

[26] http://www.faz.net/aktuell/finanzen/digital-bezahlen/cdu-vorschlag-deutschland-soll-mekka-fuer-kryptogeld-werden-15887209.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0

[27] https://www.trendingtopics.at/card-wallet-coinfinity-und-staatsdruckerei-bringen-neue-speicherloesung-fuer-bitcoin/

[28] Einer der Partner der Kanzlei, Oliver Völkel, ist dankenswerterweise Mitglied des Advisory Boards dieser Publikation.

[29] https://diepresse.com/home/wirtschaft/recht/5541879/Depot-in-der-Hosentasche_FMA-bewilligt-BlockchainEmission

[30] https://www.project-syndicate.org/commentary/central-banks-take-over-digital-payments-no-cryptocurrencies-by-nouriel-roubini-2018-11

[31] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/diginomics/iwf-chefin-fordert-digitale-waehrungen-15889788.html

[32] http://fortune.com/2018/10/26/sweden-riksbank-e-krona/

[33] https://diepresse.com/home/wirtschaft/kolumnen/wertsachen/5391098/Der-Kampf-gegen-das-Bargeld-ist-klaeglich-gescheitert

[34] https://www.ccn.com/2-million-lightning-network-hits-major-milestone-despite-bitcoin-price-decline/

[35] https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-10-29/stable-coin-backed-by-circle-coinbase-draws-most-early-demand

[36] https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-10-23/crypto-exchange-coinbase-to-list-stable-coin-backed-by-circle?srnd=cryptocurrencies

[37] https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-11-20/bitcoin-rigging-criminal-probe-is-said-to-focus-on-tie-to-tether

[38] http://fortune.com/2018/11/02/sec-ico-report-cryptocurrency-scams/

[39] http://fortune.com/2018/11/16/sec-airfox/

[40] https://diepresse.com/home/wirtschaft/5538851/KryptogeldWerbung_Hohe-Strafen-fuer-Boxer-Mayweather-und-DJ-Khaled

[41] https://breakermag.com/we-asked-crypto-news-outlets-if-theyd-take-money-to-cover-a-project-more-than-half-said-yes/

[42] https://www.reuters.com/article/us-crypto-currencies-promoters-specialre/special-report-little-known-to-many-investors-cryptocurrency-reviews-are-for-sale-idUSKCN1NW17S

[43] https://techcrunch.com/2018/09/18/inside-the-pay-for-post-ico-industry/

[44] https://www.imdb.com/title/tt8563452/

[45] https://www.sammobile.com/2018/12/11/exclusive-samsung-bitcoin-app-cold-wallet-cryptocurrencies/

Verwahrungslösungen für Kryptowährungen

Solutions for Crypto Currencies

Key Takeaways

  • Zu keinem Zeitpunkt sollte ein Anbieter von Krypto-Verwahrungslösungen Zugriff auf die unverschlüsselte Private Key eines Kunden haben. Der Industriestandard für die Schaffung von Private Keys könnten Hardware Security Modules (HSMs) werden.
  • Bei der Bewertung einer Krypto-Verwahrungslösung für Ihr Unternehmen sollten Reputation und Erfahrung berücksichtigt werden.
  • Berücksichtigen Sie jene Eigenschaften, die Ihr Unternehmen bei der Bewertung einer Krypto-Custody-Lösung benötigt, wie Geschwindigkeit, Benutzerfreundlichkeit, Versicherung, konfigurierbare Governance und physische/digitale Sicherheit.

In diesem Artikel untersuchen wir Lösungen für die institutionelle Verwahrung von Kryptowährungen. Kryptowährungs-Custody-Lösungen sind notwendig, da die unsachgemäße Handhabung und Lagerung von Kryptowährungen zum Verlust oder sogar Diebstahl der eigenen Kryptowährungs-guthaben führen können. Selbstverwaltete Kryptowährungskonten sind nicht gegen Verlust oder Diebstahl versichert und die Strafverfolgungsbehörden sind selten in der Lage, gestohlene Kryptowährungen aufzuspüren. Auch von regulatorischer Seite können professionelle Verwahrungslösungen obligatorisch sein, wie dies z. B. bei Investmentfonds der Fall ist. Somit besteht ein erhöhter Bedarf nach professionellen Lösungen.

Nicht jede institutionelle Verwahrungslösung ist gleichwertig

Beginnen wir mit einem kurzen Überblick über einige der Komponenten, die für die Verwendung von Kryptowährung notwendig sind. An erster Stelle steht ein kryptographisches Schlüsselpaar in Form eines öffentlichen Schlüssels (public key) und eines privaten Schlüssels (private key). Der öffentliche Schlüssel wird verwendet, um eine öffentliche Kryptowährungsadresse bereitzustellen, die der Öffentlichkeit frei zugänglich gemacht werden kann. Eine Kryptowährungsadresse ist einer E-Mail-Adresse sehr ähnlich, d. h. jeder, der die Adresse kennt, kann an diese Adresse Coins oder Token überweisen. Eine Kryptowährungsadresse führt Buch über das Saldo und kann Beträge an Kryptowährung empfangen und senden, vorausgesetzt, der Besitzer der Kryptowährungsadresse hat Zugriff auf den zugehörigen privaten Schlüssel. Der private Schlüssel muss immer privat bleiben und ist wie ein Passwort für eine bestimmte Kryptowährungsadresse. Nur der Besitzer einer Kryptowährungsadresse sollte Zugriff auf den privaten Schlüssel haben. Die Offenlegung des privaten Schlüssels gegenüber einem Unbefugten stellt ein Diebstahlsrisiko für das Guthaben einer Kryptowährungsadresse dar. Um über ein Guthaben auf einer bestimmten Kryptowährungsadresse zu verfügen, beispielsweise durch eine Transaktion, ist der Zugriff auf den privaten Schlüssel dieser Adresse erforderlich. Genauso wie man einem unbefugten Dritten keinen Zugriff auf sein E-Mail-Passwort gewährt, muss auch der Zugriff auf einen privaten Schlüssel geschützt sein. Die Kryptowährungsadresse oder der mit einer Kryptowährungsadresse verbundene Saldo ist nicht der zu schützende Vermögenswert. Der zu schützende Vermögenswert ist der private Schlüssel eines Benutzers, der den Zugriff zu einer Kryptowährungsadresse verschafft. Die sichere Lagerung des privaten Schlüssels erfordert demnach äußerste Sorgfalt.

In der vergangenen Ausgabe des Crypto Research Report haben wir uns mit diesem Thema beschäftigt und die gesamte Ausgabe danach betitelt („Handy Theft Edition“). Der Diebstahl von Kryptowährungen ist ein Betätigungsfeld der Cyberkriminellen, denn einmal gestohlen, ist es unmöglich eine Transaktion rückgängig zu machen. Die einzige Möglichkeit, Gelder wiederherzustellen, besteht darin, Zugang zu jenem privaten Schlüssel zu erhalten, der das gestohlene Geld vereinnahmt hat.

Doch ein Diebstahl ist nicht auf Kriminelle beschränkt, die sich in die Computersysteme eines Unternehmens hacken. Der Diebstahl könnte genauso gut innerhalb eines Unternehmens begangenen werden, wenn ein oder mehrere ungeeignete Mitarbeiter mit der Verwahrung jener privaten Schlüssel betraut werden, die den Zugang zu den Kryptowährungsguthaben des Unternehmens ermöglichen.

Werfen wir einen Blick darauf, wie Institutionen wie beispielsweise eine Gesellschaft oder eine ähnlich organisierte Einheit organisiert sind. Ein Unternehmen besteht typischerweise aus mehr als einer Person: Mitarbeiter, Verwaltungsrat, Geschäftsleitung und weitere Gruppen bilden eine Gesellschaft. Wer soll nun die Rechte auf den Zugang und die Sicherung des privaten Schlüssels haben, der mit einer Kryptowährungsadresse verbunden ist? Soll es der Vorstand sein? Eine Führungskraft wie der CEO oder der CFO? Ein bestimmter Mitarbeiter wie z.B. ein Softwareentwickler? Oder eine Kombination aus mehreren Parteien?

Angesichts der Komplexität der Speicherung und Sicherung von Kryptowährungen bietet sich für innovative Unternehmen die Möglichkeit, Verwahrungslösungen für Kryptowährungen für jene anzubieten, denen angesichts der Komplexität die Ressourcen fehlen, die für die Sicherung privater Schlüssel für Kryptowährungsadressen mit großen Beständen erforderlich sind.

Über unseren Twitter-Channel @cryptomanagers haben wir Anbieter von Verwahrungslösungen eingeladen, uns Informationen über ihre Produkte zu geben und an diesem Artikel mitzuwirken. Die folgenden fünf Unternehmen, welche Verwahrungsdienstleistungen von Kryptowährungen anbieten, haben sich an uns gewandt. In exklusiven Interviews mit den Sicherheitsbeauftragten haben wir erfahren, wie diese verschiedenen Unternehmen versuchen, das Custody-Problem für Investoren zu lösen. Herzlichen Dank an alle beitragenden Unternehmen für die auskunftsfreudige Mitarbeit. Die hier dargestellten Ergebnisse basieren auf den von den Anbietern zur Verfügung gestellten Informationen und sind ohne Gewähr.

Crypto Storage AG

Die erste Krypto-Verwahrungslösung, die wir untersucht haben, war jene der Crypto Storage AG.[1] Die Crypto Storage AG ist eine Tochtergesellschaft der 2017 gegründeten Crypto Finance AG mit Sitz in Zug (ZG) in der Schweiz. Sie bietet Dienstleistungen zur sicheren Speicherung von blockchainbasierten Assets über eine bemerkenswerte Infrastrukturlösung an. Mehr als 40 interne und 13 externe Fachleute sind an der Erstellung und Implementierung beteiligt. Mit dem CEO Stijn Vander Straeten und der technischen Vertriebsingenieurin und Projektleiterin für Implementierung Maria Sommerhalder haben wir ein persönliches Gespräch geführt.

Die Infrastruktur der Crypto Storage AG besteht aus einer Transaktionsbenutzeroberfläche, die mit der Backend-Server-Infrastruktur kommuniziert, und sich auf die Buchhaltung wie den Nachrichtenaustausch zwischen den Hardware Security Modulen (HSMs) und den Hardware Approval Terminals (ATs) spezialisiert. Ein HSM ist ein Computer mit kryptographischen Verarbeitungsfunktionen, der innerhalb einer manipulationssicheren Hardwarevorrichtung arbeitet, die in der Lage ist, Ver- und Entschlüsselung, Schlüsselerzeugung sowie die Erstellung und Verifizierung digitaler Signaturen durchzuführen. Einige HSM-Hersteller erlauben die Anpassung der Verarbeitungsmöglichkeiten durch programmierbare Erweiterungen, die als Software Development Kits zur Verfügung stehen oder auf Sonderanfragen hin möglich sind.

Die Backend-Server-Infrastruktur und die HSMs sind geo-redundant über die Schweiz verteilt. Einer der Standorte war früher ein Militärbunker in den Schweizer Alpen. Ortsunabhängigkeit ist ein starkes Argmuent dafür, dass im Falle eines Ausfalles an einem Standort ein anderer Standort als Backup zur Verfügung steht. Die ATs werden beim Kunden installiert und sind kryptographisch durch verschlüsselte Kommunikation mit den Backend-Servern und HSMs verbunden. Das Unternehmen hinter den HSMs und ATs heißt Securosys mit Sitz in Zürich. Das Unternehmen, das sich mit den operativen Sicherheitsaspekten und der Backend-Softwareentwicklung beschäftigt, ist die ebenfalls in Zürich ansässige AdNovum. Diese Unternehmen haben sowohl bei der Entwicklung als auch der Implementierung der Lösung der Crypto Storage AG mitgewirkt.

Das Besondere an der Lösung der Crypto Storage AG ist die Kombination von HSM und ATs, die kryptographisch gepaart sind. Das ermöglicht sowohl Hot- als auch Coldstorage für den Kunden, bei der die privaten Schlüssel auf dem HSM erzeugt werden und das Gerät nie verlassen. Die Crypto Storage AG kann aufgrund der manipulationssicheren Konstruktion nicht auf jene privaten Schlüssel des Kunden zugreifen, die auf dem HSM gespeichert sind. Darüber hinaus bieten die kryptographisch gekoppelten ATs Hot-Wallets ähnliche Funktionen, bei denen der Kunde Auszahlungstransaktionen aus der Cold-Storage initiieren kann, während er sich auf eine sichere Vorrichtung verlassen kann. Die Crypto Storage AG bezeichnet dies als „Deep cold storage, dass die Flexibilität und Geschwindigkeit eines Hot-Walltes ermöglicht“.

Darüber hinaus ist der Kunde in der Lage, ein individuelles Genehmigungsverfahren zu entwerfen, in dem er seine eigenen betrieblichen Prozesse zur Genehmigung von Kryptotransaktionen abbilden kann. Das Genehmigungsverfahren ermöglicht die Erstellung von Regeln, die dann mit dem privaten Schlüssel im HSM gespeichert werden. So kann beispielsweise ein m-of-n-Genehmigungsschema konfiguriert werden, um eine Transaktion einzuleiten, bei der eine oder mehrere Gruppen von Genehmigenden erforderlich sind. Zeitverzögerungen können auch konfiguriert werden, um sicherzustellen, dass jede Auszahlungstransaktion dem für den Kunden geeigneten Governance-Verfahren folgt. Die ATs haben die gleichen Sicherheitsstandards wie HSMs und erfordern zur Einleitung einer Auszahlungstransaktion sowohl eine personalisierte Smartcard als auch einen PIN-Code pro Genehmiger. Diese Lösung ist ein extrem leistungsfähiges und dennoch hochsicheres Mittel zur Speicherung und Transaktion von Kryptowährungen.

Die Crypto Storage AG unterstützt 59 der an ihrer Marktkapitalisierung gemessenen Top 100 Kryptowährungen und neue Kryptowährungen werden regelmäßig hinzugefügt. Zielkunden sind Banken, Vermögensverwalter, Family Offices, Broker, Versicherungen, Pensionskassen, Börsen und Stiftungen. Versichert ist die technische Infrastruktur, die einige aber nicht alle Kundenvermögen umfassen kann. Wie viel vom jeweiligen Kundenvermögen versicherbar ist, sollte auf jeden Fall berücksichtigt werden, wenn man die Crypto Storage AG als potenziellen Verwahrungs-Infrastrukturanbieter in Betracht zieht.

Insgesamt verfügt die Crypto Storage AG über eine sehr überzeugende Lösung, die bei der Wahl einer extrem sicheren Speicherung mit nahezu sofortigen Auszahlungsmöglichkeiten und einem auf Wunsch hochkonfigurierbaren Governance-Prozess definitiv berücksichtigt werden sollte.

Card Wallet

Card Wallet ist das nächste von uns geprüfte Verwahrungsprodukt, das eine Koproduktion von Coinfinity und der Österreichischen Staatsdruckerei ist. Coinfinity ist ein Bitcoin-Broker mit Sitz in Österreich, der Krypto-bezogene Dienstleistungen für Unternehmen und Endkunden anbietet. Coinfinity bietet Konsumenten unter anderem die Möglichkeit, Bitcoin an fast 4000 Standorten in ganz Österreich im Einzelhandel zu kaufen und ist auch für die Installation des ersten Bitcoin-Automaten in Österreich bekannt.

Die Österreichische Staatsdruckerei hat sich mit ihren Dienstleistungen im Bereich des hochsicheren und kontrollierten Drucks von Ausweispapieren einen Namen gemacht. Gemeinsam nutzen die beiden Unternehmen ihr Know-how für den Betrieb vom sogenannten Card Wallets. Ein persönliches Gespräch konnten wir mit Max Tertinegg, dem Geschäftsführer von Coinfinity, führen.

Card Wallet ist eine manipulationssichere Karte im Scheckkartenformat, die Kunden die Möglichkeit bietet, Bitcoin Private Keys offline zu speichern. Konzeptionell ist die Lösung ähnlich einem Paper-Wallet, d. h. wenn man den privaten Schlüssel auf einem Blatt Papier notiert. Der Unterschied besteht darin, dass das Card Wallet eine Polycarbonat-Kunststoffkarte ist und ein privater Bitcoin-Schlüssel direkt auf die Karte gelasert und dann mit einem manipulationssicheren Aufkleber abgedeckt und versiegelt wird. Der private Schlüssel wird jedoch bei Card Wallet im Rahmen eines speziellen Verfahrens generiert, das Card Wallet als „Secure Entropy Technology“ (SET) bezeichnet.

Rahmen eines speziellen Verfahrens generiert, das Card Wallet als „Secure Entropy Technology“ (SET) bezeichnet.

Laut Max Tertinegg nutzt SET drei Zufallszahlengeneratoren zur Hervorbringung der Entropie, die den privaten Bitcoin-Schlüssel auf der Karte erzeugt. Entropie ist eine Möglichkeit, eine unvorhersehbare Ausgabe von Informationen zu erzeugen, die praktisch unmöglich zu reproduzieren ist. Die Zufallszahlengeneration besteht aus einer Hardwarevorrichtung, einer Softwarelösung und einer von Menschen generierten Zufallszahl. Letztere wird vom Personal bei Card Wallet durch manuelles Würfeln gebildet. Die Kombination dieser drei erzeugten Zufallszahlen wird als Eingabe für die Generierung eines privaten Bitcoin-Schlüssel verwendet, der dann auf eine physische Karte gelasert wird.

Der Kartendruck erfolgt in einem gesicherten Raum der Österreichischen Staatsdruckerei und wird laut Max Tertinegg durch etwa sieben oder acht verschiedene physische Firewalls geschützt. Keine Kopie eines private Keys wird jemals auf einem permanenten Speichermedium gespeichert und –sofern die Einrichtung ihre Sicherheitsgarantien einhält – erhält das Personal nie Einblick in die private Keys.

Die Karte kostet 59 EUR und unterstützt derzeit ausschließlich Bitcoin. In Zukunft sollen Ether und weitere Kryptowährungen unterstützt werden. Card Wallet ähnelt einer Prepaid-Geschenkkarte und scheint am besten geeignet für geringe Kryptowährungsbeträge zu sein, beispielsweise um ein Familienmitglied oder einen Bekannten zu beschenken. In Anbetracht der Fälschungsmöglichkeit von Scheckkarten sollten Card Wallets nur direkt vom Hersteller bezogen werden.

Daenerys & Co.

Daenerys & Co ist eine Krypto-Verwahrungslösung, die von der Silver Bullion Group entwickelt worden ist. Die Silver Bullion Group wurde 2009 von Gregor Gregersen gegründet und hat ihren Sitz in Singapur. Die Silver Bullion Group bietet die sichere Verwahrung von Edelmetallen, Versicherungsdienstleistungen sowie Edelmetallhandel und Edelmetallfinanzierungen an. Seit 2009 hat die Silver Bullion Group über 400 Millionen USD Umsatz erzielt. Genau wie die Silver Bullion Group entsprang Daenerys & Co aus der Notwendigkeit, Verwahrungs- und Compliance-Probleme im Zusammenhang mit digitalen Vermögenswerten zu lösen. Gregor Gregersen und Clint Mark Gono positionieren Daenerys als eine führende Kraft in diesem Bereich mit einem einzigartigen Geschäfts- und Sicherheitsprotokoll namens Gregersen-Gono Physical Crypto Storage Standard (GGPCS).[2] GGPCS wird derzeit beim Tresorunternehmen der Silver Bullion Group The Safe House eingesetzt.

Der Prozess beginnt in einem sicheren Tresor auf Computern, die keine Internetverbindung haben. Diese Computer erzeugen einen privaten Bitcoin-Schlüssel im temporären Speicher des Computers, verschlüsseln dann diesen privaten Schlüssel mit einem ersten Schlüssel und verschlüsseln ihn dann ein weiteres Mal mit einem zweiten Schlüssel. 

Jeder dieser verschlüsselten privaten Schlüssel wird dann als QR-Code auf eine eigene Polycarbonat-Kunststoffkarte – eine Primärkarte und eine Wiederherstellungskarte – lasergraviert. Sobald der Verschlüsselungsprozess abgeschlossen ist, wird der private Schlüssel aus dem temporären Speicher des Computers gelöscht. Anschließend werden die Karten analysiert, um sicherzustellen, dass der Ätzprozess ordnungsgemäß abgelaufen ist und der QR-Code lesbar ist. Polycarbonat-Kunststoff ist ein Material, das in der Lage ist, lange Zeiträume unbeschadet zu überdauern, und stets lesbar bleibt, selbst wenn die Karte bis zu maximal 30% beschädigt sein sollte. Nach Abschluss des Ätzprozesses wird die Karte in ein Schließfach gelegt und ist dadurch sicher wie physisches Gold gelagert. Aus Sicherheitsgründen ist es sinnvoll, eine Primärkarte und eine Wiederherstellungskarte zu haben. Sollte die Hauptkarte Schäden erleiden, kann die an einem anderen physischen Ort aufbewahrte Wiederherstellungskarte verwendet werden, um alle mit diesem privaten Bitcoin-Schlüssel verbundenen Vermögenswerte wiederherzustellen.

Sobald der Kunde Zugang zu der mit einem bestimmten privaten Schlüssel verbundenen Einzahlungsadresse hat, kann er eine Einzahlung auf diese Adresse veranlassen. Auszahlungen von dieser Adresse erfordern dagegen einen mehrstufigen Prozess, um sicherzustellen, dass die Auszahlungsanfrage tatsächlich von dem Kunden kommt, der die Auszahlung veranlasst.

Vor einer Auszahlung ist der Kunde verpflichtet, die Regeln für das Autorisierungsmandat zu konfigurieren. Diese Regeln können die Führungsstruktur des Unternehmens des Kundens widerspiegeln, wenn z. B. ein oder mehrere bevollmächtigte Vertreter wie der CEO, der CFO oder der Compliance Officer verpflichtet sind, eine solche Transaktion zu genehmigen. Daenerys verwendet eine Live-Videokonferenz, um den Vertreter zu authentifizieren, der die Auszahlung veranlasst, und jede Auszahlung kann nur an eine zuvor genehmigte Adresse erfolgen.

Daenerys bietet auch eine optionale Versicherungspolizze an, bei der eine individuelle Karte auf bis zu 5 Millionen USD versichert werden kann. Der Versicherungsanbieter mit Sitz in London hat ein Rating von A+ von Standard & Poor’s.

Blockvault

Eine weitere, von uns untersuchte Verwahrungslösung für Kryptowährungen ist Blockvault, ein Unternehmen das von Goldmoney Inc. betrieben wird. Das Gespräch konnten wir mit Josh Crumb, Mitbegründer und Vorstand von Goldmoney sowie Will Felsky, Direktor für Operations von Blockvault, führen. Goldmoney ist ein Unternehmen, das institutionellen Anlegern die Möglichkeit bietet, in Edelmetalle zu investieren. Das Unternehmen wurde 1999 gegründet und ist eine an der Toronto Stock Exchange (XAUMF) notierte Aktiengesellschaft. Das von Goldmoney verwaltete Kundenvermögen beläuft sich aktuell auf rund 2 Milliarden USD. Goldmoney ist darüber hinaus ein schuldenfreies Unternehmen mit Barreserven von mehr als 100 Millionen USD.

Da Goldmoney im Verwahrungsgeschäft von Edelmetallen tätig ist, hat das Unternehmen Zugang zu Edelmetall-Lagerstätten auf der ganzen Welt. Goldmoney hat die Notwendigkeit erkannt, ähnliche Custody-Lösungen für institutionelle Kunden im Krypto-Bereich anzubieten. Sie nutzen ihr Netzwerk von Tresoranbietern auf der ganzen Welt für Blockvault.

Blockvault offeriert seinen Kunden eine Offlinespeicherung von Krypto-Schlüsseln. Die privaten Schlüssel werden von Blockvault erstellt, wobei die Methode zur Generierung privater Schlüssel nicht offengelegt wird. Unabhängig davon können die Kryptoanlagen des Kunden durch eine Versicherungspolizze abgedeckt sein.

Der Wirtschaftsprüfer der Gesellschaft ist KPMG, der mit der Überprüfung beauftragt wurde, ob sich die von Blockvault verwalteten Vermögenswerte tatsächlich den Tresoren befinden. KPMG ist auch der Auditor von Goldmoney, für die sie IASC-Audits zur Bestätigung der Verwahrung von Goldbarren durchführen. Blockvault bietet auch Versicherung durch unterschiedliche Versicherungsgesellschaften an. Blockvault merkte zudem an, dass ihre Tresoranbieter, Wirtschaftsprüfer und Versicherungspartner allesamt börsennotierte Unternehmen sind. Sie arbeiten derzeit mit Tresoranbietern in Kanada, den Vereinigten Staaten, Großbritannien, der Schweiz, Dubai, Singapur und Hongkong zusammen.

Blockvault hat uns eine Übersicht über die einzelnen Schritte von der Eröffnung eines Kontos bis zur Durchführung einer Überweisung gegeben. Der Prozess beginnt mit der Überprüfung des Kunden (KYC) und Kontrollen zur Einhaltung der einschlägigen Vorschriften zur Geldwäsche (AML) während des Onboarding-Prozesses des Kunden. Nach Abschluss des Onboarding-Prozesses erhält der Kunde eine Handelsquittung mit einer Liste von Adressen, bei denen er seine Krypto-Gelder einzahlen kann. Die Zielkunden von Blockvault sind regulierte oder qualifizierte Finanzinstitute, Banken, Broker-Dealer, registrierte Fonds, Kryptominer und weitere ähnliche Unternehmen, die KYC/AML-Tests auf Bankenebene bestehen können. Zielkunden sind jene Unternehmen, die 50 Millionen USD oder mehr in Kryptowährungen sicher verwahren wollen, auch wenn sie bereits Kunden ab einem Wert von 1 Million USD akzeptieren. Blockvault empfiehlt, dass jede Adresse Kryptowährungen im Gegenwert von ca. 50.000 USD speichert, sodass bei einer Einzahlung von 1 Million USD dieser Vermögenswert auf 20 verschiedenen Kryptoadressen aufgeteilt werden kann und mit jeweils einem entsprechenden Schlüsselpaar geschützt wird. Jede Einzahlung wird mit einem Handelsbeleg versehen und das Governance-Modell für die Ein- und Auszahlung ist vom Kunden individuell gestaltbar. Üblicherweise wird dieses im Rahmen des Vertragsverhältnisses mit Blockvault festgelegt. Die Höchstversicherungssumme ist Gegenstand einer individuellen Vereinbarung zwischen dem Kunden und Blockvault. Auszahlungen und der Handel mit Kryptowährungswerten werden innerhalb eines Werktages durchgeführt.

Zu den Vermögenswerten, die Blockvault in seinen Tresoren schützt, gehören Bitcoin, Bitcoin Cash, Ether, XRP, Litecoin sowie alle ERC20-Token. In Kürze wird auch XLM unterstützt werden. Blockvault erwähnte auch die Möglichkeit das Finanzinstitute, das Blockvault-Service mit einem White Label versehen und es ihren eigenen Kunden anbieten.

Insgesamt scheint Blockvault gut positioniert zu sein. Jedes Unternehmen, das diese Lösung in Betracht zieht, sollte sich nach den Methoden zur Generierung und Speicherung von privaten Schlüsseln erkundigen und auch nach den Bedingungen für eine Versicherung fragen.

Swiss Crypto Vault AG

Swiss Crypto Vault AG (SCV) ist eine hochsichere Krypto-Verwahrungslösung für institutionelle Investoren und vermögende Privatpersonen (HNWI). Es ist ein Joint-Venture zwischen der Bitcoin Suisse AG und der Swiss Gold Safe AG. Das Interview führten wir mit Philipp Vonmoos, CEO von SCV.

Bitcoin Suisse ist für ihre Finanzdienstleistungen und Speicherlösungen im Kryptobereich für institutionelle und private Kunden bekannt. Die Bitcoin Suisse AG wurde 2013 gegründet und hat dazu beigetragen, einige der bekanntesten Kryptowährungsprojekte mit einem Volumen von beinahe 1 Mrd. CHF im Rahmen von Initial Coin Offerings (ICOs) oder Token Generation Events (TGEs) ins Leben zu rufen. Im Edelmetallbereich bekannt ist die Swiss Gold Safe AG, die sich auf Dienstleistungen zur Lagerung von Edelmetallen und Wertgegenständen spezialisiert hat. Swiss Gold Safe wurde 2006 gegründet. Das Joint-Venture der beiden Unternehmen SCV wurde 2017 nach schweizerischem Recht gegründet und hat seinen Sitz in Zug (ZG). Die Partnerschaft zwischen den beiden Unternehmen zur Gründung von SCV ermöglicht es , das Wissen über die Handhabung von Kryptowährungen mit dem über die sichere Lagerung von physischen Assets zu kombinieren.


Die Lösung von SCV bietet Kunden eine Einzahlungsadresse, die mit einem privaten Schlüssel versehen ist, der wiederum auf einem HSM generiert wurde, sodass der private Schlüssel das Gerät nie verlässt. Der Kunde ist in der Lage, seine Kryptowährungsbestände nach Bedarf in die Depotadresse einzuzahlen. Die privaten Schlüssel werden nach der Verschlüsselung redundant an mehreren Orten sicher verwahrt, sodass im Falle eines katastrophalen Ereignisses in einer Anlage ein Backup der privaten Schlüssel vorhanden ist. Das Governance-Modell ist durch den Kunden weitgehend anpassbar und ermöglicht sowohl Multisignatur-Transaktionen als auch die Rollenzuweisung von Antragsteller, Controller und Genehmiger. 

Der Antragsteller kann über das Webportal Auszahlungen veranlassen. Ein oder mehrere Controller sind in der Lage, eine Auszahlungsanforderung zu stornieren, während zwei oder mehrere Bevollmächtigte eine Auszahlungsanforderung genehmigen. Optional kann auch eine Zeitverzögerung eingeführt werden. Auszahlungen dürfen zudem nur an zuvor genehmigte Adressen geliefert werden. Eine weitere Konfiguration, die der Kunde vornehmen kann, ist die Auswahl des Handling-Partners. Um zu verhindern, dass Swiss Crypto Vault die volle Autorität über den Auszahlungsprozess hat, ist ein Handling-Partner ein anderes Unternehmen als Swiss Crypto Vault. Dies bietet dem Kunden den zusätzlichen Vorteil, dass die Autorisierung von 2 separaten Organisationen mit unterschiedlichen Geschäftsabläufen, Personal und Computerinfrastrukturen erforderlich ist, um den Auszahlungsantrag des Kunden zu autorisieren. Die Anforderung, dass 2 Organisationen eine Auszahlungsanfrage autorisieren müssen, ist zusätzlich zum konfigurierbaren Auszahlungsgenehmigungsprozess des Kunden. Derzeit ist der einzige Handling-Partner Bitcoin Suisse. Weitere Handling-Partner sollen in Zukunft für die Kunden zur Verfügung stehen. Die Architektur ähnelt einer Multisignatur-Transaktion, da mehr als eine Partei erforderlich ist, um eine Auszahlung zu autorisieren. Mit anderen Worten, sowohl Swiss Crypto Vault als auch der gewählte Handling-Partner (derzeit nur Bitcoin Suisse) müssen sich damit einverstanden erklären, einen Auszahlungsantrag zu genehmigen, da sonst ein Auszahlungsantrag abgelehnt wird. Dies kann eine lohnende Sicherheitsfunktion sein, welche die Wahrscheinlichkeit verringern soll, dass ein Betrugsfall stattfinden kann.

PriceWaterhouseCoopers hat die Speicherlösung überprüft, die Generierung des privaten Schlüssels überwacht und wird auch die Menge der gespeicherten Krypto-Assets mit den in der zugehörigen Blockkette registrierten Salden vergleichen. Zuhlke Engineering überprüfte den Code zur Generierung privater Schlüssel. Swiss Crypto Vault bietet derzeit noch keine Versicherung an, dies wird aber unternehmensintern derzeit geprüft. Der Kundenkreis kommt derzeit aus Europa, den USA, Asien und dem Nahen Osten. Was den typischen Kundeneinzahlungsbetrag betrifft, so ist SCV für Beträge ab rund 500’000 CHF sinnvoll. Ein SCV-Kunde benötigt keine physische Hardware, obwohl er eine Transaktion mit dem privaten Schlüssel seines eigenen Tresor- oder Ledger-Hardware-Wallets unter seiner Kontrolle mitunterzeichnen kann. Kunden können auch die Multi-Faktor-Authentifizierung für den Zugriff auf das Webportal nutzen. Viele verschiedene Kryptowährungen wie Bitcoin, Bitcoin Cash, Bitcoin Gold, Ether, Litecoin und alle ERC20- und ERC223-Token werden unterstützt. Weitere werden laufend hinzugefügt.

Swiss Crypto Vault scheint hochredundante, hochsichere und gut durchdachte Prozesse zu haben, die auch vom Kunden einfach zu implementieren und zu konfigurieren sind. SCV kann auf eine langjährige Erfahrung und Expertise sowohl in Kryptowährungen als auch in Edelmetallen zurückgreifen. Die Lösung ist sowohl für Institutionen als auch für HNWIs geeignet und definitiv eine Krypto-Verwahrungslösung, die es wert ist, in Betracht gezogen zu werden.

Fazit

In diesem Artikel haben wir einige Optionen für Krypto-Verwahrungslösungen vorgestellt. Zwei Lösungen stellen sicher, dass ein privater Schlüssel niemals ein HSM verlässt, zwei weitere generieren den privaten Schlüssel in einem Zwischenspeicher, wo er für einen kurzen Moment verbleibt. Das fünfte von uns untersuchte Unternehmen bestand darauf, den Prozess zur Generierung privater Schlüssel geheim zu halten. Für diejenigen Lösungsansätze, bei denen der private Schlüssel nicht auf einem HSM generiert wird, könnte eine Versicherungspolizze das Risiko eines Diebstahls decken. Was technologische Innovation, Geschwindigkeit, Benutzerfreundlichkeit, Anpassung der Governance, physische Sicherheit und digitale Sicherheit betrifft, so scheinen die umfangreichsten Lösungen für institutionelle Investoren Swiss Crypto Vault AG und Crypto Storage AG zu sein. Von diesen beiden hat die Swiss Crypto Vault AG die längste Erfolgsgeschichte und die meiste Erfahrung. Die Crypto Storage AG scheint die innovativste Lösung zu sein. Wenn Verwahrstellen mit Versicherung benötigt werden, sind Daenerys & Co. und Blockvault möglicherweise die richtige Wahl. Beide sind in der Lage, größere Summen von Kryptowährungen physisch zu speichern.

Diese Auswertung ist nicht als generelle Empfehlung eines Unternehmens zu verstehen, da sie jeweils einen eigenen Use Case haben. Wir möchten betonen, dass es unumgänglich ist, bei der Suche nach einer geeigneten Lösung für die Verwahrung der Kryptowährungsbestände die gebotene Sorgfalt walten zu lassen.

Wenn Sie Fragen oder Anmerkungen haben, nach einer Lösung für Ihr Unternehmen suchen oder wenn Sie eine eigene Lösung haben, die Sie gerne mit anderen teilen möchten, besuchen Sie bitte http://www.cryptocustodysolutions.io. Wir wären sehr erfreut, wenn Sie an der kurzen Umfrage teilnehmen. Unter allen Teilnehmern verlosen wir ein Ledger Nano S. Joseph ist auch unter joseph (at) cryptocustodysolutions.io. erreichbar.

[1] https://www.cryptofinance.ch/en/storage

[2] https://www.daenerys.co/physical-cryptocurrency-storage-white-paper

Disclaimer: Coinfinity und Silver Bullion sind Premium Partner des Crypto Research Reports bzw. des In Gold we Trust Reports. Die hier angeführten Informationen sind keine Anlage- oder Produktempfehlungen. Der Crypto Research Report gibt im Rahmen von Beiträgen grundsätzlich keine Empfehlungen für Produkte oder Dienstleistungen ab. Sorgfältige eigene Recherche ist unerlässlich.

Ist ein Bitcoin Standard denkbar? Saifedean Ammous im Austausch mit dem Crypto-Research-Report

A Bitcoin Standard Saifedean Ammous Musing with the Crypto Research Report

Key Takeaways

  • Ein Grund, warum Gold als Wertaufbewahrungsmittel und Rechnungseinheit verwendet wurde, ist das konstant geringe Angebotswachstum. In wenigen Jahren wird das jährliche Wachstum von Bitcoin geringer ausfallen als jenes von Gold. Eine optimale Recheneinheit hat eine konstante Quantität.
  • Gäbe es einen fairen Wettbewerb für Geld, würde sich jenes Geld durchsetzen, das jedes Jahr an Wert gewinnt. Dann müssten Banken keine Zinsen mehr auf Einlagen zahlen. Stattdessen könnten Sparer zwischen einem Verwahrungsvertrag, einem Darlehens-Vertrag oder einer Beteiligungsinvestition wählen.

Wir möchten uns herzlich bei Saifedean Ammous bedanken, dass er sich die Zeit genommen hat, Demelza Hays und Mark Valek von der Incrementum AG ein Exklusivinterview zu geben. Saifedean Ammous ist Professor für Wirtschaftswissenschaften an der American University im Libanon und Autor des Bestsellers „The Bitcoin Standard“.

Bitcoins Stock-to-Flow-Ratio ist höher als jenes von Gold

Als Ausgangspunkt seiner Analyse verschiedenartiger Gelder wählt Saifedean das Stock-to-Flow-Ratio. Leser des Schwesterberichtes dieser Publikation, der jährlich im Mai erscheinende In Gold we Trust-Report, kennen dieses Konzept seit langem, haben wir es doch bereits mehrfach ausführlich diskutiert. Vielen ist dennoch nicht bewusst, warum Gold seit Jahrtausenden als Wertaufbewahrungsmittel verwendet wird. Es stimmt zwar: Gold ist knapp, doch handelt es sich definitiv nicht um das knappste aller Metalle. Entscheidender ist: kein anderer Rohstoff verfügt über eine konstantere vorhandene Menge. Die Menge eines Gutes kann über das Verhältnis seines Bestandes (stock) zu seinem neuen Angebot (flow) ausgedrückt werden. Ein hohes Stock-to-Flow-Ratio bedeutet, dass die Menge des Gutes nicht sonderlich stark wächst. Damit ein Maßstab als verlässliche Rechnungseinheit verwendet werden kann, darf die Maßeinheit keinen hohen Schwankungen ausgesetzt sein. Der damalige Meister der britischen Münze und Erfinder des Goldstandards, Sir Isaac Newton, sagte:

„Meine Herren, in der angewandten Mathematik müssen Sie Ihre Einheit definieren“.

Obwohl Gold ein sehr hohes Stock-to-Flow-Ratio aufweist, wird Bitcoin bald ein noch höheres haben. Es ist dieser Umstand, der Saifedean zur Behauptung verleitet, dass Bitcoin in dieser Hinsicht Gold sogar überflügeln wird.

In der folgenden Abbildung hat Bitcoin ein Stock-to-Flow-Ratio von derzeit rund 71, aber 2024 wird das Verhältnis aufgrund des im Algorithmus festgelegten Halbierungsmechanismus auf 119 steigen. Je weniger Bitcoins gefördert werden, umso höher steigt das Verhältnis an. Langfristig werden gar keine neuen Bitcoins mehr gefördert und es herrscht absolute Konstanz der insgesamt existierenden Bitcoins.

Ist die Volatilität Bitcoins jemals zu bändigen?

Im „Journal of Structured Finance“ publizierte Saifedean einen Beitrag zum Thema “Can Bitcoin’s Volatility Be Tamed”. Darin beschreibt er, wie die Schmucknachfrage und die Nachfrage der Industrie den Goldpreis beeinflussen. Wird Gold durch die Menschen in grossen Mengen verkauft, sinkt der Preis. Dank der dann steigenden Nachfrage von Schmuckherstellern und industriellen Gold-Verarbeitern wird der Preisverfall jedoch aufgefangen und schafft so einen stabilisierenden Boden, weshalb die Volatilität des Goldpreises stets schwach ausgeprägt ist.

In einem seiner Artikel erklärt Paul Krugman, warum er ein Krypto-Skeptiker ist. Seine These lautet, dass im Gegensatz zu Gold Bitcoin keinen Anker in der realen Welt habe. [1] Und weil es nur eine spekulative und keine reale Nachfrage nach Bitcoin gibt, würde bei Bitcoin auch kein Boden existieren, weshalb Bitcoin niemals die Rolle von Geld übernehmen könne. Auf diese Kritik antwortet Saifedean mit einem Zitat aus „Theorie des Geldes und der Umlaufmittel“ von Ludwig von Mises:

„Die Bedeutung des Festhaltens an einem System des Sachgeldes liegt in der dadurch gewährleisteten Unabhängigkeit des Geldwertes von staatlichen Einflüssen. Es ist zweifellos mit beträchtlichen Nachteilen verbunden, daß nicht nur die Schwankungen im Verhältnis von Geldangebot und Geldnachfrage, sondern auch die in den Produktionsverhältnissen des Geldstoffes und die Veränderungen in seiner industriellen Nachfrage auf die Gestaltung des Geldwertes zurückwirken.“[2]

Wie Saifedean erklärt, führen Nachfrageschwankungen aus der Industrie dazu, dass der Wert von Gold schwankt, weshalb Gold eben nicht ein rein monetäres Gut sei, das nur eine monetäre Nachfrage widerspiegelt. Gold sei nicht wegen seiner industriellen Verwendung Geld geworden. Die industrielle Verwendung sei bei der Bestimmung des Goldwertes sekundär. Für Mises, so Saifedean, würde ein Geld, das nur von einer monetären Nachfrage getrieben sei, eine überlegene Form von Geld darstellen. In einer Welt, in der Bitcoin zum einzig verwendeten Geld würde, wäre die Nachfrage nach Bitcoin lediglich die Nachfrage nach Barguthaben. Mit anderen Worten, unter einem Bitcoin-Standard wäre die Bitcoin-Nachfrage letztlich ein Spiegel der Zeitpräferenzen der verschiedenen Menschen, so Saifedean.

Mark Valek, Autor des Crypto Research Report und Fondsmanager bei Incrementum AG merkt an, dass solange Bitcoin „nur“ ein Wertspeicher aber keine Recheneinheit sei, würde die Volatilität von Gold aufgrund der realwirtschaftlichen Nachfrage voraussichtlich immer niedriger sein als jene von Bitcoin. Würde in Zukunft die Mehrheit der Menschen Bitcoin jedoch als Rechnungseinheit akzeptieren, wäre die Bitcoin-Volatilität geringer als jene von Gold, da Bitcoin die Maßheit zur Bepreisung von Waren und Dienstleistungen wäre. Sollte man dereinst Bitcoin tatsächlich zur Bepreisung von Waren und Dienstleistungen verwenden, würde die Volatilität von Bitcoin auf null sinken, da Bitcoin dann als allgemeine Messlatte fungiert.

Saifedean erklärt: „Hierin drückt sich das hohe Stock-to-Flow-Ratio von Gold und auch Silber aus, dass sich die jährliche Rohstoffgewinnung im Vergleich zu anderen Metallen eben nicht wesentlich auf das gesamte jemals geförderte Angebot auswirkt. Doch genau das würde man bei einem Geld wollen: Geld soll eben nur Geld sein.

Mark Valek vergleicht das algorithmisch definierte Stock-to-Flow-Ratio von Bitcoin mit regelbasierten Geldpolitikansätzen wie Milton Friedmans automatisierter k-Prozent-Regel [3] und der Taylor-Regel von John Taylor. Diese würden ebenfalls versuchen, die Kaufkraft von Geld über die Zeit zu stabilisieren bzw. die das Geldmengenwachstum regelbasiert festzulegen, wenngleich sie „regalbasiert“ das Geldangbot zusehns ausweiten wollen. Doch wie sich gezeigt hat, erreichen diese Ansätze ihr Ziel langfristig nicht, wie Gordon Tullock und die Public Choice Literatur einleuchtend erklären.

Diesen Vergleichen kann Saifedean jedoch nichts abgewinnen: „Das wichtigste Kriterium, so glaube ich, ist, dass der Wert des Geldes durch den Markt bestimmt wird, d. h. durch Angebot und Nachfrage.” Denn letztlich sind es das Angebot und die Nachfrage nach Geld, die die Kaufkraftund den Zinssatz für Geld bestimmen sollten. „Das unterscheidet sich sehr von regelbasierten Ansätzen in der Geldpolitik. Diese wollen den richtigen Preis berechnen, der dann durch den Markt übernommen werden soll.“

In seiner Auseinandersetzung mit Bitcoin hat Larry White argumentiert, dass Gold gegenüber Bitcoin folgenden Vorteil habe, in der langen Frist angebotsseitig gerade elastisch genug zu sein. Das Goldangebot steigt jedes Jahr um ein bis zwei Prozent. Innerhalb von 40 bis 50 Jahren verdoppelt sich das Gold-Angebot. Saifedean jedoch widerspricht diesem Argument vehement. Seiner Meinung nach mache die Tatsache, dass Gold von allen bisher bekannten Gütern das geringste Angebotswachstum hat, das Edelmetall zu einem guten Geld. Anders als Saifedean ist Larry White ein Verfechter eines auf einem Goldstandard basierenden Teilreserve-Bankensystem, da ihm zu folge, ein Vollreserve-Goldstand einen Geldmangel zur Folge hätte. Für Larry White wurde Gold deshalb zu einem international akzeptierten Geld, weil es eben die optimale Inflationsrate von ein bis zwei Prozent pro Jahr aufweisen würde. Im Gegensatz dazu vertritt Saifedean die Meinung: „Gold hat sich zum international anerkannten Geld entwickelt, weil die Geldnachfrage immer eine Forderung nach einem Geld ist, das am wenigsten inflationiert werden kann. Denn die Nachfrage nach Geld wachst ständig und der Wert von nichtinflationärem Geld wächst langfristig immer stärker. Wenn wir Larrys Argument folgen, dann müssen wir uns fragen, warum Silber oder Kupfer anstelle von Gold Geld geworden sind? Immerhin haben sie ein Angebot, bei dem auf eine Nachfrage elastischer reagiert werden kann als dies bei Gold der Fall ist.“

Kann ein deflationäres Geldsystem funktionieren?

Genäß Mark Valek ist eine grundsätzliche Frage in diesem Kontext: „Braucht ein Währungssystem überhaupt Inflation?“ Auch einige Goldbefürworter argumentieren, dass ein Währungssystem eine gewisse monetäre Inflation benötigt, um mit dem Bevölkerungswachstum Schritt zu halten, so Valek. Darauf entgegnet Saifedean: „Sowohl aus mathematischer Sicht als auch aus der Perspektive eines Bitcoin-Maximalisten denke ich, dass das Argument gegen Inflation, wie es Philipp Bagus in seinem Buch über Deflation ausformuliert, ziemlich einleuchtend ist: Geld in seiner härtesten Form besitzt nun einmal eine konstante Geldmenge, die vollends unelastisch ist.

Demelza Hays, Autorin des Crypto Research Report und Fondsmanagerin bei Incrementum, verweist auf ihren Forbes-Artikel, „Bitcoin or Gold“[4] von 2017, der auf der Arbeit von Professor Dr. Antal Fekete basiert. In diesem Zusammenhang stellte sie Saifedean die Frage: „Für mich sieht es ganz danach aus, als würden wir eine Währung mit einem hohen Stock-to-Flow-Ratio haben wollen. Denken wir diesen Wunsch logisch zu Ende, könnten wir zum Schluss kommen, dass Geld doch überhaupt keine Flussgrösse braucht, das heisst im Angebot überhaupt nicht wachsen muss?

“We don’t need any flow! But we also don’t know any other economic good that is more reliable at limiting flow other than Bitcoin, which has a small annual inflation rate still. The government will make more fiat money flow, the miners of gold will make more gold flow, the miners of silver will make more silver flow. If you could find a way to make a money that doesn’t have any flow, then go for it! That is what Bitcoin will be doing in about 100 years from now.”

Das gegenwärtige Währungssystem basiert auf Schulden

Ist ein Geldsystem schuldenbasiert, so die Ansicht Mark Valeks, hieße das in erster Linie, dass Zentralbanken eine inflationäre Geldpolitik systemimmanent verfolgen muss: „Sind verzinste Schuldpapiere die Basis für unser Geld, erfordert das eine ständig wachsende Geld- und somit auch eine ständig wachsende Schuldenmenge. Andernfalls gibt es an einem Punkt keine Geldeinheiten mehr, um laufende Zinszahlungen für bereits ausstehende Schulden zu bedienen.”

Dieser Ansicht stimm Saifedean zu und führt weitergehend aus: „Ich gehe sogar noch weiter als die meisten Vertreter der österreichischen Schule der Nationalökonomie. In einem freien Markt für Banken würden die Einleger keine Zinsen auf ihre Einlagen verdienen müssen, weil das Geld an Wert gewinnen würde, was der eigentlichen Rendite entspricht. Das Verleihen von Geld an die Bank ermöglicht es den Einlegern, die Kosten für die sichere Aufbewahrung ihres Geldes zu sparen. Die alternative, deflationäre Art von Geld entspräche der direkten Beteiligung, so wie es das Modell des islamischen Bankings vorsieht.“ Dies ist eigentlich auch das Modell des traditionellen Bankings.

„Wenn Sie eine Investition tätigen, kommt es darauf an, was die Gesellschaft als legitim akzeptiert. Solange eine Gesellschaft akzeptiert, dass der Kreditgeber das Eigentum des Kreditnehmers beschlagnahmt, wenn er nicht zurückzahlen kann, dann monetarisieren Sie effektiv das Eigentum des Kreditnehmers, mit dem der Kredit besichert ist. Schließlich haben Sie ein Darlehen ausgegeben, das durch diesen Vermögenswert gesichert ist, der kein Geld ist, sondern ein Haus oder Auto oder ein Grundstück. Diese Art von Geschäftsmodell wird nur an Orten akzeptiert, an denen es rechtlich in Ordnung ist, dieses Eigentum zu beschlagnahmen, wenn der Kreditnehmer in Verzug gerät. Auf der anderen Seite, wenn die Sicherheiten des Kreditnehmers nicht beschlagnahmt werden können, dann lehnen die Kreditgeber diese Art von Geschäften oft ab und die Banken beteiligen sich nicht daran.“

In einer Welt, in der Banken nur die Einlagen verleihen oder direkt ihr Eigenkapital investieren können und Sicherheiten nicht in ihren Besitz nehmen können, kann die Bank keine garantierten Zinsen versprechen, da es im Geschäftsleben immer Risiken geben wird. Da die Bank dann auch nicht über eine Teilreserve Geld schöpfen kann und zuerst Geldeinlagen von Kunden entgegennehmen muss, kann sie die Solvenz ihrer Einlagenkonten nicht garantieren. Somit Tragen Einleger das Risiko eines vollständigen Ausfalls Ihrer Einlage. „In einer solchen Welt gibt es keinen risikolosen Zins. Nach Saifedean würde niemand Geld bei jemandem anlegen, der sagt:

„Wenn wir als Bank Pleite gehen, verlieren Sie Ihr ganzes Geld. Falls wir jedoch Erfolg haben, bekommen Sie nur drei Prozent. Folglich würde jeder in Aktien investieren. Entweder Sie legen bei einer Bank Geld an, so dass es jederzeit fällig und verfügbar ist. In diesem Fall zahlen Sie eine Gebühr für die Lagerung und die Bereitstellung des Geldes. Haben Sie jedoch Geld, auf das Sie eine Weile verzichten können, investieren Sie es als Eigenkapital in ein anderes Geschäft. Letztlich ist es die Aufgabe der Bank, die Fälligkeiten zwischen den Kreditnehmern und den Kreditgebern stets abzugleichen.“

Mark Valek ist in diesem Aspekt nicht vollständig mit Saifedean einverstanden. So ist er der Überzeugung, dass es neben Depositen und Beteiligungen auch eine Nachfrage nach Schuldtiteln geben würde.: „Selbst in einem deflationären Währungssystem würde es eine Nachfrage nach Investitionen in Form von Fremdkapital und nicht nur nach Eigenkapital geben. Denn letztlich ermöglicht eine differenzierte Kapitalstruktur eines Unternehmens unterschiedliche Auszahlungsprofile für Anleger. Niedrige Renditen auf Anleihen oder auch Kreditkonten bei Banken ermöglichen es dem Investor vorhersehbare Cashflows zu erhalten, welche höherer Seniorität im Konkursfall gegenüber Aktionären haben. Klarerweise handelt es sich hierbei aber nicht um risikolose Zinserträge.“

In einem derartigen Währungssystem müssten die Anleger ihren Bitcoin jedoch nicht zwingend über eine Wertpapieranlage in Eigen- oder Fremdkapital riskieren, um Kaufkraft zu gewinnen (oder zu erhalten). Denn die Bitcoins würden aufgrund ihres deflationären Charakters eine Aufwertung in Form einer realen Erhöhung der Kaufkraft erleben. „Den Fall einer risikoarmen Zinsanlage dürfte es aber neben dem reinen Horten auch geben, doch wäre die Neigung, ein solches Risiko einzugehen, wohl weitaus geringer als heute. Letztlich handelt es sich hier allerdings nur um eine kleine Meinungsverschiedenheit“, fügt Mark Valek hinzu.

Mark Valek greift noch jene Kritik auf, die gemeinhin von Mainstream-Ökonomen geäußert wird: „Ein Preisdeflation behindert das Wachstum“ Mark Valek ist der Meinung, dass ein stabiles oder fallendes Preisniveau nicht zwangsweise im Widerspruch zu Innovation, Entwicklung und Expansion ist. Der Präzedenzfall eines Goldstandards ist in dem Zusammenhang spannend. Obwohl es eine Art Goldfluss bzw. monetäre Inflation gab, waren die Produktivitätssteigerungen höher als die Inflationsrate von Gold und die Preise sind tendenziell gefallen.

„Ja, absolut“, versichert Saifedean, „um Zinsen für ein schuldenbasiertes System zu schaffen, muss eine Bank ihre Sicherheiten monetarisieren. Um ein Teilreserve-Banking zu betreiben, muss eine Zentralbank existieren, die Geld schöpft. Andernfalls wäre das auf Teilreservehaltung basierende Bankensystem instabil. Indem eine Zentralbank die Zinsen nach unten manipuliert, kann sie das Geldangebot ausweiten, was es Regierungen ermöglicht, mehr Geld zu leihen und auszugeben. Es gibt verschiedene Ebenen der Inflation. Heute sind Teile der Wirtschaft von diesem Kreditgeld abhängig. Es gibt verschiedene Industrien, die nur dank des billigen Geldes Menschen zu beschäftigen vermögen. Sie sind politisch gut vernetzt, und Empfänger vom billigen Geld, welches Ihre Unternehmen oftmals am Leben halten. Das ist jedoch eine Schwäche im System und nicht eine Stärke. Wer eine ehrliche Wirtschaft haben möchte, sollte die Geldschöpfung loswerden wollen, damit Investitionen über echte Ersparnisse finanziert werden. Erst dann hätte man einen tatsächlich funktionierenden Kapitalmarkt, bei dem die Fälligkeiten übereinstimmen.“

Ein freier Markt für Geld

Hinsichtlich der Zukunft fragt Demelza: „Wenn alle Zentralbanken auf der ganzen Welt auf Bitcoin reagieren, indem sie die Inflationierung ihrer Währungen verringern und ihre Währungen dadurch härter machen, könnte so ein tatsächlicher Wettbewerb zwischen Bitcoin und den von den Zentralbanken herausgegebenen Fiat-Währungen entstehen, so wie Uber und Taxis oder Airbnb und Hotels heute im Wettbewerb stehen? Oder wird das eine das andere vollständig ersetzen“?

Darauf antwortet Saifedean: „Die Menschen haben zum ersten Mal eine echte Alternative und können Zentralbanken den Rücken kehren. Vor Bitcoin war das ausgeschlossen, doch mit Bitcoin ist das jetzt möglich. Bitcoin wird die Gefahr stark expansiv wirkender Zentralbanken verringern.

Man muss sich das bildlich so vorstellen: Bitcoin ist eine Art monetärer Batman, der gewissermaßen jeder Zentralbank im Nacken lauert und darauf wartet, dass diese beginnt, die Geldmenge zu inflationieren. Passiert das, werden die Menschen in diesem Land in Bitcoin Zuflucht suchen und der Wert der Kryptowährung wird deutlich ansteigen“.

Saifedean sieht in Bitcoin auch eine Art Nebenbankkonto, das man für schlechte Tage als Schutz haben sollte: „Man stelle sich vor, man sitzt eines Tages in einem Land fest, in dem man ausgeraubt wurde und man keinen Zugang zu seinem Bankkonto hat. Geld hat man also keines. Wenn man in einer solchen Situation Bitcoin hat, kann man sich aus diesen Schwierigkeiten herausmanövrieren, indem man beispielsweise ein Flugticket kauft. Es ist dieser Nutzen, den es nachzuvollziehen gilt.“

Mark Valek stimmt Saifedean in dieser Hinsicht zu: „Wir denken hier sehr ähnlich. Obwohl wir beide sehr optimistisch sind, denke ich auch, dass Anleger aus Portfoliogesichtspunkten nicht viel investieren müssen, um von Bitcoin zu profitieren. Wer nur schon wenige Prozentpunkte seines Gesamtvermögens in Bitcoin investiert, kann große Gewinne erzielen, sollte Bitcoin tatsächlich zu einem allgemein akzeptierten Tauschmittel werden.“ So sieht Mark Valek Bitcoin letztendlich als binäre Anlage: „Entweder wird Bitcoin zu einer Art monetärem Vermögenswert und Wertaufbewahrungsmittel oder Bitcoin wird von etwas anderem abgelöst und der Preis fällt auf Null zurück.“

Bitcoin: mögliche Wege der Geldwerdung

Wenn wir über die Zukunft nachdenken, wie könnte der Übergang von Bitcoin von einem Wertaufbewahrungsmittel zu einer allgemein verwendeten Rechnungseinheit aussehen? Mark Valek nennt hier zwei Szenarien:

  • Positives Szenario: Bitcoin wird zu einem Reserve-Asset für Zentralbanken. Ein Dominoeffekt könnte dazu führen, dass immer mehr Zentralbanken Bitcoin kaufen, um sich vor Spekulationsangriffen zu schützen und sicherzustellen, dass die Staatsverschuldung durch Investitionen in Bitcoin getilgt werden kann. Die Marschallinseln haben bereits in Bitcoin investiert und auch die Zentralbank von Barbados hat 2015 einen Artikel zu diesem Thema veröffentlicht.
  • Negatives Szenario: Das konventionelle Fiat-System verspielt sein Vertrauen ganz und es kommt zu einem großen Überlaufen in den neuen sicheren Hafen Bitcoin.

Darüber hinaus sieht Saifedean das Szenario, wonach Bitcoin zur monetären Vorherrschaft aufsteigen könnte, weil immer mehr Personen den Nutzen hinter der Kryptowährung entdecken und verstehen lernen: „Das wäre dann bloss als finanzielles Upgrade zu sehen, so als würde man eine gut funktionierende Software auf einem miserablen Windows-PC installieren, worauf dieser dann besser funktioniert. Das Währungssystem, das wir heute haben, schafft Geld, indem Schulden gemacht werden. Die Kehrseite davon ist, dass Geld zerstört wird, wenn Schulden abgezahlt werden. Seit 40 bis 50 Jahren haben wir dieses System und jetzt verfügen wir über eine neue Alternative und jeder wird einmal in dieses neue Bitcoin-System einsteigen. Schließlich können Menschen Bitcoin verwenden, um ihre Fiat-Schulden zu begleichen. Sollten wir alle unsere Schulden abbezahlen, wird es zu einer Auflösung des globalen Fiat-Systems kommen. Im Grunde genommen zahlt jeder seine gesamten Schulden und ab, bis sie auf Null fallen. Dann übernimmt ein neues, funktionierendes Währungssystem die Welt. Dieser Vorgang mag nur langsam vor sich gehen oder aber schnell. Zu einem verheerenden Kollaps muss es jedoch nicht zwingend kommen, wenn wir zu Bitcoin überlaufen.“

Im Falle von Bitcoin könnte es ähnlich ablaufen wie bei der Dollarisierung in Ecuador, als das Land von der eigenen Landeswährung auf den US-Dollar wechselte. Normalerweise ist eine Hyperinflation der Auslöser. Was wir jedoch in den letzten 10 Jahren mit Bitcoin gesehen haben, ist, dass die Menschen langsam zu hartem Geld migrieren.

[1] https://www.nytimes.com/2018/07/31/opinion/transaction-costs-and-tethers-why-im-a-crypto-skeptic.html

[2] Theorie des Geldes und der Umlaufmittel, S 223

[3] A Monetary History of the United States, 1867–1960

[4] https://www.forbes.at/artikel/bitcoin-or-gold-why-not-invest-in-both.html

ETH, NEO, ADA, & EOS

ETH, NEO, ADA, & EOS

“2019’s Trillion Dollar Question: How to merge Blockchains?”

Yanislav Malahov, Aeternity

Als der Krypto-Markt noch im Januar bei einer Marktkapitalisierung von ungefähr 800 Milliarden USD stand, ist vielen Krypto-Enthusiasten das Wort der Bitcoin-Revolution allzu leicht über die Lippen gegangen. Heute, wo die Marktkapitalisierung nur noch etwa ein Viertel davon ausmacht und die Preise von ihren Allzeithochs in den Keller gestürzt sind, scheint die Euphorie verflogen und die Revolution aufgeschoben. Zumindest vorerst.

Doch wenn man seinen Fokus einmal weg von den Kursen wendet und sich vergegenwärtigt, wie jung das Krypto-Phänomen noch ist und über die bisherigen Erfolge Bilanz zieht, vermag man dessen revolutionären Errungenschaften so richtig zu erfassen. Denn obwohl die Krypto-Welt noch ganz am Anfang steht, hat sie bereits Einmaliges geschafft: Eine digitale Währung, die im Internet existiert und dabei auf einem eigenständigen Zahlungsnetzwerk ohne eine alles kontrollierende Zentralinstanz basiert, hat es vor Bitcoin noch nie gegeben. Auch der Umstand, dass Bitcoin abseits des Polit- und Wirtschaftsestablishments im Stile einer spontanen Ordnung und eines chaotischen Planes zu einem 100 Milliarden USD Projekt werden konnte, lässt einen dessen revolutionären und einzigartigen Charakter würdigen. Selbst über sein eigenes Habitat hinaus hat der Bitcoin neue Ökosysteme geschaffen – allen voran das Ethereum-Imperium. So war es die Idee hinter Bitcoin sowie potenzielle Kursgewinne, die dem Ethereum-Projekt anfänglich Leben einhauchten. Von Juli bis August im Jahr 2014 lancierte die Ethereum-Foundation ein Initial Coin Offering, um mit ihrem Konzept bei Bitcoin-Besitzern zu werben. Nur wer sich von einem Teil seiner Bitcoin trennte, konnte diese für Ether – dem Token des Ethereum-Netzwerkes – hingeben und so in die Vision des heute zweitgrössten Krypto-Assets investieren.

Das Superhirn hinter Ethereum ist Vitalik Buterin. Auf Bitcoin stiess der Russisch-Kanadier im zarten Alter von 17 im Februar 2011, als sein Vater ihn auf die Kryptowährung aufmerksam machte. Bald darauf faszinierte ihn das Bitcoin-Projekt und Buterin begann, sich immer intensiver damit auseinanderzusetzen. Mit der Zeit ging die Faszination auch in das Bestreben hinüber, eine Limitation Bitcoins zu beseitigen, die Buterin ausgemacht zu haben glaubte. So stellte das Wunderkind fest: Obschon Bitcoin ein beeindruckendes Stück Programmiercode ist, entwickelte kaum jemand Applikationen auf Bitcoin. Und dies war absichtlich so. Seit Anbeginn der Bitcoin-Blockchain bestand deren Hauptaufgabe darin, eine möglichst sichere Übertragung von digitalen Werten zu ermöglichen. Um dieses Ziel keinesfalls unnötig zu gefährden, wurde dem Bitcoin eine möglichst rudimentäre, dafür aber umso robustere Skriptsprache zugrunde gelegt. Um Entwicklern, das Programmierern neuer Software auf Bitcoin zu vereinfachen, bräuchte es eine komplexere Skriptsprache, eine sogenannte Turing-vollständige Programmiersprache, ersann das Computergenie. Natürlich würde bei einer solchen programmierbare Blockchain auch die Fehleranfälligkeit steigen, merkten einige Kritiker von Buterins Ansatz an.

Als Vitalik die Bitcoin-Community von seinen Änderungsversuchen nicht zu überzeugen vermochte, setzte er seine Ideen mit einem kleinen Kreis von ihm vertrauen Leuten in die Tat um. Nach dem der Code programmiert war und mittels Initial Coin Offering Bitcoin zu einem Wert von damals 18 Millionen USD eingenommen wurden, wurde am 30. Juli 2015 der erste Ethereum-Block kreiert.

Falsche Dichotomie

Wie schon Bitcoin zuvor, zog auch Ethereum immer mehr Leute in seinen Bann – insbesondere ein grösseres Spektrum an Software-Entwicklern machten nun ihren ersten Schritt in die Krypto-Welt. Aufgrund des steigenden Interessens schoss auch der Ether-Preis regelrecht durch die Decke und die Rivalität zwischen den beiden Camps nahm zu. Einige Bitcoin-Anhänger – vielleicht ein wenig durch den Preisaufschwung bei Ether verunsichert – sahen in diesem neuen Krypto-Asset einen billigen Abklatsch Bitcoins, das den eigentlichen Wert kaum mehr treu sei. Aufseiten Ethereums sprachen einige Proponenten hingegen bereits davon, dass die programmierbare Blockchain dem Bitcoin haushoch überlegen sei und dass erstere die letztere deshalb eher früher als später obsolet machen würde. Noch heute bekämpfen sich die beiden Lager in Internetforen, auf Twitter oder an Konferenzen. Während Ethereum-Maximalisten als Häretiker geschimpft werden, sind Bitcoin-Maximalisten die Fundamentalisten der Krypto-Welt.

Die Debatte um den Titel «Einzig wahre Blockchain» ist unser er Meinung nach letztlich nichts als ein clowneskes Scheingefecht. Denn Bitcoin und Ethereum sind überhaupt keine direkten Kontrahenten, verfolgen sie doch andere Ziele. Als unabhängiges Wertaufbewahrungsmittel muss die Bitcoin-Blockchain grösstmögliche Sicherheit bieten.

Das impliziert, dass Bitcoin notwendigerweise auf einer rudimentäreren Skriptsprache beruhen muss, die weniger Programmierungsmöglichkeit offenlässt, gleichzeitig aber auch die Anfälligkeit für Programmierfehler, sogenannte «Bugs» einschränkt. Der Zweck von Ethereum liegt gewissermassen darin, diesen Trade-Off genau gegenteilig aufzulösen. Einer grösseren Experimentierbarkeit und Flexibilität in der Programmierfähigkeit der Blockchain wegen wird auf der Ebene des Quellcodes auch eine grössere Fehleranfälligkeit in Kauf genommen.

Ereignisse wie der DAO-Hack, der Parity-Bug und anderer Rückschläge, die letztlich auf Programmierfehler zurückzuführen sind, dokumentieren das. Weil der Ethereum-Ansatz programmiertechnisch viel mehr zulässt, erscheint dessen Use-Case einiges breiter, was viele Ethereum-Fans daraus schliessen lässt, in Ethereum das langfristig lukrativere Projekt zu sehen. Ob sich diese Ansicht bewahrheiten wird, wird sich zeigen.

Ethereum wird heute insbesondere für den ICO-Hype von Ende 2017 verantwortlich gemacht. Dabei ist der Ton nicht selten etwas vorwurfsvoll, zeichnet sich doch für viele mittlerweile ab: Nicht nur haben Investoren in dieser Spekulationshausse viel Geld verloren, sondern wurden sie auch von etlichen ICO-Betrügern und Krypto-Scharlatanen an der Nase herumgeführt.

Vor lauter Kritik am ERC20 Token Standard geht vergessen: Dank dieses Standards kann jeder seinen Token zu geringen Kosten lancieren, ohne sich um den Aufbau einer Blockchain-Infrastruktur kümmern zu müssen. Damit hat Ethereum die Möglichkeit des Crowdfunding auf eine ganz neue, eine globale Ebene gebracht. Eine Finanzierung lässt sich plötzlich effizient, schnell und eigenständig über das Internet durchführen.

Während Bitcoin also die Geldschöpfung durch zentrale Entitäten wie Zentralbanken und Geschäftsbanken infrage stellt, liegt die revolutionäre Kraft Ethereums darin, eine echte Alternative zum eher zentralistisch organisierten Kapitalmarkt bzw. zu den Finanzintermedieren ermöglicht zu haben. Seit jeher fungieren Investmentbanken als Vermittler zwischen Vermögensverwaltern und Unternehmen oder Staaten, die eine Anleiheemissionen machen oder über ein IPO Aktien ausgeben wollen. Vor Ethereum gab es technisch keine Möglichkeit, diese zu umgehen. Heute gibt es sie. Noch spüren Investmentbanken von dieser disruptiven Kraft wenig. Ganz anders die Risikokapitalgeber[1]. Deren Geschäftsfeld wird gerade auf den Kopf gestellt, weshalb es nicht mehr ungewöhnlich ist, Risikokapitalunternehmen wie Andreessen Horowitz oder Union Square Ventures auf Pre-ICO-Investorenlisten zu finden. Die Aushängeschilder des Risikokapitalgebertum haben also bereits auf die «Ethereumisierung» des Investierens reagieren müssen – ein Schicksal das der Wall Street noch blühen dürfte.[2]

Ein dezentraler Weltcomputer

Wie Bitcoin basiert Ethereum ebenfalls auch auf einer öffentlichen Blockchain und ist daher letztlich nichts anders, als ein Netzwerk von zehntausenden geografisch verteilten Computern, die alle über das Ethereum-Protokoll kommunizieren. Da sich auf Ethereum im Gegensatz zu Bitcoin aber eben beliebige Applikationen programmieren lassen, trifft hier die Analogie eines Weltcomputers noch besser zu. Die Ethereum-Blockchain funktioniert also wie ein Computer. Einer Festplatte eines Computers gleich, speichert die Blockchain alles, was auf dem Ethereum-Weltcomputer passiert.

Auf einer programmierbaren Blockchain wie jener von Ethereum können Entwickler alles programmieren, was sie auf einem lokalen Computer auch programmieren können. IT-technisch handelt es sich somit um einen Computer. Der Ethereum-Weltcomputer unterscheidet sich von einem gewöhnlichen Computer jedoch insofern, als dass dieser gemäss seines Programmiercodes laufen muss und aufgrund seiner non-zentralen Struktur nur unter Inkaufnahme extremer Kosten manipuliert werden kann. Gleichzeitig liefert ein solcher Weltcomputer auch eine ungemein hohe Robustheit. Da die Ethereum-Blockchain auf zehntausenden von einzelnen Computern läuft, ergibt sich eine Redundanz. Die Ethereum-«Festplatte» existiert eben nicht nur einmal und an einem Ort, sondern ist über die ganze Welt verteilt. Das Downtime-Risiko ist daher schwindend gering.

Wozu eine programmierbare Blockchain?

Im Zusammenhang mit Ethereum fällt immer wieder der Begriff des «Smart Contract». So wird die Ethereum-Blockchain gemeinhin als jenes Blockchain-Projekt angesehen, welches das Potenzial solcher «intelligenten Verträge» als erstes erkannt und die Idee somit popularisiert hat.

Eine primitive Form von Smart Contracts kennt bereits die Bitcoin-Blockchain. Im Falle von Bitcoin beschränken sich diese auf die simple Übertragung von Bitcoin-Werteinheiten. Da Ethereum – wie wir gesehen haben – eine programmierbare Blockchain ist, lassen sich die Smart-Contract-Funktionen hier in der Theorie nahezu beliebig erweitern. Neben der Abwicklung von Transaktionen digitaler Werteinheiten sollen mittels eines Smart Contracts auch andere Werttitel wie Anleihen, Aktien und andere (bspw. sogar physische) Eigentumstitel transferiert werden können. Letztlich sollen die unterschiedlichsten Verträge, die unser gesellschaftliches Leben heute ausmachen, in Computercode konvertiert, in Form von Smart Contracts auf der Blockchain gespeichert und durch das Ethereum-Netzwerk in non-zentralisierter Manier ausgeführt werden, so die Vision, welche sich mit dem Aufkommen Ethereums in den Köpfen immer mehrerer Menschen festsetzt.

Die Eleganz eines Smart Contract besteht darin, dass es sich dabei um einen digitalen Vertrag handelt, der sich gemäss vordefinierter Parameter selbst exekutiert. Will heissen: Sind die Vertragskonditionen erfüllt, wird der Vertrag entsprechend seines Inhaltes ausgeführt. Hier hilft der Vergleich mit einem Warenautomaten. Man füttert den Warenautomaten mit Geld und erhält im Gegenzug die gewählte Ware. Es bedarf keiner Drittpartei, welche die Ware herausgibt. Die Theorie hinter einem Smart Contract funktioniert ähnlich: Auf Bezahlung mittels eines Smart Contracts erhält man die entsprechende Ware, eine Übertragungsurkunde, einen Führerschein oder sonstiges. Darüber hinaus definiert der Smart Contract nicht nur die Regeln und Sanktionen rund um die Vereinbarung, er setzt diese auch gleich selber durch.

Gas – eine unerlässliche Komponente Ethereums

Natürlich sind es die einzelnen Computer, welche zusammen das Ethereum-Netzwerk ausmachen, die den in einem Smart Contract definierten Programmiercode ausführen. Diese werden auch Ethereum-Clients genannt. Da Ethereum turing-vollständig ist – ein Begriff aus der Informatik – sind die Computer des Ethereum-Netzwerkes imstande, Code beliebiger Komplexität auszuführen. Gleichzeitig hat die Turing-Vollständigkeit aber auch zur Folge, dass ein Smart Contract, bzw. dessen Programmiercode, durch die ausführenden Ethereum-Clients endlos ausgeführt würde. Eine solche Endlosschleife würde die Ethereum-Blockchain allerdings funktionsunfähig machen, da bereits die Ausführung eines einzelnen Smart Contract die gesamten Ressourcen aller im Ethereum-Netzwerk partizipierenden Computer aufbrauchte.

Als Lösung integrierte Vitalik Buterin einen Mechanismus in Ethereum, der es den Ethereum-Clients möglich macht, jeweils die Ausführungslänge eines jeden Smart Contracts zu eruieren, um so Endlosschleifen zu verhindern. Das Stichwort hier: Gas. Jede Ausführung eines Smart Contract kostet eine bestimmte Menge Gas. Dabei handelt es sich aber bloss um eine Ausdrucksform. Hinter jedem Gas-Preis, den es für die Ausführung eines Smart Contracts zu bezahlen gilt, steckt eine gewisse Menge Ether, die Kryptowährung der Ethereum-Blockchain. Wie viel Ether es jeweils kostet, bzw. wie hoch der jeweilige Gas-Preis ist, hängt von der aktuellen Auslastung des Ethereum-Netzwerkes ab. Nicht alle Smart Contracts haben einen gleich hohen Gas-Preis. Je nach Komplexität ist die zu bezahlende Menge Ether kleiner oder grösser.

Im Prinzip ist das Gas von Ethereum mit dem Benzin eines Fahrzeuges zu vergleichen. Genauso wie das Benzin ein Fahrzeug zum Laufen bringt, sorgt Gas dafür, dass ein Smart Contract ausgeführt wird. Doch wird der Smart Contract dann eben nicht unendlich ausgeführt, sondern nur so lange bis die zur Ausführung benötigte Gas-Menge aufgebraucht ist. So wie ein Auto zum Stillstand kommt, wenn der Benzintank leer ist, definiert auch das Ethereum-Gas eine Obergrenze für die Ausführung von Smart Contracts und verhindert so Endlosschleifen.

Empfänger der über den Gas-Preis bezahlten Ether sind die Ethereum-Clients, welche für die Ausführung der Smart Contracts verantwortlich sind. Basierend auf seinem Komplexitätslevel kostet jeder Smart Contracts einen Mindestausführungspreis. Bietet man allerdings einen höheren Preis, sind die Chancen auf Verarbeitung und Ausführung grösser, da sich die Ethereum-Clients in der Regel nach dem lukrativsten Angebot richten.

Kann sich Ethereum auf dem Thron behaupten?

Wer Ether kauft, investiert in den ersten dezentralen „Weltcomputer“. Damit will Ethereum das Rückgrat eines zukünftigen dezentralen Internets werden. Sollte das Ethereum-Netzwerk jemals diese wichtige Position erreichen, wird Ether der “Krypto-Kraftstoff” sein, der die gesamte Ethereum-Maschine antreibt. So wie das Ölzeitalter die Rockefeller-Familie und andere reich machte, könnten Ether-Besitzer aufgrund der Krypto-Revolution eines Tages die neuen “Ölbarone” werden.

Ethereum ist heute (erst) drei Jahre alt. Seit der erste Ethereum-Block am 30. Juli 2015 geschaffen worden ist, hat sich die Blockchain in Sachen Marktkapitalisierung zum zweitgrössten Krypto-Asset entwickelt und zählt heute bereits über 250’000 Entwickler.[3] Bis heute sind ungefähr 1’800 DApps[4] registriert. Ethereum ist zudem zweifellos die erfolgreichste, blockchain-basierte Crowdfunding-Plattform. Von den Top 100 Token nach Marktkapitalisierung wurden 94 Prozent ursprünglich auf Ethereum aufgebaut – 13 Milliarden USD an Kapital sind auf diese Weise über Ethereum zustande gekommen. Von den Top 700 Token nach Marktkapitalisierung entfallen 87 Prozent auf Ethereum. Das entspricht 15 Milliarden von 19 Milliarden USD, die über die Ethereum-Plattform gesammelt wurden.[5]

Dieses Wachstum und die daraus resultierende Dominanz hat andere Smart-Contract-Plattformprojekte auf den Plan gerufen. Obwohl Ethereum einen kometenhaften Aufstieg erlebte, ist heute klar: Damit Ethereum dezentralisierte Dienste und Applikationen in einem Ausmass handhaben kann, um gegenüber traditionellen zentralisierten Lösungen eine echte Alternative zu sein, bedarf es wirkungsvoller Skalierungsmöglichkeiten. Die Ethereum-Community hat dies erkannt und arbeitet daran – noch hat sie den Durchbruch aber nicht geschafft.

Hier sehen viele alternative Smart-Contract-Plattformen ihre Chance, Ethereum zuvorzukommen. Gelingt es ihnen eher und besser zu skalieren, dürfte nicht nur die alte Welt – in der Hoffnung technologische Umbrüche mitgehen zu können – sondern auch die neue Welt ihre Anwendungen in Zukunft auf einer dieser alternativen Smart-Contract-Plattform bauen.

Cardano: Wenn Wissenschafter Blockchains bauen

Die meisten Smart-Contract-Projekte versuchen Ethereum mit Geschwindigkeit den Rang abzulaufen. Nicht so Cardano – in der Krypto-Community auch als japanisches Ethereum beschrieben. Dies aber nicht etwa, weil es sich dabei um ein Projekt japanischen Ursprungs, sondern weil das Projekt in Japan lanciert worden ist und angeblich rund 95 Prozent aller ICO-Investoren im dem Land der aufgehenden Sonne beheimatet waren.[6]

Bei Cardano wird nicht auf Schnelligkeit gesetzt. Im Gegenteil gilt der Fokus der Genauigkeit und Richtigkeit. Gegründet wurde Cardano von Charles Hoskinson, der ebenfalls bereits bei Ethereum und BitShares mitgewirkt hatte. Dass Hoskinson Mathematiker ist, schimmert bei Cardano ganz klar durch. Wohl kein anderes Smart-Contract-Projekt ist derart akademisch geprägt und auf mathematische Korrektheit aus. Für die Entwickler hinter Cardano steht die fachliche Begutachtung des Codes im Vordergrund. So ist es deren Absicht, die Cardano-Protokolle einem Peer-Review-System zu unterstellen und jeglichen Programmcode, wenn möglich, mit formaler Verifikation[7] zu validieren. Formal verifiziert ist ein Programmcode dann, wenn mathematisch nachgewiesen ist, dass er für alle Inputs korrekt ist. Mittels formaler Überprüfung ist zwar (noch) nicht bewiesen, dass ein Code das tut, was er tun soll, doch ist bewiesen, dass gewisse Fehler ausgeschlossen werden können. Diese Art der formalen Verifikation ist ein neuer Bereich, und obwohl sich auch andere Projekte vermehrt daran orientieren, will Cardano hier führend sein.

Cardano läuft zwar bereits auf einem eigenen Mainnet, viele der Eigenschaften und Merkmale dieser Smart-Contract-Plattform sind allerdings noch in der Entwicklung. Für einen Aussenstehenden gibt es daher noch wenig gesicherte Informationen. Schon heute scheint klar zu sein: Während bei vielen anderen Projekten die Buchführung von Werttransaktionen sowie das Ausführen von Smart-Contract-Befehlen zusammenfallen, sind diese Prozesse bei Cardano auf zwei unterschiedliche «Layers» getrennt. Da gibt es zum einen den «Settlement Layer» für den Werttransfer sowie den «Computational Layer» für die Anwendung von Smart Contracts. Von dieser Aufspaltung verspricht man sich bei Cardano vor allem entscheidende Aspekte wie Skalierbarkeit, Privatsphäre sowie regulatorische Fragen und Compliance[8] besser unter einen Hut bringen zu können. Die beiden unterschiedlichen «Layers» basieren zudem auf zwei verschiedenen Programmiersprachen. Die eine Sprache ist spezifisch und begrenzt, damit aber auch weniger anfällig für Bugs und anderen unvorhersehbaren Programmierfehlern, während die andere flexibler ist. Je nach Anwendung kann dann die eine oder die andere Programmiersprache verwendet werden, weshalb Cardano hier eine gewisse Auswahl bietet.

Ob dieser sorgfältige Weg der Peer-Review-Begutachtung und der formalen Verifikation in der doch ungemein schnelllebigen Krypto-Welt zum Erfolg führen wird, kann nur die Zeit zeigen. Vielleicht schüttet man bei Cardano das Kind aber auch mit dem Bade aus, hat doch die Methode der Peer-Review-Begutachtung auch ihre auserlesenen Kritiker. Deren Argument: Akademische Begutachtungsprozesse liefern bei weitem nicht immer Gewissheit und sind daher den Aufwand oftmals nicht wert. Selbst ein solcher Vorbehalt täuscht jedoch nicht darüber hinweg, dass man bei Cardano philosophisch, mathematisch sowie technisch saubere Arbeit leisten will. Folglich könnte das Projekt der Krypto-Welt in Zukunft noch einige interessante Ansätze bezüglich Smart-Contract-Plattformen liefern.

China nimmt es mit Ethereum auf

Ein weiteres Projekt, das eine Plattform für das Internet der Zukunft errichten will, stammt aus China. Vormals als Antshares bekannt, wechselte das Projekt im Juni 2017 seinen Namen auf NEO und sorgte dann gleich für Furore unter den Krypto-Investoren. Alsbald kam unter diesen jedoch die Frage auf: Kann ein Blockchain-Projekt aus China überhaupt Erfolg haben, wo doch die Regierung Chinas 2017 dezidiert Stellung gegen Bitcoin und ICOs bezogen hatte?

Natürlich ist das mit China und seinen eisernen Massnahmen immer so eine Sache. Denn wer genau hinschaut, erkennt: China hat sich nicht generell gegen die Blockchain-Technologie gestellt, immerhin hat sich die Zentralbank Chinas in seinem Fünfjahresplan für das Ausloten der Möglichkeiten der Blockchain-Idee stark gemacht. Im Grunde genommen interessiert sich die chinesische Regierung einfach für jene Blockchain-Projekte, die berechenbar und damit steuerbar sind. Und genau hier scheint NEO, wohl aus gutem Grund und in beabsichtigter Weise, anzusetzen.

Es ist das erklärte Ziel der Verantwortlichen hinter NEO auf Geschwindigkeit und regulatorische Compliance zu setzen. Bei NEO will man die Blockchain-Technologie dazu nutzen, Vermögenswerte aller Art zu digitalisieren, die Verwaltung und den Handel derselben mittels Smart Contracts zu automatisieren, um so die Strukturen für eine sogenannte Smart Economy ins Leben zu rufen. Hierfür ist die Lösung einer digitalen Identität unverzichtbar, weshalb der NEO Council – das Organ zur Förderung des NEO-Ökosystems – mit PikcioChain eine GDPR-konforme digitale Identitätslösung unterstützt. Baut eine Blockchain-Plattform auf Pseudo- oder gar Anonymität, ist sie für einen Staat – vor allem einer wie China – sowie Unternehmen von geringem Interesse, da regulatorische Erfordernisse so kaum erfüllt werden können.

Gleichzeitig legt NEO seinen Fokus aber auch auf Lösungen zur Entwicklung der Privatsphäre und des Datenschutzes. So will NEO über seine Partnerschaft mit OnChain, ein Unternehmen zur Förderung von Blockchain-Projekten, Unternehmen den Datenschutz ermöglichen. Gegründet von Da HongFei und Erik Zhang, die ebenfalls NEO ins Leben gerufen haben, arbeitet OnChain mit Regierungen und Unternehmen zusammen, um öffentliche und private Blockchains zu schaffen, welche dereinst über die dezentrale Netzwerkarchitektur (DNA) von OnChain mit dem NEO-Ökosystem verbinden sollen.

Wie Ethereum und andere Smart-Contract-Projekte verfügt auch NEO bereits über eine Open-Source-Gemeinschaft für Entwickler und Programmierer mit dem Namen City of Zion. Sie zielt Interoperabilität von NEO mit NEOX ab und hat eine ICO-Plattform, die Zahlungslösungen, dezentralisierte Handelsbörsen und mehr erlauben soll.

Der Konsensus-Mechanismus von NEO nennt sich Delegated Byzantine Fault Tolerance oder dBTF. Hinter diesem Begriff verbirgt sich letztlich ein uns aus der traditionellen Welt bekanntes Governance-Modell: dasjenige einer repräsentativen Demokratie. Die NEO-Token-Inhaber bestimmen Delegierte, sogenannte Buchhalter („Accountants“), die für Konsens sorgen und das Netzwerk so aufrechterhalten. Insgesamt gibt es sieben dieser Buchhalter. Gegenüber Ethereum ist die Anzahl der das Netzwerk validierenden Knoten um einiges geringer. Zudem haben die NEO-Buchhalter erst noch digitale Identitäten und echte Namen – sind also für jedermann ersichtlich, während die Netzwerkknoten bei Ethereum anonym sind. Dass bei NEO die Buchhalter bekannt sind, macht im Hinblick auf die Ziele dieses Projektes gewiss Sinn. Um den regulatorischen Erfordernissen gerecht werden zu können, muss das Blockchain-Projekt über diesen Grad an Transparenz verfügen.

Über das Modell der delegierten Buchhalter kann verhindert werden, dass Transaktionen von allen Knoten im Netzwerk validiert werden müssen. Auf diese Weise vermag NEO eine höhere Anzahl an Transaktionen abzuwickeln als Ethereum. Darüber hinaus sind NEO-Transaktionen final. Das bedeutet: Forks, als Aufspaltungen der Blockchain in mehrere Ketten sind unmöglich. Erreichen die Buchhalter einen Konsens von 66 Prozent, wird die zu validierende Transaktion nicht nur in die Blockchain aufgenommen, sondern endgültig und kann nicht durch einen Fork obsolet gemacht werden.

Ein weiterer Unterschied zwischen Ethereum und NEO betrifft die Programmiersprachen zur Entwicklung von Smart Contracts. Ethereum setzt hier Solidity voraus – eine speziell für Ethereum entwickelte Programmiersprache. NEO hingegen unterstützt eine Vielzahl der bekanntesten Programmiersprachen. Bei NEO sieht man darin vor allem den Vorteil, traditionellen Entwickler das Programmieren auf der NEO-Blockchain zu ermöglichen, ohne dass dazu eine neue Programmiersprache erlernt werden muss.

Die Unterschiede sind nicht zu übersehen

Besonderes interessant ist die Tatsache, wonach NEO ähnlich wie Ethereum das Gas-Prinzip kennt. Während bei Ethereum der Ether-Token allerdings auch als Gas Verwendung findet, verfügt NEO neben dem NEO-Token noch über einen separaten Gas-Token.

Der NEO-Token verleiht Mitbestimmungsrechte an der NEO-Plattform. Wie bereits erwähnt, sind NEO-Token-Inhaber dazu berechtigt, „Buchhalter“ zu bestimmen. Der Anteilscharakter des NEO-Token spiegelt sich auch darin wider, dass dieser nicht teilbar ist.

Der GAS-Token hingegen dient der Bezahlung aller Operationen wie Transaktionen im NEO-Netzwerk und fungiert so ebenfalls als Krypto-Fuel. Die Bezahlung in Form der Gas-Token geht zum einen an die Buchhalter, zum anderen aber auch an alle NEO-Token-Inhaber. Zur Einforderung der Gas-Token ist ein persönliches NEO-Wallet von Nöten – wie beispielsweise NEON. Diese Entkopplung von NEO und GAS besticht vor allem durch die Tendenz der Buchhalter, die Transaktionsgebühren niedrig zu halten. Der Grund ist der folgende: Hohe Transaktionsgebühren, die nur den Buchhaltern zu Gute kommen, verhindern, dass Operationen auf der NEO-Blockchain durchgeführt werden. Je weniger Operationen, desto weniger Belohnung erhalten NEO-Token-Inhaber. Das bewegt diese dazu, für Buchhalter zu stimmen, die wiederum die Transaktionsgebühren niedrig halten.

Es sind solche Eigenschaften, welche NEO zu einer interessanten Smart-Contract-Plattform machen. Aus einer Makrosicht unterscheidet sich diese Plattform allerdings von Ethereum in einem grundlegenden Aspekt: Allem Anschein hat sich NEO in die Dienste des chinesischen Staats gestellt, weil man sich davon einiges verspricht. Folglich ist NEO seinem Wesen nach ein geplantes und von oben nach unten orchestriertes Unterfangen, das vor allem durch den NEO Council im Interesse des chinesischen Staates vorangetrieben scheint. Aus Sicht von NEO hat diese Strategie denn auch intakte Erfolgschancen. Wer sich auch nur in China selbst durchsetzt, und einen Markt von 1,4 Milliarden Menschen bedient, kann sein Vorhaben bereits als Erfolg verbuchen.

Und falls sich im Westen eine oder mehrere andere Smart-Contract-Plattform etablieren sollten, würde dies nicht das Ende NEOs bedeuten. Techgiganten aus den USA wie Facebook oder Amazon liefern hierfür ein gutes Beispiel. Obschon ihre Dominanz in der Welt ausserhalb Ostasiens immer grösser wird, haben sie im Land der Mitte gegen die heimischen Plattformen so gut wie keine Chance. Weshalb sollte das im Bereich der Smart-Contract-Plattformen anders sein?

Anders Ethereum, auf das zwar auch Interessensgruppen wie Consensys oder die Ethereum Enterprise Allianz Einfluss nehmen, dessen Ökosystem nichtdestotrotz die Philosophie organischen Wachstums hochzuhalten scheint. In diesem Sinne erweckt die Ethereum-Plattform vielmehr den Eindruck, sich gewissermassen als spontane Ordnung zu gebärden. Aufgrund dieser unterschiedlichen Ausrichtungen sind die beiden Projekte nur schlecht miteinander zu vergleichen. Während NEO eine fortgeschrittene Zukunft anstrebt, die auf die bestehenden Akteure und Gegebenheiten angepasst ist, arbeitet man bei Ethereum an einer neuen Zukunft, an der sich die gegenwärtigen Unternehmen und Staaten dereinst werden ausrichten müssen.

EOS – Ethereum’s grösster Konkurrent?

Dem Drama der Krypto-Welt gerecht werdend, tragen einige dieser Smart-Contract-Kontrahenten daher auch den Namen «Ethereum-Killer». Das wohl prominenteste dieser Projekte ist EOS, von einigen auch «Ethereum on Steroids» genannt. Während Ethereum ein etabliertes Blockchain-Projekt mit einer voll funktionsfähigen Plattform ist, steckt EOS noch in den Kinderschuhen. Im Anschluss an das grösste je auf Ethereum durchgeführte ICO, bei dem eine Rekordsumme von ungefähr vier Milliarden USD zusammengekommen ist, führte EOS im Juni dieses Jahres seinen Mainnet-Launch durch und wechselte so von einem ERC-20-Token basierend auf Ethereum auf eine eigene Blockchain, die EOS-Blockchain.

Obschon EOS letztlich auch das Programmieren von Smart Contracts ermöglicht, gibt es doch einige gewichtige Unterschiede. So werden Ethereum-Smart-Contracts beispielsweise mit JavaScript / Solidity entwickelt. Smart Contracts auf der EOS-Blockchain hingegen müssen in C++ geschrieben werden. Da diese Programmiersprache nicht ganz so gebräuchlich und benutzerfreundlich ist, sehen einige Programmierer hier eine Eintrittsschwelle, die EOS gegenüber anderen Smart-Contract-Plattformen benachteiligen könnte. Gleichzeitig soll EOS künftig die Implementierung von C/C++ Bibliotheken aufweisen, was die Möglichkeiten von Entwicklern erheblich erweitern würde.

Anders als Ethereum basiert der Konsens-Mechanismus von EOS auf dem sogenannten “Delegated Proof of Stake” oder kurz DPoS. Diese Art der Konsensus-Findung wurde von EOS-Gründer Dan Larimer erfunden. Wie schon bei NEO berechtigt DPoS jeden EOS-Token-Inhaber dazu, Validatoren in einer Abstimmung zu wählen. Analog zur Devise «ein Mensch, eine Stimme gilt hier: Ein Token, eine Stimme. Das heisst auch: Wer über mehr EOS-Token verfügt, hat grösseren Einfluss auf das Abstimmungsergebnis[9].

Die Validatoren werden bei EOS Block-Produzenten genannt, da sie in gegenseitiger Übereinstimmung die EOS-Blöcke produzieren und auf ihre Richtigkeit prüfen, um so die Funktionalität der Blockchain aufrechtzuerhalten. Insgesamt haben die EOS-Token-Inhaber 21 Block-Produzenten zu bestimmen, die effektiv dazu befähigt sind, die Blockchain zu verwalten und damit das Netzwerk sicher und funktionsfähig zu halten. Für ihre Arbeit werden sie mit neuen EOS-Token belohnt. Leistet ein Block-Produzent keine gute Arbeit und validiert beispielsweise ungültige Transaktionen, kann ihm der Status als Block-Produzent entzogen werden. Die Abstimmungen werden ungefähr alle zwei Minuten durchgeführt. Grundsätzlich ist es somit möglich, Validatoren alle paar Minuten auszuwechseln.[10] Denn neben den 21 tätigen Block-Produzenten gibt es ungefähr hundert weitere Block-Produzenten im Standby-Modus. Wird ein Block-Produzent aus welchen Gründen auch immer abgewählt, rückt einer aus der Reserve nach.

Die Idee der EOS-Gründer hinter dieser Struktur ist folgende: Weil die Aufgabe der tatsächlichen Verarbeitung und Validierung der Transaktionen an nur 21 Block-Produzenten[11] abdelegiert wird, soll das Grundprotokoll und damit die eigentliche Blockchain selber skaliert werden können, um so Millionen von Transaktionen pro Sekunde zu ermöglichen. In der Realität vermochte das EOS-Projekt bis heute ein Maximum von 3’097 Transaktionen pro Sekunde erfolgreich abzuwickeln[12]. Im objektiven Vergleich schneidet EOS bis lang also deutlich besser ab als Ethereum, obschon das eigentliche Ziel von Millionen von Transaktionen kaum erreicht ist. EOS ist aber nicht nur in der Lage, eine grössere Menge an Transaktionen pro Sekunde abzuwickeln – auch die Transaktionsgeschwindigkeit ist höher. Schon nach nur einer Sekunde erreicht die Blockchain Endgültigkeit über einen eben neu hinzugefügten Block.

Inflationierung als Belohnung

Interessanterweise sind bei EOS keine Transaktionsgebühren vorgesehen. Diese werden von den EOS-Gründern eher als hinderlich angesehen. So liest man in diesem Zusammenhang oft von Facebook: Über 50’000 Likes verarbeiten die Facebook-Server pro Sekunde und letztlich stellt jeder dieser Likes eine Transaktion dar. Hätte man auf einer blockchain-basierten Social-Media-Plattform jedes Mal eine Transaktionsgebühr zu bezahlen, dürfte dies dem Kundenerlebnis abträglich sein. Während bei Ethereum die Miner, welche Transaktionen validieren und an die Blockchain anfügen, für diese Leistung mittels Transaktionsgebühren entlohnt werden, werden die Validatoren innerhalb des EOS-Systems für ihre Überprüfungsarbeit deshalb nicht mit Transaktionsgebühren entlohnt. Fairerweise muss gesagt werden: Bei Ethereum arbeitet man ebenfalls an Second- oder Third-Layer-Skalierungslösungen, welche die eben beschriebene Problematik entschärfen sollen.

Wie aber werden die EOS-Block-Produzenten stattdessen entlohnt? Sie erhalten durch das EOS-Protokoll neu geschaffene EOS-Tokens. Jedes Jahr werden fünf Prozent zusätzliche EOS-Token produziert. Konkret heisst das: Der EOS-Token-Bestand wird pro Jahr um fünf Prozent inflationiert. Von diesen fünf Prozent erhalten die Block-Produzenten jeweils ein Prozent als Belohnung für die Validierung der Transaktionen. Die restlichen vier Prozent kommen in einen separaten Pool, von dem Vorschläge zur Verbesserung und Weiterentwicklung der EOS-Blockchain finanziert werden[13]. Bei EOS soll zudem sichergestellt werden, dass Block-Produzenten ihren Verdienst nicht mit jenen teilen können, von denen sie auch ihre Stimmen erhalten. Das «Kaufen von Stimmen» soll also unterbunden werden.

Krypto-ökonomisch betrachtet, dienen Transaktionsgebühren nicht nur um Anreize zu setzten, sondern halten sie bösartige Akteure auch davon ab, das Blockchain-Netzwerk mittels unnötig vielen Transaktionen zu überlasten. EOS hingegen verhindert derartige Spam-Attacken damit, dass die Blockchain-Bandbreitennutzung von der Anzahl EOS-Token abhängig ist. Wer ein Prozent aller Token besitzt, hat Anspruch auf ein Prozent der gesamten Bandbreite des Netzwerkes[14]. Um die Chancen auf eine gezielte Netzwerküberlastung zu erhöhen, muss der Angreifer seinen Besitz an EOS-Token steigern, was immer grössere Kosten verursacht. Spam-Attacken sind daher nicht ausgeschlossen, wohl aber ökonomisch kostspielig.

Wer auf Ethereum eine DApp (dezentralisierte Applikation) entwickeln will, nimmt hierfür gewissermassen die Rechenleistung der Ethereum-Miner in Anspruch und bezahlt diese mit dem bereits genannten Ether-Gas. EOS hingegen basiert auf einem Besitzmodell: Hält man ein Tausendstel des EOS-Netzwerkes, verfügt man auch über einen Tausendstel der auf EOS-Blockchain vereinigten Rechenleistung. Wer für das Hosten einer DApp beispielsweise zehn Prozent der gesamten EOS-Rechenleistung beansprucht, muss folglich auch zehn Prozent der gesamten EOS-Tokenanzahl besitzen. Dieses Besitzmodell ermöglicht es DApp-Entwicklern beispielsweise, ihre Hosting-Kosten jederzeit realistisch einzuschätzen.

Angriff auf Ethereums derzeitige Raison d’ être

EOS tritt auch dafür an, das Konzept des Crowdfunding abermals zu revolutionieren. Dabei sollen vor allem die Mängel von Initial Coin Offerings (ICO) ausgemerzt werden. Über die Ethereum-Plattform lassen sich heute via ICO – auch Token Sale genannt – finanzielle Mittel direkt sammeln. Man gibt einen Token aus und erhält dafür im Gegenzug Ether, Bitcoin oder auch andere Kryptowährungen. Nicht zu vermeiden ist, dass auch Hochstapler, Betrüger und Scharlatane auf diese Weise finanzielle Mittel einnehmen. Es ist die Hoffnung von EOS-Sympathisanten, dass Krypto-Projekte längerfristig von Ethereum wegmigrieren und stattdessen für das Crowdfunding zu EOS wechseln. So geschah es beispielsweise mit Everipedia, einem for-profit Konkurrenten von Wikipedia[15].

Das EOS-Ökosystem kennt keine ICOs oder Token Sales, sondern nur den Airdrop. Will sich ein Projekt über die EOS-Blockchain finanzieren, gibt es seine auf EOS-basierenden Token via Airdrop umsonst an die EOS-Community weiter. Nachdem die Token des Projekts mittels Airdrop verteilt worden sind, soll der Markt den Wert der Token nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage bestimmen. Das Team hinter dem Projekt kann dann einen Prozentsatz an eigenen Token verkaufen, um so Geld für das Projekt zu sammeln. Wie aber ein über einen Airdrop verteilter Token ohne Kapital überhaupt erst an Wert gewinnen und somit durch den Markt akzeptiert werden soll, scheint etwas unklar.

Hier dürfte allenfalls der innerhalb des EOS-Ökosystems geschaffene Risikokapitalfonds zum Zug kommen. Hinter diesem Fonds steht das Unternehmen Block.one, das 2017 das ICO für den EOS-Token gemacht hat. Der Risikokapitalfonds soll dazu dienen, strategische Investitionen in unterschiedliche Projekte zu tätigen, die auf der EOS-Blockchain bauen. Es liegt nahe, dass über diesen Risikokapitalfonds in vielversprechende Projekte investiert wird, die auch einen Airdrop über die EOS-Blockchain durchführen wollen. Natürlich drängt sich dann die Frage auf, wie stark Block.one das Crowdfunding über EOS beeinflusst. Immerhin findet durch den Risikokapitalfonds eine gewisse Vorselektion statt, die es bei Ethereum so nicht gibt.

Hierin zeigt sich sodann das Dilemma: Entweder man nimmt keinen Einfluss auf das Crowdfunding. So wird man dem Image einer uneingeschränkten Blockchain gerecht, auf die Gefahr hin, Betrügereien in Kauf nehmen zu müssen. Oder man trifft eine Vorselektion, um eben diese Betrügereien zu unterbinden, im Wissen eine gewisse Kontrolle und Zensur über die Blockchain auszuüben.

Wie hast du’s mit der Dezentralisierung?

Die entscheidende Frage, die sich Krypto-Investoren heute stellen: Wer setzt sich langfristig durch? Ethereum oder EOS? Um heute schon eine Antwort zu finden, wird überall nach möglichen Anhaltspunkten gesucht. So fokussieren sich die Anleger beispielsweise auch auf die jeweils prominentesten Köpfe hinter den beiden Projekten: Der Kampf zwischen Ethereum und EOS wird auf diese Weise auch zu einem Kampf zwischen Vitalik Buterin und Dan Larimer gemacht. Dabei berufen sich einige Ethereum-Anhänger auf den angeblich astronomisch hohen Intelligenzquotienten Buterins, den ihn zu einem noch grösseren Genie als Larimer machen würde. Die Gegenseite verweist derweil auf die Krypto-Projekte BitShares und Steem, die beide der Feder Larimers entsprungen sind und ihn deshalb zum Triumph führen würden. Letztlich sind diese Vergleiche zwar interessant, doch haben sie wenig Aussagekraft in Bezug auf die Zukunft der beiden Smart-Contract-Projekte.

Etwas aufschlussreicher sind projekt-spezifische Debatten, die unter anderem durch Vitalik Buterin und Dan Larimer angestossen worden sind. In der theoretischen Auseinandersetzung rangiert an oberster Stelle die Frage der Dezentralisierung. Bei der EOS-Blockchain ist es letztlich eine vergleichsweise kleine Anzahl an Knoten, welche das Netzwerk Instand halten. In einer Welt wie jener von Krypto, die sich die Dezentralisierung gesellschaftlicher Strukturen auf die Fahne geschrieben hat, weckt ein Blockchain-Konzept mit nur 21 Block-Produzenten natürlich Argwohn. Ist EOS dezentralisiert genug oder erinnern die 21 Block-Produzenten nicht eher an ein Kartell oder eine Oligarchie? Noch immer halten es viele ehrliche Krypto-Kenner für eine technische Unmöglichkeit, dem Blockchain-Trilemma, wonach es inhärente Trade-offs zwischen Sicherheit, Skalierbarkeit und Dezentralität gibt, auf der Ebene des Basis-Protokolls zu entkommen.

Aufseiten EOS gibt es einige Stimmen, für die Dezentralisierung kein absoluter Wert ist. Da Dezentralisierung immer mit rechnerischen sowie ökonomischen Kosten verbunden sei, müssten diesbezüglich Kompromisse eingegangen werden, um gleichwohl das Ziel der Massenskalierung von DApps erreichen zu können. EOS sei letztlich gerade so stark dezentralisiert, wie es die Skalierungsabsicht bedürfe. Dass es gerade 21-Blockproduzenten sind, sei auf die bisherigen Erfahrungen zurückzuführen, die Larimer mit seinen anderen DPoS-System «BitShares» und «Steem» gemacht hat. In Stein gemeisselt – oder besser im Code festgeschrieben – sei diese Zahl deshalb nicht. Im Lichte neuer Erkenntnisse könne diese auch abgeändert werden, so deren Argumente.

Andere Verfechter von EOS halten die EOS-Blockchain überhaupt nicht für weniger dezentralisiert als Ethereum. So weisen sie darauf hin, dass bei Ethereum drei Parteien mehr als 50 Prozent der gesamten Hashing Power[16] auf sich vereinigten. Würden diese drei Akteure also zusammenspielen, könnten die Ethereum-Blockchain erfolgreich angegriffen und Transaktionen doppelt ausgegeben werden. Darüber hinaus hätten Larimers frühere Projekte «BitShares» und «Steem» gezeigt, dass DPoS-Systeme dezentralisierter seien, da die Miner bei Ethereum oder Bitcoin aufgrund skalenökonomischer Tatsachen eine inhärente Zentralisierungstendenz aufweisen würden.

Letztlich lässt sich die Dezentralisierungsdebatte wohl kaum jemals abschliessend beantworten. Es gibt schlichtweg zu viele Parameter innerhalb verteilter Konsens-Systeme, als dass sich die Krypto-Gemeinschaft jemals auf eine einheitliche Definition von optimaler Dezentralisierung einigen könnte. Der offensichtlichste Parameter – die Anzahl der Netzwerk-Knoten – ist nur eine Möglichkeit, den Grad an Dezentralität zu quantifizieren. Doch selbst dieser hat seine Tücken, bedeutet Quantität eben nicht immer Qualität: 1’000 Netzwerk-Knoten, die sich alle in einem Land befinden, sind kaum dezentraler als 21 Validatoren, die sich in den verschiedensten Jurisdiktionen auf der ganzen Welt befinden.

Neben dem Dezentralisierungsgrad wird bei öffentlichen Blockchains wie Ethereum oder EOS auch die Frage der Immutability oder Unveränderlichkeit heiss diskutiert. Unter dem Namen von «Code is Law» argumentieren einige: Eine öffentliche, nicht manipulierbare Blockchain dürfe niemals rückwirkend geändert werden, da eine solche Blockchain eben gerade nicht unveränderbar und daher als manipulierbar anzusehen sei. Würde eine öffentliche Blockchain einmal geändert, öffne das der Willkür Tür und Tor und würde somit den Charakter einer unveränderbaren Blockchain schliesslich ad absurdum führen.

Bei Ethereum wurden diese Fragen im Rahmen des DAO-Hacks bereits gründlich debattiert. Man entschied sich dafür, die Blockchain via Hard-Fork in Ethereum und Ethereum Classic aufzuspalten. Letztere ist jene Blockchain, bei welcher der DAO-Hack nicht rückgängig gemacht wurde, um so das Prinzip von «Code is Law» einzuhalten. Aufgrund dieses Vorfalls bekunden einige Krypto-Enthusiasten noch immer Mühe mit der breiten Ethereum-Community und halten Ethereum für eines jener Projekte, das sich selber untreu geworden ist.

Um es überhaupt nicht zu derartigen Auseinandersetzungen und potenziell bedrohlichen Hard-Forks kommen zu lassen, hat sich das EOS-Projekt dafür entschieden, den Code als nicht unantastbar anzusehen. Im EOS-Whitepaper stehen daher folgende Zeilen:

“Manchmal verhält sich ein Smart Contract auf eine anormale oder unvorhersehbare Weise und funktioniert daher nicht wie beabsichtigt; manchmal kann eine Anwendung oder ein Konto einen Programmierfehler entdecken, der den Verbrauch einer unangemessenen Menge an Ressourcen möglich macht. Da solche Probleme nicht zu vermeiden sind, haben die Block-Produzenten die Möglichkeit, solche Situationen zu korrigieren.”[17]

Bei den Gründern von EOS argumentiert man, dass die Block-Produzenten nur bei Fehlern intervenieren. Skeptiker halten dagegen, dass die Beurteilung von Fehlern letztlich stets subjektiv sei. Solche Bestimmungen würden bei EOS eine stets vorhandene Hintertür offenlassen, die Missbrauch nicht ausschliessen würde. Deshalb sei EOS prinzipiell manipulierbar und eben keine unveränderbare Smart-Contract-Plattform, so das Urteil der Kritiker.

Ein Kampf, der eigentlich keiner ist?

Interessanterweise haben viele EOS-Sympathisanten mit diesem Verdikt überhaupt kein Problem. Diesen Schluss vermitteln zumindest zahlreiche YouTube-Beiträge und Blogposts von EOS-Verfechtern. Es scheint so, als bestünde die EOS-Community generell eher aus Leuten, die ein gewisser Spielraum zur Einflussnahme einer völligen Aufsichtsunfähigkeit vorziehen. Immer wieder ist das Argument zu lesen, wonach es grundsätzlich als sinnvoll erachtet werden kann, wenn «demokratisch» gewählte Block-Produzenten in Notfällen wie einem Hack oder Bug im Sinne der EOS-Gemeinschaft intervenieren können.

Ethereum, EOS oder eine andere Smart-Contract-Plattform? Die Diskussionen darum, wer das Rennen machen wird, dürfte noch eine Weile anhalten. Ethereum hat mit Abstand die meisten Entwickler, weist dank der Enterprise Ethereum Alliance zahlreiche einflussreiche Firmen auf und ist noch immer die weitaus am meisten verwendete Crowdfunding-Plattform. EOS hat sich an seine eigene Blockchain gewöhnt und vereint vor allem mit Mike Novogratz, Peter Thiel und Jihan Wu drei der wohl namhaftesten Krypto-Investoren[18] hinter sich.

Vor lauter Konkurrenzkampf geht jedoch vergessen, dass sich nicht zwingend nur eine Smart-Contract-Plattform durchsetzen muss. Sehr wahrscheinlich gibt es genügend Platz für mehr als nur einen Gewinner. So erinnert der Kampf um die Vorherrschaft unter diesen Plattformenauch an das Tauziehen der verschiedenen Betriebssysteme in den frühen Jahren des Computer- und Internetzeitalters.

Genauso wie heute mit Mac, Windows und Linux mehrere Betriebssysteme existieren, dürfte sich auch dieses Mal kein alleiniger Sieger herausentwickeln. Viel wahrscheinlicher ist: Verschiedene Smart-Contract-Plattformen werden sich durchsetzen, die alle unterschiedliche Tradeoffs eingegangen sind, deshalb über unterschiedliche Stärken und Besonderheiten verfügen und somit koexistieren werden. DApps können sogar auf mehreren Smart-Contract-Plattformen gleichzeitig laufen. Bancor, ein Blockchain-Protokoll für die Schöpfung von Smart Tokens, beispielsweise hat bereits angekündigt, neben Ethereum auch EOS als Fundament zu verwenden[19].

[1] Vgl. “ICOs are Disrupting VC Funding & Ethereum Coopetition is Challenging VC Unicorn Dynamics”, Voices of VR, August 15th, 2018.

[4] Vgl. “The Ethereumization Of Wall Street Is Inevitable: Expert Take“, Vincent Launay, Cointelegraph, February 8th, 2018.

[3] Vgl. “The State of the Ethereum Network“, ConsenSys, Medium, June 1st, 2018.

[4] Vgl. “Happy third birthday to Ethereum. What’s it done in life so far?”, Andrew Munrow, Finder, July 30th, 2018.

[5]  Vgl. ”Misconceptions in the Ether(eum) Market”, Sam Cassatt, Hackernoon, August 22nd, 2018.

[6] Vgl. “Cardano the Japanese Ethereum”, Blox_Official, Reddit, February 2018.

[7] Vgl. “Why Cardano”, Cardano Team, whycardano.com

[8] Vgl. „Regulation“, Cardano, whycardano.com

[9]  Vgl. “EOS Block Producer FAQ“, Ben Sigman, Medium, May 8th, 2018.

[10] Vgl. https://medium.com/@bensig/eos-block-producer-faq-8ba0299c2896

[11]  Vgl. “Everything they don’t want you to know about EOS.”, Thijs Maas, Hackernoon, June 9th, 2018.

[12]  Vgl. „EOS Releases New Version, Transaction Speed May Be Exaggerated“, Christine Masters, Cryptovest, July 20th, 2018.

[13] Vgl. „How EOS Block Producers are Paid“, Steve Floyd, Medium, May 21st, 2018.

[14] Vgl. „The Cryptoeconomics of EOS vs Ethereum“, Ian Macalinao, Medium, May 24th, 2018.

[15] Vgl. „Decentralized Wikipedia rival ditches Ethereum to launch on the EOS blockchain“, The Next Web, August 9th, 2018.

[16] Hash Rate, auch Hash Power, meint die Menge an Arbeit (eigentlich Strom), welche die Miner aufwenden, um das Ethereum-Netzwerk aufrechtzuerhalten.

[17] Vgl. „EOS concept: Code is not law.“, Emmanuel, Medium, April 12th, 2018.

[18] Vgl. „Peter Thiel, Bitmain Co-Founder Invest in EOS Developer Block.one“, Christine Kim, Coindesk, July 16th, 2018.

[19]  Vgl. „EOS.IO Blockchain To Implement The Bancor Protocol“, Bancor, PR Newswire, February 22nd, 2018.

Der Netzwerkeffekt als Bewertungsmethode

The Network Effect As a Valuation Methodology

“… ether itself will retain a strong and steady value as a cryptofuel, and as a store of value for Ethereum-based security deposits, simply because of the combination of the Ethereum blockchain’s network effect (which actually is a platform network effect, as all contracts on the Ethereum blockchain have a common interface and can trivially talk to each other)”

VItalik Buterin, Gründer von Ethereum

Ein auf Fachkonferenzen in den USA sehr aktuelles Thema ist die Bewertung von Kryptowährungen. Es gibt hierbei zwei Grundmodelle: absolute und relative Bewertung. Die absolute Bewertung versucht zu einem “fairen” Preis für jeden Vermögenswert zu gelangen sodass der Anleger den theoretisch “fairen” Preis mit dem realen, auf dem Markt gehandelten Preis vergleichen kann. Ist der Preis am Markt höher als der errechnete “faire” Preis, bedeutet dies ein Verkaufssignal für den Anleger. Dieselbe Logik gilt selbstverständlich für den umgekehrten Fall eines unterbewerteten Preises. An der Börse berechnen Analysten durchgehend den Barwert zukünftiger Unternehmensgewinne oder Dividenden, um zu einem Konsens über den heutigen Wert der Aktie zu kommen. Im Gegensatz zu dieser Form von Einzelbewertung ermöglichen relative Bewertungsmodelle dem Anleger den Vergleich mehrerer Aktienwerte untereinander. Relative Bewertungsmodelle sind oft Kennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), welches den Marktpreis einer Aktie mit dem Bilanzgewinn des Unternehmens vergleicht.[1]

Kryptowährungsanalysten nahmen diesen allgemeinen Bewertungsrahmen als Grundlage und erschufen das Verhältnis Network-Value-to-Metcalfe (NVM), Network-Value-to-Transactions (NVT) und eine Kennzahl die beide Konzepte kombiniert, genannt Network Value-to-Transactions-to-Growth (NVTG). Ein jeweils höheres Verhältnis suggeriert, dass eine Kryptowährung im Vergleich zu einer anderen überbewertet ist.

In diesem Kapitel konzentrieren wir uns auf die letztgenannte Form von Bewertungsmodellen. Ziel ist es Kennzahlen zu berechnen, die es Investoren ermöglichen, Kryptowährungen untereinander zu vergleichen. Aus der Analyse dieser Kennzahlen, zeigen unsere Ergebnisse, dass der Kryptomarkt noch immer überbewertet ist, da die Markt-kapitalisierung weder durch die Zahl an täglich aktiven Nutzern noch durch das tägliche Transaktionsvolumen gerechtfertigt ist. Wir konzentrieren unsere Analyse auf Bitcoin, Bitcoin Cash und Litecoin und stellen fest, dass Bitcoin relativ gesehen noch eine bessere Investition darstellt als Bitcoin Cash oder Litecoin. Allerdings ist die relative Bewertungsmethode nur einer von mehreren Indikatoren ist, die wir bei Incrementum für Investitionsentscheidungen verwenden.

Der Netzwerk Effekt

In den 1980er Jahren entwickelte ein Mitarbeiter des Xerox Palo Alto Research Center (PARC) namens Robert Metcalfe eine neue Theorie über den Wert von Kommunikationssystemen[2]. Die Theorie wurde später als Metcalfe‘s Gesetz bekannt. Seine ursprüngliche Absicht war es, die Aktivitäten und Verbindungen des Ethernets zu beschreiben, welches ein Vorläufer des Internets war.


Heutzutage wird dieselbe Theorie verwendet, um ein Netzwerk und seine Nutzer zu bewerten, prominente Beispiele sind Internetunternehmen wie Facebook und eBay. Metcalfe´s suggeriert einen Zusammenhang zwischen dem Wert eines Netzwerks und seiner Größe, die typischerweise in der Anzahl an Nutzern gemessen wird[3].

Er argumentierte, dass der Wert eines Netzwerks proportional zum Quadrat der Netzwerkknoten (Nutzer) sein würde. Angenommen, das Social Media Netzwerk Pinterest hat n Nutzer, dann ist der Mehrwert, den jeder Nutzer aus dem Netzwerk zieht proportional zu (n – 1), nämlich die Anzahl der potenziellen Verbindungen im Netzwerk. Diese Beziehung zwischen Nutzen und Mehrwert ist der sogenannte “Netzwerkeffekt”. Wenn ein zusätzlicher Nutzer dem Netzwerk beitritt, erhöht dies den Nutzen der Übrigen und unter der Annahme, dass alle Verbindungen gleichwertig sind, sollte sich der gesamte Netzwerkwert proportional zu n*(n-1) verhalten, was wiederum asymptotisch proportional zu n² ist.

Metcalfe’s Gesetz für Krypto Assets

Ähnlich wie Online-Netzwerke sind Kryptowährungen Netzwerke von Nutzern, die im digitalen Raum verbunden sind und mit anderen Nutzern interagieren. Das Metcalfe-Gesetz zu Folge wird der Nutzen eines Netzwerks umso größer, desto mehr Menschen Kryptowährungen adoptieren. Letztendlich führt dies zu einem entsprechend höheren Marktwert der jeweiligen Kryptowährung.

In einem Versuch, die Rolle von Netzwerkeffekten zu definieren und ihre Folgen im kryptoökonomischen Kontext zu verstehen, skizzierte Vitalik Buterin die Hauptgründe dafür, warum ein großes Netzwerk den Wert einer Kryptowährung erhöht[4].

1. Sicherheitseffekt: Systeme, die breiter akzeptiert sind, beziehen ihren Konsens aus größeren Konsensgruppen, was Angriffe auf das Netzwerk erschwert.

2. Netzwerk-Effekt des Zahlungssystems: Zahlungssysteme, die von mehr Händlern akzeptiert werden, sind für Verbraucher attraktiver, und Zahlungssysteme, die von mehr Verbrauchern genutzt werden, sind wiederum für Händler attraktiver.

3. Integrationsnetzwerkeffekt: Drittplattformen werden eher bereit sein, sich in eine Plattform zu integrieren, die weit verbreitet ist und die größere Anzahl dieser Drittplatformen wird die Nutzung der Plattform erleichtern.

4. Größenstabilitätseffekt: Währungen mit größerer Marktkapitalisierung sind tendenziell stabiler, und es wird als wahrscheinlicher angesehen, dass der Wert von etablierten Kryptowährungen in der Zukunft nicht auf Null sinkt.

5. Markttiefeffekt: Größere Währungen haben eine höhere Markttiefe an den Börsen, sodass die Nutzer größere Mengen an Geld in und aus dieser Währung umrechnen können, ohne den Marktpreis zu beeinflussen.

6. Interpersönlicher Präferenzeffekt für eine einzige Währung: Die Nutzer bevorzugen es, die gleiche Währung zu verwenden, die auch andere verwenden um Wechselgebühren bei alltäglichen Transaktionen zu vermeiden.

7. Intrapersönlicher Präferenzeffekt in einer einzigen Währung: Nutzer, die eine Währung bereits für einen Zweck verwenden, bevorzugen es, sie für andere Zwecke zu verwenden, sowohl aufgrund niedrigerer kognitiver Kosten als auch, weil sie einen niedrigeren Gesamtliquiditätssaldo unter allen Kryptowährungen ohne Wechselgebühren aufrechterhalten können.

Verschiedene Arten von Kryptowährungen können auch unterschiedliche Arten von Netzwerkeffekten aufweisen: Ein Zahlungs-Token wie Bitcoin wird wahrscheinlich einen stärkeren Interpersönlichen Präferenzeffekt für eine einzige Währung aufweisen als ein Nutzen-Token wie Ethereum.

Network-Value-to-Metcalfe Ratio

Nachdem wir ein Verständnis für die Rolle von Netzwerkeffekten im Kryptogebiet gewonnen haben, können wir uns nun den konkreten Kennzahlen widmen, mit denen wir den durch Netzwerkeffekte suggerierten Wert für einzelne Kryptowährungen errechnen. Die erste Kennzahl, die wir betrachten wollen ist die Anwendung von Metcalfe‘s Gesetz auf Kryptowährungen, welche als Network-to-Metcalfe Kennzahl bezeichnet wird. Ihr Hauptzweck ist es, eine Einschätzung zu ermöglichen, wie über- oder unterbewertet eine Kryptowährung im Moment ist.

Je höher der Preis im Verhältnis zum Nutzen ist, den Netzwerkteilnehmer der Netzwerkeffekt-Theorie zur Folge nach beziehen, desto höher ist die zu erwartende Korrektur zurück zu dem theoretischen Wert. Demnach impliziert das Modell, dass der Preis einer Kryptowährung in einem direkten Zusammenhang mit einem fundamentalen Wert steht, der langfristig vom Anwendernutzen bestimmt wird, und dass eine Form der Rückkehr zum Mittelwert stattfindet[5].

Die Network-to-Metcalfe-Kennzahl stellt die jeweilige Theorie zur Beschreibung des Netzwerkeffektes in den Nenner, während die Marktkapitalisierung als Näherungswert für den Wert des Netzwerks verwendet wird. Netzwerknutzer (n) werden durch die Anzahl der täglich aktiven Adressen geschätzt, d.h. jene die an Sende- oder Empfangsvorgängen teilnehmen. Aktive Adressen im Bitcoin-Ökosystem sind Zahlungsadressen, die einen positiven Saldo aufweisen[6]. Während die Zahl der aktiven Adressen kein perfektes Maß für die tatsächliche Nutzung an einem bestimmten Tag ist, gilt im Allgemeinen je mehr Adressen verwendet werden, desto mehr Nutzer muss das Netzwerk haben. Da wir versuchen, eine langfristig fundamentale Kennzahl zu erhalten, glätten wir zusätzlich die täglich aktive Nutzerzahl auf einen gleitenden 30-Tage-Durchschnitt, um starke tägliche Schwankungen zu beseitigen.

Der erste Kandidat für unsere Analyse ist Bitcoin: Wenn man den Netzwerkwert von Bitcoin mit seinem NVM-Verhältnis grafisch vergleicht, zeigt sich ein interessanter Zusammenhang.

Hohe Werte in Bitcoins NVM-Verhältnis deuten darauf hin, dass das Netzwerk im Verhältnis zur Anzahl der aktiven Nutzer überteuert ist was in der Vergangenheit fast immer zu einer Korrektur des Marktwertes geführt hat. Wir sehen das ganz deutlich in den Perioden von Anfang 2011, Mitte 2012, Anfang 2013 und Ende 2017. Der orangefarbene Bitcoin Marktwert ist auf einer logarithmischen Skala dargestellt. Wir transformieren alle nachfolgenden historischen Marktwerte in eine logarithmische Skala zwecks besserer Visualisierung. Die y-Achse in der obigen Grafik stellt links die logarithmische Skala und rechts den aktuellen Wert der NVM-Kennzahl dar.

Die historische Betrachtung zeigt, dass sobald Bitcoins NVM sich deutlich über seinen langfristigen Mittelwert (0,21) befindet, Grund zur Sorge über die zukünftige kurz- bis mittelfristige Entwicklung des Marktwerts besteht. Umgekehrt hat ein NVM, das deutlich unter seinem Mittelwert liegt, in der Regel eine gute Kaufmöglichkeit geboten. Die aktuellen Werte der NVM Kennzahl für Bitcoin zeichnen allerdings ein negatives über die zu erwartende Marktwertentwicklung und suggerieren noch weiteren Raum für Abwärtskorrekturen.

Ähnliche Muster, wenn auch mit geringerer Vorhersagekraft, treten bei Litecoin (LTC) und Bitcoin Cash (BCH) auf. Das Signal für letztere Kryptowährung ist zudem auch wegen der kurzen Historie weniger robust.

Bei Litecoin sind hohe NVM Werte in den Folgeperioden meist von Korrekturen im Marktwert gefolgt. Es ist jedoch auffallend, dass die jüngste “Blase” Ende 2017 von keinen hohen NVM Werten begleitet wurde. Dies könnte mit den bereits angesprochenen Schwachstellen der Kennzahl zusammenhängen oder aber mit idiosynkratischen Komponenten, die dem Litecoin-Netzwerk innewohnen. Beispielsweise die Tatsache, dass die Entwicklung von Litecoin fast vollständig zum Stillstand gekommen ist, wie aus ihrer Github-Aktivität ersichtlich ist, oder aber auch die 100 %ige Liquidierung der LTC-Beteiligung durch den Litecoin-Gründer, Charlie Lee, sind Gründe für ein Auseinanderfallen von Marktwert und Fundamentaldaten. Insgesamt scheinen die Kennzahlen von BTC & LTC mehr oder weniger im gleichen Bereich von 0,01 – 2 zu handeln, während BCH von Natur aus eine viel höhere Skala von .90 – 11 aufweist. Die aktuellen Kennzahlen finden Sie in der folgenden Tabelle.

Auf relativer Basis sind die Preise für BTC und LTC im Vergleich zu ihrer Benutzerbasis ähnlich hoch, während der BCH-Preis stark überbewertet zu sein scheint.

Network-Value-to-Transaction-Value Ratio

Eine weitere wertvolle relative Bewertungs-kennzahl, die der NVM Ratio ähnlich ist, ist das Verhältnis von Netzwerk Wert zu täglichem Transaktionsvolumen. Wenn wir an das KGV im traditionellen Finanzbereich zurückdenken, dienen die Erträge als Indikator für die Wertschöpfung eines Unternehmens. Wenn wir versuchen, diese Idee auf Kryptowährungen anzuwenden, stellen wir fest, dass die meisten von ihnen keine Einnahmen im traditionellen Sinne generieren. Man kann jedoch argumentieren, dass es eine positive Beziehung zwischen dem Nutzen, und damit dem Wert eines Netzwerks und dem Volumen der dadurch fließenden Transaktionen geben sollte. Diese Idee ist im Einklang mit den im vorherigen Abschnitt diskutierten interpersonellen und intrapersonellen Netzwerkeffekten nach Vitalik Buterin.

Der wichtigste Teil des NVT-Verhältnisses ist die Definition des Nenners, sprich des gesamten Transaktionsvolumens, so dass dieser den tatsächlichen Nutzen für Netzwerkteilnehmer widerspiegelt. Transaktionsvolumina von Kryptowährungen werden derzeit an zwei Stellen generiert: auf der Blockchain selbst (On-chain) und abseits davon (Off-chain). On-Chain-Transaktionen werden direkt auf der Blockchain dokumentiert, während Off-Chain-Transaktionen sich typischerweise auf Interaktionen über Drittanbieter wie Kryptobörsen beziehen, die nicht direkt auf der Blockchain dokumentiert werden.

Die Frage welche Transaktionen nun tatsächlich repräsentativ für den Nutzen in einem Netzwerk sind, ist eine wirkliche Herausforderung in der Kryptowelt.[7] Es ist davon auszugehen, dass On-Chain-Transaktionsvolumen der tatsächlichen Wirtschaftsleistung auf der Blockchain am Nächsten kommen sollte und somit unmittelbar den Nutzen eines Netzwerks für deren Teilnehmer darstellt. Wir beschreiben den Nenner in der Network-to-Transactions Ratio mit einem vom Coinmetrics-Team berechneten On-Chain-Transaktionsvolumen.

Ähnlich wie bei NVM glätten wir die täglichen Transaktionsvolumina auf einen gleitenden 30-tägigen Durchschnitt, um sicherzustellen, dass wir den langfristigen fundamentalen Trend erfassen. Abermals dient wie schon oben beschrieben die Marktkapitalisierung als Annäherung für den Wert des Netzwerks. Nachfolgend präsentieren wir unsere Ergebnisse:

Für Bitcoin erhalten wir mit dem NVT Verhältnis einen weiteren Leitindikator für dessen Marktwert, wobei ein hohes Mehrfache (zwischen 50-100) eine potenzielle Überbewertung und ein niedriges Mehrfach (zwischen 0-30) eine Unterbewertung signalisieren. Es ist interessant anzumerken, dass sich der aktuelle Wert von NVT einem Niveau zu nähern scheint, das zuletzt am Höhepunkt der letzten Blase erreicht wurde.

Dies gilt nicht nur für BTC, sondern auch für LTC, während sich die Bewertung von BCHs im Verhältnis zu seinem Transaktionsvolumen wieder stabilisiert zu haben scheint und sich in der Nähe des langfristigen Mittelwert befindet. Ähnlich wie das NVM-Verhältnis befindet sich das NVT-Verhältnis von BTC und LTC meist im gleichen Schwankungsbereich (20-60), während das BCH-Verhältnis typischerweise über 50 liegt und in seiner kurzen Vergangenheit bereits einige Male die 100er-Marke berührt oder überschreitet hat, was Hinweis für eine inhärente Überbewertung von BTC könnte.

Wie bereits für den obigen Fall von NVM erläutert, scheint die NVT von LTC seinem historisch vorhersagenden Muster während der letzten Blase Ende 2017 nicht gefolgt zu sein. Wir haben bereits einige Überlegungen angestellt, warum dies der Fall für LTC sein könnte[8].


Network-Value-to-Transaction-Value-to-Growth

In den beiden vorangegangenen Unterkapiteln wurden die NVM- und NVT-Verhältnisse sehr detailliert behandelt, aber wie wir aus unseren Analysen ersichtlich ist, rufen diese in manchen Fällen widersprüchliche Ergebnisse in Bezug auf Über- oder Unterbewertung einer Kryptowährung hervor.

Beide Kennzahlen sind zweifellos die zurzeit brauchbarsten relativen Bewertungskennzahlen, aber der Ruf nach einer Kennzahl die beide Konzepte vereint, ist verständlich. NVT berücksichtigt nicht den Nutzen, den neue Teilnehmer dem Netzwerk beisteuern, während NVM nicht das tatsächliche Ausmaß der wirtschaftlichen Aktivität eines Netzwerks berücksichtigt.

Aus diesem Grund hat ein Forscherkollege[9] kürzlich abermals die Brücke zwischen der traditionellen Finanzwelt und der Kryptowelt geschlagen, indem er sich die zweithäufigste relative Kennzahl aus ersterer Welt anschaute, nämlich das Kurs-Gewinn-Wachstumsverhältnis („Price-to-Earnings-to-Growth“). Das KGW-Verhältnis ist besonders bei der Bewertung von Aktien mit hohem Wachstumspotenzial, aber nahezu inexistenten Gewinnen nützlich, was zu einem sehr hohen KGV und somit aber einer unvollständigen Bewertung führen würde. Wenn wir das KGWV-Verhältnis auf Krypto anwenden, erhalten wir das Network Value-to-Transactions-to-Growth (NVTG)-Verhältnis, das darauf abzielt, sowohl den wirtschaftlichen Mehrwert in einem Netzwerk als auch das Wachstum seiner Nutzerbasis in einer einzigen Kennzahl zu konsolidieren. Wenden wir diese Idee auf echte Netzwerke an, erhalten wir folgenden Ergebnisse:

Die NVTG-Kennzahl fasst im Großen und Ganzen die Ergebnisse zusammen, die wir aus der Analyse von NVM und NVT für die drei Kryptowährungen im Einzelnen erhalten haben. Insgesamt deuten die Kennzahlen auf einen weiteren Abwärtstrend in Richtung ihres jeweiligen Mittelwerts hin. Demnach jenen den Nutzerzahlen als auch Transaktionsvolumina für Bitcoin und Bitcoin Cash nahelegen. Wie bereits erwähnt, scheint Litecoin den Bezug zu seinen Fundamentaldaten vollständig verloren zu haben, weshalb das NVTG-Verhältnis auch in dem Fall wenig Vorhersagekraft besitzt.



Bitcoins NVTG nähert sich dem höchsten Stand seit zwei Jahren, was unsere Schlussfolgerung bestärkt, dass es noch weiter Abwärts gehen könnte, sollte der wirkliche wirtschaftliche Nutzen des BTC-Netzwerks nicht deutlich ansteigen.

Wie ersichtlich, scheint Bitcoin im Vergleich zu seinen Konkurrenten noch die gesündesten Bewertungsniveaus zu haben, wenn sie auch im historischen Vergleich recht hoch sind. Bitcoin Cash hat eindeutig die übertriebensten Bewertungskennzahlen in Bezug auf Nutzerzahl und Transaktionsvolumen.

Zum Abschluss haben wir den aktuellen Stand nach relativer Bewertung in einer Tabelle für die ausgewählten Coins zusammengefasst.

Wir werden diese Kennzahlen auch in Zukunft monitoren und planen, diese auch regelmäßig zu veröffentlichen.

[1] Fama and French, 1992

[2] Vgl. “Metcalfe’s Law after 40 Years of Ethernet,” Bob Metcalfe, Computer, Vol. 46, No. 12, 2013.https://ieeexplore.ieee.org/document/6636305/?tp=&arnumber=6636305&searchWithin%3Dp_Authors:.QT.Metcalfe,%20B..QT

[3] Vgl https://ieeexplore.ieee.org/document/6636305/?tp=&arnumber=6636305&searchWithin%3Dp_Authors:.QT.Metcalfe,%20B..QT.

[4] Vgl. “On Bitcoin Maximalism, and Currency and Platform Effects,” Vitalik Buterim, Ethereum Blog, November 19

[5] Hier konzentrieren wir uns auf das Verhältnis zwischen dem Netzwerkwert und einer aggregierten Benutzermetrik, mit dem Ziel, den Netzwerkeffekt so allgemein wie möglich zu halten. Um zu einer vollständigen grundlegenden Maßnahme zu gelangen, müsste weiter erforscht werden, wie die einzelnen Effekte zu beurteilen sind.

[6] Für Internetunternehmen mit starken Netzwerkeffekten ist der Daily Active Users (DAU) Indikator eine der wichtigsten Performance- und Bewertungskennzahlen.

[7] Vgl. “Introducing our adjusted transaction volume estimates,” Coinmetrics Team, Coin Metrics, June 27, 2018. https://coinmetrics.io/introducing-adjusted-estimates/

[8] Vgl. „Debunking Market Narratives: Litecoin ($LTC) Edition” ,” Tushar Jain, Multicoin Capital, September 14, 2018.

[9] Vgl. “Improvements on the Network Value to Transactions (NVT) Ratio & Introducing Network Value/Transactions to Growth (NVTG) to Value Crypto,” Vikram Arun, Medium, March 29, 2018.

202FansLike
446FollowersFollow
3,842FollowersFollow

Crypto Research Weekly Newsletter

Subscribe to see what the Crypto Research portfolio holds and follow our weekly trades.

You have Successfully Subscribed!